Liebe Njuscha,
ja, das kenne ich auch: Ich erinnere mich an einige Situationen, in denen ich mich zB mit einem anderen Mann unterhalten habe und dachte, den finde ich doch viel interessanter und anziehender als meinen Freund. Oder: Den würde ich eigentlich viel lieber mit nach Hause nehmen. Weil die Beziehung neben den vielen schönen Momenten leider auch sehr stark von meinem ständigen Zweifeln geprägt war, dachte ich, wenn wir uns mal trennen, bin ich bestimmt neben der Trauer auch sehr erleichtert. Das ist bisher allerdings noch gar nicht der Fall, vielleicht kommt das aber noch. Das Einzige, worüber ich sehr erleichter bin ist nur, dass wir uns getrennt haben, ohne dass ein anderer Mann im Spiel war (was bei dir ja letztendlich dann auch der Fall war). Darüber bin ich - bei aller Trauer über das Scheitern der Beziehung - sehr, sehr froh. Das hätte ich ihm echt nicht antun wollen! Trotzdem glaube ich, dass es manchmal der einzige Weg ist, es aus einer Beziehung zu schaffen, ich würde daher niemanden dafür verurteilen. Extra macht das bestimmt keiner, niemand will doch die Person bewusst verletzen, die einem lange Zeit ganz nah war!
Ich hab großen Respekt davor, wie du es schaffst auch in schwachen Momenten, wo die schönen Erinnungen und das Vermissen überwiegen, so stark oder auch so sachlich zu bleiben. Bisher gelingt es mir auch ganz gut, weil ich mir dann ähnliche Fragen stelle: Aus welchem Grund wäre es denn jetzt anders? Vermissen kann man ja leider keine Beziehung retten oder verändern... leider.
Die Weihnachtszeit finde ich sehr, sehr schwierig. Die Zeit so zwischen Weihnachten und dem neuen Jahr war bei uns auch immer wunderschön. Die ganzen Erinnerungen kommen jetzt hoch... und die meisten Tage haben ja so eine gewisse Tradition, so dass ich oft weiß, was er gerade macht oder wo er gerade ist - zum ersten Mal jetzt ohne mich. Oder wann er bei seiner Familie ist, die fehlt mir auch. Ich wüsste gerne, ob sie über mich reden oder was sie über mich denken. Vielleicht ist es gut, dass ich es nicht weiß, wobei ich nicht denke, dass mein Exfreund schlecht über mich redet. (Es fühlt sich immer noch komisch an, EXfreund zu schreiben oder zu sagen...) Ich habe in den letzten 2 Monate seit der Trennung so durchgepowert, hatte arbeits- und unitechnisch so viel zu tun und jetzt, wo ich mal zur Ruhe kommt, kommt die geballte Ladung an Trauer. Im Moment ist es mir ein Rätsel, wie ich die letzten 2 Monate so gut funktionieren konnte. Gerade ist er die ganze Zeit in meinem Kopf, lauter schöne Erinnerungen kommen hoch, jede Kleinigkeit erinnert mich an ihn und es tut einfach nur so weh. Grade ist wieder so ein Moment, in dem nicht loslassen kann bzw. in dem ich das Gefühl habe, das ist so ein riesiger Verlust, das wird nie, nie wieder gut werden. Der Schmerz wird nie wieder aufhören. Naja, immerhin weiß ich irgendwo in meinem Kopf, dass auch das vorbei geht aber vorstellen kann ich es mir gerade nicht wirklich. Wie ging es dir denn jetzt direkt an den Weihnachtsfeiertagen? Du hast geschrieben, vor Weihnachten war es schwierig - ging es an Weihanchten besser oder hast du auch so ne schöne geballte Ladung Traurigkeit abbekommen, wie ich?
Es gibt bei mir so drei Sätze, die mir sehr gut tun, vielleicht hilft dir ja auch einer davon in traurigen Momenten, wenn wir so ähnliche Geschichten haben:
In den Momenten wie gerade, die so richtig weh tun, sage ich mir immer, wenn es so weh tut, dann bedeutet das auf der anderen Seite aber auch, dass die gemeinsame Zeit auch etwas bedeutet hat. Der Gedanke macht es für mich dann irgendwie etwas erträglicher oder gibt mir das Gefühl, dass der Schmerz seine Berechtigung hat oder auch gut so ist.
Was mir manchmal ein wenig beim Loslassen hilft ist der Satz: Er war der richtige Mann zur richtigen Zeit. (Und jetzt fängt eine neue Zeit an.) Ich weiß nicht, ob das auf dich übertragbar ist - bei mir war es so, dass ich ihn zu einer Zeit kennen gelernt habe, als es mir sehr schlecht ging. Er hat mir die ganzen Jahre viel Halt udn Stabilität gegeben und dafür bin ich ihm auch sehr dankbar. Es war genau richtig, dass ich ihn in dieser Zeit gehabt habe - er hat mir geholfen, stärker und stabiler zu werden und jetzt beginnt etwas Neues. Leider ohne ihn...
Und das dritte ist eigentlich mehr eine Vorstellung, als ein Satz: Ich stell mir manchmal ein riesigen Bottich vor, der mit Traurigkeit gefüllt ist. Und jedes Mal, wenn ich traurig bin und der Schmerz mich so überrollt und ich so viel weine, wird der Bottich ein kleines bisschen leerer. Irgendwann wird er ganz leer sein und dann ist es wieder gut (ganz einfach ausgedrückt). Ich stelle mir das schon so ähnlich vor, ich denke, wenn man sich die Zeit zum Trauern nicht nimmt, dann kommt sie Monate oder manchmal vielleicht sogar Jahre später. Man kommt an ihr nicht vorbei, der Bottich muss erstmal leer werden, bevor man wieder frei ist.
Du schreibst, dass du auch wenn du traurig bist in dir drin weißt, dass es besser so ist, wie es jetzt ist. Das ist toll, da ist verdammt viel wert! Ich glaube, fast jeder hat irgendein Bauchgefühl in sich drin, grade wenn es um die Liebe geht. Wenn ich ehrlich bin (das konnte ich mir während der Beziehung natürlich nie so ganz eingestehen) hat mir mein Bauchgefühl seit Anfang an schon gesagt, dass es leider einfach nicht so richtig zusammen passt. Im Nachhinein bin ich irgendwo auch froh, nicht darauf gehört zu haben - sonst wären mir die 4 Jahre mit vielen schönen Erlebnissen und Erinnerungen erspart geblieben und die möchte ich nicht missen - aber dieses Bauchgefühl hatte ich eigentlich schon von Anfang an. Was ich nur im Moment oft so schwierig finde: Obwohl ich irgendwo in mir weiß, dass die Entscheidung für uns beide besser ist und obwohl ich, wenn ich darüber nachdenke, wirklich viele Gründe finde, von denen manche sogar allein stehend für mich schon Trennungsgründe wären, kann ich in den ganz verzweifelten Momenten einfach nicht klar denken. Dann kommen trotz allem wieder die Zweifel und ich habe Angst, dass ich es einmal total bereuen werde und den größten Fehler meines Lebens gemacht habe. Wenn die Emotionen dann wieder ein wenig unten sind und ich wieder klarer sehen kann, bin ich mir wieder recht sicher, dass es schon besser so ist, wie es ist. Aber es wäre einfacher, wenn diese Gewissheit durchgehend immer da wäre. Kennst du das?
Hm, ich gehe im Moment nicht so viel weg. Die meiste Zeit geht für Uni und Arbeit drauf und ich habe im Moment auch ein sehr starkes Bedürfnis danach, relativ viel alleine zu sein. Aber ich denke, das wird sich auch wieder ändern. Wahrscheinlich würde es mir gut tun, mehr unter Leute zu gehen und auch mal wieder neue Leute kennen zu lernen, aber ich glaube es ist grade noch nicht dran. In ein paar Wochen wieder, denke ich. Bei mir war es aber auch so, dass die Trennung plötzlich ganz viele andere Fragen aufwirft - wie zufrieden bin ich denn sonst so mit meinem Leben, mit der Arbeit etc.? Zum Glück fühlt sich bei mir alles sehr stimmig an (außer, dass ich gerne wieder einen etwas größeren Freundeskreis hätte - das wird sich aber bestimmt automatisch in der nächsten Zeit ergeben). Was ist denn das Problem bei dem Job bzw. hast du eine Möglichkeit, dort etwas zu ändern?
So, und bevor meine Finger wund werden wünsche ich dir schon mal alles Gute fürs nächste Jahr! Ich mach drei Kreuzchen im Kalender, wenn dieser sentimentale Feier-Monate endlich rum ist und ja: Das nächste Jahr wird toll! Jeder Monat wird ein klein wenig besser werden und wir haben beide als Single mehr Freiheit und Offenheit für Neues (allgemein, nicht nur auf Männer bezogen) im nächsten Jahr. Mal sehn, was sich alles so ergibt, es wird bestimmt spannend!
Alles Liebe!
27.12.2014 17:19 •
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