Ich will mal berichten, wie das ganze weitergegangen ist, weitergeht.
Dieser Mann - ich weiß auch nicht, wie ich ihn bezeichnen soll, Ex-Freund? Ex-Neuer Partner? - lässt nach wie vor nicht locker. Er hat mir trotz der Trennung, trotz der von mir anfangs aufgestellten Bedingung eines Kontaktverbots, ständig Nachrichten geschrieben, insbesondere auch, wenn er an meiner Arbeitsstelle in meiner Nähe war. Er stand dort auch morgens einmal plötzlich hinter mir, hatte auf mich gewartet, hat mir geschrieben, dass er vor meiner Tür gestanden habe, sich dann aber nicht reingetraut habe (Gottseidank, ich hätte ihn hochkant wieder rausgeschmissen). Das alles war sehr belastend für mich, ich hatte den ganzen Dezember lang fürchterlich Liebeskummer, hab jeden Abend vor dem Einschlafen geweint, hab getrauert um meinen geplatzten Traum von einer Zukunft mit ihm an meiner Seite. Gleichzeitig musste ich mich in meinem neuen Leben, als getrennte Frau, mit den Kindern im Wechselmodell, in meiner neuen, eigenen Wohnung zurechtfinden, hatte plötzlich viel Zeit für mich alleine, was hart, aber auch gut war, um meine Gedanken zu sortieren.
Was meinen Ex-Freund und seine ständigen Kontaktversuche betrifft, konnte und kann ich nicht konsequent sein. Ich habe mich auf sein Drängen hin mehrmals mit ihm getroffen, mal auf einen Spaziergang, mal in einem Café, nie bei mir zu Hause, obwohl er das vorgeschlagen hat, aus gutem Grund halte ich das aber für keine gute Idee. Anfangs taten mir diese Treffen nicht gut, ich war noch sehr traurig, es hat weh getan, ihn zu sehen, ihm aber nicht nahe kommen zu dürfen, ich hab ihn auch einfach nicht verstanden, was er da tut, was er da mir, seiner Frau und auch sich selbst antut, warum er sich einerseits gegen mich und für die Rettung seiner Beziehung mit seiner Frau entscheidet und andererseits nahtlos wieder in die Heimlichkeit zurückgeht, seine Frau belügt und hintergeht und weiterhin den Kontakt mit mir sucht.
Über die Feiertage habe ich sehr viel nachgedacht, auch über die Trennung von meinem Mann (habe mir auch immer wieder die Frage gestellt, ob ich nicht doch zu ihm zurück will, nein, will ich auf keinen Fall), hab an mir gearbeitet, Tagebuch geschrieben, Podcasts zum Thema gehört, Bücher gelesen. Mir ist klar geworden, dass da ein großes Stück Arbeit an mir selbst vor mir liegt, auch, um meine Anteile am Scheitern meiner Ehe zu erkennen, um mich weiterzuentwickeln und nicht die gleichen Fehler wieder zu machen. Und für diese Entwicklung wäre es nicht förderlich, wenn ich mich jetzt gleich wieder in die nächste Beziehung gestürzt hätte, das hätte mich wieder von mir selbst abgelenkt, ich hätte mich selbst wieder zurückgestellt, um geliebt zu werden und nicht allein zu sein. Aber gerade dieses Alleinsein bringt mich unheimlich voran, es auszuhalten, anzunehmen, ja sogar zu genießen gibt mir sehr viel Selbstvertrauen, ich habe gerade das Gefühl, ich werde jetzt erst so richtig erwachsen und übernehme erstmals wirklich die Verantwortung für mich und mein Leben.
Mit dem Jahreswechsel hab ich so richtig neuen Mut gefasst, ich versuche, mich in Selbstfürsorge zu üben, Sport, frische Luft, soziale Kontakte, ich konzentriere mich auf meine Kinder und versuche, sie so gut es irgend geht durch diese schwere Zeit bringen. Ich genieße die Zeit mit meinen Kindern sehr, aber auch die kinderfreie Zeit. Ich treffe mich mit Freunden und Kollegen, habe auch neue Freundschaften geknüpft, alte Verbindungen wieder belebt, neue Aktivitäten in Angriff genommen. Ich gehe aber auch gerne mal alleine spazieren, in die Therme, in die Stadt - Dinge, die noch vor einem Jahr unvorstellbar waren für mich.
Mein Ex-Freund kann aber nach wie vor nicht loslassen, was auch dazu führt, dass ich meinerseits nicht von ihm lassen kann. Er schreibt mich weiterhin an oder ruft mich von seinem Büro bei mir in der Arbeit an. Wir treffen uns ca. 1x/Woche zum Kaffeetrinken oder Mittagessen. Seine Frau weiß weiterhin nichts davon, nicht mal seine Freunde. Es ist nichts körperlich passiert bei diesen Treffen (außer, dass wir uns beim Abschied immer ziemlich lange und fest in den Arm nehmen), aber nach ein bisschen Smalltalk kommen wir schon immer wieder auf unser Thema, also seine Gründe, weshalb er zu seiner Frau zurückgegangen ist, seine Gefühle, die er immer noch für mich hat, mein Gefühlszustand, es ist immer sehr intensiv. Er sagt, er könne einfach nicht alleine leben, und bei einer Trennung von seiner Frau wäre das erstmal der Fall, er könnte ja nicht einfach direkt bei mir einziehen, weil bei mir ja die Kinder mit im Boot sind, eine Annäherung würde da Monate oder gar Jahre dauern. Außerdem würde er sich dann aus der Sicht seiner Kinder gegen sie und für meine Familie entscheiden, und das könne er nicht. Gut, das muss ich eben akzeptieren, sein Lebensentwurf ist ein anderer als meiner. Ich bin aber immer sehr froh über diese Gespräche, mir wird einiges noch klarer, es hilft mir beim verarbeiten.
Bei den letzten Treffen war ich zunehmend entspannter, ich bin auch nicht mehr so traurig, hab nicht mehr diesen Liebeskummer. Es ist auch schön, ihn zu sehen und mit ihm zu reden, wir sind sehr vertraut, er kennt ja meine ganze Geschichte. Es ist wie es ist, ich kann es nicht ändern, und ich werde nicht an ihm zerren und ziehen, wie seine Frau es getan hat - das habe ich auch ihm gesagt. Ich habe schon noch Gefühle für ihn, die kann ich nicht einfach wegwischen, und ich habe auch manchmal Sehnsucht nach - körperlicher - Nähe zu ihm. Ich sehe aber, dass mein Traum, vielleicht war es auch nur eine Seifenblase, geplatzt ist und er nicht der Partner an meiner Seite sein wird. Irgendwann möchte ich wieder einen festen Partner haben, der nicht gebunden ist, der eine Beziehung exklusiv mit mir möchte, und irgendwann wird mir dieser Mann begegnen, und bis dahin genieße ich es, mal ganz auf mich gestellt und - abgesehen von meinen Kindern - frei zu sein. Ich bin mit mir im Reinen.
Nun hat er mir beim letzten Treffen mehr oder weniger offen gestanden, dass er sich wieder mehr mit mir wünscht. Er kann nicht vergessen, was wir zusammen hatten und dass das alles nun einfach so vorbei sein soll. Heimlich, wohlgemerkt, er macht keine Anstalten, das seiner Frau zu offenbaren oder sich gar wieder von ihr zu trennen. Mein erster Impuls war, ihm zu sagen, dass er halt nicht beides haben kann. Da sind ihm ganz schön die Gesichtszüge entgleist, damit hat er offenbar nicht gerechnet. Er meinte dann, dass er auch zufrieden wäre, mich einfach nur einmal die Woche zum Kaffee zu sehen, er nehme, was er von mir bekommen könne. Aber. Wir hätten ja quasi zusammen gelebt. Es wäre so schön gewesen, mit mir Joggen zu gehen. Wir hatten noch so viel vor. Und der S. wäre unbeschreiblich gewesen. Er wäre einfach immer so glücklich, wenn er mich sehen könnte.
Auch wenn ich jetzt nicht wirklich überrascht über seinen Vorstoß bin, ich bin schon einigermaßen fassungslos über seine absolut fehlende Empathie seiner Frau und auch mir gegenüber. Seine Frau hat wirklich extrem unter der Trennung gelitten und sehr um ihn gekämpft. Sie gehen zum Paartherapeuten, der natürlich von den erneuten heimlichen Treffen auch nichts erfahren darf. Mir hat er auch das Herz gebrochen, weiß, dass ich immer noch Gefühle für ihn habe. Ich habe durchaus Verständnis dafür gehabt, dass er es sich nach der ziemlich überstürzten Trennung von seiner Frau nochmal anders überlegt hat und die 30 Jahre nicht einfach so wegschmeißen will, zumal sie ja - ganz anders als etwa mein Mann - sehr um ihn gekämpft und sich - anders als bei mir - seine Familie von ihm abgewendet hat. Aber dieser Rettungsversuch ist doch völlig verlogen, wenn er nebenher weiter eine Affäre mit mir am laufen hält, und wenn sie nur emotional ist.
Ich kenne diesen Mann ja schon sehr lange, schon viele Jahre bevor wir etwas miteinander angefangen haben, und ich erkenne ihn gerade gar nicht wieder. Ich verstehe nicht, was er da tut. Sein Verhalten wirkt auf mich abstoßend, so unreif und egoistisch. Auch irgendwie verzweifelt. Mir liegt wirklich etwas an ihm, wir sind uns sehr nahe gekommen in den letzten Monaten, aber ich habe das Gefühl, er rennt gerade ins Verderben und wird am Ende weder seine Frau noch mich haben.
Ich gebe ehrlich zu, ich habe auch schon mit dem Gedanken gespielt, mich nochmal auf eine Affäre mit ihm einzulassen, aus purem Egoismus. Ich bin frei und ungebunden Der S. war wirklich außerirdisch gut, ich bin gerne mit ihm zusammen, wir haben die gleichen Interessen und Leidenschaften, warum soll ich nicht ab und zu schöne Stunden mit ihm verbringen, ohne Verbindlichkeit? Ich könnte trotzdem mein neues Leben leben, mich weiter auf mich und meine Kinder konzentrieren, mit ab und zu einem Sahnehäubchen on top, wenn es reinpasst. Aber mein Verstand und auch mein Bauchgefühl sagen mir, dass es zu gefährlich ist. Nicht nur wegen meiner eigenen Gefühle, die ja immer noch da sind (auch wenn ich mir wirklich keine Illusionen mehr über ein gemeinsames Leben mache), sondern auch wegen seiner Gefühle - er ist schon sehr fordernd, auch eifersüchtig, ich habe Sorge, dass das alles zu intensiv werden könnte. Und ich habe durchaus Skrupel wegen seiner Frau. Eigentlich ist es nicht meine Baustelle, ich fühle keine moralische Verpflichtung ihr gegenüber. Aber die Situation ist jetzt eine andere als zu Beginn unserer Beziehung. Damals waren wir beide gebunden, ich war voll im Gefühlschaos und im Trennungsprozess von meinem Mann, alles war irgendwie möglich, da waren so viele schöne Gefühle und Träume. Jetzt bin ich fünf Schritte weiter, er keinen einzigen.
Nun ja, meinen Verstand kann ich ja manchmal ignorieren, aber auf mein Bauchgefühl konnte ich mich eigentlich immer verlassen. Ich werde mir das jetzt mal noch eine Weile anschauen, solange es mir dabei gut geht, aber ich weiß, dass ich auf mich aufpassen muss. Ich werde weiter berichten, auch wenn ich dafür hier Prügel einstecken werde. Es hilft mir einfach, es aufzuschreiben, und zwischen den einschlägigen Beiträgen getriggerter User, die in jedem Beitrag ihre eigenen Themen aufarbeiten müssen, gibt es sehr wertvolle Denkanstöße, die ich gerne annehme.
14.01.2024 15:27 •
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