Möglich ist alles, ja. Ich glaube es aber nicht wirklich. Für so feige halte ich ihn nicht, es mir zu sagen. Denn schlimmer kann er es wohl im Moment nicht machen.
Er war schon immer ein ruhiger Typ, der sich nicht sehr öffnet.
Er ist jünger wie ich, 42. ich bin 48. Viele tippen auf Midlife Crises. Aber er wirkt älter vom Wesen und findet auch immer eher ältere Frauen attraktiv. Da ich auch viel abgenommen habe, denke ich schon, dass ich ihm gefalle, hab nie was gegenteiliges empfunden. Ich bin immer noch sehr rund, aber das ist sein Geschmack. Er hat mich mit noch mehr kennengelernt und dann sind wir beide zusammen sehr sehr dick geworden. Vor 7 Jahren haben wir angefangen, dagegen anzugehen und in den letzten zwei Jahren Richtig. Beide dann auch im Klamotten-Kaufrausch und im ausprobieren .... Waren immer sehr glücklich damit. Waren in Konzerten und in der Oper, er im eleganten Anzug und ich im schicken Abendkleid. Er war stolz drauf, was für ein schönes Paar wir abgeben. Tolle Urlaube, mit Aktivitäten, die vorher nie gingen. Ein völlig neues Leben, aber größtenteils gemeinsam. Paar Dinge hatte auch jeder für sich, bissel Freiraum muss sein.
Wir haben keine gemeinsamen Kinder, hat leider nicht geklappt. Er war traurig darüber, aber wollte sich nie testen lassen. Arbeitet seit der Jugend in der Chemie und hatte Angst, es läge an ihm. Mein starkes Übergewicht damals kann auch der Grund gewesen sein.
Ich habe ihn gefragt, ob das immer noch ein Thema ist, ob er deshalb vielleicht raus will aus der Ehe. Sagt nein. Er weiß einfach nicht, ob ihm die Ehe so wie sie jetzt ist, genügt, ob man noch dran arbeiten kann, ohne auch ganz zu verbiegen. Oder ob man eben das Risiko eingehen sollte, dass wir beide anderweitig glücklicher sein könnten. Aber vielleicht auch nicht, das weiß er. Was er an mir hat, weiß er. Und nun gilt abwägen. Und das macht mich verrückt.
Wir haben uns jetzt immermal am Abend halbe Stunde gesehen und geredet. Es scheint ihm das Herz zu zerreißen, wie ich leide. Obwohl ich vor ihm fast nie geheult habe. Komisch, so sehr, wie ich sonst immer schnell weine. Jetzt geht es nicht. Ich versuche, stark zu sein, so zu tun jedenfalls. Geht nicht immer. Er streichelt auch mal kurz meinen Arm. Das tut gut. Am Anfang war da gar nix. Aber das macht mir jetzt keine falschen Hoffnungen. Er sagt, es haben ihn viele kleine Dinge zermürbt über die Jahre, die einzeln gesehen, lächerlich sind. Warum er nicht richtig mit mir geredet hat ... Aber das ist seine Art, die ja dann auch deshalb manchmal zu Streit führte. Weil ich Harmoniesüchtig bin. Und wenn er schlecht drauf ist, braucht er seine Ruhe. Aber ich hatte oft das Gefühl, dass es mit mir zu tun hat und wollte wissen, was los ist. Und irgendwann Fließen bei mir dann Tränen. Ich will das gar nicht. Aber geht halt schnell. Das heißt nicht, dass unsere Ehe Unglücklich ist. Wir hatten doch auch viele gute Zeiten. Zum überwiegenden Teil.
Weiterhin wäre er müde geworden, weil ich manchmal wie ein Kind sei, für das er sorgen müsse. Kann ich nicht nachvollziehen und er kann nicht wirklich Beispiele nennen. Ja er war immer der starke, das wollte er auch so. Der dominante Part sein, nannte sich lachend immer Ehechef. Nein, ich habe mich nicht unterbuttern lassen, wenn das jetzt jemand denkt. Ich habe einen Vollzeitjob, war 10 Jahre Alleinerziehende Mutter, ich wurde mit ihm nicht plötzlich das brave schüchterne Frauchen. Ja Technik-Kram und handwerklich, das hab ich ihm alles überlassen, das kann er halt viel besser. Und in den letzten Jahren putzt er hauptsächlich in der Wohnung, weil ich oft sehr spät heim komme und er durch die Schichten viel mehr Freizeit hat. Ich mach es sowieso nicht gut genug. Er wollte das so. Ich bügle, koche und mache dafür andere Dinge. Aber auf Nachfrage hin wären das auch nicht die Probleme. Ich weiß es einfach nicht.
Ich habe übrigens einen erwachsenen Sohn, der hier in der Nähe wohnt.
02.12.2018 10:24 •
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