Zitat von MissLilly:
Das Problem sind nicht verschüttete Gefühle, denn vor der Liebe kommt (zumindest in meiner Welt) immer der RESPEKT! Wer im Stande dazu ist seinen Partner über mehrere Monate oder gar Jahre mit ner Affäre zu betrügen, der hat ganz andere Probleme als nur verschüttete Gefühle ....
Das sehe ich anders. Der Respekt vor meinem Mann war eigentlich immer da. Ich achtete ihn als Mensch durchaus. Aber ich war in dieser Phase damals sehr unglücklich mit mir selbst. Ich lebte nicht mit mir im Einklang und mein Leben erschien mir trostlos und inhaltslos. Und mit dieser Hoffnungslosigkeit kam dann auch die Distanzierung von menem Mann. Ich bildete mir ein, mit einem anderen Mann wäre alles besser, sah aber damals nicht, dass meine Unglücksgefühle weniger von meinem Mann her rührten, sondern ein Ergebnis meiner persönlichen Unzufriedenheit war.
In Phasen von Ziellosigkeit und Perspektivlosigkeit sind dei Tore weit offen, denn man wünscht sich, dass man sich wieder wohl mit sich selbst fühlt. Aber anstatt bei sich anzufangen, erfolgt die Hinwendung zu einem anderen Menschen, der gerade verfügbar ist. Und dann entstehen Gefühle der Übereinstimmung, die einen glücklich machen und man fühlt sich wieder angenommen und gesehen, ja wichtig. Ein Egopush, der einem Auftrieb gibt. Was ich damals auch nicht begriff, war, dass ich mich wieder glücklich fühlte durch den Affärenmann, mit dem alles auf einmal so einfach war. Schon nach den ersten Treffen fühlten wir eine wundervolle Übereinstimmung. Affärengedöns halt.
Und erst viel, viel später wurde mir klar, dass ich den Aff#renmann unbewusst benutzt hatte. Denn er sollte mich fühlen lassen, dass ich wichtig und liebenswert war. Das tat er auch, aber nur am Anfang, denn schon bald kamen die ersten Distanzmanöver, die ich mit Befremden, gefolgt von Angst wahrnahm.
Der Affärenmann sollte mein Sch...leben auf Vordermann bringen und mir die Gewissheit vermitteln, dass ich eben doch liebenwert war.
Als mir das klar wunde, war die Affäre zwei Jahre vorbei. Mein Leben lief längst wieder rund und der Affärenmann war nicht mehr wichtig. Aber eines Tages fiel er mir wieder ein und ich fragte mich befremdet, warum. Was wollte ich von ihm? Nichts, da war nur Leere, wenn ich an ihn dachte.
Aber auf einmal fühlte ich mich wie ein Zuschauer, der ein trauriges Zweipersonenstück auf einer Bühne sieht. Zwei Menschen, beide ein wenig gebeutelt vom Leben, beide mit wenig Selbstwertgefühl ausgestattet, glaubten, sie würden sich gegenseitig retten und scheiterten doch. Eine Ursache war bei beiden eine mangelhafte Eigenliebe, die immer nur von außen kompensiert werden konnte.
Und mir wurde auf einmal klar, dass ich den Affärenmann benutzt hatte um mich wieder besser mit mir zu fühlen. Es war beschämend, aber leider die Wahrheit. Kein Wunder, dass die Affäre nichts wurde, weil beide nur ihre Mangelerscheinungen aneinander kurieren wollten, weil keiner von uns beiden in der Lage war, besser mit sich selbst umzugehen.
Als ich nach der Affäre bei einem Psychotherapeuten zu einer Beratung war, fragte er mich auf einmal: Haben Sie eigentlich noch Respekt vor ihrem Mann?
Ich fühlte dass diese Frage von großer Bedeutung war und war erleichtert, sagen zu können: Ja, ich respektiere ihn für das was er ist und für manches bewundere ich ihn auch. Er ist so was wie mein Fels in der Brandung.
Der Psychologe erwiderte trocken: Wäre interessant zu wissen, was wäre, wenn der Fels weg wäre?
Diese Frage hat mich damals sehr beschäftigt. Was wäre gewesen, wenn er gegangen wäre. Er hätte allen Grund dazu gehabt. Ich hatte bis dahin nie begriffen wie wichtig mein Mann trotz allem eigentlich für mich war.
Der Psychologe ergänzte noch: Gegenseitiger Respekt ist die Basis jeder Beziehung. Wenn der Respekt verloren gegangen ist oder gar nie empfunden wurde, ist eine Beziehung zu Ende. Sie kann nur mit Respekt voreinader funktionieren, weil dann jeder seinen Platz im Gefüge findet, an dem er sich wohl fühlen kann.
Ich bin gottfroh, dass ich heil aus dieser unheilvollen Zeit rauskam. Die Affäre hatte mir kein Glück gebracht, sondern ich bezahlte hinterher bitter dafür. Aber so ist das eben. Menschen machen viel Unsinn, wenn sie nicht weiter mit sich selbst wissen und verlieren dann auch oft die Orientierung. Anstatt sich zu hinterfragen, was fehlt mir eigentlich und was kann ich tun, dass es mir wieder besser geht, wendet man sich einem anderen Menschen zu, der jetzt alles richten soll.