Hallo liebe Community,
Einige von euch werden mich sicher noch kennen und gerade jetzt denken, ach nee, nicht die schon wieder. Wahrscheinlich wäre es auch besser, hier nie wieder zu schreiben. Aber ich möchte noch einmal zurück schauen. Für mich, um mir sicher zu sein, dass die eingeschlagene Richtung stimmt. Und auch für andere, die sich gerade im Affärensumpf befinden und verzweifeln. Dieser Sumpf ist nämlich sehr tief, und wirkt wie ein Sog, der manchmal alles zu verschlingen droht. Doch man muss darin nicht untergehen. Man kann sich retten und auch die Hauptbeziehung oder Ehe muss daran nicht zerbrechen. Sie wird sich ändern, ist ein für alle Mal beschädigt aber darin liegt auch eine große Chance. Passiert nämlich eine Affäre, so geschieht das nie grundlos. Sie ist vielmehr ein Symptom dafür, dass etwas grundlegend falsch läuft. Das muss nicht zwingend die Ehe selbst sein, es kann auch sein, dass die/der Affärenführer*in selbst ein Persönlichkeitsproblem hat. Aber egal wie und wohin man sich dreht, es stimmt etwas nicht. Etwas, das man lange zu verdrängen versucht hat, und das doch im Untergrund rumort und überhaupt erst den Boden bereitet für alles, was dann mit und durch die Affäre geschieht. So jedenfalls war es bei mir.
Ich bin eine Frau, die inzwischen auf die 60 zugeht. Meine Affäre passierte mit Ende 40/Anfang 50. Ein gefährliches Alter damals also. Ich befand mich bereits in bzw. kurz vor den Wechseljahren. Mein Leben war durch tiefe Täler gegangen bis dahin schon und hätte ich gewusst, dass das tiefste Tal noch bevor steht, ich wäre schreiend weggelaufen. Mein Mann und ich waren fast 20 Jahre verheiratet damals und fast 30 Jahre zusammen. Wir hatten schwere Zeiten durchlebt. Hatten ein krankes Kind groß gezogen und familiäre Verwerfungen überstanden. Ich hatte den Kontakt zu meiner Familie schon lange vorher auf ein Minimum beschränkt, denn meine Familie hatte meinen Mann von Anfang an abgelehnt und uns beide, bzw. besonders mich aufgrund dieser Ablehnung aus der Familie gemobbt. Der Kontakt brach zwar nie vollständig ab, aber er war für mich schon lange sehr leidvoll und teilweise unerträglich geworden. Die Gründe für das Verhalten meiner Familie uns gegenüber waren diffus und immernoch schwer nachzuvollziehen. Mein Mann war, als wir uns kennen lernten, mitten im Studium. Er kommt aus einer sehr bunten, lebendigen und liberalen Familie in der jedes der 5 Kinder einen akademischen Abschluss hat. Ich dagegen komme aus einer Arbeiterfamilie, war die erste mit Abitur und die erste, die studierte. Meine Eltern tolerierten dies, waren aber nie besonders stolz auf mich. Für sie zählten Werte wie Fleiß und harte (körperliche) Arbeit. Mein Lebensentwurf war ihnen fremd und dies vertiefte sich, als ich mit meinem Mann zusammen kam. Sie lehnten ihn und seine Familie ab und versuchten, uns auseinander zu bringen. Dies mit allen Mitteln und durch für mich unerträglichen Druck. Ich jedoch liebte meinen Mann. Er war bis dahin meine erste große Liebe und ich wollte und konnte nicht verstehen, warum sich meine Eltern nicht mit mir freuen konnten. Ja, mein Mann war und ist kein einfacher Mensch. Er war damals sehr schüchtern, wenig kommunikativ und ein Eigenbrötler, was bis heute in Teilen so geblieben ist. Aber ich war bis über beide Ohren verliebt. Zum ersten und für lange Zeit einzigen Mal in meinem Leben.
Trotz dieser Schwierigkeiten blieben wir zusammen und genossen unser Leben. Wir zogen zusammen, reisten, hatten Spaß und starteten jeder seine berufliche Laufbahn. Während mein Mann von Anfang an erfolgreich war, hatte ich es in meinem Beruf schwer. Ich war eine Frau im technischen Beruf, damals noch eher ungewöhnlich. Die Ellbogen, die eine Frau dafür damals noch gebraucht hätte, hatte ich nicht. Und so kämpfte ich mich mehr schlecht als recht da hindurch. Der Ausweg aus diesem Dilemma war aber in greifbarer Nähe und mit aufgrund meiner Herkunft sehr vertraut: Ehe und Familie. Und so bearbeitete ich meinen Mann, der gerne noch länger unser unbeschwertes Doppelverdienerleben genossen hätte so lange, bis er schließlich nachgab. Es wurde geheiratet und das erste Kind kam recht bald auf die Welt.
Zeitgleich erkrankte meine Mutter, so dass ich dieses Glück nicht lange genießen durfte. Eine weitere schwere Zeit stand bevor. Meine Mutter wurde nie wieder gesund. Sie litt 4 Jahre lang so schlimm, dass ich es kaum ertrug. Gleichzeitig standen schwere Stunden mit unserem Kind bevor, dass leider nicht ganz gesund auf die Welt gekommen war. Schon mit wenigen Monaten wurde es zum ersten mal operiert. 5 Stunden lang! Anschließend ein Krankenhausaufenthalt, bei dem ich 24 Stunden am Bettchen ausharrte und litt. Unterstützung hatte ich kaum. Mein Mann kam nach der Arbeit für 1 oder 2 Stunden, damit ich duschen und etwas schlafen konnte, ging aber dann wieder nach Hause. Meine Eltern fielen vollständig aus. Zum einen aufgrund unseres schlechten Verhältnisses zum anderen wegen der Erkrankung meiner Mutter. Meine Schwester hatte sich vollständig von mir entfernt, denn sie gönnte mir mein scheinbares Familienglück überhaupt nicht, da sie selbst ungewollt kinderlos geblieben war.
Gerade als wir mit den OPs unseres Kindes einigermaßen durch waren, starb meine Mutter. Das Verhältnis zu meinem Vater verschlechterte sich weiter und schließlich erkrankte auch er schwer. Uns war inzwischen ein weiterer Kinderwunsch leider nicht in Erfüllung gegangen. Ich war selbst krank geworden und musste mich operieren lassen. Eine OP, die unsere Familienplanung ein für alle mal beendete.
Einigermaßen wieder hergestellt, wollte ich unbedingt zurück ins Berufsleben, da ich die aufkommende Leere und Ausweglosigkeit in meinem Leben irgendwie füllen wollte. Nach all den Jahren war dies aber in meinem erlernten Beruf nicht mehr möglich. Ein Umstand der mir nicht sehr leid tat, war ich doch in diesem Beruf nie wirklich glücklich geworden. Ich probierte mich also in verschiedenen sozialen Berufsfeldern aus und fand schließlich in der Altenbetreuung eine neue spannende Aufgabe, die mich von Anfang an erfüllte.
Kurz bevor ich meine Umschulung begann, starb mein Vater unter für mich unerträglichen Umständen. Ich hatte versucht, zu helfen,lief aber bei ihm vor eine unüberbrückbare Mauer und gab schließlich resigniert auf. Sogar auf seinem Sterbebett lehnte er mich ab und schickte mich eiskalt fort. Ein weiterer Tiefpunkt, der mich endgültig traumatisierte. Längst war ich in eine Depression geschlittert, die mich immer mehr ins Schwarze zog. Noch wehrte ich mich dagegen, wendete alle Energiereserven auf, um mich über Wasser zu halten. Ein Umstand den sowohl ich selbst auch ein mein Mann total unterschätzte.
Auch unsere Ehe war längst in eine tiefen Krise gerutscht, da ich mich unverstanden und nicht mehr gestützt fühlte. Mit allem war ich alleine. Mit dem Tod meiner Eltern genau so, wie mit der Trauer um den unerfüllten Kinderwunsch und dem Verlust meiner Funktionsfähigkeit als Frau. Die Sorgen um unser Kind waren immernoch groß, wenn auch die Akutphase überstanden war. Und meine Bemühungen, wieder in die Arbeitswelt zurück zu kehren, stießen bei meinem Mann auf Unverständnis. Zwar tolerierte er dies, machte mir aber weder Mut, noch untersützte er mich. Seine Bedenken aber äußerte er stets, wenn es um die Versorgung von Haushalt und Kind ging. Dafür trug ich in seinen Augen die Verantwortung und er sah überhaupt nicht ein, warum er mir dabei helfen sollte.
Mit letzter Kraft und dank eines kleinen finanziellen Erbes, dass ich mir gegen meine Schwester erstreiten musste, setzte ich mich durch. Ich bezahlte meine Umschulung zur Altenbetreuerin selbst (als verheiratete Hausfrau stand mir keine staatliche Hilfe zu) und fand sofort einen Job.
Tja und da begegnete er mir, mein späterer AM. Er war der Lichtblick am duklen Horizont, den ich so viele Jahre ertragen hatte. Er flirtete sehr schnell mit mir, lobte mich und meine Arbeit und machte mir Komplimente. Wie eine Primel, die lange vernachlässigt und fast verdurstet war, saugte ich all das auf und ich blühte auf. So sehr, dass man mich auf der Straße ansprach, weil ich mich auch optisch verändert hatte. Ich nahm ab, kleidete mich hübsch und begann wieder zu leben. Längst hatte ich mich verliebt und es schien zunächst fast so, als würden diese Gefühle erwidert.
Als mein Kollege dann selbst in eine tiefe Krise rutschte, weil seine schon lange schwer kranke Frau verstarb, weckte dies zusätzlich noch tiefere Gefühle. Ich wollte ihm helfen, ihn auffangen und betüddeln. Und er ließ dies zu. Vorsichtig begannen wir zu träumen. Von einem gemeinsamen Leben, Urlauben, einem Haus im Grünen. Und das ging in erster Linie von ihm aus. Immerwieder malte er in meiner Phantasie unwiderstehliche Bilder von einem Leben mit ihm. Wir wollten tanzen, mit dem Wohnwagen in seine Heimat reisen, seine Lieblingsgerichte kochen, und das Leben mit allen Sinnen genießen. Es gab nur ein Hindernis in seinen Augen, dass dies unmöglich machte: ich war verheiratet!
Doch längst war ich zu allem bereit und entschied mich viel zu schnell. Ich gestand meinem Mann meine Fremdverliebtheit und sprach den Trennungswunsch aus. Die Ereignisse überschlugen sich dann. Ich suchte mir eine Wohnung und zog aus. Alles ging nun in Lichtgeschwindigkeit und ich kam kaum noch zum Nachdenken. Ich wollte auch ehrlich gesagt nicht mehr nachdenken. Ich wollte diesen Mann und raus aus meinem alten Leben, dass sich nur noch nach Sackgasse und Stagnation anfühlte. Sogar mein Kind, dass sich damals gerade in der Pubertät befand, war ich bereit zu verlassen. Etwas, was mir heute wirklich den Atem raubt vor Scham und schlechtem Gewissen. Ich, die unfehlbare, fürsorglich Supermutter, wollte mein Kind verlassen. Ich schäme mich dafür bis heute. Doch inzwischen kann ich auch das verstehen und mir selbst verzeihen. Auch diese Rolle hatte mich nämlich sehr überfordert und mit der Pubertät und beginnenden Ablösung unseres Kindes war das alles für mich unerträglich und sinnlos geworden. Die heile Welt des Mutterseins, war mir um die Ohren geflogen und endlich wollte und musste ich an mich und meine Bedürfnisse denken. oder untergehen.
So also, trieb ich die Sache voran und vergaß dabei etwas wesentliches, nämlich die Situation und die wahren Bedürfnisse meines AM. Dieser war nämlich überhaupt nicht der arme bedauernswerte Witwer und allein erziehende Vater, den ich in ihm sah. Nein, er war vielleicht verzweifelt und bedürftig. Aber er war auch lebenshungrig und egoistisch. Schon längst nämlich gab es andere Frauen in seinem Leben. Ein Umstand, der mir hätte auffallen können und müssen, wäre ich nicht so sehr mit mir selbst beschäftigt gewesen. Er war und ist immernoch ein hübscher, charmanter Kerl. Einmal zeigte er mir Urlaubsfotos vom letzten Urlaub mit seiner damals schon kranken Frau. Er posierte am Strand mit einigen Südseeschönheiten und man sah ihm an, dass das genau seine Welt war. Er liebt die Frauen und die Frauen liebten ihn. Ich war damit längst nicht allein. Und all die Träume, die er mir in den Kopf gesetzt hatte, waren zwar zuckersüß aber entsprachen überhaupt nicht seinen eigentlichen Plänen.
So zog er sich also schnellstens zurück, als er sah, wie ernst es mir war. Er entzog sich mir und errichtete um sich herum eine Mauer aus Schweigen und weiteren Forderungen. Plötzlich war meine Ehe nicht mehr das Hauptproblem, sondern viel mehr unser gemeinsamer Arbeitgeber. Und ich räumte auch dieses Hindernis einige Monate später aus dem Weg. So saß ich also frisch getrennt und einsam in meiner halb renovierten, leeren Wohung, arbeitslos, ohne Geld und ohne Hoffnung, dass mein Traum vielleicht doch noch wahr werden könnte. Doch der AM kam nicht, um mich zu retten. Alles Bitten und Betteln half nichts. Er sagte mit einmal zu, mich nachmittags zu besuchen, tauchte aber nicht auf. Erst jetzt begann mir zu dämmern, dass der Traum ausgeträumt war. Und das war der Punkt, als die Depression zuschnappte. Ich ließ mich von ihr aufsaugen, gab jeden Widerstand auf und stellte das Kämpfen ein. Als dann weitere Probleme in Form eines Wasserrohrbruchs auftraten, gab ich alles auf. Ich wurde suizidal und plante meinen Tod. Nicht um, mich irgendwie noch einmal interessant zu machen oder um Hilfe zu rufen, sondern ich wollte wirklich und wahrhaftig sterben. Nichts mehr fühlen, nicht mehr nachdenken, nicht mehr leiden. Es sollte Schluss sein. Der Tod war damals eine reale Option, endlich Ruhe und Frieden zu haben.
Puuh, jetzt brauche ich eine Pause. Ich hoffe, ich darf weiter schreiben und werde nicht hier raus geschmissen. Wir werden sehen. bis später vielleicht.
Gruß Shedia
11.04.2023 10:15 •
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