An dieses Forum: Ich habe viele eurer Geschichten gelesen in den letzten Tagen und kam mir dadurch nicht ganz so allein mit meinem Kummer vor. Mir tut jede eurer Geschichten und Schicksale von Herzen leid und ich bin zum Teil geschockt über vieles, was ich hier gelesen haben. Nun habe ich beschlossen, meine Geschichte ebenfalls zu erzählen.
Auch ich möchte mich, wie einige andere hier, für die Länge des Textes vorab entschuldigen und falls sich trotzdem jemand die Mühe machen sollte, alles zu lesen und mir vielleicht zu antworten, würde ich mich sehr freuen.
Knapp 6 Jahre Liebe. Angekommen sein, das Gefühl von Sicherheit, absolutem Vertrauen und Glück.
Nach 4 Jahren Beziehung bekam ich in einer Januar Nacht 2022 den für mich schönsten Heiratsantrag, den ich mir hätte vorstellen können, in Paris.
Wir wohnten nie zusammen, aber er ist 2018 aus dem Teil Deutschlands, wo er aufgewachsen ist, zu mir in den Norden gezogen und unsere beiden Wohnungen hier in der Stadt liegen nur 5 Minuten Fußweg auseinander – was mir und ihm damals als perfekte Lebenssituation schien, ist nun auch ein Teil meines real gewordenen Albtraums.
Wir sahen uns so oft wir wollten, verbrachten die Nächte mal bei ihm, mal bei mir. Schliefen auch mal getrennt, hatten jeder unser eigenes Leben aber verbrachten den Großteil unserer Zeit zusammen und mit gemeinsamen Freunden, die er hier schnell durch mich und seine offene Art gefunden hat. Jeder mag ihn – er ist ein wundervoller Mensch.
Ich hatte schon einige Beziehungen in meinem Leben und habe auch viel Schmerz erfahren, aber länger als 2-3 Jahre hielt es nie. Ich wurde öfter verlassen oder musste aufgrund des Verhaltens einiger meiner Partner auch mal selbst die Reißleine ziehen um mich zu schützen und meine Würde zu bewahren. Weh tat das natürlich trotzdem, aber ich habe mich immer wieder selbst aus dem Sumpf der Traurigkeit rausziehen können. Leicht fiel mir das jedoch nie und schnell ging es auch nicht, aber es ging. Mit dem Alleine-, bzw. Single-Dasein habe ich auch generell kein Problem, denn meine Devise war irgendwann: Besser alleine sein, als sich zu zweit einsam fühlen.
Ich war, als ich ihn 2017 näher kennenlernte, an einem Punkt angelangt, eigentlich nicht mehr nach einer erfüllenden Partnerschaft zu streben, sondern auch ohne einen Mann glücklich zu sein. Ich war damals bereits Anfang 40, hatte eh keinen Kinderwunsch und durch meine bisherigen Erfahrungen eigentlich schon resigniert, beendete ich doch gerade eine im Nachhinein gesehen toxische Beziehung. Wir, also mein jetziger Noch-Mann und ich waren zu dem Zeitpunkt schon befreundet (wir arbeiten in derselben Branche und dadurch liefen wir uns regelmäßig ein paar Mal im Jahr auf Veranstaltungen über den Weg und hatten auch schriftlichen, freundschaftlichen Kontakt). Er hatte sich ein paar Monate vor meinem Beziehungsende ebenfalls von seiner damaligen Freundin getrennt und so schrieben wir immer öfter und merkten beide, dass wir uns sehr, sehr mögen.
Wir fanden dann Ende 2017 zueinander und meine, oder unsere, glückliche gemeinsame Zeit begann. Er wurde mein Geliebter, mein bester Freund, mein Ein und Alles. Der für mich perfekte Mann an meiner Seite, dem ich immer mehr vertraute und der mich durch seine Ehrlichkeit, Loyalität und Respekt beeindruckte. Ich war manchmal fast perplex, dass ich nun doch noch dieses Glück erfahren durfte.
Kurz nach dem Heiratsantrag Anfang 2022 wechselte ich den Arbeitgeber und fing – auf seinen Vorschlag hin (wir hatten das schon vor dem für mich überraschenden Heiratsantrag besprochen) - in derselben Firma wie er an zu arbeiten. Alle Kollegen wussten um unsere harmonische Beziehung und freuten sich, mit uns zu arbeiten, wir waren ja in jeglicher Hinsicht ein gutes Team. Zudem arbeiten wir beide im jeweiligen Home-Office und konnten so einerseits die Arbeit vom Privaten ziemlich gut trennen, aber gleichsam durch gemeinsame Geschäftsreisen und lokale Veranstaltungen, die mit dem Job einher gehen, noch mehr aufregende Zeit miteinander verbringen.
Als die nächste Geschäftsreise Ende 2022 alle Mitarbeiter nach Las Vegas führen sollte, beschlossen wir, dort zu heiraten und 2 Wochen länger in den USA zu bleiben. Es geschah wie geplant, inklusive einem 2wöchigen Roadtrip durch Kalifornien. Es war einfach nur traumhaft, aber ich kann und möchte hier nicht weiter ausholen, da mich die Erinnerungen daran nun fast umbringen.
Danach ging scheinbar alles bergab. Für ihn.
Im Dezember 2022 holte ich meinen geliebten Hund aus dem Tierheim – wir lieben beide Tiere über alles und haben speziell in den beiden Corona-Jahren 2020/2021 immer wieder darüber gesprochen, dass unsere zahlreichen Spaziergänge doch mit Hund noch umso schöner wären. Ich hatte zuvor 20 Jahre lang eine Katze und als ich diese 2021 gehen lassen musste, war ich lange Zeit voller Trauer aber auch voller Sehnsucht nach einem Tier in meinem Leben. Nun schienen die Gegebenheiten perfekt, u.a. durch das von zuhause arbeiten.
Der Hund war sehr krank und schwach und ich hatte ein paar wirklich aufreibende, sehr, sehr anstrengende Monate hinter mir, die mich an den Rand meiner Belastbarkeit gebracht haben. Mein Partner war zwar da, aber ich wunderte mich bereits ein wenig über sein Verhalten, hätte ich mir doch mehr Unterstützung gewünscht.
Er wurde aber ein paar Monate vorher befördert – er ist quasi Chef unseres europäischen Büros - und musste nun umso mehr reisen und stand natürlich auch selbst unter mehr Druck. Verständlich.
Um das Ganze hier zumindest etwas abzukürzen – u.a. durch den Hund konnte ich ganz 2023 gar nicht mehr mit ihm irgendwo hinreisen, nicht mehr ausgehen, keine Konzerte, etc. Mein Partner tat alles wie zuvor, nur noch geballter und eben alleine, bzw. ohne mich. Das war natürlich für uns beide frustrierend. Ich begann mich einsam zu fühlen.
Dennoch schmiedeten wir Pläne, und schauten nach einem Haus zum Kauf, etwas weiter draussen – wir wohnen in einer Großstadt mit horrenden Mietpreisen – etwas mehr Ruhe, ein Garten, wo wir was anpflanzen können, mehr Platz und nun auch gemeinsam Wohnen mit genug Räumen, damit trotzdem jeder seine kleinen Eigenheiten, zb. den jeweiligen Einrichtungsgeschmack weiterhin ausleben kann und man auch mal getrennt schlafen kann, wenn man will. Das war unser Ding, unser Lebensmodell.
Es gab ein Haus, was uns beiden gefiel. Es gab Gespräche mit unserer Bankberaterin. Es war zu teuer. Doch der Makler gab nach und ging drastisch mit dem Preis runter. Sollte es tatsächlich klappen? Das war im Mai.
Im Juni rief er mich an. Er könne, wolle nicht aus „unserem“ Viertel wegziehen. Er will den Trubel, er will das Laute, das Feiern und Ausgehen. Er will das Haus, und auch kein anderes, mehr.
Da brach ich noch nicht zusammen, denn ich hatte selbst ähnliche Bedenken und Sorgen, bin ich doch mein Leben lang ein Großstadtkind, ohne Auto und Führerschein. Aber es fühlte sich trotzdem wie ein Stich ins Herz an. Ich sagte ihm genau das, dass es sich so anfühlt, als würde er das nur mit MIR nicht wollen.
„Nein nein, ich komme doch vom Land, habe nun seit erst 5 Jahren die Großstadt und möchte sie noch nicht missen.“
OK. Das miese Gefühl blieb trotzdem und ich war stark verunsichert.
Ich glaube nun, genau da beschloss er, dass er unsere Beziehung nicht mehr will.
Unsere körperliche Nähe ebbte zudem komplett ab. Ich war verzweifelt! Ich sagte ihm im Juni, dass ich das Gefühl habe, wir verlieren uns und dass wir uns unbedingt um uns kümmern und auch körperlich wieder zueinander finden müssen. Ich weiß nicht mal mehr, was er dazu gesagt hat, ich meine er stimmte zu, aber irgendwie hat er das wohl abgetan. Denn auch die Küsse hörten auf. Mal war er erkältet, mal tat ihm dies oder das weh, aua aua aua, bla bla bla.
Wir machten im August noch gemeinsam Urlaub mit Hund in einem Ferienhaus, endlich Zeit miteinander, endlich Sonne, Freude, Strand und so weiter. Ich fand es wunderschön, er scheinbar nicht. Wir sprachen in diesen 6 Tagen Urlaub überhaupt nicht über unsere Probleme, er schlief quasi jeden Abend nach dem Essen (er kocht lieber alleine und hört dabei Podcast – ich befand mich im selben Raum, aber hey) auf der Couch ein. Meine zaghaften Annäherungsversuche, ich spreche hier ganz banal vom Streicheln seines Armes, wurden ignoriert. Ich hätte auch einen Stein streicheln können.
Er trennte sich am 7. September, nachdem ich ihm gerade sagte, dass ich glaube, professionelle Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen, weil es mir mehr als dreckig geht, ich Angstzustände in öffentlichen Situationen entwickelte und am Tiefpunkt meiner seelischen Verfassung angelangt bin. Dass ich glaube, hormonell durch die nahenden Wechseljahre aus der Bahn geworfen zu sein, weil ich diese körperliche Unlust, die ich schon vor unserer Hochzeit verspürte, und wodurch er sich natürlich total mies gefühlt haben muss (wir sprachen darüber damals, er war verständnisvoll aber auch traurig) NIE hatte und das nicht mehr hinnehmen möchte, weil ich selbst weiß, wie wichtig Körperlichkeit in einer Beziehung ist.
Unmittelbar danach, also ich spreche hier von Minuten, sagt er mir, es gehe ihm mental auch sehr schlecht, er sei wieder in einer dunklen Phase von sinngemäß, „Nimm alles mit was geht, bevor dieses schei. eh zuende ist“ und dass er keine Zukunft mehr für uns sieht. Er möchte dieses Leben mit all den Einschränkungen nicht führen und er glaubt nicht, dass die Leidenschaft wieder kommt. Es ist aus für ihn. Er liebt mich nicht mehr. Er habe sich geirrt. Ich sei ihm aber nicht egal (Oh, vielen Dank, dann bin ich ja beruhigt).
Bumm, aus. Noch ein Telefonat danach, wie wir das mit der Schlüssel- und Sachen-Übergabe regeln. Wird wohl über seinen Nachbarn, einer unserer gemeinsamen Freunde laufen. Er weinte auch viel, aber wohl eher, weil ihn sein schlechtes Gewissen quält, denke ich.
Er hat mich alleine gelassen, im Stich gelassen, mich weggeworfen. Nachdem er mich geheiratet hat, es ist für mich so absurd und so unfassbar, ohne Worte. Ich bin erschüttert und unendlich traurig.
Natürlich streitet er ab, dass es eine andere gibt, aber ich bin nicht naiv. Ich hoffe er hält sich zumindest noch etwas bedeckt damit.
Ich bin ein gebrochener Mensch und mir tut alles weh. Ich habe ihn mein Leben erst vollkommen werden und dann zerstören lassen und darf nun überlegen, wie ich ihm künftig aus dem Weg gehen kann. Derselbe Freundeskreis, bzw. nun sein Freundeskreis, ich bin ja die langweilige, die eh nicht ausgehen kann wg. des Hundes, also sind da keine Freunde mehr geblieben, derselbe Arbeitgeber, dieselben Supermärkte, und so weiter und so fort. Ich würde mich am liebsten auf einen anderen Planeten beamen oder ihm nahelegen, diese Stadt wieder zu verlassen, aber ich will kein Wort mehr mit ihm wechseln, denn das muss ich leider schon beruflich immer noch weiterhin tun. Noch weiß es niemand aus der Firma, aber diese Woche kommen alle Kollegen und viele Geschäftspartner hier in den Norden und im Oktober steht eigentlich eine gemeinsame Pflichtveranstaltung im Süden Deutschlands an (natürlich wollten wir dort, samt Hund, ursprünglich gemeinsam hinfahren und bei seinen Eltern unterkommen, die ich schon so lange nicht mehr gesehen habe). Es ist der Horror. Ich kann dort unter keinen Umständen hin, das schaffe ich nicht.
Was soll ich bloß tun, ich fühle mich so hilflos, mein Herz ist zerbrochen, ich habe ihn so aufrichtig und tief geliebt wie keinen anderen Menschen und ich wäre immer für ihn da gewesen. Ich dachte eine Ehe aus Liebe bedeutet füreinander einzustehen, für immer. Mein Selbstbewusstsein ist nicht mehr vorhanden und ich habe nun auch noch die schlimmsten Existenzängste meines Lebens. Denn wenn ich kündige, kann ich nur einen Job im Homeoffice annehmen, wegen des Hundes. Ich würde ihn NIEMALS wieder abgeben, eher lebe ich in Arbeitslosigkeit und Armut. Ich kann also gerade nicht einfach alles hinschmeissen, was ich am liebsten tun würde.
18.09.2023 19:30 •
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