Euch allen Danke für Eure Antworten und ja, ich war schon häufiger hier und bin oft gesperrt worden. Was man dazu tun muss? Nicht viel denke ich. Ich war ja noch sehr verwundet und verletzt und habe mich versucht, gegen die zum Teil krassen Angriffe zu wehren. Leider habe ich dabei auch zu Mitteln gegriffen, die gegen die Forenregeln verstießen, z.B. indem ich mich mit Mehrfachaccounts angemeldet habe. Und natürlich habe ich auch ausgeteilt, wenn es mir zu bunt wurde. Einige nimmermüde Moralapostel sind ja seit ewigen Zeiten hier vertreten und teilten gegen mich aus ihrem Füllhorn von teilweise gerechtfertigten und teilweise zutiefst verletzenden Anschuldigungen großzügig aus.
Egal, ich will ja noch meine Geschichte zu Ende erzählen. Danke dir sehr @Margerite für deine Anmerkungen. Du hast 100% Recht mit deiner Einschätzung und viele Deiner Erkenntnisse teile ich heute. Diese musste ich mir aber hart erarbeiten. Die waren leider zu Beginn der Aufarbeitung nicht da, sondern überlagert von Schuldgefühlen, Versagensängsten, narzissitischer Kränkung und ... last not least der Depression.
Ich saß also da in meiner kleinen Behausung, die man eigentlich kaum Wohnung nennen konnte. Und als ich glaubte, jetzt wäre sowieso alles egal, kam mein Mann und mein Kind zurück in mein Leben und waren für mich da. Doch noch war ich nicht bereit, ihre Liebe anzunehmen. Ich zog zwar zurück, ließ mich aufpäppeln und genoss die Geborgenheit meiner Familie und meines Zuhauses, doch noch waren die Verliebtheitsgefühle für den AM nicht weg. Zu allem Übel machte mein Mann, der ja inzwischen verstanden hatte, wie wichtig die Arbeit für mich war, mir zunächst mal Mut, die Kündigung zurück zu nehmen. Fatalerweise war das auch überhaupt kein Problem. Man hielt dort große Stücke auf mich, nicht nur der AM war ja von meiner Arbeitsweise angetan. So rannte ich also offene Türen ein.
Der AM war zunächst verblüfft, mich wieder dort zu sehen, als er aber erfuhr, dass ich zurück bei meinem Mann war, schien er sich darüber sogar zu freuen. Vielleicht hatte er ja doch ein schlechtes Gewissen, dass er mich so in die Bredouille gebracht hatte. Jedenfalls ging es ein paar Monate lang recht gut. Doch leider himmelte ich ihn immernoch an und eigentlich begann jetzt erst das, was man gemeinhin Affäre nennt. Zuvor war es ein versuchter, gescheiterter Warmwechsel. Nachdem der nicht gelungen war, wurde daraus leider eine Affäre. Ja und das ist wohl der Punkt, an dem auch dem mitfühlendsten Forumsteilnehmer zurecht die Hutschnur platzt.
Auch mir selbst fällt es immernoch schwer, mir dies zu verzeihen und mich in diesem Punkt zu verstehen. Ja, ich war da einfach ein totales A.. Mir war alles egal geworden. Ich war nicht mehr ich selbst. Ich wollte geliebt werden und zwar so, wie ich es mir vorstellte. Die Liebe meines Mannes konnte ich noch lange nicht annehmen, geschweige denn erwiedern. Und so kam es leider wieder zu Knutschereien mit dem AM in der Besenkammer, zu nächtlichem Schreiben per Whatsapp, möglich gemacht durch die getrennten Schlafzimmer, die mein Mann und ich hatten. Und leider kam es auch noch zu weiteren intimen Treffen.
Es dauerte ein paar Monate, bis ich verstand, was ich da tat und was ich riskierte. Ich war wie getrieben von meinen Sehnsüchten und einem unstillbaren Lebenshunger, der leider kein Ventil fand außer eben der Affäre. Doch diese war längst nicht mehr schön und unbeschwert. Sie war schmutzig, entwürdigend und ekelhaft. Und irgendwann reichte es sogar mir. Noch einmal riskierte ich alles. Diesmal nicht, um den AM zu gewinnen, der war für immer verloren, das wusste ich, sondern um mir selbst wieder ins Gesicht sehen zu können. Ich beichtete meinem Mann erneut die Vorfälle. Aus reinem Selbstschutz aber wollte er diesmal die Details nicht hören. Aber wieder standen wir vor der Trennung und wieder suchte ich eine Wohnung. Wir waren verzweifelt, diesmal wir beide und unsere Ehe war keinen Pfifferling mehr wert.
Doch wir redeten. Endlich offen und schonungslos und wurden dabei unterstützt von meiner Therapeutin, die ich wegen meiner Depression aufgesucht hatte und die uns wirklich rettete. Ohne sie weiß ich heute nicht, wo wir wären. Auf jeden Fall nicht mehr zusammen.
Ich kündigte also erneut. War aber noch lange nicht in der Lage, auch das Schreiben sein zu lassen. In meiner Wut und Verzweiflung schrieb ich an den AM alles, was mir einfiel. Ich erzählte ihm meine Geschichte, beschimpfte ihn, flehte ihn an und ich beschuldigte ihn. Wenn er mich blockierte, legte ich mir eine neue Nummer zu und beschimpfte ihn erneut. Ich machte unsere Affäre öffentlich, nicht nur privat sondern auch bei der Arbeit und im weiteren Umfeld. Es war eine Mischung aus Wut, Rachegelüsten und Verzweiflung, die mich da wohl umtrieb. Jedenfalls blieb kein Auge trocken. Ich war viel zu lange geduldig und unterwürfig, das wollte ich nie wieder sein. Also führte ich einen Rachefeldzug, auch gegen den AM.
Ihm wurde das natürlich irgendwann zu bunt und es kam zu Show Down. Er hatte ja parallel zu mir weitere Beziehungen, eine davon war wohl tatsächlich ernst gemeint. Und irgendwann bat er mich, nun endlich Ruhe zu geben, da er eine Freundin gefunden habe, wie er sagte. Sehr schnell erriet ich ihren Namen. Es war eine weitere Kollegin, die ich schon längst in Verdacht hatte. In sie war er tatsächlich verliebt. Sie war eine enge Freundin der Familie gewesen und hatte ihm in der schweren Zeit der Krankheit seiner Frau beigestanden. Nur logisch, dass sie seine neue offizielle Partnerin werden würde.
Als er mir das mitteilte, blieb mir zunächst die Luft weg. So wie wenn einem die Beine abgehackt werden, empfand ich zunächst nichts als Taubheit und Leere. Ich war tief in diesen Affärensumpf gesunken, hatte mich schuldig gemacht und wurde nun weggeworfen, wie ein dreckiges Taschentuch.
Ab jetzt war ich nur noch wütend bis zur Raserei. In diesem Zustand dann landete ich hier in diesem Forum und wurde beschuldigt und bekämpft. Die wenigen hilfreichen Kommentare nahm ich kaum wahr sondern ich suchte nach genau diesen Beschuldigungen. Niemand konnte mich doch so sehr anklagen, wie ich es selbst tat. In meinen Augen war ich Dreck und eure Hasskommentare waren nicht mal halb so schlimm, wie der Hass, den ich gegen mich selbst empfand.
Nun ja, auch hier half die Therapie. All diese Mechanismen mit ihren Hintergründen, wie z.B. meiner Erziehung und meinem Selbstbild wurden mir peu a peu deutlich. Alles das wurde in den schmerzhaften Sitzungen immerwieder thematisiert und aufgerührt. Nur langsam kehrte Ruhe ein und die Teile meiner selbst begannen sich neu zu ordnen. Erst der totale Kontaktabbruch zum AM vor einigen Jahren brachte dann die nötige Stille um zu verarbeiten. Das konnte ich jedoch zunächst kaum aushalten. Doch irgendwie ging es weiter und auch mein Mann hielt mich aus und ich ihn. Und aus dem gegenseitigen Aushalten wurde Annahme, Freundschaft, Liebe und zu guter Letzt sogar wieder Vertrauen. Bis heute ein großes Wunder für mich.
Heute sehe ich das ganze, wie einen schlechten Film, der langsam in der Vergangenheit verschwindet. Die Details, die ich 1000de male immer wieder rekonstruiert habe, verschwimmen langsam. Ich weiß, wir alle waren damals in einer totalen Ausnahmesituation. Und genau das macht es möglich zu verzeihen. Mir selbst aber auch allen anderen Teilnehmern der Tragödie. Klar, mein Mann hatte da wohl die größte Aufgabe vor der Brust und Gott sei Dank schaffte er es, mir zu verzeihen. Keine Ahnung, womit ich das verdient habe.
Ich selbst und meine Ehe waren so gut wie zerbrochen damals. Ebenso mein Mann und in Teilen auch mein Kind. Die Heilung war langwierig und schmerzhaft. Immerwieder gab es Rückschläge und Zeiten, in denen wir dachten, wir wären am Ende. Was uns immerwieder gerettet hat, war einzig und allein die Entscheidung, weiter zu machen. Jeden Tag neu! Es war unser Wille, uns nicht mehr zu verlieren und nie wieder loszulassen, egal was kommt. Und natürlich war es ein unglaublicher Kraftakt nicht nur für mich sondern in erster Linie für meinen Mann. Ihm habe ich es zu verdanken, dass ich heute wieder einigermaßen gefestigt bin. Wir führen eine völlig andere Ehe, als vor der Affäre. Manchmal ähnelt sie eher einer tiefen Freundschaft und Verbundenheit. Der Gewissheit, dass uns nichts und niemand mehr trennen wird. Und manchmal sind wir sogar wieder unbeschwert und glücklich, genießen Zweisamkeit und S. oder benehmen uns wie die Kinder. Auch mein Verhältnis zu unserem Kind hat sich verändert. Wir begegnen einander inzwischen auf Augenhöhe. Unser Kind ist längst erwachsen und ist wirklich ein toller Mensch geworden. Mir ist bewusst, dass ich dazu nicht gerade den größten Teil beigetragen habe. Und ich staune, wie offen und ehrlich wir miteinander reden können, wie verständnisvoll wir uns begegnen und wie nah wir uns sind. Trotz allem.
Für alles das bin ich zutiefst dankbar. Ich schäme mich immernoch für vieles, was ich angestellt habe. Mir ist bewusst, dass ich große Schuld auf mich geladen habe. Aber Anteile an unserer Geschichte tragen wir alle. Sie hat uns zu dem gemacht, was wir heute sind und eigentlich ist das gar nicht mal so schlecht.
Sogar meinem AM konnte ich inzwischen verzeihen. Ich hoffe, auch er konnte seinen Weg gehen und wieder ins Leben zurück finden. Ich hoffe, auch er sieht einige unserer Erlebnisse inzwischen mit einem Lächeln. Aber über das meiste wird er sicher verständnislos mit dem Kopf schütteln, so wie ich auch.
Ich bin mit 2 blauen Augen davon gekommen! Ich hatte riesiges Glück und vor allem hatte ich immer die Liebe auf meiner Seite! Und genau diese Liebe macht es mir heute möglich auch mir selbst zu verzeihen und mich wieder zu lieben. Selbstliebe war mir viele Jahre unbekannt, dabei ist das sicher mit die wichtigste Form der Liebe, die überlebenswichtig ist. Man muss auf sich achten und seine Bedürfnisse ernst nehmen. Und man muss sie verteidigen und einfordern, auch manchmal gegen Menschen, die man liebt. Das braucht enorm viel Kraft.
Und genau das wünsche ich euch, liebe Foristen. Ich wünsche euch Kraft, Glück und Liebe und Hoffnung. Die dürft ihr nie verlieren, egal wie dunkel es gerade ist. Meine Geschichte sollte euch zeigen, dass es immer Grund zur Hoffnung gibt, auch wenn man gerade etwas völlig anderes verdient hätte.
Danke fürs Lesen und Verstehen, soweit euch dies möglich ist.
Alles Liebe
Shedia
11.04.2023 13:52 •
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