Hey @sinn1982,
ich hab heute Nachmittag an Dich gedacht, an Deine Situation und diese ganze Geschichte. Mir schoss durch den Kopf: Ist immer schön wenn man allen anderen die Schuld geben kann und dann für sich selbst fein raus ist.
Hatte ja auch sojemanden und diese Erlebnisse werden bei mir gerade künstlich wiederbelebt... Jedenfalls, irgendwie suchen sich solche Menschen immer den Gegenpart. Und zwar jemanden, der immer zunächst die Fehler und die Schuld bei sich sucht.
Da kann der Verstand noch so klar sein, irgendwie fühlt man sich schuldig und fragt sich, was man hätte anders machen können. Das hat der Schuldschieber aber bewusst so arrangiert. Du zerbrichst Dir zum Beispiel den Kopf über diesen Satz, wenn Du nicht ran gehst, dann... Er hat Dir ein Rätsel aufgegeben, woran Du knabberst. Vielleicht fragst Du Dich, ob Du nicht irgendwas richtiger hättest machen können. Ran gehen, nicht rangehen... Zum Schluss hat er aber die Position: Ich hab's Dir ja gesagt. In seinem Kopf wirst Du, egal was Du tust, die Betrügerin sein, die ihn verarscht hat. Er hat es ja gerochen, er war sogar beim Arzt. Er hat eine Überzeugung. Warum er das tut weiß der Geier. Vielleicht ist das der einzige Weg für ihn, sauber aus einer Beziehung zu kommen, die er eigentlich gar nicht will. Dann ist es einfach, dem anderen für das Scheitern die Schuld zu geben.
Das mit der Wut kenne ich selbst gut. Bei mir war es zum einen so, dass meine Wut bestraft wurde. Weiß gar nicht, wie man das richtig erklären kann. Ich war wütend, sogar sehr, habe das auch nicht zurückgehalten und geäußert. Die Reaktion darauf ging teilweise bis zur Gewalt. Bis mein Verstand mir sagte: gewöhn Dir das ab, damit schadest Du nur Dir selbst.
Zum anderen bin ich auch jemand, der die Fehler zunächst bei sich sucht. Ich versuche stets, Verantwortung für mein Handeln zu übernehmen. Und manchmal hinterfrage ich mich vielleicht zu lange und zu oft, anstatt mir sicher zu sein, dass ich alles richtig gemacht habe. Solange ich aber so unsicher bin, kann ich nicht wütend sein. Dann bin ich auch einfach nur traurig. Ich glaube aber auch, dass es wichtig ist, wütend zu werden darüber, wie ein anderer einen behandelt hat. Das kommt bei Dir bestimmt auch noch. Nimm Dir erstmal die Zeit zum traurig sein, denn das ist ja auch alles sehr traurig. Aber Du hast nichts falsch gemacht, Du hast getan was Du konntest. Und Dein Ex scheint gewaltige Probleme zu haben, die Du ohnehin nicht lösen kannst.
Bei einer Trennung habe ich in Gedanken Rachepläne geschmiedet, weil er mich so bekackt behandelt hat. Natürlich habe ich die nicht in die Tat umgesetzt, aber es war doch auch gedanklich sehr befriedigend. Es hat die Wut hervorgelockt und ich habe mich besser und wertvoller gefühlt.
27.06.2016 20:19 •
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