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Er, sie und ich und etwas ganz Großes

M
Es wäre auch mal an der Zeit zu lernen, wie man Löcher in eine Wand bohrt, ohne die halbe Wand niederzureißen.

Ja, ich stehe solchen Reisen auch oft mit gemischten Gefühlen gegenüber und meistens habe ich vorher überhaupt gar keine Lust darauf. Im Endeffekt ist es dann aber eine nette Zerstreuung.
Doch dieses Oberflächliche kann ich auch nicht so gut haben, zumal man sich irgendwie anpassen muss und möchte, aber gleichzeitig das Gefühl hat, dass es einfach nur viel Blabla ist und wenig Substanz übrig bleibt. Das kann sogar richtig anstrengend sein, wenn man ganz anderes im Kopf hat.
Aber wie gesagt: Es ist trotzdem eine nette Zerstreuung in manchen Momenten und ich bin trotzdem froh, dass ich wenigstens nette Kollegen habe.

Meine Freundin wohnt 500 km entfernt. Da geht das Mal eben auf einen Kaffee vorbeischauen leider nicht so gut. Aber sie gibt mir auf andere Weise Halt, wenn es darauf ankommt (und andersrum).
Ansonsten sieht es ziemlich mau aus, nicht nur weil ich derzeit kaum enge Freunde habe, sondern auch weil die meisten in meiner Umgebung ihn für ein großes Ar...l.... halten und dementsprechend nur solche Ratschläge geben wie: Der nächste kommt bestimmt. Sei froh, dass du den los bist. Alles hat auch eine gute Seite. Er hat dich nicht verdient...
Stimmt sicher alles irgendwie, aber im Moment sind solche Floskeln nicht besonders hilfreich und führen eher zu einer gereizten Stimmung meinerseits.

Heute ist übrigens wieder mal ein durchwachsener Tag. Ich hänge einfach durch. Meine Grundstimmung ist traurig, aber ich habe gleichzeitig keine Lust mehr traurig zu sein. Ich denke öfter an alte Sachen, was ich als sehr anstrengend empfinde. Ich bin einfach müde (geworden).

Aber ich merke auch, dass ich ein bisschen Abstand gewonnen habe, denn das Bedürfnis, mich zu melden ist zwar noch da, aber ich beginne zu zweifeln, ob ich ihm überhaupt etwas zu sagen habe. Eigentlich weiß er alles, was er wissen muss: Dass er mir fehlt, dass ich die Liebe nicht einfach abstellen kann, dass ich unsere Beziehung für zu besonders und wichtig halte, als dass wir sie einfach so ausblenden könnten. Aber er weiß auch, dass ich mich nicht länger zum Affen mache und einen Mann möchte, der mich liebt und dazu steht und dass ich mich von ihm löse, weil ich dieses Rumgeeiere nicht mitmachen möchte.
Also im Grunde ist alles gesagt. Das Gute und das Schlechte.

Aber es ist alles einfach furchtbar anstrengend und das merke ich heute wieder mal.

Wie geht es euch?

19.06.2012 15:07 • #31


NovaScotia
Es wäre auch mal an der Zeit zu lernen, wie man Löcher in eine Wand bohrt, ohne die halbe Wand niederzureißen.

Ist doch eine Super Idee - ganz nach dem Motto: selbst ist die Frau.
Vielleicht lerne ich ja dann noch Rasen mähen.

Auf der einen Seite zwar Schade das die Freundin soweit weg wohnt - aber gerade in solchen Situationen sieht man doch wieder wer die wahren Freunde sind - trotz Entfernung. Habe ich gerade auch wieder erlebt.

Deine Müdigkeit kann ich nachfühlen - ich glaube das gehört aber auch einfach dazu. Der Körper und besonders muss sich ja irgendwann auch wieder das zurückholen was die letzten Tage/Wochen verbraucht wurde.

Und Liebe abstellen - nein das geht nicht auch wenn es der Wunsch vieler wird. Aber ich glaube sie fühlt sich bald anders an. Du bist ja schon am reflektieren.

19.06.2012 15:52 • #32


A


Er, sie und ich und etwas ganz Großes

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K
Lach' mich schlapp... just vorhin bin ich so leger mit meinem Hund durch die Gegend gelatscht und dachte bei mir, sollte endlich mal lernen, gerade Löcher in die Wand zu bohren, und möglichst so, dass die Wand stehenbleibt, und nun schreibt Ihr das gerade...


Tut gut, hier zu schreiben, nicht wahr?


Viele liebe Grüsse,

Karma

19.06.2012 16:18 • #33


NovaScotia
Ja - das tut es

Wer weiß, vielleicht ergibt sich daraus dann noch irgendwann das Handwerker Forum für Frauen

19.06.2012 16:22 • #34


M
Das hört sich jetzt bestimmt total klischeehaft und oberflächlich an, aber als ich in den letzten Wochen so durch meine Wohnung getigert bin und dachte: Hier muss endlich was passieren! war mein erster Gedanke: Mist, der Handwerker ist ja jetzt leider weg!
In sowas war er echt gut...

Ich habe in meinem Jammertal auch noch etwas Positives anzumerken: Komischerweise laufe ich, seit ich alleine bin, mit viel höherem Haupt durch die Gegend. Ich schaue die Menschen um mich herum wieder richtig an, scheue nicht davor zurück jemanden (also jetzt einfach so, keinen Mann) anzusprechen und bin irgendwie selbstbewusster. Eigentlich müsste es ja andersrum sein und klar, zuhause im stillen Kämmerlein fühlt sich das wieder ganz anders an, aber ich habe das Gefühl, dass mich meine Not gerade dazu zwingt, mich wieder mehr aufzurichten und nach außen hin eine Stärke aus mir rausholt, die irgendwo tief in mir drin eingeschlafen war.
Ob ich wohl noch zur Kämpferin werde?

Dazu fällt mir noch ein, dass ich mir neulich aus Trotz eine feministische Zeitschrift gekauft habe (ein Hoch auf die starken Frauen!), doch so kämpferisch bin ich dann doch nicht. Ist irgendwie nicht ganz meine Welt, zumindest nicht im vollen Umfang.

19.06.2012 16:38 • #35


M
Oh, oh, heute bahnt sich etwas in mir an!

Ich habe mich jetzt so lange nicht bei ihm gemeldet wie in den ganzen fünf Jahren nicht. Es gab noch nie eine Zeit, in der wir so lange nichts voneinander gehört haben. Nüchtern betrachtet sind nicht ganz zwei Wochen natürlich nicht lang, aber für mich ist das eine echte Leistung und ein richtiger Kraftakt.
Dazwischen lag sogar ein Wochenende und das will was heißen, denn normalerweise bin ich dann immer eingeknickt.

Ich möchte mich auch dieses Wochenende nicht melden, damit
1. er sieht, dass es mir ernst ist und er vielleicht selber merkt, dass es komisch ist (woran ich nicht mehr glauben kann)
2. um den Abstand, den ich mir mühsam aufgebaut habe, nicht wieder einzureißen
und
3. ich mich nicht zum Hampelmann mache.

Ich habe eigentlich auch nicht das dringende und unbändige Bedürfnis ihm zu schreiben oder so (wozu?), aber ich befürchte, dass ein kleiner Schwächeanfall auf mich zurollt.

Ich habe mich in den letzten Wochen durch zwei Dinge aufrecht gehalten:
Zum einen - und das ist der wichtigste Grund - dass ich wieder zu mir selbst finden muss und nicht mehr leiden möchte.
ABER eben auch ein bisschen damit, dass er sich melden wird, wenn ich es nicht tue.

Das tut er aber nicht und ich vermute, dass mir das nun den Stich versetzt. Es gibt mir das Gefühl, dass er wirklich nicht mehr an mich denkt, mit ihr glücklich ist und es ihm von Tag zu Tag besser geht - ohne mich.
Ich habe so viel realisieren müssen in der letzten Zeit (dass es endgültig ist, dass es nie mehr so wird wie es war, dass er eine andere hat, dass er mich ausgetauscht hat, dass wir keine Zukunft haben werden und einander nie mehr so nahe sein werden, wie ich es noch möchte...), aber die jetzige Einsicht ist dann doch wieder schwer.

Ist das nur mein Ego? Habe ich irgendwas verdrängt? Habe ich einfach nur einen schlechten Tag? Oder tief drinnen doch noch zu viel Hoffnung?

Und manchmal erwische ich mich selbst beim schummeln, indem ich denke, dass ich doch mein ganzes Leben mit ihm verbringen wollte, ja, dass ich ihn sogar geheiratet hätte. Aber hätte ich ihn wirklich vom Fleck weg geheiratet? Ich glaube nicht. Wenn er mich das vor zwei Monaten gefragt hätte, hätte ich ihm wahrscheinlich geantwortet, dass ich das einfach noch nicht entscheiden kann, obwohl ich ihn unsagbar liebe.
Ich mache mir also auch ein bisschen was vor, indem ich mir eine schöne Gedankenwelt aufbaue, die nicht der Realität entspricht. Ich romantisiere das, was war.

Trotzdem fühlt sich heute alles noch ein bisschen falscher an als sonst. Ich vermisse ihn beim Einschlafen. Ich vermisse seine Nachrichten, die er mir immer wieder zwischendurch schickte und auch die, die ich ihm geschickt habe. Ich vermisse das Gefühl, dass er in meinem Leben ist (also nicht irgendwer, sondern er).
Und immer wieder taucht die Frage auf, ob das wirklich alles so tot und einfach für ihn ist.

Aber vielleicht mache ich mir auch etwas vor? Vielleicht setzt jetzt gerade nur wieder das Gefühl ein, niemanden zu haben, weswegen ich ihm gedanklich die Tür öffne?

Ach, ich weiß auch nicht. Wenn ich mir vorstelle, dass er mit ihr glücklich ist, dann will ich ihn gar nicht wieder und gleichzeitig tut es weh. Wenn ich mir vorstelle, dass er trotzdem viel an mich denkt, aber sich nicht traut sich zu melden, dann ist da eine leise Sehnsucht.
Aber bei beidem bin ich mir nicht sicher, weil ich einfach nicht weiß, was in ihm vorgeht und durch diese ganze Aktion, die ich in diesem Beitrag geschildert habe - diese Widersprüchlichkeit bzw. dass er gesagt hat, dass er alles für mich empfindet, aber bei ihr bleibt -, noch nicht mal weiß, ob es wirklich die Wahrheit wäre, wenn er mir sagen würde, wie es ihm geht.

Na, wenigstens muss ich nicht mehr weinen, wenn ich sowas denke.

22.06.2012 16:20 • #36


M
Ich glaub, ich putz jetzt einfach mal die ganze Wohnung mit allem drum und dran. Hauptsache, was tun...

22.06.2012 16:36 • #37


A
Liebe MaraLou,

ohne jetzt die Statements der anderen zu lesen, muss ich Dir sagen, dass es an Verrückt-machen grenzt, was Dein Freund da mit Dir veranstaltet hat.

Auf der einen Seite behauptet er, Du seist die Liebe seines Lebens, auf der anderen Seite verbringt er seine Zeit mit der Neuen. Ein ganz schöner Egozentriker ist das. Ein Narziss, wie er im Buche steht, indem er Dich auf Sparflamme setzt und damit für den Notfall lauwarm halten will.

Ich weiß, das liest sich jetzt sicher hart, aber je eher Du Dir vergegenwärtigst, was er mit Dir veranstaltet, umso größer wird Deine Wut - und die tut Deiner Abgrenzung sicher gut

Ich habe nach meiner Trennung vor 35 Tagen jetzt auch so ein doofes einsames Wochenende vor der Brust, Du bist nicht allein.

Lass uns versuchen, das Beste daraus zu machen und nicht weiterhin darüber nachzugrübeln, was solche Typen dazu bewegt, dieses Zuckerbrot- und Peitsche-Spielchen mit uns zu spielen. (Na ja, im Grunde genommen wissen wir es ja, das ist der pure Egoismus).
Es liegt also nur an uns, ob wir weiterhin bereit sind mitzuspielen, oder uns zu entziehen und die Kontaktsperre aufrecht zu erhalten.

Nun hast Du es schon 14 Tage lang geschafft und wirst es auch weiterhin schaffen. Es ist mittelfristig auch mal ganz gut, seine Wut in Richtung Partner zu kanalisieren, das setzt ungeahnte Energien frei!

Ich werde morgen beispielsweise meinen Schlafzimmerschrank entrümpeln, all die Sachen aussortieren, die ich seit einem Jahr nicht mehr trage - und was machst Du so?

Liebe Grüße und alles Gute für's WE
Abby

22.06.2012 17:00 • #38


M
Hallo Abby,

lieben Dank für deine Antwort!
Dann liegen wir ja gar nicht so weit auseinander mit unseren Trennungen, denn bei mir war es auch vor etwas über einem Monat, dass ich davon erfahren habe (auch wenn sich das danach noch zwei Wochen länger hinzog). Wie geht es dir damit heute?

Ach, die harten Sätze tun mir mittlerweile gut. Es ist nicht mehr so, dass ich ausnahmslos alles schön fand, ihn idealisiere und wie ein Häufchen Elend hier sitze (wobei ich diese Phase auch ziemlich intensiv erlebt habe). Ein bisschen habe ich mich schon aufgerappelt, doch manchmal zieht es einen doch wieder runter.

Egozentriker... ja, dieser Begriff kam mir auch schon in den Sinn. Alles dreht(e) sich nur noch um ihn. Er hat Probleme, er fühlt sich gelähmt, er fühlt alles, er wollte das nicht, er schläft mit ihr, er fühlt sich schlecht, er wollte das alles anders haben, er hat keine Kraft.... Immer nur er er er.

Es gab auch schon Momente nach der Trennung, wo mir das trotz der Trauer gehörig auf die Nerven ging - diese Antriebslosigkeit und das Ausharren, ohne irgendwas zu tun oder sich zu bekennen (egal zu wem).
Sowas macht mich wahnsinnig, weil er einfach nicht seinen Mann steht und keine klaren Verhältnisse schafft. Aber gut, dann muss ich sie eben für mich selbst schaffen. Auch wenn es mir ungemein schwer fällt, habe ich wenigstens nicht das Gefühl, in der Opferposition zu verharren.

Ich bin gerade dabei die Fenster zu putzen. Dann entstaube und sortiere ich die Regale und den Papierkram und dann sind die Böden dran. Eigentlich überflüssig, weil ich alleine sowieso nicht so viel Dreck mache, aber manchmal hilft es mir, die Energie auf diese Art loszuwerden und weniger nachzudenken.
Was ich den Rest des Wochenendes machen werde, weiß ich noch nicht. Vielleicht treffe ich mich morgen mit einem guten Bekannten, aber irgendwie ist mir so gar nicht nach rausgehen. Na, vielleicht sieht das morgen schon anders aus.
Heute abend werde ich mich von der heißen Dusche berieseln lassen, in mein frisch bezogenes Bett kriechen und lesen oder fernsehen, bis ich einschlafe. Irgendwas ruhiges für die Seele, das mich nicht allzu sehr fordert.
Die letzte Zeit war arbeitstechnisch recht anstrengend, sodass ich wahrscheinlich müde genug bin, um nicht zu lange wachzuliegen.

Was wirst du noch so machen? Hast du hier einen eigenen Beitrag mit deiner Geschichte?

Liebe Grüße zurück und nochmals Danke,
MaraLou

22.06.2012 17:39 • #39


A
Danke für deine schnelle Reaktion, liebe MaraLou!

Ich habe noch etwas Dringendes zu erledigen, deshalb werde ich Dir erst morgen antworten können, dann schreibe Dir noch ausführlicher etwas dazu.
Nur so viel - mein Ex war auch solch ein Egozentriker!

Nein, meine Geschichte habe ich noch nicht eingestellt, bisher immer nur gelesen und hin und wieder Kommentare abgegeben, weil mich das Lesen der Beiträge doch sehr getröstet hat und mir das Gefühl gab, nicht allein zu sein mit meinem Kummer.

Bis morgen und mache es Dir schön - ich versuch's auch!

Liebe Grüße
Abby

22.06.2012 18:02 • #40


M
Hilft heut alles nichts.. Sch....tag!

22.06.2012 20:48 • #41


A
MaraLou,

ich weiß genau was Du meinst.

Tagsüber ging es mir ganz gut, doch jetzt geht es wieder los. Freitagabend - das war immer unser Abend.
Wir lebten nicht zusammen, wohnen aber nur wenige Fußminuten voneinander entfernt.

Zu wissen, dass es ihm gut geht und ich leide wie ein Hund, finde ich so verdammt unfair.
Dazu passt ein Spruch von Johnny Depp:
Du kannst deine Augen vor den Dingen verschließen, die du nicht sehen willst, aber du kannst dein Herz nicht vor den Dingen verschließen, die du nicht fühlen willst.

Ich vermute, dass wir alle zwei Schritte vor und immer wieder einen zurück machen und das solange, bis wir eines Morgens aufwachen und erstaunt feststellen, dass wir drei Tage oder länger nicht mehr an den Partner gedacht haben.
Ich wünschte, es wäre schon soweit!

Ganz liebe Grüße von
Abby

22.06.2012 21:57 • #42


M
Ja, das wünschte ich auch.
Ich war so froh, dass letztes Wochenende ohne große Dramen über die Bühne ging und jetzt: Sitz ich hier doch wieder und weine.
Mit ähnlichen Gedanken wie du und ziemlich vielen Erinnerungen und gleichzeitig der Wut, dass das doch irgendwann mal aufhören muss.

22.06.2012 22:01 • #43


M
Erkenntnis des Tages: Er wird es nie bereuen, mich verlassen zu haben.
Erkenntnis Nr. 2: Er scheint so, wie es ist, ausgesprochen glücklich zu sein und wollte mit seinen Worten mir gegenüber nur sein schlechtes Gewissen beruhigen.
Erkenntnis Nr. 3: Er kann einfach so damit abschließen, weil ich ihm überhaupt gar nichts mehr bedeute.
Erkenntnis Nr. 4: Es tut immer noch verdammt weh.

Schlussfolgerung: Ich trinke mein B., ziehe meine Kopfhörer auf, weine bitterlich und werde irgendwann mitten in der Nacht ins Bett gehen, um morgen wieder aufzustehen.
Hallo Leben! Hallo Realität! Wisst ihr, was ich euch von Herzen sagen möchte? Ihr seid Ar...l....!

(Ich hoffe, solche Abende wie heute bilden in Zukunft die Ausnahme.)

22.06.2012 23:23 • #44


A
Liebe MaraLou,

ich bin seinetwegen/unseretwegen vor drei Jahren in dieses Kaff gezogen (lebte vorher in einer Großstadt und wir hatten eine Wochenendbeziehung), doch von Anfang an lief es hier schief ... angefangen bei meiner beruflichen Situation:

ich hatte eine Chefin, die mir das Leben schwer machte, sodass ich dort weggehen musste, sonst wäre ich irgendwann geplatzt und aggressiv geworden.
Die zweite Stelle erwies sich auch nicht als viel besser, hatte einen Chef, der alle Mitarbeiter um die Gehälter betrog (mittlerweile hat er Insolvenz angemeldet und obwohl ich einen Titel erwirkte, ist bei ihm nichts zu holen), bis hin zum jetzigen, Job, der mich auch nicht befriedigt. Zumindest ist mein Chef ganz okay und ich verstehe mich gut mit ihm - immerhin!

Von Anfang an wehte mir hier ein feindseliger Wind entgegen, und obwohl ich von mir behaupten kann, dass ich auf alle Menschen offen und ohne Vorbehalte zugehe, stieß ich hier auf Wände, die ich so noch nicht kennengelernt habe!

Sein Freundeskreis war von Anfang an gegen mich, obwohl sie mich überhaupt nicht kannten und das, wie ich später erfuhr, initiiert durch seine Ex.
Erst viel später habe ich erfahren, dass er überhaupt nicht richtig mit ihr Schluss gemacht hatte, sodass sie vermutete, ich sei der Auslöser dafür gewesen, dass er sie verließ.

Als ich ihn kennenlernte, waren die beiden nach seiner Aussage schon über drei Monate getrennt... merkwürdigerweise wusste sie aber nichts davon und hatte deswegen alle anderen des gemeinsamen Freundeskreises hinter sich.
Doch anstatt sich hinter mich zu stellen und die Angelegenheit zu klären, hat er den Fehler begangen sich von ihnen zurückzuziehen. Rate mal, wer in deren Augen die Schuld daran hatte?

Ich beschwor ihn, die Gespräche mit allen Beteiligten zu suchen, auch ein abschließendes Gespräch mit seiner Ex, zumal sie ständig darum bat, um einen Abschluss mit ihm zu finden, doch er hat sich feige verdrückt und sich nicht bei ihr gemeldet.

Ich stellte fest, dass er auch bei uns solch ein Verhalten an den Tag legte. Er konnte einfach nicht über seine Gefühle reden. Sobald ich mit ihm über uns reden wollte, machte er dicht... und das ist bis heute so geblieben. Ich insistierte, bat ihn auf alle mögliche Arten mit mir zu sprechen, doch anstatt sich zu öffnen und zu sagen, was ihn belastet, verschanzte er sich immer mehr nerdmäßig hinter seinen Monitor (analog zu seinem Beruf).

Anfänglich wirkte er offen und sozial kompetent auf mich.
Er hatte viele Freundschaften, die ich im Nachhinein allenfalls als Bekanntschaften bezeichnen würde, weil sie nicht authentisch wirken. Das Gefühl, andere Menschen in seinem Umfeld würden ihn gar nicht kennen, beschlich mich mehr und mehr. Außerdem hat er wunderbare Fähigkeiten Menschen für sich zu begeistern, hat große Träume, die ich teilte, kreative Ergüsse, die mich inspirierten.
Aber bei Krisen (und sogar bei Anfragen, nach zwischenmenschlicher Nähe, Hingabe, Hoffnung auf Mitgefühl, etc.) fühlte ich mich ignoriert und ungeliebt.
Wenn ich ihn darauf aufmerksam machte, reagierte er desinteressiert, oder im besten Fall aggressiv, was mir paradoxerweise zuweilen lieber war, denn das beinhaltete zumindest einen Funken Berührbarkeit und zeigte mir, dass es ihm eventuell doch nicht so egal war, wie es manchmal schien.
Er zwang mich dann häufig in die Eigenverantwortung, degradierte meine Bedürfnisse, betonte, dass er meine Gedanken doch nicht lesen könne und meine Traurigkeit nichts mit ihm, sondern mit meinen bisherigen Erfahrungen zu tun habe.
Er nahm sich also aus der Verantwortung, was ich wiederum als verletzend und ambivalent empfand. Er hatte sich doch bereit erklärt einen gemeinsamen Weg zu gehen. Im Nachhinein ist mir klar, dass er überfordert war, weil er die Tiefe meine Empfindungen nicht nach-empfinden KANN.
Wie soll ein Mensch auf seine Partnerin eingehen, wenn er überhaupt nicht begreifen kann was in ihr vorgeht? Ihm bleibt ja dann nur die Darstellung der Fakten, also die logische Kopf-Ebene, wenn er von der emotionalen Herz-Ebene überfordert bzw unberührt ist. Und so bediente er die alten Knöpfe, die ihm so vertraut waren, die Knöpfe zur Ratio und Logik.

Er hatte zwar immer Bereitschaft zum Gespräch und versuchte stets mir ein Ohr zu schenken, nur begriff er leider nichts von dem was ich sagte, und fühlte sich (obwohl ich in Gesprächsführung durchaus Kompetenzen habe) offenbar mit angeblichen Vorwürfen in seiner Unzulänglichkeit attackiert, während ich versuchte, seine Verhaltensweisen und die dahinterliegenden Emotionen zu erfassen. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass dort Leere vorherrschte!
Irgendwann fing er an, mir Vorwürfe zu machen und sagte, ich sei für mich selbst verantwortlich und an erster Stelle käme nur er. Dann seine Arbeit, dann sein Freundeskreis und dann käme ich, und das, obwohl er vorgab, mich zu lieben. Ich kapierte das alles nicht und das stürzte mich in eine tiefe Verzweiflung.

Das alles hat mich fast verrückt werden lassen. Ich lebe hier in einer Umgebung, in der ich keine Freunde habe (meine zwei Freundinnen die ich habe, leben ein paar hundert Kilometer von mir entfernt), habe einen Job, der mich nicht ausfüllt, einen Partner, dem das alles irgendwie egal war und der nicht hinter mir stand, und zu guter Letzt auch noch seine Freunde gegen mich. Letztgenanntes entwickelte sich zwar im Laufe der Zeit so, dass ich irgendwie an seiner Seite geduldet war, aber mehr als eine nette Bekanntschaft konnte nie daraus entstehen, da er die Sache mit seiner Ex nie geklärt hatte.

Auch auf der körperlichen Ebene entwickelte er Ambitionen, sich mehr und mehr von mir zurück zu ziehen. Zum Schluss war es so, dass ich ihn darum bitten musste, mich mal in die Arme zu nehmen... wie ich das hasste! Das nagte ungemein an meinem Selbstbewusstsein, wie Du Dir sicher vorstellen kannst .
Er wurde immer mehr zum Bestimmer, indem er die Vorgaben machte, wann wir uns sahen und Zeit miteinander verbringen konnten. Wenn ich ihn nach einer Woche fragte, hast du denn so gar keine Sehnsucht nach mir?, bekam ich zu hören: ich will ehrlich sein, nein habe ich nicht. Ich habe soviel Arbeit, dass ich gar nicht an dich denke.

Alle diese Verletzungen habe ich viel zu lange passieren lassen, stets von dem Gedanken angetrieben, wie schön es zu Anfang zwischen uns war. Wie sehr er sich nach mir sehnte, als ich noch nicht in seiner Nähe wohnte. Doch kaum lebte ich hier, war es so, als ob ich es mit einem ganz anderen Menschen zu tun hatte. Und das, obwohl er sich vorab unbändig freute und mehr als nur einverstanden war, als ich ihn zu meinen Umzugsplänen in seine Richtung befragte.
Er half mir tatkräftig meine Wohnung einzurichten, indem er meine Einbauküche installierte u.v.m., doch als ich wegen eines Meniskusriss ins Krankenhaus musste und operiert wurde, war mit einem Schlag alles vorbei.
Als ich ihn fragte, wieso er jetzt plötzlich anfange sich zurückzuziehen, jetzt, wo ich ihn dringend brauchte (konnte noch nicht schwer tragen, sodass er die Einkäufe erledigte), bekam ich zu hören: Irgendwie ist jetzt meine Verliebtheit vorbei, denn durch Deine OP ist der Alltag eingekehrt.
Ich verstand überhaupt nicht, was er damit meinte, sagte ihm, dass ich mich doch durch die OP nicht verändert habe (zumal es mir binnen drei Wochen wieder recht gut ging), dennoch war seitdem der Wurm drin und setzte sich so fort, s.o.

Ich habe mich schließlich von ihm trennen müssen, weil ich seine Ambivalenz, den Schmerz und dieses benutzt-fühlen, ihn nur immer dann zu sehen, wenn es ihm passte, nicht mehr ertragen konnte.

Ich bleibe mit einem Ohnmachtsgefühl zurück und frage mich häufig, wo der geliebte Mensch hin ist, oder ob es ihn je gegeben hat. Er fehlt mir noch so sehr, denn meine Gefühle für ihn sind ja noch da. Ich habe mich ja nicht aus mangelnder Liebe ihm gegenüber getrennt, sondern weil es mich auf Dauer noch mehr geschädigt hätte, in dieser unbefriedigenden Beziehung zu bleiben. Ich wurde immer kleiner, mein Selbstwert war total im Keller.

Mittlerweile habe ich jeglichen Kontakt zu ihm abgebrochen, obwohl er plötzlich jetzt andauernd fragt, wie es mir geht. Ich vermute, aus einem schlechten Gewissen heraus, denn dass er Mist gebaut hat, weiß er.
Es hat eine kleine Weile gedauert, bis ich erkannt habe, dass es nicht nur gesünder, sondern notwendig für mich ist, keinen Schritt auf ihn zu zugehen. Wenn ich es weiterhin tun würde, ginge ich daran zugrunde.

Ich merke im Nachhinein, dass er sich mit dieser Unberührbarkeit nicht wohl fühlte. Auch seine vorherigen Partnerinnen können ein Lied davon singen, wie kalt er sich plötzlich verhalten kann, obwohl er zu Beginn alle Register zieht, eine Frau für sich zu gewinnen.

Wenn er so unberührbar bleibt und damit zufrieden ist, ist das seine Sache. Offenbar ist sein Leidensdruck nicht groß genug, denn sonst würde er sicher daran etwas ändern. Auch mein Vorschlag, eine Paarberatung aufzusuchen, schlug er in den Wind.
Ich muss nun lernen zu respektieren und schmerzlich anzuerkennen, dass unsere Träume, Wünsche und Ziele nicht kompatibel waren.

Die Option, ihm da raus zu helfen habe ich übrigens oft in Erwägung gezogen und musste dann doch realisieren, dass ich in all meiner Berührbarkeit keinen heiligen Gral für ihn zur Hand habe und mich selber schützen muss, es in seiner Eigenverantwortung liegt, die Dinge in Angriff zu nehmen. Aber ich vermute, das wird er nicht tun, sondern sich ein neues Opfer suchen.

Liebe MaraLou, das ist jetzt leider alles ziemlich lang ausgefallen, aber ich sah mich außerstande, meinen komplizierten Ex, diesen Gefühlskrüppel, mit wenigen Sätzen zu beschreiben, wollte Dir aber meine Antwort auf Deine Frage nicht schuldig bleiben. Außerdem tut es gut, das alles mal aufzuschreiben, das macht doch einiges klarer.

Danke fürs Lesen

Abby

22.06.2012 23:32 • #45


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