Guten morgen ihr Lieben!
Danke für eure zahlreichen Anregungen und Gedanken zu meiner Geschichte. Ich werde versuchen, hier ein paar Fragen zu beantworten. Ich hoffe, ich übersehe niemanden.
Zitat von Kampfschnake: Vielleicht ist die Idee mit dem Buch doch ganz gut. Ihr habt in der Pflege zusammen gearbeitet. Statt Pilcher in Wattenscheid könnte der Arbeitstitel: Bittere Pillen und andere Zwischenfälle sein.
Darüber habe ich wirklich auch schon nachgedacht. Danke für deine Anregungen! Ich musste herzlich lachen. Ja, ich glaube schreiben ist wirklich etwas, was ich gut kann. Nur über die Affäre würde ich ungerne ein Buch schreiben. Das wäre mir dann doch zu persönlich. Anders wäre das mit meiner Arbeit. Zum einen erlebt man hier ziemlich viel Skurriles und zum anderen bringt jeder Bewohner aufregende und spannende Geschichten mit, die es wert wären, aufgeschrieben zu werden. Auch die Misstände im Pflegesystem erlebe ich als Betreuungskraft hautnah mit. Ich erlebe täglich überforderte und ausgebrannte Pflegekräfte, die von ihrem Beruf längst die Schnauze voll haben. Verständlich, denn oft höre ich z.B. dass manche in 2 Monaten Arbeit nur 1 freies Wochenende haben. Dabei sollte eigentlich jedes 2. Wochenende frei sein, doch aufgrund des hohen Krankenstandes muss immerwieder eingesprungen werden. Zwar haben die dann freie Tage in der Woche aber oftmals arbeiten die Kollegen 14 oder 15 Tage durch, obwohl es laut Gesetz nur maximal 12 Tage sein dürften.
Häufig erlebe ich auch, dass nur 2 Kollegen für 25 Bewohner zuständig sind, wobei die Fachkraft dann noch die FK-Abdeckung für andere Wohnbereiche übernehmen muss. Kein Wunder also, dass die keine Zeit für gar nichts haben. Eigentlich könnte das ein wunderbarer Beruf sein aber so, wie es sich in der Realität darstellt, ist das der reinste Horror-Trip. Darüber mal ein Buch zu schreiben oder vielleicht auch nur einen Artikel in der regionalen Zeitung, wäre überfällig.
Zitat von Jane_1: Such also etwas, was dich fordert, vielleicht sogar stresst. Z.B. mehr Verantwortung im Job. Oder zusätzlich ein anspruchsvolles Ehrenamt (nicht Katzen streicheln im Tierheim. Eher aktive Organisation in der Flüchtlingshilfe oder so).
Eigentlich eine gute Idee. Aber ich bin durch meinen Job inzwischen doch einigermaßen gefordert und übernehme oft Aufgaben, die darüber hinaus gehen. Nicht mehr, indem ich mir Pflegetätigkeiten anmaße, wie ich es in der Zusammenarbeit mit dem AM gemacht habe, aber ich tue vieles, was ich nicht tun müsste. Z.B. mache ich in meiner Freizeit Besorgungen für Bewohner, die keine Angehörigen haben oder ich kaufe von meinem Geld Dinge, um den Aufenthaltsraum etwas hübscher zu gestalten. Leider ist das Budget der Einrichtung hier sehr knapp bemessen. Frische Blumen sind da z.B. nicht drin. Dabei hebt so ein Strauß Tulpen doch die Stimmung enorm und kostet nicht die Welt. Auch habe ich privat Equipment zum musizieren gekauft, da ich ein Instrument spiele und eine ganz hübsche Singstimme habe. Das kommt nun regelmäßig zum Einsatz.
Du siehst also, ich brauche kein zusätzliches Ehrenamt sondern eher etwas, was mir selbst gut tut und wo ich mich ausleben kann. Schreiben wäre da eine Idee und noch etwas mehr Sport. Ich gehe zwar inzwischen regelmäßig schwimmen aber es könnte durchaus noch etwas mehr sein. Ende der Woche nehme ich an einem Walking-Lauf teil und will das als Auftakt für ein regelmäßiges Training nehmen. Diesmal werde ich nur wenige Kilometer schaffen aber vielleicht kann ich das steigern. Schön wäre, wenn ich meinen Mann dazu gewinnen könnte. Aber leider ist der sehr bequem geworden. Auch aufgrund diverser gesundheitlicher Beschwerden. Mal sehen, vielleicht kann ich ihn trotzdem mitreißen.
Zitat von VictoriaSiempre: Was gibst Du denn im RL zu viel? Ernstgemeinte Frage.
Na ja, neben meinem Job stemme ich immernoch die Hauptarbeit im Haus, kümmere mich ums Putzen, Waschen, Einkaufen und Kochen. Fast jedes Wochenende, das ich nicht arbeiten muss, verbringe ich bei meiner Schwiegermutter, die inzwischen auch in Richtung Pflegebedürftigkeit steuert. Sollte sich das Verschärfen, kommt da einiges auf uns zu. Bei den wenigen Freunden, die mir geblieben sind bin ich als geduldige Zuhörerin gefragt. Bei einigen tue ich das gerne, denn denen habe ich wirklich in der Aktuphase der Affäre die Ohren abgekaut. Bei anderen bin ich dazu nicht mehr bereit, was fraglos das Ende der Freundschaft bedeuten wird. Auch aus der Nachbarschaft habe ich mich zurück gezogen, denn hier wurde in geschmackloser Weise über mich getuschelt und getratscht. Gleichzeitig war ich immer gefragt, wenn es in der Urlaubszeit um das Haushüten ging, oder wenn Nachbarschaftsfeste zu gestalten waren. Auch war unser Haus in meiner Zeit als Nur-Hausfrau ein Sammelbecken für sämtliche Schlüsselkinder der Nachbarschaft. Ich fand es zuerst noch toll, denn es brachte meinem Sohn zahlreiche Kontakte zu anderen Kindern. Aber irgendwann wurde es mir zuviel. Zumal einige Kinder dann plötzlich nicht mehr kommen durften, weil ihre Mütter mich insgeheim verachteten. Das hatte einmal zu einem schlimmen Verlust für unseren Sohn gesorgt. Und das war weit vor der Affäre, als ich noch einen tadellosen Ruf hatte. Ich entsprach eben einfach nur nie dem Bild der modernen, eloquenten Frau. Schon gar nicht optisch. Ich sehe nicht aus, wie eine Akademikerin, obwohl ich eine bin. Ich sehe eher aus, wie eine Putzfrau. Gealtert, mit grauen Haaren und Brille, etwas moppelig und wenig modisch gekleidet. Ich fühle mich trotzdem inzwischen wohl so. Ich bin, wie ich bin! Wem das nicht passt, der kann gehen.