Guten Tag,
gerne möchte ich meine Story teilen, denn ich habe das Gefühl in meinem Umfeld versteht kaum jemand meine Gefühle.
Ich bin 39 Jahre alt und habe eine 20-jährige Beziehung geführt. In den letzten 8 Jahren war es leider aufgrund der beruflichen Situation meines Ex eine Fernbeziehung, bei der wir uns aber fast jedes Wochenende von Donnerstag bis Sonntag Abend sahen.
Wir haben zuletzt einen für mich schönen dreiwöchigen Urlaub miteinander verbracht. Mir fiel allerdings auf, dass mein Ex in den letzten Monaten immer antriebsloser, pessimistischer der Arbeit gegenüber, S. uninteressierter und müder wurde. Ich dachte er würde in eine Depression rutschen und wir dachten darüber nach, wie er wieder zuhause einen Job finden könne.
Am letzten Juniwochenende, das wir wegen einer dienstlichen Verpflichtung meinerseits nicht miteinander verbrachten, war er sehr kurz angebunden per SMS. Er war am Samstag nicht telefonisch erreichbar und am Sonntag nur für 10 Minuten am Telefon zu haben. Ich hatte ein seltsames Bauchgefühl und sprach ihn am Montag an. Er meinte es wäre alles ok, schickte mir dann aber 2 Bilder von London, während unserem Telefonat. Ich meinte freudestrahlend, ob das Hinweise wären, dass er mit mir endlich nach London fliegen würde, bis mir dämmerte, dass er dort am Wochenende war. Auf meine Nachfrage sagte er, dass er dort mit einer künftigen Arbeitskollegin gewesen wäre, die er von einer gemeinsamen Fortbildung kannte und sie hätten nur Händchen gehalten und er wisse nicht, ob sie was füreinander übrig hätten. Ich war geschockt und er meinte wir sollten erstmal eine Nacht darüber schlafen, bevor wir erneut sprechen.
Am 02.07. telefonierten wir erneut und der Abgrund tat sich auf. Er hatte diese Frau bereits vor einem Jahr auf der Fortbildung kennengelernt. Sie wohnte in USA. Ich fühlte mich wie in einem Verhör und es stellte sich heraus, dass sie sich seitdem einmal in Berlin, München und bei ihm getroffen hätten übers Wochenende. Sie haben im letzten November Urlaub zusammen gemacht und die ganze Zeit per Snapchat Kontakt gehalten und sich perverse Videos (wtf) gesendet. Er gestand, dass sie sich verliebt hätten. Er hat ihr nichts von mir erzählt, aber sein Chef teilte ihr mit, dass es mich gäbe, weil sie sich im Januar auf eine Stelle in Deutschland in der Firma meines Ex beworben hat. Deshalb war er auch so sauer auf die Arbeit. Sie hat wohl bei ihm angerufen und er hat mir an diesem Wochenende ein Bad eingelassen, damit er sie im Nebenraum beschwichtigen konnte. Zur Fortbildung im März war dann wohl klar, dass sie nach Deutschland kommt. Er sagte mir, sie hätte zum 01.07. bei ihm einziehen sollen, aber er hat dann doch dafür gesorgt, dass sie bei seinem Chef zur Untermiete wohnt. War das meine geplante Deadline zum Warmwechsel?
Er hat wohl 5 Wochen vor unserer Trennung zu ihr gesagt, er wolle wieder zu mir zurück, weshalb sie sich in USA gleich einen neuen Freund suche. Deshalb war er im Urlaub so anlehnungsbedürftig, da er Liebeskummer hatte. Sie hätte sich trotzdem gewünscht, dass er sie Mitte Juni am Flughafen abholen würde, aber da war er bei mir. Trotz allem flog er mit ihr spontan in den Urlaub nach London, wo sie Händchen hielten. Dieses Wochenende hat ihm wohl den Boden unter den Füßen weggezogen, ich glaube weil sie ihn auf Abstand hielt. Als er mir die Fotos aus London schickte, brach alles zusammen und er wusste, dass er reinen Tisch machen musste. In dem Gespräch blieb mir natürlich nichts anderes übrig, als mich zu trennen. Seine Aussage war: Ich kann nicht entscheiden, das musst du tun, aber ich weiß nicht, was ich tue, wenn sie mich wieder haben will. Das klang für mich nach Trostfrau.
Einen Tag später schrieb er mir, dass er ja weiß, dass ich ihn hasse, aber es wäre so ungewohnt nicht mit mir zu telefonieren und er wäre so oft kurz davor gewesen anzurufen. Ich verhängte eine Kontaktsperre und packte rigoros seine Sachen, die ich zu seinem Vater brachte.
Ich schrieb ihm einen formalen Brief, wie die Trennung abzulaufen hätte, der auch seinen Schlüssel enthielt.
Zwei Wochen später war er wieder in der Heimat und war bereit mit mir Face-to Face über alles zu sprechen. Er war eiskalt und ich empfand nur Apathie, als er mir seinen Tagebucheinträge zu ihrer ersten Begegnung zeigte. Es war wohl Liebe auf den ersten Blick. Mit ihr lebt er ein so konträres Leben. Geht abends weg und trinkt. ich glaube er hat in zwei Parallelwelten gelebt, die durch ihren Umzug hierher kollidierten.
Dann kam sein erstes Brief, in dem er mir mitteilte, wie leid ihm das Vorgehen der Trennung getan hätte und er hoffe mich als Freundin behalten zu können. Ich beantwortete das Ganze mit einer Sprachnachricht, in der ich klar machte, dass ich eine Freundschaft nicht haben wolle.
Kurz danach kam wieder ein Brief, in dem er sich für das kalte Gespräch entschuldigte und meinte er hätte nur so meine Hoffnung zerstören können. Er verwies darauf, dass er es vermissen würde, dass ich ihn als einzige so gut kannte und ihn verstanden habe. Ich schickte ihm wieder eine Sprachnachricht mit meinen letzten Worten, die zum großen Teil meine Arbeitshypothese darlegte und meine Entschlüsse beinhaltete.
Am letzten Wochenende rief er mich voller Panik an. Ich habe ihn noch nie so verzweifelt erlebt. Er hätte wohl niemanden anderen. Die Kollegen wollten nichts mehr hören, ein Freund hätte sich abgewandt. Er haderte mit sich als Mensch, damit wie er nur so verlogen sein konnte, dass er alle Menschen in seinem Umfeld verletzt hat und ich half ihm mit Atemübungen, erarbeitete Notfallmaßnahmen und verwies ihn an Anlaufstellen. Er wollte echt über sie sprechen und was er tun solle, was ich kategorisch ablehnte. Machte suizidale Äußerungen. Emotionale Erpressung? Ich informierte die Nachbarin, sie solle das bitte abchecken. Seit der Trennung ist er wohl täglich bei Ihnen.
Am nächsten Tag schickte er mir ein belangloses Bild und ich sagte ihm deutlich, dass ich nicht seine Ratgeberin in der Friendzone sein will. Besonders nicht, wenn es darum geht, wie er sie zurückgewinnen kann. Er sagte er könne sie noch nicht aufgeben, auch wenn er das vielleicht tun sollte. Sie treffen sich regelmäßig in der Freizeit und er hätte ihr gesagt, er wolle kein Freund sein. Das ist wohl Karma. Hier geht es ihm, wie mir.
Nun schreibt er mir gerade wieder und fragt, ob die Kontaktsperre vorbei sein und was ich heute tun würde.
Nun kommen wir mal zu meinen Gefühlen. Ich leide wie ein Hund. Ich kann ihm nicht sauer sein, trotz diesem tiefen Verrat, der wahnsinnig schmerzt. Ich glaube das ist mein Problem als Sozialpädagogin. Ich sehe die Person, als im Kern gut und nur das Verhalten ist problematisch. Ich hatte echt die Hoffnung diese tiefe Krise würde ihn wachrütteln, würde ihn seine Fehler erkennen lassen und mit der passenden Motivation wäre ein Wandel möglich. Ich habe meine Standards vertreten und klar gemacht, was ich für einen Neuanfang verlange. Ohne Liebe zu mir, klappt da mal gar nichts. Dann fordere ich kompletten Kontaktabbruch zu ihr (Schwierig als Kollegin), einen Rückzug in die Heimat in eine eigene Wohnung für ihn und Therapie. Diesen Standards wird er nicht gerecht. Das doofe ist nur, mein Kopf sagt mir das klar. Ich weiß, dass ich diese Beziehung, wie sie im letzten Jahr war, nämlich eine Illusion nicht wieder haben möchte. Aber wir hatten davor 19 wunderschöne Jahre. Diese Zeit vermisse ich. Ich zerbreche daran, das verloren zu haben. Obwohl ich weiß, dass er es für sie geopfert hat. Ich bete darum, dass sie sich ihm nicht zuwendet. Zum Einen weil ich denke, dass er das karmatechnisch nicht verdient hat, zum Anderen weil er die Krise zum Wachsen braucht und weil ich glaube, dass sie es nicht verdient hat. Er hat sich auch nicht klar für sie entschieden. Er ist total zerrissen, will mich als Freundin, Ratgeberin und zur Absicherung des Sicherheitsbedürfnisses behalten und sie für das Bedürfnis nach Neuem halten. Das wäre doch kein Leben für mich.
Ich weiß nicht was ich tun soll. In den letzten Tagen dachte ich immer, dass er aktiv werden müsste, was er wahrscheinlich nicht wird und ich achte auf mich. Doch seine Kontaktaufnahme verwirrt mich.
Hilfe. Warum nur kann ich nicht loslassen? An was halte ich da fest? Will ich die zweite Wahl sein, weil sie nicht mag oder liebt er mich doch noch? Kann ich diesen Verrat verzeihen und wieder vertrauen? Verliere ich nicht mein Gesicht vor meinem Umfeld, wenn ich mich doch wieder auf ihn einlasse?
Entschuldigt bitte diesen langen Text, bei dem so viele Details trotzdem noch fehlen, aber es muss raus. Ich wäre um Rückmeldungen dankbar.
27.07.2019 06:58 •
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