Liebe Endlichfrei,
ich mag Deinen letzten Beitrag Du hast eine ganz eigene Art zu denken. Ich lese hier und da immer mal wieder sehr besondere Sätze von Dir. Erstaunen tut mich dieser Wechsel (so nehme ich es wahr) zwischen einem großem Fragezeichen und Unsicherheit und auf der anderen Seite einem großem Selbstvertrauen und zutiefst eigenem Kopf bei Dir. Ich glaube, das kennen alle Menschen, bei Dir liest es sich aber in Extremen. Fasse das bitte nicht als Kritik auf, sondern als Spiegelung oder ignoriere es. Wie Du magst.
Ja, mach es so, wie es sich für Dich richtig anfühlt. Dein Beitrag klingt in meinen Ohren aufjedenfall harmonisch und stimmig und ich kann Dir emotional sehr gut folgen, erkenne an manchen Stellen auch mich selbst wieder. Du fragtest nach der Wut und ich habe Dir geantwortet. Ich käme aber nie auf die Idee, mich als Maßstab zu nehmen.
Zitat: Ich hatte also den Koffer an schweren Gefühlen und an Verantwortung an meine Eltern zurückgegeben. In deren Aufstellung. Ich selbst habe das bis vor kurzem nicht bewusst getan. Unterbewusst schon gar nicht.
Naja, vielleicht bedeutet dieses den Koffer übergeben auch einfach, dass Deine Eltern bereit sind, die Verantwortung für ihr Tun und Lassen Dir gegenüber zu übernehmen, ganz ohne Dein Zutun?
Zitat:Ich bin in meinem Leben immer die Verstehende, die tief Begreifende
Das ist ja auch eine Gabe.
Zitat: und die Aushaltende und es ist ok so.
Aber aushalten? Ja, es gibt schon so einiges im Leben, was man ertragen muss, aber hoffentlich ist das kein Grundlebensgefühl bei Dir? Immer aushalten müssen. Warum solltest Du immer etwas aushalten? Tönt für mich nach großer und dauerhafter Anstrengung.
Zitat: Ich finde das normal und ich werde nicht plötzlich aus heiterem Himmel oder weil es therapeutisch vielleicht an der Tagesordnung sein könnte, nicht mehr verstehen wollen oder wütend werden, weil so viel nicht so gelaufen ist, wie es hätte laufen können.
Nein, das wäre ja auch Unsinn. Es geht ja nicht darum, dass Du irgendwelchen Therapievorstellungen entsprechen sollst, sondern dass Du Dir aus einer Therapie (wenns dann eine sein soll ) das schnappst, was Du brauchst. Ich bin übriggens selten wütend weil etwas nicht so gelaufen ist, wie ich es gern gehabt hätte aber ich bin wütend wenn ich im Hier und Jetzt etwas mit mir machen lasse, was ich durch Abgrenzung verhindern könnte. Ich persönlich habe z.B. in Therapie meine Kindheit beweint, war aber nie der Typ, der klagt: so oder so hätte es sein sollen! (aber auch ok, wenn das jemand tut!). Ich konnte meine Geschichte annehmen aber heute bin ich erwachsen und selbstbestimmt und wenn eine Wut in mir hochkommt, dann weiß ich, dass ich habe eine Grenze in mir überschreiten lassen. Ich kann z.B. Verständnis dafür haben, dass ein Freund nicht mit dem Trinken aufhören kann und mir von seinen vergeblichen Versuchen zum 500. Mal erzählt. Wenn dann aber eines Tages eine Wut in mir hochkocht, dann nicht weil er bitteschön aufhören soll zu trinken, sondern weil ich aufhören muss, mir das immer anzuhören. Das ist für mich gesunde Wut, quasi ein Alarmsignal. Wenn ich aber vor lauter Verständnis weitere 2 Jahre zuhöre warum er es nicht schafft, dann übergehe ich mich. (Kam übrigens nie vor, ist nur ein Beispiel um meine Wut-Theorie anschaulich zu machen ).
Wie gesagt, es geht dann weniger darum, dass ich auf einen anderen Menschen besonders sauer bin, es ist eher so, dass mir die Wut signalisiert, wo meine Grenze ist. Denn sobald ich sie gesetzt habe, komme ich meistens wieder in den Frieden- auch mit anderen. Es geht also für mich weniger um Schuldzuweisung, sondern um Grenzziehung und Selbsterhalt.
Zitat:Für mich klingt es plausibel, wenn es heißt, jeder hat sich seine Erfahrungswerte im Vorfeld ausgesucht.
Wie meinst Du das?
Zitat: Jeder trägt genau das, was er tragen kann und alles ist ein Weg der Entwicklung.
Das denke ich auch. Aber ich entscheide, was und ob ich etwas mittrage.
Zitat:Ich trauere um Missverständnisse und mangelnden Wunsch zur Einsicht, aber ich bin nicht wütend, weil jeder für sich selbst verantwortlich ist.
Ja da ist sehr viel dran aber ich finde, die Wut braucht- wie jedes andere Gefühl auch- kein weil.... Solange ich niemanden damit nerve, darf ich auch mal ganz irrational stinksauer sein, genauso wie ich tieftraurig sein kann ohne das andere für mein Weil verantwortlich wären. Ich könnte ja genauso sagen Ich bin nicht traurig weil jeder für sich selbst verantwortlich ist. Ich denke, alle Gefühle sind erlaubt, solange wir niemandem damit schaden.
Zitat: Meine Verantwortung trage ich und deshalb muss ich nicht wütend sein, denn das, was in meinen Möglichkeiten ist, bin ich bereit zu tun. Wenn sich Dinge ereignen, die meinen Interessen entgegenlaufen oder diese ausbremsen, so ist das ein weiterer Lernweg und nicht ein Rausschmiss aus dem möglichen Glück.
Dass das kein Rausschmiss aus dem möglichen Glück ist, glaube ich auch. Schön gesagt übrigens. Aber wenn sich Dinge ereignen, die meinen Interessen entgegenlaufen, dann versuche ich mich für meine Interessen einzusetzen, sei es dadurch, dass ich einen Menschen aus meinem Leben rausschmeiße um mein Glück zu bewahren. Und die nötige Energie für diesen Rausschmiss kann schon mal ein wunderbarer Wutanfall sein Der verleiht Kräfte. Während mich zu viel Verständnis manchmal von mir selbst weggezogen hat, hin zum anderen und ich somit nicht für mich einstand.
Zitat:Ich bleibe bei mir und meinem Weg.
Ja und ich nehme Dich als eine Frau wahr, die manchmal auf ihrem Weg stehen bleibt, auf andere Menschen und Wege schaut, fragt, wie sie es mit einem Thema halten, und dann sagt Nein danke, ich gehe doch lieber meinen Weg weiter. Gute Weiterreise noch!
Zitat:Ich danke den Weggefährten.
Liebe Grüße