Zitat von Ex-Mitglied:Diese ungleichen Machtgefüge resultieren aus den ungleichen Gefühlen. Je weniger Gefühle jemand hat, desto kontrollierter kann er natürlich handeln
Das stimmt durchaus. Der mit weniger Gefühlen behält immer die Oberhand, weil er weiß er tut und weil auch der Verstand ein Wörtchen mitredet, vor allem aber, weil er aufgrund der unterschiedlichen Gefühlslage eine Distanz behält. Distanz bedeutet auch Macht.
Die Distanz versucht der Untergebene meistens zu überbrücken und abzubauen.
Der eine sucht Nähe, der andere verweigert sie.
Wichtig ist es aber auch immer zu klären, warum man
a) in ungleiche Machtverhältnisse rutscht
b) sich nicht daraus lösen kann, obwohl einem bewusst ist, dass die unterschiedliche Machtverteilung einem schadet.
Das hat mit einer seelischen Grundstruktur zu tun, die oft bereits in der Kindheit erworben wurde. Fühlte man sich als Kind oft weggeschoben, nicht beachtet, nicht ernst genommen, wurde übergangen, kalt gestellt oder gar geschlagen, dann hat das gerade bei sensiblen Menschen meist Auswirkungen auf das Erwachsenenleben.
Diese Menschen können im Alltag durchaus ihren Mann bzw. ihre Frau stehen und gut durchs Leben kommen. In Beziehungen aber kommt eine andere Ebene zum Tragen, denn nichts berührt Menschen mehr als Liebe und Beziehung, Und da kommen dann die Blessuren, die man hat, aber meist verdrängt hat, zum Tragen. In Beziehungen mutieren manche zum Waschlappen, während sie im Aufsichtsrat oder im Vorstand eine gute Position haben. Es sind zwei Ebenen, auf denen der Mensch lebt.
Solitary, ich glaube, es ist ganz wichtig für Dich, dass Du diesen Weg jetzt gehst. Du wirst wahrscheinlich merken, dass die Hauptarbeit dennoch an Dir liegt. Mit ein paar Streicheleinheiten von einem wohlmeinendem Therapeuten oder ein paar guten Ratschlägen ist es nicht getan. Und es gibt nicht nur gute Therapeuten.
Wichtig wäre es, sich zu erinnern und darüber zu reflektieren wo die Ursprünge von emotionaler Abhängigkeit zu suchen sind.
Man muss die Verhältnisse anschauen, in die man geboren wurde, das Verhalten der Eltern und der elterlichen Beziehung zueinander anschauen und kann dann oft schon gewisse Rückschlüsse auf das eigene Verhalten ziehen.
Man muss sich auch fragen, ob es in der Kindheit prägende Ereignisse gab (z.B. Misshandlungen durch die Eltern, Trennungen, Scheidungen, wechselnde Bezugspersonen etc.), weil sich alles später auswirkt und fortsetzt.
Und man muss sich auch an Situationen erinnern, in denen man starke Gefühle empfunden hat. Das können Gefühle wie Wut, Scham, Hoffnungslosigkeit, Traurigkeit sein. Oftmals werden solche Dinge nie aufgearbeitet, sondern nur ins Unterbewusstsein verschoben, von jeder Menge Müllüberdeckt, aber sie tun dennoch ihre Wirkung.
Du musst Dich nicht dafür schämen. Es gibt mit Sicherheit Ursachen für so ein Verhalten, dass Du Dich aus Abhängigkeiten nicht lösen kannst bzw. immer wieder hinein gerätst. Vielleicht ist dieser Mann auch gar nicht weiter wichtig, weil er quasi ein Stellvertreter für einen anderen Mann ist (den Vater z.B.?).
Das sind jetzt nur Spekulationen meinerseits, aber Verhaltensweisen wie z.B. Bindungsängste oder die Neigung zu seelischer Abhängigkeit, haben immer Ursachen, die ergründet werden sollten.
Warum?
Weil Dinge,Erinnerungen etc., die auf die bewusste Ebene geholt werden können, einen nicht mehr quasi von unten heraus quälen und steuern. Durch Bewusstwerdung (ah ja, das habe ich mir von meinen Eltern oder meiner Mutter abgeschaut, also unbewusst übernommen oder ich habe mich selten so allein gefühlt wie damals, als meine Eltern gestritten haben und ich ins Bett geschickt wurde und große Angst hatte - das alles sind nur Beispiele!) können diese Dinge sozusagen nachträglich aufgearbeitet werden und uns nicht mehr so steuern wie vorher.
Ein einfaches Beispiel:
Du hast oft negative Empfindungen über Dich. Du hast das Gefühl, Du bist nicht gut genug, Du müsstest dies und jenes besser machen. Alle anderen sind besser als Du. Sie sind selbstbewusster, sie führen tolle Beziehungen, sie haben Fähigkeiten, die sie gut einsetzen usw.
Du neigst dazu, Dich klein zu machen und daher suchst Du die starke Schulter (vlt. war der Mann von Dir ja so was), wo Du Dich anlehnen (also sozusagen innerlich entspannen) kannst und wo Du Bedürfnisse erfüllt bekommst, die Du hast (Aufmerksamkeit, Zärtlichkeit usw.).
Die Beziehung klappt nicht, weil der Mann nicht so ist, wie Du ihn gerne hättest und bräuchtest.
Du suchst was in ihm, was nicht da ist, was er Dir nicht geben kann, was er nicht erfüllen kann.
Und bleibst trotzdem oder gerätst immer wieder in seine Fänge.
Der Grund dafür bist Du selbst. Mangelndes Selbstbewusstsein, mangelndes Selbstgefühl, mangelnde Eigenliebe sind Deine Triebfedern. Sie führen Dich zu falschen Partnern und sie führen Dich zu schlechten Gedanken über Dich. Ich müsste so und so sein, ich müsste dies und jenes, aber ich kann es nicht!
Selbstbewusstsein kann man lernen, Eigenliebe kann man auch lernen. Es ist mühsam, aber man kann durchaus voran kommen, indem man das Selbstgefühl pflegt und so eine andere Einstellung zu sich finden kann. Die Grundstrukturen sind dennoch da und werden bleiben, aber sie können nicht mehr so wirken. Müssen sie auch gar nicht, denn die Seele merkt, sie wird nicht weggeschoben, sondern beachtet und damit geht eine positivere Haltung auch sich selbst gegenüber einher.
Was Du mit diesem Mann erlebt hast oder noch erlebst, sind Botschaften Deiner Seele, die sich nicht beachtet und geschätzt fühlt. Das erklärt auch den inneren Zwang zu Wiederholungen, Die Seele fragt sich, wie oft muss ich sie noch dorthin schicken, bis sie kapiert, dass sie sich endlich mal meiner selbst (also sozusagen dem inneren Kind) annimmt?. Es wäre so schön wenn sie sich endlich mal mit mir befassen würde, dann müsste ich sie nicht immer wieder dorthin schicken und anstupsen, sonder könnte mich endlich auch mal entspannen und wohl fühlen.
Die Seele geht selten den direkten Weg, sie zeigt ihre Schädigungen meist durch Wiederholungen. Das so oft, bis der Mensch endlich kapiert, dass er bei sich selbst anfangen muss.
Solitary, diesen Typen kannst Du nicht ändern und umpolen. Nur Dich selbst, dann fang bei Dir selbst an.Du bist auf dem besten Weg dazu! Glückwunsch!
Übrigens, solitary heißt einsam, einzeln, zurückgezogen, abgeschlossen. Dein Forumsname kommt nicht von ungefähr.
Begonie