Ich hatte am 24. Dezember 2015 ein Erlebnis. Heiligabend, ein Fest der Liebe und Freude, ein besinnlicher Tag, der uns zurückblicken, aber auch schon ins nächste Jahr schauen lässt. Fremde, Nachbarn und die Familie sind in guter Stimmung und liegen sich in den Armen. Es wird an den Nachbarn gedacht, der allein ohne Frau / Mann vor dem Fernseher sitzen muss.
Nun, an diesem Heiligabend war der Himmel verhangen, und es regnete schon seit Stunden. Es war dieser feine Regen, wo man nicht wusste, ob man einen Schirm aufspannen sollte oder ob es auch ohne ging. Ich war gerade dabei, noch ein paar Geschenke einzupacken, dabei schaute ich öfter mal aus dem Fenster.
Von meinem Wohnzimmerfenster aus schaue ich auf einen Fluss und auf die Bänke für die Spaziergänger. Auf einer Bank saß eine junge Frau, ca. 20 Jahre alt. Sie saß dort ganz allein im Nieselregen, weinte und schluchzte herzerweichend. Vor Seelen schmerz hatte sie sich gekrümmt und ich zögerte nicht lange, zog mir eine Jacke über und ging runter zu ihr. Als ich sie ansprach, wehrte sie zuerst ab und wollte nicht sprechen, doch dann sprudelte all ihr Leid aus ihr heraus. Sie erzählte mir, dass sie aus dem Bus geworfen wurde, weil sie keine gültige Fahrkarte hatte. Auch mit Ihrer Mutter verstünde sie sich im Moment nicht. Sie wohne allein in einem Nachbarort, und in Ihrer Wohnung fühle Sie sich auch nicht wohl. Heute, am Heiligabend, erzählte sie mir, hatte Sie für die Mutter ein Geschenk mitgebracht, aber wie immer hatte die sich nicht gefreut und wieder einmal nur mit Ihr geschimpft. Es regnete noch immer und ich nahm ihre Hand. Dabei stellte ich fest, dass diese eiskalt war. Ich nahm die junge Frau mit zu mir in die Wohnung, damit sie sich etwas aufwärmen konnte und machte ihr erst einmal einen heißen Tee. Nun erzählte Sie weiter von Ihren Problemen, aber die Tränen kullerten Ihr nicht mehr über die Wangen. Sie sprach von den Lehrern und von Ihren Mitschülern. Ich fragte sie, wie sie denn eine eigene Wohnung haben könnte, wenn sie doch noch zur Schule gehen würde? Sie meinte, mit dem Kindergeld ginge das schon, und außerdem würde sie nebenbei noch an einem Getränkestand arbeiten. Als ich Ihr ein paar Euro geben wollte, lehnte sie das dankend ab. Ich glaubte mehr zu tun war erstmal unnötig. Sie war nun ruhig und gefasst, und sie versprach mir, dass sie sich noch heute bei einer sozialen Einrichtung melden würde. Das hat sie schon mehrmals gemacht, wenn es ihr nicht so gut ging. Dort fühlt Sie sich auch immer sehr wohl und aufgehoben. Ich sagte ihr, dass ich mich freuen würde, wenn sie sich wieder bei mir melden würde, was sie auch tatsächlich machte. Sie hat mich jetzt schon mehrmals besucht. Wir trinken dann Tee, und sie erzählt mir von ihren Zukunftsplänen. Vor ein paar Monaten berichtete sie mir, dass sie nun ihr Fachabitur macht. Soweit ich mich erinnere, möchte sie als Sozialarbeiterin arbeiten. Jedes Jahr um diese Zeit denke ich an dieses Erlebnis.
Euch allen in diesem Forum eine gute Weihnachtszeit.
Eure bumali
15.12.2018 10:25 •
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