Guten Morgen,
ich bin in einer sehr vertrackten Situation.
Vor etwa einem Jahr habe ich meinen Freund kennengelernt. Obwohl Beziehung im Büro für mich Tabu war, hab ich mich in ihn verliebt und wir kamen zusammen.
Wir arbeiten bei einer Versicherung, im Innendienst und sehen uns fast jeden Tag im Büro. Da wir nicht gerade um die Ecke wohnen, haben wir uns immer darauf geeinigt, dass wir uns am Wochenende sehen. Meistens kam er zu mir. Er spielt Fußball, ziemlich übertrieben viel meiner Ansicht nach, aber das ist sein Ding. Zudem kommen noch andere Dinge, er hat noch ein weiteres Hobby das recht teuer ist, Golf und arbeitet nebenher am Wochenende mindestens einen Tag Abends im Aussendienst unserer Versicherung. Dazu komm auch noch, dass er in einer Wohnung der Eltern wohnt, die ihn dann beanspruchen. Er ist eigentlich ständig unter Stress.
Am Anfang war das nicht so tragisch, er kam meist Samstag auf Sonntag zu mir, Wochentags sahen wir uns im Büro. Das war mir einfach zu wenig, ich kam mir vor wie eine Affäre.
Er war auch oft garnicht zugänglich vor lauter Stress für mich. Er konnte das nicht nachvollziehen, ich saß daheim und wartete quasi ab Samstag 15 Uhr auf Paradestellung, bis er kam, meistens kam er zwischen 15 und 19 Uhr, das heißt mein Samstag war im Grunde gelaufen, Sonntags ging er wieder, ich bekam null Hilfe, Betten machen, Frühstück, er musste sich vorkommen wie in einem Hotel. Ich hab das gern gemacht, aber das war für mich keine Dauerlösung.
Ich hatte auch den Eindruck er wusste das alles garnicht zu schätzen. Ich habe mit ihm im Sommer darüber gesprochen, da kamen dann noch ganz andere Sachen auf den Tisch, ich passe eigentlich nicht zu ihm, zu seinem Freundeskreis usw. Er mache sich da sowieso schon die gesamte Zeit drüber gedanken.
Ich war tierisch sauer, da ich mir dachte, dass das eigentlich meine Gedanken sein müssten, ob solch ein alltagsinkompatibler Kerl zu mir passt. Aber statt dessen stellte er sich scheinbar diese Frage.
Es gab Monate da sahen wir uns im Büro und privat ein einziges Mal für zwei Stunden. Das war und ist mir zu wenig. Diskussionen über Du hast nie Zeit wiegelte er ab - das habe ich doch vorher gewusst, sowieso sein Standardspruch.
Ich hing extrem an ihm, er war mir total wichtig. Er hat ein extreme Anziehung auf mich. Doch ich wusste, dass wir keine Zukunft haben werden - so nicht. Umzug ist für ihn unmöglich, da er mietfrei wohnt bei den Eltern in einer Luxuswohnung....ich müsste zu ihm ziehen, was absolut keinen Sinn machen würde. Ich bräuchte ein Auto, er wohnt in einem Dorf, da kommt man schwer weg.
Nachdem wir uns trennten, meldete er sich zunächst garnicht mehr, wir sahen uns im Büro klar. Das war dann im Oktober. Es vergingen Monate, die wir uns nicht sahen - wir hätten uns nicht sehen können, da er in der Regel Freitags arbeitete bis spät in die Nacht mit seinen Versicherungen und Samstag früh ging es zum Fußballspiel oder Training, sogar während der Saisonpause und Sonntag abend kam er heim.
Es war nicht einmal möglich, dass wir am Wochenende regelmäßig telefonierten. Nicht einmal das.....
War er mit Kumpels unterwegs, konnte oder sollte ich nicht mit, ich kenne immernoch keinen einzigen sozialen Kontakt von ihm, seine Kumpels sind alle sehr handfeste Trinker, mit denen ich vermutlich kaum könnte.
Oktober bis heute:
Es vergingen die Wochen und Monate, ich saß zu hause, mittlerweile hab ich mir wieder meine eigenen Hobbys aktiviert und selber viel um die Ohren. Trotzdem muss ich noch extrem oft an ihn denken.
Er und ich merkten, dass wir noch mehr voneinander wollen, aber meine Gefühle sind weniger geworden. Ich bin ein Mensch, der Gefühle abbaut, wenn er einen anderen nicht mehr nahe hat. Ich meldete mich auch nicht mehr. Er vermisste das, dass ich mich plötzlich zurück zog und auch per Whatsapp keinerlei Meldung mehr machte, er wusste eigentlich garnichts mehr, was ich privat so unternahm, ich war viel mit Männern unterwegs zum Kennenlernen, das bekam er auch über seinen Arbeits/Bekanntenkreis mit. Das passte ihm garnicht.
Vor nun zwei Monaten kam er zu mir und ich merkte, wie sehr er noch an mir hängt, er wollte die Beziehung unbedingt wieder aufnehmen. Begeistert war ich nicht, aber wir trafen uns - auch das Treffen war schon wieder damit verbunden, dass er sich extra einen Tag Urlaub nehmen musste, weil es anders nicht möglich gewesen wäre. Er war vier Stunden bei mir bis Abends und wir sprachen. Begeisterung seinerseits hätte anders aussehen müssen, aber er ist sehr wenig emotional (was für mich auch schwierig im Umgang ist).
Das war jetzt vor 2 (!) Monaten. Daraufhin beschloss ich, ihm noch einmal anzubieten, er könne das Wochenende darauf gern zu mir kommen. Und schon fing es wieder an, er habe keine Zeit, Fußballspiel. Das Wochenende darauf: Mit den Kumpels zu Saufen wegfahren, das Wochenende darauf Versicherungsseminar. Es vergingen wieder Wochen, ich zog mich wieder zurück und sagte ihm auch, dass wir im Büro keine Beziehung mehr simulieren brauchen, das ist mir zu wenig. Er fing sogar an zu weinen, war sich bewusst darüber, dass das alles nicht funktionieren kann. Ich merkte in dem Moment, dass ich zwar noch sehr an ihm hänge, aber es immer und immer so weitergehen würde.
Er beklagte, nur weil er nun drei, vier Wochenende keine Zeit gehabt hätte, sei ich schon wieder nicht bereit, einen Neustart zu machen?
Daran merkte ich, dass er eine vollkommen andere Zeitempfindung hat wie ich.
Nun lernte ich zwischenzeitlich einen anderen Mann kennen, den ich auch sehr interessant finde, der so ganz anders tickt als mein Ex Freund. Er bemüht sich um mich, er hat zwar nicht die gleichen Interessen wie ich (die hatte mein Ex auch nicht), aber er denkt gleich, ich kann mich stundenlang unterhalten.
Mein Herz sagt mir, ich will meinen Ex Freund - mein Kopf und ein Teil meines Herzens sind für den neuen Mann offen.
Ich erwische mich selber, wie ich kein Bedürfnis mehr habe, meinem Ex Freund, dem ich täglich abends und am Wochenende, wenn wir uns mal wieder nicht sahen, geschrieben habe per Whatsapp etc. Ich habe kein Bedürfnis mehr, ihm meinen Tagsablauf, meine Wochenendplanung per Whatsapp mit zu teilen. Merkwürdigerweise spreche und teile ich viel mehr Informationen mit meinem neuen Kontakt, er interessiert sich auch für mich, er ist verfügbar / erreichbar und wohnt bei mir 15min mit dem Auto, mein Ex Freund 90min mit dem Auto entfernt, völlig andere Planbarkeit.
Ich hadere - die Gefühle für meinen Ex sind sehr speziell gewesen, aber sein gesamtes Umfeld, seine Lebensweise, auch dass er mal in der Lage ist, Unterwäsche 4 Tage zu tragen, irgendwie passt das alles so überhaupt garnicht zu mir und ich weiß nicht ob das wirklich je gut gegangen wäre im Alltag, ich bin mir sicher, dass nicht. Er hat nicht einmal Zeit zum Einkaufen und daher seinen Kühlschrank derzeit still gelegt. All solche Kleinigkeiten......
Der Mann, den ich nun kennengelernt habe, ist viel viel offener, nimmt sich Zeit, hat eine solide Planung, sieht gut aus und wirkt auf mich auch anziehend, aber solide anziehend. Mein Ex Freund wirkt eher abenteuerlich anziehend.
Aber ich selbst bin eigentlich kein Abenteurer, eigentlich überhaupt grundsolide.....
Das Schwierigste ist der Umgang, dass wir uns fast jeden Tag im Büro sehen und er mich dort jetzt bearbeitet, dass es so schön mit uns gewesen sei und wir es doch noch mal probieren sollten. Schlage ich vor, wann wir uns sehen, so kommt er mir wieder mit Terminvorschlägen in 3-4 Wochen. SO kann das doch nichts werden, oder sehe ich das zu verbissen?
Bin derzeit sehr sehr ratlos, da sich das schon seit Oktober zieht mit meinem Ex im Büro. Er leidet deutlich mehr darunter als ich, aber mich nervt die Gesamtsituation einfach nur noch.
22.03.2014 08:30 •
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