Liebe Hulkine,
normalerweise und bei vielen Männern ist das S. Interesse nach gerade mal zwei Wochen nicht erloschen. Das ist höchst merkwürdig. Küssen wollte er auch nicht, drehte sogar seinen Kopf weg.
ich denke, dass der Mann bzgl. körperlicher Beziehung wohl schon etwas gestört ist. Vielleicht ist er ohne Zärtlichkeiten aufgewachsen. Dann kann es sein, dass einem das generell nicht gibt oder das Körperliche sogar innerlich ablehnt.
Ich weiß nicht bzw. würde an Deiner Stelle hier den Fehler nicht bei Dir suchen, sondern eher bei ihm. Er hat vielleicht ein gestörtes Verhältnis zum körperlichen Ausdruck der Zuneigung.
Es kann auch sein, dass er ohnehin bindungsgestört ist. Das sind dann diejenigen, die zwar durchaus gerne die eine große Liebe finden würden und vielleicht in der Anfangszeit sogar glauben, sie jetzt gefunden zu haben. Da aber innere Ängst aus dem Unterbewusstsein sich dann breit machen, die sich z.B. in Ablehnung von Nähe, im Gefühl von Belagert sein, also in einem gefühlten Verlust der persönlichen Freiheit und Unabhängigkeit, äußern, schlagen sie wieder ins Gegenteil um.
Meiner schrieb mir manchmal SMS (Wa gab es damals noch nicht) und sprach von Sehnsucht und wie schön es doch wäre, wenn ich jetzt da wäre. Irgendwann glaubte ich dem Gesülze nicht mehr, denn sehr oft fragte ich mich, wo die ach so große Wiedersehensfreude denn geblieben war, wenn ich persönlich vor ihm stand. Da wirkte er dann oft irgendwie blockiert, kein Lächeln kam über sein Gesicht und ich fühlte mich wie ein Fremdkörper.
Du wolltest das natürlich anders, träumtest von der großen Liebe, die jetzt in Dein Leben getreten ist und gerade in der Anfangszeit wünscht man sich ja möglichst viel Kontakt. Es ist dann sehr irritierend und auch beängstigend, wenn man den inneren Rückzug des Gegenübers spürt.
Dann versucht man zwangsläufig wieder mehr Nähe aufzubauen und das geht oft über die körperliche Ebene. Wenn ich schon seine Liebe im Umgang nicht spüre, dann wird eben S. ein Mittel, um gefühlte Nähe herzustellen. Das wiederum beeinträchtigt den Partner, der es natürlich genau spürt, dass Du jetzt sozusagen in sein Leben einbrichst, seinen Körper willst und die Folge ist dann Ablehnung, Wegdrehen, Unlust.
Das Ganze ist ein trauriges Wechselspiel wobei derjenige, der die Nähe sucht, klar im Nachteil ist. Denn er beginnt sich zu fragen, was ist denn nur los, was hat er denn und dann kommen sofort auch die Fragen an sich selbst: habe ich was falsch gemacht, müsste ich anders sein, damit er ..., ich bin wohl doch nicht die eine tollle Partnerin für ihn ...
Frust verstärkt die innere Unsicherheit und man fängt an, die Schuld bei sich zu suchen. Ist müsste so und so sein , dann ... Ich bin es wohl doch nicht wert, geliebt zu werden, das spüre ich jetzt doch ganz deutlich. Wer weiß, wie es mit einer Anderen wäre, vielleicht wäre er da ganz anders - also liegt es wohl doch an mir. Ich bin nicht in Ordnung wie ich bin ...
Das ist dann der klassiche Selbstboykott, der auf Ablehnung folgt, vor allem, wenn man innerlich nicht gefestigt ist und sowieso nicht sehr viel von sich selbst hält.
Ich habe bei mir festgestellt, dass ich auch zu negativen Gedankenschleifen neige und mich selbst dann in Frage stelle. Das betrifft auch das Berufsleben. Ach, die und der, die sind halt besser als ich, können besser argumentieren, sind einfach viel selbstbewusster als ich und daher auch selbstsicherer. Aber ich doch nicht!
Es können Verhaltensweisen sein, die in der Kindheit angelegt wurden und die man als Erwachsener selbstverständlich weiter lebt. Spürt das Kind, es wird kalt gestellt oder es fühlt sich oft unverstanden, dann fühlt es sich einsam, zieht sich in sich selbst zurück und hat als Vertrauten ein Stofftier, dem man alles erzählen kann, was einen beschäftigt und ängstigt. Es fehlt halt dann die liebevolle Resonanz seitens der Bezugspersonen, die dem Kind eine innere Sicherheit vermitteln. Ja, es ist gut, dass ich da bin, ich werde geliebt und ich bin in Ordnung so wie ich bin.
Oft genug läuft es leider anders und so etwas kann man dann verinnerlichen und wird dann auch sehr feinfühlig, weil man auch ständig darauf achtet, wie das Gegenüber auf einen reagiert.
Man kann, wenn man es begriffen hat, dass man ständig böse Kobolde in sich zu Wort kommen lässt, die einem hämische Dinge einsagen, dagegen vorgehen. Die Kobolde sagen so nette Dinge wie: Na, hast Du wieder mal geglaubt, der meint es ernst. Ja klar, wir hätten Dir doch gleich sagen können, das das nichts wird. Das ist doch immer so bei Dir, ätsch, Du bist eben nicht so toll wie Du gerne wärst und hast Dir wieder mal zu viel erhofft. Kennt man doch von Dir!
Diese Kobolde muss man wegschicken, immer wieder. Ich denke gerne in Bildern und sagte dann oft zu ihnen: Ihr widerliche kleine Drecksäcke, ihr wollt mich schon wieder schlecht machen, aber das will ich nicht mehr. Geht mal schön in euren Schrank, da könnt ihr maulen, aber ich höre nicht mehr auf Euch, denn Ihr tut mir nicht gut.
Wandle negative Gedanken in posiitive um. Du bist so wie Du bist und das ist in Ordnung. Du kannst nicht anders sein als so. Und wem das nichts bedeutet und nicht genug ist oder auch zu viel ist, den brauchst Du nicht in Deinem Leben.
Es ist doch gut, dass er weg ist, denn glücklich und zufrieden warst Du ja eh nicht. Also tat er Dir einen großen Gefallen, indem er sich vom Acker machte. Das muss nicht an Dir liegen. Du warst zu gut, zu liebevoll für ihn. Das fühlte er als Bedrängung, denn auch er glaubt tief im Inneren, dass er es nicht wert ist geliebt zu werden. Es äußert sich bei ihm nur anders.
Wie bei Kindern. Das eine reagiert aggressiv wenn was nicht passt, das andere weint, wird traurig und sucht letztendlich die Schuld bei sich. Und da jedes Kind geliebt werden will, passt es sich an. Wenn ich so und so bin, werde ich geliebt. Also bin ich eben so und so.
Die Ursache ist dieselbe - Frust. Darauf kann man mit Wut reagieren oder aber mit Rückzug und Traurigkeit.
Ich glaube, Du musst lernen, dass Du gut zu Dir bist und dass Du mehr an Dich glaubst. Dann wärst Du innerlich sicherer und wärst auch nicht mehr so leicht eine Zielscheibe für Männer, die ähnlich verunsichert sind wie Du selbst. Oh je, schon wieder! Ich müsste so und so sein, dann ...
Wie gesagt, es liegt viel an Dir selbst, wie Du die Sache mit ihm beurteilst. Und es liegt auch an Dir selbst, Dir zu sagen, dass Du an einen liebesunfähigen Mann geraten bist und dass Du trotzdem ganz in Ordnung bist so wie Du eben bist.
Du warst einfach eine Schuhnummer zu groß für ihn, dem war er nicht gewachsen. Der sucht sich die nächste Frau und es wird wieder eine sein, die sich ihrer selbst nicht sicher ist. Das ist die Plattform auf der er dann agieren kann. Mit einer selbstbewussten Frau kann der doch nichts anfangen, denn da würde er doch gar nicht landen.
Du kannst schon mal anfangen, Dein Selbstbild ein wenig gerade zu rücken. Und denke an die bösen Kobolde, die Gewinn daraus ziehen, Dich klein zu machen und klein zu halten. Schick sie weg, immer wieder. Irgendwann bleiben sie dann auch weg. Das kann man wirklich üben.
22.10.2021 12:22 •
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