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Entfremdung nach versuchter Familiengründung / Scheidung

Mask
Hallo liebe Community,
viele sehr aufschlussreiche Beiträge und die Vielzahl an wirklich unterschiedlichen Lebenserfahrungen bewegen mich dazu meine Geschichte zu erzählen. Ein Stückweit in der Hoffnung anderen Mut zu machen aber auch um mir selbst eine Orientierung zu geben, mit dem Bewusstsein selbst für Veränderung verantwortlich zu sein.
Heute mit 36 Jahren befinde ich mich mit meiner 32 jährigen noch Ehefrau am Ende einer 10 jährigen Beziehung, davon 4 Jahre verheiratet. Sowohl meine EF als auch ich haben bis zu diesem Zeitpunkt noch nie allein gelebt.
Am Anfang unserer Beziehung waren wir sehr offen miteinander und ich sagte ihr, dass ich kein Interesse an heiraten oder Kindern habe. Es war mir wichtig dies zu kommunizieren, weil mein Vater sehr früh gestorben war. Wie gesagt, ich war damals 26 und meine Partnerin 22, es spielte für sie keine Rolle, vielleicht würde sich meine Meinung ja noch ändern. Nach 6 Jahren Beziehung war es dann doch irgendwie der Wunsch meiner Partnerin meine Ehefrau zu werden. Wir haben stets viel miteinander gesprochen und auch über Themen wie heiraten, obwohl es kein Bedürfnis von mir war, wir sind solche Themen aber immer humorvoll und leicht angegangen.
Auch ich empfand es dann als eine wirklich schöne Idee und wir hatten eine tolle Hochzeitsfeier mit all den Menschen die uns wichtig waren. Für meine EF bedeutete die Hochzeit, dass man irgendwie noch mehr zusammen ist. Wir haben zusammen weiter unser sehr unbeschwertes Leben aufgebaut, weder finanzielle noch materielle oder essenzielle Dinge haben uns gefehlt. Damit meine ich wir konnten uns zu jederzeit alles leisten als auch erlauben. Augenscheinlich, so muss ich es heute glauben, war dies vielleicht auch der Grund warum wir nie in Streit waren. Es gab keine Unstimmigkeiten oder Differenzen über die man sich je hat miteinander auseinander setzen müssen. Auch ihr und mir war es immer wieder aufgefallen, dass es für ausstehende ungewöhnlich erschien, dass wir nie gestritten haben. Sowohl meine EF als auch ich haben nie intensiv über Emotionen gesprochen, durchaus sagten wir uns wie sehr wir uns liebten…sie schon deutlich mehr als ich. Bei mir waren es eher die Gesten, Geschenke oder Handlungen welche meine Liebe für sie zum Ausdruck brachten.

Im Herbst des vergangenen Jahres war es dann der Wunsch meiner Frau ob wir nicht doch eine Familie gründen wollen. Über die gesamten 10 Jahre machte ich kein Geheimnis daraus keine Kinder zu wollen, sowohl unsere Freunde als auch Familien wussten davon. In unbekümmerten Gesprächen zwischen ihr und mir reifte dann der Gedanke es doch zu wollen, es zu wollen und sich zu wünschen, weil sie die Frau meines Herzens war. Sie, also wir, wurden Schwanger und ja ich war überrascht wie schnell es doch ging. Beim Besuch des Frauenarztes durfte man(n) seinerzeit nicht mit hineinkommen, ich erfuhr dann auf dem Rückweg, dass es eine weitere Überraschung geben sollte in Form von Zwillingen. Heute tut es mir leid mich nicht überschwänglich gefreut zu haben, obwohl es immer hätte sein können, habe ich mit einem Kind gerechnet und nicht mit Zwillingen. Ich war schlichtweg überfordert zumindest mit dem anfänglichen Gedanken. Es vergingen 10 Wochen, in denen wir uns mit der zu erwartenden Zukunft beschäftigten, bis meine EF den nächsten Termin beim Frauenarzt hatte. Dort wurde dann die Fehlgeburt festgestellt. Ich war bei diesem Termin nicht dabei obwohl ich natürlich vor der Tür hätte warten können. Ich kann nicht nachempfinden welche Gefühle in einer werdenden Mutter vorhanden sind, wenn sie von einem solchen Ereignis erfährt aber ich bedauere nicht vor Ort gewesen zu sein. Doch auch für mich war es ein Verlust, von zuvor keine Kinder zu wollen zu dann von einer liebenden EF überzeugt zu werden.

Nach der Diagnose vergingen 6 Monate in denen wir keinen weiteren aktiven Versuch unternommen haben. Meine Frau hat währenddessen viel Zeit auf der Arbeit verbracht und immer mehrUnternehmungen mit Freundinnen. Wir sind dann noch zusammen in den Urlaub gefahren und haben ganz normal weiter gelebt als wäre nichts gewesen.
Natürlich ist es mir aufgefallen aber ich dachte es wäre ihre Art mit den Geschehnissen umzugehen und natürlich wollte ich ihr auch diesen Freiraum geben.

Letztendlich hat meine EF dann Gefühle für einen ihrer Arbeitskollegen entwickelt. Sie waren am gleichen Projekt beteiligt und meine EF sagt sie habe das wirklich nicht gewollt. Aber gegen Gefühle kann man nichts machen und da sie diese Gefühle bereits seit 3 Monaten hat und nicht länger verdrängen kann musste sie es mir sagen. 2 weitere Monate schwankte meine EF dann zwischen bei mir bleiben oder mich verlassen. Sie sagt sie hat ihren Kollegen für diese Dauer lediglich beim Mittagessen in der Firma getroffen und nur via Social Media Kontakt zu ihm gehabt. Sie zog vor 3 Monaten aus und ist nach dem Auszug direkt mit ihm zusammen gekommen. Wir lassen uns gerade scheiden indem wir das Trennungsjahr um 1 Jahr zurück haben datieren lassen. Ich denke eine stärkere Definition von gescheiterter Ehe kann es nicht geben. Frau verlässt Mann für einen Arbeitskollegen um Bedürfnisse oder Mangel aus ihrer Ehe zu befriedigen.

Versteht mich bitte richtig, ich habe am Anfang versucht mit meiner Ex befreundet zu sein aber es ist vorerst unmöglich. Wir können aus ihrer Sicht gerne Freunde sein und auch Zeit miteinander verbringen, uns austauschen und am Leben des anderen teilhaben. Ganz ehrlich das ist eine schlechte Idee und würde ich wirklich niemals dem der verlassen wurde empfehlen.

Mir ist der Umstand bewusst, dass man nur selbst für sein eigenes Glück und Wohlbefinden verantwortlich ist. Und dennoch tut es so unglaublich weh, wenn man ausgetauscht wird.
Wäre ich glücklicher, wenn meine Ex Single wäre?
Wären wir noch zusammen ohne ihren Arbeitskollegen oder war er nur ein Katalysator ?
Wäre es nicht zur Fehlgeburt gekommen hätten wir dann eine glückliche Ehe-Familie/ Zukunft gehabt?

Es sind diese fiesen Fragen welche sich immer wieder und wieder in die Gedanken schleichen.
Antworten darauf gibt es leider keine oder eben viel zu viele, weil man jede Variante durchgeht.
Es hilft nur die Vergangenheit zu akzeptieren obwohl es so unglaublich schwer fällt.
Vielen Dank.

28.10.2022 19:28 • x 4 #1


L
Zitat von Mask:
Sowohl meine EF als auch ich haben nie intensiv über Emotionen gesprochen, durchaus sagten wir uns wie sehr wir uns liebten…sie schon deutlich mehr als ich.

Darüber bin ich gestolpert... Wie siehst Du das heute?

28.10.2022 20:27 • #2


A


Entfremdung nach versuchter Familiengründung / Scheidung

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Mask
Wir haben stets und viel miteinander gesprochen aber wenig übereinander.
Heute denke ich jedoch es kommt schon darauf an seinem Partner regelmäßig zu sagen was er einem bedeutet.
Damit meine ich jedoch nicht sich 25 x am Tag zu sagen ,,ich liebe dich“ aber gewiss hätte ich mir gewünscht es von ihr zu hören und eben da liegt ein Problem, wenn die Erwartungshaltungen die Voraussetzungen schaffen sollen. Soll bedeuten wenn sie mir sagt was sie empfindet dann sag ich ihr was ich empfinde. Ist natürlich Murks denn so dreht sich alles nur im Kreis. Ich empfinde es zumindest als schwierig seinem Partner, aus dem nichts heraus, die eigenenEmotionen mitzuteilen statt nur zu zeigen.

28.10.2022 20:50 • #3


P
@Mask
harte Geschichte.
Willst du die Scheidung auch?
Was bedeutet die Scheidung für dich?
Die Schwangerschaft war vor gerade mal einem Jahr.
Wie kommst du mit dem Verlust deines Kindes klar?

Hast du professionals Hilfe oder überlegst du, dir professionelle Hilfe zu holen? (wäre evtl nicht schlecht)

Bist du in eurer Wohnung geblieben?
Wie sieht dein Tag, dein Leben seit der Trennung aus? Was hat sich für dich verändert?

28.10.2022 21:30 • x 1 #4


Mask
@Perzet
Evtl. betrachte ich die Geschichte gar nicht so hart. Ich meine vielleicht war es so gesehen besser für uns beide. Was wäre gewesen, wenn meine noch EF nach der Geburt der Kinder sich vernachlässigt gefühlt hätte quasi reduziert auf das Muttersein. Ich glaube unsere Ehe basierte darauf stets in Harmonie gelebt zu haben, weil es so sorgenfrei war und ja eigentlich auch ist. Ich selbst komme aus einer Familie mit insgesamt 5 Geschwistern, meine Eltern wurden durch den Tod meines Vaters getrennt. Sie hingegen ist Einzelkind und ihre Eltern haben sich getrennt als sie selbst 2 Jahre alt war. Danach lebte sie bei ihrer Mutter dann bei ihrem Vater bis dieser wieder eine Frau hatte welche ebenfalls eine Familie wollte aber halt ohne sie, also ging es wieder zur Mutter. Sogar ihre Oma von väterlicher Seite war geschieden als auch die Oma von mütterlicher Seite. Also eigentlich haben alle in ihrer Familie das Glück erst in zweiter Ehe gefunden, wünsche ich ihr inzwischen ebenfalls.

Die Scheidung wurde von mir veranlasst. Am Anfang als sie mir sagte sie habe Gefühle für einen anderen Mann wollte sie keinesfalls das sogenannte Scheidungsjahr verkürzen doch was hätte dies mit mir gemacht? Sollte ich darauf warten, dass sie auszieht und dann mal schauen ob es mit ihrem Kollegen klappt ? und wenn nicht, stehe ich als Reserve zur Verfügung, nein das wäre unmöglich gewesen. Heute ist mir bewusst, wenn einer der Partner sich Fremdverliebt dann gab es bereits zuvor irgendwelche nicht erfüllten Bedürfnisse oder mangelnde Wertschätzung. Obwohl ich im Herzen die Scheidung nicht wollte gibt es keine Alternative dazu, da ihre Beziehung mit ihrem Kollegen seit 3 Monaten aktiv ist, möchte sie die Scheidung auch. Daher ist es gut und richtig diesen Prozess unmittelbar eingeleitet zu haben.

Ich hoffe auch, dass der Scheidungstermin vor dem Familiengericht eine Art Abschluss schafft. Wahrscheinlich wird es noch einmal sehr emotional aber auf ein paar mehr Tränen kommt es nicht an und dafür schämen muss man(n) sich sicher auch nicht. Schließlich waren es 10 gute Jahre die beide Seiten geprägt haben.

Stimmt, die Schwangerschaft war von August 2021 bis Oktober 2021.
Ganz ehrlich, ich war auch ein bisschen froh über die Fehlgeburt aber nicht weil ich keine Kinder hätte haben wollen sondern weil es Zwillinge geworden wären. Klingt dies furchtbar ? Die missglückte Schwangerschaft hat mich traurig gestimmt aber zwei Kinder, daran hatten ich/wir nicht gedacht. Sie selbst war auch sehr traurig aber gleichzeitig auch etwas erleichtert, zumindest war es ihre Aussage.
Ihrer Familie hatte sie gar nichts von der Schwangerschaft erzählt, ich hingegen habe mich meinen Schwestern anvertraut welche ebenfalls Kinder haben. Mir hat es sehr geholfen darüber zu sprechen. Meine Frau und ich haben leider erst über den Verlust geweint als es zur Trennung kam.

Tatsächlich war ich bei meinem Hausarzt, weil ich in den ersten Wochen weder schlafen noch richtig essen konnte. Hatte eh ein bisschen viel auf den Hüften, ist jetzt deutlich weniger, wobei die Umstände sicher schöner hätten sein können. Aber nein, therapeutische Hilfe habe ich nicht angenommen.

Ich bin in meinem Haus geblieben. Ist schließlich mein Elternhaus, hier fühle ich mich weiterhin sehr wohl. Zwischendurch hatte ich mit dem Gedanken gespielt auszuziehen sogar meinen Job zu kündigen und woanders neu zu starten. Aber solche ENTSCHEIDUNGEN sollte man absolut nicht aus Trauer oder Kummer heraus treffen.

Am Anfang der Trennung habe ich jeden Tag Google um Rat gefragt egal welcher Gedanke mir in den Sinn kam. Ob das gut war…. darauf kann ich niemanden hier eine eindeutige Antwort geben. Später habe ich mir Bücher bestellt über persönliche Weiterentwicklung und warum Menschen so fühlen wie sie fühlen und was unser Unterbewusstsein mit uns macht.
Es ist unglaublich wichtig die Antworten bei sich selbst zu suchen, auch wenn die Antworten nicht sofort erscheinen, hat es mir sehr viel geholfen. Inzwischen denke ich nicht mehr jede Stunde an die Vergangenheit. Keine Frage, einfach vergessen und nach vorne schauen sind lediglich Ratschläge die gut gemeint sind aber weniger einfach umzusetzen.
Ich gehe meiner Arbeit nach, versuche wieder auf Partys und Veranstaltungen zu gehen, treffe mich mit Freunden und mache aber erst einmal nur die Dinge die sich unverbindlich also vollkommen freiwillig anfühlen, wenn mir nicht danach ist bleibe ich zuhause.

Verändert hat sich die gesamte Lebensplanung. Die Ausrichtung auf geplante Projekte als auch die Frage ob das gelebte Leben wirklich jenes Leben ist welches einen erfüllt.

Fazit: Ist schon unglaublich intensiv und ich bewundere jeden der gestärkt aus solchen Situationen herausgeht.

29.10.2022 18:09 • #5




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