Liebe alle,
Meine Geschichte mag einem sehr klassischen dramaturgischen Ablauf einer Affäre entsprechen.
Und doch gehört das Schreiben für mich zum Loslassen.
Er ist 16 Jahre älter als ich, erfolgreich im Beruf, seine Ehefrau ebenfalls. Sie sind Expats und haben zwei Kinder (12 und 14), und sich alles gemeinsam aufgebaut. Ich wusste es von Anfang an.
Um die Geschichte auf ihr Nötigstes zu reduzieren: wir haben uns kennengelernt, als ich seine Nachbarin war. Monatelang habe ich seine Avancen abgelehnt. Wir fingen dann eine exzessive E-Mail-Korrespondenz an mit viel Spazierengehen, ohne jeglichen S., da auch ich damals in einer Beziehung war. Alles begann im Juni 2020.
Im Oktober 2020, also 4 Monate später, kam die physische Affäre zur emotionalen hinzu. Mein Freund und ich trennten uns, und für mich begann mein Jahr als Geliebte.
Ich gab dem Ganzen von Anfang an ein Jahr. Ich wohnte mittlerweile in einem anderen Stadtteil.
Ich verschob meine Deadline nur einmal, als sie gemeinsam in den Urlaub fuhren für einen Monat. Jedes Mal schaffte er es, dass ich weiterhin mit ihm schlafe, wobei unsere Bindung vorwiegend eine emotionale ist. Wir haben mehrfach versucht, auf den S. zu verzichten und einfach weiterhin täglich zu kommunizieren. Zur Info: er musste zuhause kaum lügen, verbrachte beinahe jeden Abend auf der Couch und konnte Videochat (!) mit mir machen :lach: Aufgrund seiner Hyperverfügbarkeit nahm ich ihm die Entfremdung zu seiner Frau total ab. Sie sind supererfolgreiche Expats und gute Freunde, aber emotional sehr distanziert.
Nach einem Trip nach Paris im September 2021 reichte es allerdings auch für mich: mein Jahr Geduld war bald vorbei. Ich sagte ihm, ich wolle ihn nicht mehr sehen, bevor seine Frau wüsste, dass es mich gibt.
Ich rechnete damit, ihn nie mehr zu sehen. Doch Oh Wunder! Am 1. November teilte er ihr mit, er habe sich in eine andere verliebt. Sie redeten die ganze Woche durch und vereinbarten sich auf co-parenting für einen Monat, bevor sie den Kindern von ihrer Trennung berichten. Sprich: er ist zuhause wenn sie jede Woche weg ist, und vice versa. Doch diese Souveränität war nur fake, und seine EF begann zu verzweifeln, zu klammern. Er wohnte in einem temporären Apartment, und ich erlebte vom 2. November bis zum 4. Dezember das Paarleben, das ich mir immer mit ihm gewünscht hatte. Doch dann geschah ein Missgeschick: er nahm aus Versehen Unterwäsche von mir zu ihr ins Haus - um die Wäsche zu machen, schliesslich war er bis dahin jede Woche 3 Tage lang bei den Kids gewesen und würde auch dort waschen. Die EF entdeckte meine Unterhose und schmiss ihn aus dem Haus. Er durfte seine Kids nicht mehr sehen. Das war übel und auch für mich heftig mitanzusehen.
Doch dann kam der besagte Freitag. Am Abend davor hatte er mir noch erzählt, dass er ihr am darauffolgenden Abend erzählen werde, er habe 0 Absicht zurückzugehen. Unsere Liebe war da traumhaft, wir waren uns sehr nah. Aber ich wusste auch, dass sie ihn emotional sehr stark im Griff hat. Er durfte zB nie Freundschaften zu Frauen pflegen, weil sie sehr dominant und eifersüchtig ist. Zudem hat sie ihn immer auf einer App getrackt, um immer wissen zu können, wo er ist.
An dem Freitagnachmittag schrieb er mir, dass zahlreiche gemeinsame Bekannte aus den USA ihn angerufen hätten und Mails geschrieben hätten, er solle seine Frau nicht verlassen. Es sei, als ob die gesamte Welt ihn bedrohen würde, er solle seine endgültige Trennungsabsicht nicht umzusetzen.
An diesem WE, an dem er seine Kinder wieder sehen durfte, soll sie ausgerastet sein und ihn zum S. forciert haben, im Sinne von Darf ich nach 23 Jahren nicht auch eine Chance haben? Und in dem Moment meinte er, es habe sich nach einer fairen Sache angefühlt, mit ihr S. zu haben.
Ich hatte davon geträumt, dass er mich betrogen hätte, mit ihr. Sie habe versucht, ihn dazuzubringen, ihr rational zu erklären, warum er fremdgegangen sei. Man muss auch sagen, dass sie eine sehr reduzierte Version unserer Geschichte kennt, die absolut schwächer ist als die Wahrheit!
Ich war schockiert und entsetzt darüber, wie leicht er sich manipulieren liesse.
Am Sonntag sahen wir uns, er brach in Tränen aus, meinte, er sei wohl doch nicht so stark wie gedacht, usw.
Ich sagte ihm, es sei vorbei. Er habe versagt und ich sei zutiefst enttäuscht über sein Verhalten. An dem Abend selbst sagt er mir, er wolle, dass ich zu ihm gehe und in seinen Armen liege, aber ihm sei bewusst gewesen, dass der S. mit seiner EF, den er als Verzweiflungsakt sah, habe mein Vertrauen grundlegend erschüttert. Er sagte mir selbst dann aber auch: Du weisst genau, dass ich mit dir zusammen sein will, und dass der S. mit meiner EF aus einer Verzweiflung heraus kam, weil ich mich unter Druck und gepusht gefühlt habe.
Am Dienstag schrieb er mir eine sehr lange Mail, die seine letzte sein würde. Darin meinte er, er habe begonnen, siene EF wieder mit anderen Augen zu sehen, und vielleicht würden sie die Intensität der Liebe, die wir emotional, intellektuell und physisch seit anderthalb Jahren teilen, irgendwann auch mal wieder erreichen, doch dafür müssten wir uns trennen, auch wenn er mich liebe und mich immer lieben werde. Er sei dauerhaft am Weinen und verzweifelt, aber wüsste, dass es kein Zurück mehr gäbe.
Ich war und bin dermassen enttäuscht und schockiert über diese Mail und diese feige Art, mich sitzen zu lassen, diese 180° Drehung in seinen Absichten, seine totale Diskrepanz zwischen seinen Gefühlen zu mir und seinen Handlungen. Er meinte in der Mail, er warte auf meine letzten Worte, die ihn quälen werden. Ich habe nie mehr geantwortet. Erstens, weil er nicht zu bestimmen hat, wann und in welcher Art meine letzten Worte kommen. Die Mail kam heute vor exakt zwei Wochen.
Meine Fragen:
1. Denkt ihr, er möchte aufrichtig mit ihr zusammen sein?
2. Ist meine Strategie, ihm nie mehr zu schreiben, die richtige? (er hat noch Bücher und Kleider von mir, die er mir längst hätte schicken können, was er aber nicht tut)
3. Wird er mich wieder kontaktieren? (wir waren strukturell an einem sehr ähnlichen Punkt im Mai 2021, auch wenn seine EF damals nichts von mir wusste. Er kam da wieder angekrochen)
4. Sollte ich ihm doch meine Gefühle mitteilen? Wie tief verletzt ich bin, dass er unsere Beziehung auf diese Art beendet, nach anderthalb Jahren täglichen Kontakts?
5. Kann er mich wirklich einfach so vergessen?
DANKE für eure Antworten und fürs Lesen!
21.12.2021 21:24 •
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