Auf der Suche nach Antworten und Auswegen bin auch ich (m, 33) nun hier gestrandet. Eine kleine Insel in den Weiten des Internet voll Trauer, Schmerz aber auch Hoffnung auf bessere Zeiten. Allein das Lesen der (warum eigentlich so vielen?) Beiträge hat mir geholfen. Jetzt will ich meine bislang passive Rolle verlassen und, hoffend auf die reinigende Kraft des Schreibens, meine Geschichte erzählen.
Alles begann vor 3 1/2 Jahren. Auf einer Fete lernte ich SIE kennen, eine Wahnsinnsfrau, die mich sofort in ihren Bann zog. Wir redeten den ganzen Abend miteinander und waren nicht voneinander zu trennen. Sie übernachtete bei mir und am nächsten Morgen versprachen wir uns gegenseitig anzurufen. Wenige Tage später klingelte nachts mein Telefon und sie war dran. Wie ich später erfuhr, hatte sie sich in der Zwischenzeit von ihrem Freund getrennt. Laut ihre eigenen Aussage war die Beziehung ein Fehler, da sie gemerkt hätte, keine Liebe für ihn in sich zu tragen. In der folgenden Zeit telefonierten und mailten wir wie die Verrückten und trafen uns regelmäßig, aber nicht zu oft. Wir wollten alles locker angehen und einfach die gemeinsame Zeit in vollen Zügen genießen. Es war ein Sommer der Liebe, voll Schmetterlingen im Bauch, romantischen, leidenschaftlichen Treffen und dem Gefühl, die Frau meines Lebens getroffen zu haben.
Nach drei Monaten waren wir dann fest zusammen und eine emotionale Berg- und Talfahrt nahm ihren Lauf. In regelmäßigen Abständen stellte sie unsere Beziehung in Frage, nur um kurz darauf wieder vom riesigen Potential zu schwärmen, dass wir zusammen hätten. Sie war immer voller Selbstzweifel und schwankte stets zwischen der Sehnsucht nach Leidenschaft und Nähe auf der einen und der Angst vor Abhängigkeit und Nähe auf der andern Seite.. Hinzu kamen ihre enormen Stimmungsschwankungen. Sie konnte plötzlich so eiskalt werden, dass es weh tat. Nachts konnte sie oft nicht schlafen, hat geweint, weil sich ihr Gedankenkarussell nicht aufgehört hat zu drehen. Ich wollte sie verstehen und ihr helfen, aber sie hat sich dann immer abgekapselt und mich mit der Begründung so bin ich halt zurückgewiesen. Es war ein beschissenes Gefühl machtlos dastehen zu müssen und nicht zu wissen, was in diesem Moment richtig oder falsch ist. Einmal hat sie sich mir gegenüber geöffnet und erzählt, dass sie früher Bulemie gehabt hätte. In der Therapie sei dann herausgekommen, dass sie als Kind von einem Nachbarn missbraucht worden sei. Ihr damaliger Freund, den sie dann aber auch verlassen hat, hätte ihr in dieser Situation ganz toll beigestanden. Auf meine Frage, wie ich sie unterstützen könnte, sagte sie einfach nicht mehr drüber reden, denn sie hätte inzwischen alles verarbeitet.
Nach einem Jahr dann erste Schock. Mit Tränen in den Augen gestand sie mir, dass sie mit einem Bekannten fremdgegangen sei. Es täte ihr unendlich leid und ihr sei klar geworden, wie sehr sie mich liebt. Ich habe ihre verziehen und an einen Neuanfang geglaubt. Wir kamen uns wieder näher, verbrachten einen wunderschönen Urlaub auf Bali und waren glücklich. Ihre Gefühlsschwankungen erschienen mir auch nicht mehr so extrem zu sein. In unserem zweiten Jahr dann ein hässliches Deja-vu. Nach der Heimkehr von einem Wochenende bei meinen Eltern, merkte ich das etwas nicht stimmte. Auf mein Nachfragen gestand sie mir mit Tränen in den Augen, dass sie mich mit meinem Vorgänger betrogen hatte. Sie schämte sich fürchterlich und erklärte mir wieder, daß ich ihre große Liebe sei. Als ich sie aus meiner Wohnung werfen wollte, bat sie mich so eindringlich um eine neue Chance, dass ich wieder weich wurde. Ich glaubte ihr in den folgenden Monaten jedesmal, wenn sie mir sagte, dass sie noch nie so tiefe Gefühle für einen Mann empfunden hätte, wie für mich. Wir redeten vom heiraten, legten schon das Datum fest und schworen uns, zusammen alt zu werden.
Aber da ja bekanntlich nichts von Dauer ist, gab es dann Anfang diesen Jahres einen weiteren Schlag ins Gesicht. Wegen einer Zystenentfernung hatte sie einen Termin beim Frauenarzt. Sie meinte, ich bräuchte mir keine Gedanken zu machen, es sei nur eine Kleinigkeit. In der Nacht vor dem Eingriff übernachtete sie bei einer Freundin, die sie am nächsten Morgen zum Arzt bringen sollte. Meine Begleitung wollte sie nicht, weil es ihr unangenehm sei. Als ich abends im Internet surfte, entdeckte ich zufälligerweise, dass in letzter Zeit Seiten zum Thema Schwangerschaftsabbruch aufgerufen wurden. Ich fiel beinah vom Stuhl. Mein Magen krampfte sich zusammen und meine Hände zitterten. Sofort rief ich sie an. Sie sagte mir, dass sie nur für eine Freundin recherchiert habe und legte auf. Zwei Minuten später klingelte mein Telefon und mit zittriger Stimme gestand sie, dass sie von mir schwanger sei, sich aber zur Abtreibung entschieden habe. Ich war wütend und zutiefst enttäuscht. Wir versuchten miteinander zu reden, drehten uns aber nur im Kreis. Ich fühlte mich zutiefst hintergangen, sie wollte einfach alles nur vergessen und nicht mehr drüber reden. Eine Woche später dann war ich auf eine Feier eingeladen, zu der ich allein hingehen mußte, da sie keine Lust hatte. Dort passierte dann der Super-Gau: Ich schüttete mich zu und betrog sie in einem Gefühlswirrwarr aus kindlicher Rache und der Sehnsucht nach Nähe mit einer Bekannten. Am nächsten Tag bemerkte sie sofort, daß etwas nicht stimmte. Als ich ihr gestand, was ich getan hatte, flogen die Fetzen. Wir schrien uns an und machten und gegenseitige Schuldzuweisungen. Einer beschimpfte und verletzte den anderen. Trotzdem blieben wir aber zusammen.
Sie ist dann kurz darauf bei mir eingezogen, da sie sich ihre eigene Wohnung nicht mehr leisten konnte und hat nach einigen Wochen gesagt, wie toll sie es fände, wieviel näher wir uns gekommen seien, seit wir zusammenwohnten. Kurze Zeit später fiel ihr aber die Decke auf den Kopf und sie suchte sich wieder eine kleine Wohnung. Wir machten Ende August einen tollen Urlaub, bei dem aber auch deutlich wurde, daß unser Miteinander höflich distanziert statt liebevoll war. Nur an einem Abend, an dem wir in einer Dorfgaststätte mit Einheimischen viel Spaß (und Alk.) hatten, legte sie auf dem Nachhauseweg ihren Arm um mich und meinte, daß wir zusammen alles schaffen würden. Als dann vor drei Wochen Ihre Wohnung einigermaßen bezugsfertig war, empfing sie mich bei mir Zuhause mit der Nachricht, daß sie sich von mir trennen wolle, da sie keine Liebe mehr für mich empfinden würde. Sie suche nach Liebe und Freude und glaube, dies sei mit mir nicht möglich.
Rückblickend erkenne ich, daß wir es nie geschafft haben, das Erlebte und die Verletzungen aufzuarbeiten. sondern Probleme immer unter den Teppich gekehrt und vor uns hergeschoben haben. Diese und andere, kleinere Konflikte wurden nie offen angesprochen und ausgetragen. Keiner wollte mehr einen Schritt auf den anderen zu machen, man lebte nebeneinander her und die Gefühle kühlten langsam ab. Auch wenn ich selbst schon mit dem Gedanken einer Trennung spielte, leide ich trotzdem wie noch nie in meinem Leben. Meine Gedanken kreisen unaufhörlich um sie, ich suche und finde VIELE Fehler, die ich gemacht habe, überlege was ich hätte tun können, damit alles anders gelaufen wäre. Ich sehe aber auch Verhaltensmuster bei ihr, bei denen ich mich frage, ob es einfach so kommen mußte. Sie war die Liebe meines Lebens, die Frau meiner Träume, nach der ich immer gesucht hatte. Es tut weh, sich eingestehen zu müssen, nicht mehr von ihr geliebt zu werden. Stattdessen quält mich die Frage, ob sie mich überhaupt jemals geliebt hat. Mein Herz will nicht aufhören zu bluten ...
Uriel
23.09.2003 13:48 •
#1