Warum gehst Du für den Anfang nicht mal zu einer Beratungsstelle und das allein. Z.B. zu Pro Familia. Such Dir Jemanden, dem Du ganze Dilemma einfach mal erzählen kannst. So ungewöhnlich und einzigartig ist Eure Konstellation auch wieder nicht. Langandauernde Ehe, auseinander und nebeneinander her gelebt, dann kommt der Ritter auf dem weißen Ross in Dein Leben galoppiert, der Dich jetzt auf sein Schloss führen wird und dann noch einen Alk. als Noch-Ehemann.Und drei Kinder, die entweder in der Puberät stecken oder sie halbwegs hinter sich gebracht haben.
Das ist viel auf einmal, das ist klar. Und Du hast Angst, es Dir mit den Kindern zu verspielen und es Deinem Mann zu sagen. Du sitzt zwischen zwei Stühlen und die heißen Verantwortung für die Familie und auch Dein Mann ist Teil dieser Familie und dem Wunsch nach einem besseren Leben. Wohin Du willst, weißt Du nicht, das sagt ja schon der Titel Deines Threads: Entscheidungsunfähig.
Das glaube ich Dir gerne, denn es ist in der Tat eine sehr schwierige Entscheidung, die wohl überlegt werden will. Wenn Du gehst und Deinen Mann verlässt, wirst Du unter Schuldgefühlen leiden. Ihr habt ja bereits 20 Jahre hinter Euch gebracht und auch viele Krisen und Probleme gemeinsam gemeistert. Du wirst damit nicht billig davon kommen. Denn selbst wenn Du sagst, da ist ja nichts mehr zwischen uns, ich gehe jetzt, ich habe ein Recht auf mein Glück, so kann eine andere Instanz in Dir ganz anderer Meinung sein und Dir Dein neues Leben vergällen. Unterschwellige Schulgefühle wirken sich immer zerstörerisch aus, auch wenn man alles tut, sie beiseite zu schieben und sich vor sich selbst zu rechtfertigen.
Dann sind da die Kinder. Kinder solidarisieren sich oft instinktiv mit dem schwächeren Part und der dürfte Dein Mann sein. Von daher ist es nicht so unwahrscheinlich, dass sie schlechte Gefühle für Dich haben werden. Zwei ziehen ja immerhin schon in eine eigene Wohnung, das macht es vielleicht einfacher. Aber eben auch nur vielleicht. Tatsache ist, Du weißt nicht wie sie reagiern werden.
Selbst für ältere Kinder kann eine Trennung der Eltern schlimm sein, weil sie trotz allem Vater und Mujtter meist als unzerbrechliche Einheit sehen.
Das alles ist noch nicht genug. Dein Mann ist ein Alk. und er ist selbstverständlich abhängig. Er braucht den Alk. und er hat vermutlich keine Einsicht in seine Abhängigkeit, die ja auch von Dir fast schöngeredet wird. Und natürlich bist Du co-abhängig, sonst wärst Du schon längst weg.
Die Entscheidung für Dein Vorgehen kann Dir keiner abnehmen, denn es ist Deine. Von daher meine ich, dass es gut wäre, nicht alles auf einmal lösen zu wollen sondern klein anzufangen. Ein erster Schritt wäre meiner Ansicht nach tatsächlich mal eine oder auch mehrere Beratungen mit einem neutralen Gegenüber. Ich weiß nicht, wie das jetzt wegen Corona ist, aber manchmal löst sich schon etwas auf, indem man etwas ausspricht. Sprechen ist oft ungleich schwerer als schreiben.
Du wirst die Sucht Deines Mannes nicht ändern können, egal was immer er Dir auch verspricht. Er hat Angst, große Angst, dass er ohne Dich ganz verloren ist, schätze ich. Wenn Du weg bist, könnte der weitere Absturz ganz schnell gehen. Alk. wird man nicht los, man behält sie und selbst nach einer Entziehungskur bleibt man abhängig.
Ich hatte mal einen Kollegen, der ein Quartalssäufer war. Er arbeitete einige Wochen klaglos und war absolut zuverlässig und eine Seele von einem Menschen. Er hatte drei Kinder, die er weitgehend allein aufzog und die damals schon fast erwachsen waren. Er kam zum Alk., als ihn seine Frau verlassen hatte und ihn mit drei Kindern sitzen ließ. Ich glaube, er war dennoch ein guter Vater.
Aber im Abstand von Wochen griff er zur Flasche und kam dennoch in die Arbeit. Dann wurde er heimgeschickt oder heimgefahren und nach einigen Tagen kam er wieder und war nomal. Man hatte ihn damals regelrecht bearbeitet, einen Entzug zu machen. Angeblich hatte er auch eingesehen, dass er ein Trinker war und ging auf Entzug. Während des Entzugs war alles prima, er würde niemals mehr trinken, sagte er. Er kam den ersten Tag wieder in die Arbeit und trank wieder. Weil ein Entzug nichts an den Lebensumständen ändert. Seine Welt blieb dieselbe und damit kam er nicht klar. Es folgte eine Frühpensionierung und dann starb er recht bald. Im Suff fiel er Treppen hinunter und blieb bei Mülltonnen liegen. Es war schade um ihn, er war ein herzentsguter Mensch und auch im Suff nie aggressiv.
Solange Dein Mann nicht den absoluten Wunsch hat, dem Alk. abzuschwören und alles zu tun, davon weg zu kommen, wird er keinen Entzug machen und ein hoher Prozentsatz trinkt hinterher wieder.
Versuche, nicht alles auf einmal lösen zu wollen. Ich denke, die Beziehung zu Deinem Mann ist zunächst das Wichtigste, aber überschattet vom Alk.. Dass Du keine große Lust hast, jetzt was retten zu wollen, ist klar, denn da lockt ja dieser andere Mann.
Ich denke, Du musst Dir erst darüber klar werden, ob Du Deinen Mann tatsächlich verlassen willst. Und zwar unabhängig von diesem FB-Typen. Lass den mal beiseite, der ist nur ein Rettungsanker und Beziehungen mit Rettungsankern gehen selten gut, weil die Erwartungen völlig unrealistisch und überzogen sind, Du kennst ihn nicht, Du kennst allenfalls einen Teil seiner Fassade und weißt nicht, was dahinter ist.
Wenn Dir das klar geworden ist, dann kannst Du einen Schritt weiter gehen und Deine Kinder ins Boot nehmen und mit ihnen sprechen. Das kann Dir keiner abnehmen.
Und dann kannst Du - zumindest theoretisch - in ein neues Leben starten. Ich habe das Gefühl, dass Du eigentlich gar nicht gehen willst. Du träumst zwar davon, aber etwas hält Dich noch an Deinem Mann - trotz allem.
Weißt Du, eine Ehe ist oft eine Angelegenheit mit einem großen Trotzdem oder auch Obwohl. Obwohl er trinkt und obwohl wir uns nicht mehr viel zu sagen haben und obwohl ich nach Österreich zum Fluchtpunkt gegangen bin und obwohl dort alles so toll war, kann ich doch nicht weg.
Werde Dir darüber klar, was Du wirklich tun willst und auch tun kannst. Diese Entscheidung kann keiner für Dich treffen und wenn Du sie triffst, wirst Du auch Federn lassen.
Bleibst Du in der Beziehung, in der Familie, schmeckt Dir Dein Leben nicht mehr. Gehst du, wirst Du auch dafür bezahlen müssen, denn Du kriegst nichts zum Nulltarif. Daher musst Du klar abwägen und erst wenn Du wirklcih weißt, was Du tun willst und kannst, kannst Du einen Schritt weiter gehen.
Zerlege den Elefanten, der vor Dir liegt, in kleine Stücke und fang ganz unten an. Willst Du gehen oder bleiben? Wenn Du das ganz sicher und tief in Dir weißt, erst dann kannst du weiter gehen. Daher meinte ich, dass eine Beratung vielleicht hilfreich bei der Orientierung sein kann. Eine andere Möglichkeit wäre auch ein Therapeut. Einfach mal mit Jemandem reden. Der kann und wird Dir die Entscheidung auch nicht abnehmen, aber manchmal hilft es doch ein wenig.
Das mit dem Österreicher wird wohl nichts werden. Er erscheint Dir jetzt als der große Strahlemann und als Dein Retter, weil Ihr nett hin- und herschreibt und Euch Eure Welt voller Illusionen aufbaut. Das kann meiner Ansicht nach nichts werden, denn wo ist denn da die Basis? Ich sehe keine außer vielen hohlen Worten und wenigen Treffen, bei denen jeder nur seine Schokoladenseite zeigt.
Es wäre besser für Dich, diese eine große Entscheidung für Dich ganz allein zu treffen. Und die heißt Gehen oder Bleiben?
Der Typ in Österreich sollte dabei keine Rolle spielen. Er kam wohl in Dein Leben, um Dich wach zu rütteln, sozusagen als Wegweiser für Dich, dass Du eine Entscheidung treffen musst. Ich sehe ihn als Fingerzeig und Aufforderung in Deinem Leben, dass Du zu einer Neuorienitierung finden musst. Ob diese mit Deinem Ehemann stattfinden kann oder nicht, ist Deines. Deine Entscheidung, Deine Verantwortung und Dein Aushalten von Konsequenzen.
Begonie
10.03.2021 16:49 •
x 3 #111