Gut möglich, das Du Recht hast ...
Allerdings ist die Branche sehr schräg (Kreativ- / Medienlandschaft) und daher gibts fast nichts, was es nicht gibt. Ich war vorher lange Jahre als Abteilungsleiterin mit über 200 Mitarbeitern in einer anderen Stadt - 400 km von meiner Heimat entfernt, wo ich jedoch wegen meiner alten und kranken Eltern zurück wollte - und auch da hätte ich ganze Bücher schreiben können über den täglichen Büroalltag, wo viele mit den Augen gerollt hätten und was für mich noch normal gewesen wäre!
Vielleicht bin ich da abgestumpft, vielleicht habe ich zu viel gesehen und erlebt, doch so schräg wie es vielleicht durch meine Erzählungen rüberkommt, empfand ich dieses Unternehmen nie.
Und ja : unser erstes aufeinandertreffen war irgendwie magisch.
Er hatte eine Aura und Ausstrahlung, die mich sofort in seinen Bann zog, obwohl er optisch noch nicht mal ansatzweise meinem üblichen Typ Mann entspricht.
Da es mir jedoch um den Job ging, es eine der Top 5 Adressen in Deutschland ist und ich durch das erste Gespräch mit seinem Stellvertreter und der Perso nicht nur den Job, sondern auch die GF Position in Aussicht hatte, dachte ich mehr daran, das ich mit ihm sicher bestens zurecht komme und gut mit ihm arbeiten kann als daran, das ich die Chance nutze und ihn mir als Mann schnappe!
Zumal ich bislang auch hier immer meine Prinzipien hatte und in meinen gut 30 Jahren Berufsleben noch nie etwas mit jemandem aus der eigenen Firma angefangen hatte und bislang auch nie etwas mit einem vergebenen Mann und auch seinen Freundschafts-/Ehering habe ich auch gesehen.
Warum hätte ich daher also einen Traumjob in meiner Heimatstadt mit Aufstiegschancen und perfekten Rahmenbedingungen ablehnen sollen?
Über den Mann selbst, habe ich mir da noch nicht wirklich Gedanken gemacht ...
Als ich anfing, flirtete er. Allerdings dachte ich mir auch da nicht unbedingt etwas bei. Klar, tut es dem Ego gut, allerdings gibts da auch öfter mal Flirts am Arbeitsplatz, wenn man viel Zeit verbringt, ohne, das es Bedeutung hat und ohne, das man Hurra schreien muss.
Meine PA machte mich dann mehr oder weniger darauf aufmerksam. Bei einem gemeinsamen Essen mit Freelancern, um ein Projekt zu feiern, saß er mir gegenüber und konnte wohl den ganzen Abend den Blick nicht von mir abwenden und war auch nicht wirklich bei den Gesprächen anwesend. Meine PA meinte, das sie bereits lange mit ihm zusammen arbeitet, ihn oft begleitet hat, etc, aber so habe die ihn noch erlebt.
Und dann gings los : Krawatte weg, spiessige Anzüge weg, Jeans und Sneaker an, 3 Tages Bart, neues After Shave, vom eher wortkargen Chef zum gut gelaunten Charming Bär. Er war Tuschelthema Nummer 1, da viele jahrelang mit ihm zusammen arbeiteten und ihn bislang nur als stocksteifen Anzugsträger kannten und ihn da zum ersten mal lachen sahen.
Natürlich fiel mir auf, das er viel Zeit mit mir verbrachte, mich persönlich eingearbeitet hat, etc. Doch auch da dachte ich, das gehört dazu, da ich ja GF werden sollte.
Nach der Probezeit gings los mit gemeinsamen Geschäftsreisen, damit ich die VIP Kunden kennen lerne und wenn man hier stundenlang nebeneinander im Auto sitzt, am Airport auf Flüge wartet oder auch zwischen Terminen gemeinsam isst, unterhält man sich früher oder später auch über private Dinge. Normalerweise über alltägliches wie Fußballergebnisse, Hobbies, Musik. Er dagegen sprach übers Leben, Wünsche, Erwartungen. Was hat man erreicht? Worauf ist er stolz? Was möchte er noch? Da es allgemein war, war es zwar unüblich, solche tiefgründigen Gespräche mit einem Kollegen zu führen, aber jeder Jeck ist anders.
Nach den Herbstferien 2018 erhielt ich dann die ersteh privaten WhatsApp. Fotos aus dem Urlaub oder aus dem Stadion oder von Events mit lieben Grüßen.
Ja, sein Flirten war erkennbar, jedoch dezent und nicht aufdringlich und auch nicht so, das ich davon ausgehen und erkennen muss, er will mich oder meint es ernst!
Irgendwann kam dann die Beichte, das er sich in mich verliebt habe und das bereits im 1. Bewerbergespräch. Er bekam daraufhin einen Korb, da ich mich in der Firma definitiv nicht mit dem vergebenen Chef einlasse und das akzeptierte er auch. Daraufhin klärte er auch binnen kurzer Zeit sein Privatleben, ließ es auch nochmal 3-4 Wochen sacken, um dann Ostern 2019 mit Rosen vor der Tür zu stehen. Auch hier nutzten wir dann erst eine ca 2 monatige Kennenlernphase, um heraus zu finden, ob es wirklich passt.
Ob er daher der typische Jäger ist, der nur sammeln möchte, kann ich nicht beurteilen. Auf mich machte er diesen Eindruck nicht wirklich. Hinter die Stirn schauen kann man einem anderen Menschen jedoch nie ...
Und das Private mit dem Geschäftlichen 100% trennen, ist in der Branche auch schwer möglich. Man bekommt permanent Einladungen zu roten Teppichen, VIP Tickets etc. Man geht am Abend und an den Wochenenden hin, man Netzwerkt, man hat natürlich auch Spaß, die Grenze vom Geschäftlichen ins Private ist jedoch oft fließend.
Und ja: meine Aufgabe muss und wird die sein, den Fokus wieder ausschließlich auf mich zu richten, mein Krönchen zu richten und in meine Mitte zu kommen.
Allerdings ist das gerade nicht so einfach.
Trennen sich andere, verlieren sie in der Regel meist nur den Partner, bei mir ist aber auch der Traumjob weg und das aufgrund Corona zu einem sehr miesen Zeitpunkt. Ich habe zwar auch Kontakte und meine Fühler bereits ausgestreckt und in der Vergangenheit hatte ich immer wieder Angebote auf dem Tisch, doch aktuell stellt natürlich niemand ein, sondern alle hoffen erstmal die bislang vorhandenen Mitarbeiter zu retten, ohne entlassen zu müssen. Um etwas Neues zu finden, ist somit ein absolut mieser Zeitpunkt
Genauso wie es gerade ätzend ist, sich abzulenken. Kein Wein-Abend mit den Mädels, kein Fitnessstudio, keine Sauna, kein Schwimmbad, nichts... stattdessen zu Hause mit Kopfkino, was es aktuell auch nicht besser macht