Lieber Gangolf,
Ich habe erst heute deine Beiträge gelesen und möchte nun auch etwas dazu sagen.
Wie es in dir aussieht, kann ich nur erahnen. Aber ich weiß, dass der Alltag mit Kindern sehr stressig sein kann. Ich habe keine Zwillinge oder Drillinge. Dafür eine Großfamilie. Unsere Kids sind sehr knapp aufeinander zur Welt gekommen.
Ich gehe davon aus, dass du in den letzten 5 Jahren der Brötchenverdiener warst, während deine Frau den Alltag mit den Kindern, den Haushalt und alles andere intakt gehalten hat. Zeit zum Ausspannen für euch beide, wird es nicht gegeben haben. Ihr beide habt nur funktioniert und habt euch mit der Zeit aus den Augen verloren.
Mein Mann ist mir auch fremd gegangen. Du kannst es hier im Forum nachlesen. Wie ich mich fühlte, wie er sich fühlte; was in uns beiden vorging; was der Grund war, weshalb er sich nach außen orientierte.
Wir haben uns beide aus den Augen verloren, fühlten uns vom anderen unverstanden, allein gelassen, nicht gesehen. Wir konnten auch nicht mehr miteinander reden und wenn wir denn Siebenminuseins hatten, dann war das eher mit Pflichtprogramm zu vergleichen und nicht mit Leidenschaft und tiefen Gefühlen füreinander.
Wenn wir miteinander sprachen, dann über Kinder, Haushalt; Finanzen, Job.
Wenn er mit mir über sein Gefühlsleben sprach, dann, dass er mehr gesehen werden möchte, mehr Leidenschaft spüren wollte usw. Seine Worte waren damals nicht sehr gut gewählt. Ich empfand seine Worte als plump und war unfähig, das als Hilferuf zu sehen. Ich war regelrecht genervt von seiner Art und Weise. Schließlich nahm auf meine Bedürfnisse auch keiner Rücksicht. Die Kinder, das Haus, die Finanzen, die Termine usw - alles blieb ausschließlich an mir hängen. Wenn mal was nicht funktioniert hat, wurde ich verantwortlich gemacht usw.
In der Kindererziehung war ich immer die Strenge. Die, die Verbote erteilte, während der Papa der Superheld in Person war. Der, mit dem man lachen konnte. Der, der immer da war und verständnisvoll war; der, der immer alles erlaubt hat,...usw. Das hat mich noch mehr gefrustet. Stellenweise war ich dermaßen wütend auf meinen Mann (der immer für andere da war), aber nicht mehr für mich, dass ich froh war, wenn er arbeitete.
Ob es bei euch auch so ist, kann ich nicht beurteilen. Vielleicht erkennst du das ein oder andere Beispiel in deinem Leben wieder. Vielleicht aber auch nicht.
Weißt du, Gangolf. Erst als ich merkte, dass mein Mann plötzlich immer distanzierter wurde, immer öfter am Handy war, sich die Streitereien häuften (und auch die Intensität), er immer länger arbeiten musste (und keine Zeit mehr für sich und die Kinder hatte), begann ich mich um ihn zu sorgen.
Er äußerte in der Zeit auch, dass er keine Gefühle mehr für uns habe; sich leer fühle; usw....weshalb ich meine erste Vermutung (Freundin) ausblendete und an ein Burnout glaubte.
Ich verkürze das Ganze jetzt und schreibe von der Zeit, kurz bevor die Affäre bzw nachdem sie aufgeflogen war:
Ich habe mich schrecklich gefühlt. Minderwertig. Hatte Angst um die Kinder, für die ich stark sein musste. Fürchtete mich vor den Fragen im Falle einer endgültigen Trennung (wo ist der Papa; warum kommt Papa nicht heim wer ist die neue Frau da bei Papa und warum küsst er sie...oder Mama, jetzt haben wir noch einen Mama...)
Das hat mir Magenkrämpfe verursacht, denn auch wenn mein Mann mir zugesichert hat, immer für mich da zu sein, so wußte ich doch, dass ich diejenige bin, die die Kinder auffangen hätte müssen. Außerdem wurde mir klar, dass ich unglaublich enttäuscht und verletzt war, weil ich die Liebe - von der ich glaubte, sie wäre nicht mehr richtig vorhanden- eben doch noch da war. Und dass er all die Liebe, die ihn für mich so besonders gemacht hat, nun einer Arbeitskollegin schenkt. (seine Affäre war seine Arbeitskollegin)
Eheberatung lehnte er ab...Dazu sei er nicht der Typ; ich würde mir alles nur einbilden usw...
Ich sehnte mich unglaublich nach ihm und fand es unwahrscheinlich verletzend, welche Lügen er mir auftischte. Ich sah aber auch, dass dieses ganze hin und her ihm zusetzte und zwischen uns noch etwas war. Ich wollte nicht diejenige sein, die kampflos aufgibt und 12 lange Jahre wegwarf. Jahre, in denen wir trotz harter Zeiten auch glücklich waren. (die Negativen Sachen hab ich erst mal ausgeklammert). In dieser Zeit waren wir auch intim miteinander..und es war
Als die Affäre aufflog, war ich erleichtert. Wären die Kinder nicht gewesen, wäre ich sofort gegangen. Ich sehnte mich zwar nach ihm; nach seiner Nähe, seiner Wärme, seiner Stimme, seiner Zärtlichkeiten, seiner Liebe...aber ich war auch unheimlich gekränkt.
Ihn hinauszuwerfen habe ich wegen der Kinder nicht gewagt. Sie hingen an ihrem Vater...Außerdem war ich verwirrt. Ich wusste nicht mehr, wer dieser Mensch war, der mir das alles angetan hat. Dieser Mensch war mir fremder als fremd...und doch schlummerte ihn ihm noch der Mensch, der für mich wertvoll und liebenswert war.
Seinen Vorschlag, zur Eheberatung zu gehen, nahm ich an. Ich wollte FÜR MICH herausfinden, ob diese Ehe nur eine Lüge war. Ich wollte für MICH herausfinden, ob es für uns noch eine Chance gibt. Wenn nicht als Partner, dann vielleicht als Freunde.
Ich ging mit wenig großen Erwartungen dorthin. Mein genaues Gefühlschaos kann man hier im Forum glaube ich sehr gut nachlesen.
Anfangs projizierte ich meine negativen Gefühle ausschließlich auf die Affäre, damit mir der Umgang mit meinem Mann leichter fiel..Aber mit der Zeit begann ich zu verstehen. Die Gespräche, die wir führten, waren offen und ehrlich. Wir wurden voneinander mit Dingen konfrontiert, die wir in der Vergangenheit völlig falsch interpretiert hatten. Ich war oft hin und her gerissen; bekam aber immer größeren Einblick in die Gefühlswelt meines Mannes (und er in meines).
Was ich dir damit sagen will, Gangolf ist, dass ich dir wirklich die Gefühle für deine Freundin abnehme. Ich glaube auch, dass du sie vermisst. Aber irgendwo bei deinen ersten Posts hatte ich für mich das Gefühl, dass du auf der Suche nach etwas warst, dass dir deine Frau nicht geben konnte...und das du dann bei einer langjährigen Bekannten gefunden hast. Ich habe auch das Gefühl, deine Frau ist dir nicht gleichgültig. Und dass du bei deiner Familie bleibst, hat nichts mit Mitleid zu tun.
Ich für mich lese heraus, dass du nach wie vor Gefühle für deine Frau hast. Gefühle, die du nicht einordnen kannst. Gefühle, die zwar anders sind, als zu deiner Freundin...aber sie sind noch da.
Hast du schon mal überlegt, in eine Eheberatung zu gehen? Man drängt euch beide dort zu nichts.
Vielleicht findest du dort wichtige Denkansätze, die dich - und deine Frau - weiter bringen.
Wenn nicht als Paar, dann vielleicht als gute Freunde...
Deine Frau hat im Moment nicht wirklich etwas zu verlieren. Dich hat sie mental schon verloren. Für sie ist es, als wärst du nur noch aus Mitleid für sie da...und wegen der Kinder...Doch sie verdient auch jemanden, der sie liebt, Gangolf.
Sie verdient die Liebe einer Person, die sie so nimmt, wie sie ist. Jemanden, der sie in den Arm nimmt, der für sie da ist. Jemanden, mit dem sie glücklich sein kann. Für den sie DIE WELT ist. Genauso, wie du.
Für mich habt ihr beide durch die Eheberatung nichts zu verlieren. Denn so wie es jetzt ist, habt ihr bereits alles verloren. Euch; die Liebe; und das Glück.
LG
kk
16.03.2014 13:25 •
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