Ein Trennungsbrief

E
Liebe Andrea*,
*(Name von der Redaktion geändert)

ich weiß, der Eheberater hat gesagt, wir sollten uns während unserer Abkühlphase nicht kontaktieren, aber ich konnte nicht mehr warten. Am Tag an dem Du gegangen bist, habe ich mir geschworen, nie wieder mit dir zu sprechen. Aber das war nur der kleine, verletzte Junge in mir. Trotzdem wollte ich nie der sein, der sich zuerst meldet. In meinen Träumen warst es immer Du, die angekrochen kam.

Ich glaube, mein Stolz brauchte das. Aber jetzt erkenne ich, daß mein Stolz mich eine Menge gekostet hat. Ich kann einfach nicht mehr so tun, als würde ich dich nicht vermissen. Es ist mir egal, wer den ersten Schritt macht, hauptsache einer von uns macht ihn.

Vielleicht ist jetzt die Zeit gekommen, unsere Herzen sprechen zu lassen. Und mein Herz spricht: Andrea, Du bist unvergleichlich! Ich suche nach Dir in jedem Augenpaar und allen Brüsten von Frauen die ich sehe. Doch sie kommen dir nicht einmal Nahe. Vor zwei Wochen zum Beispiel, habe ich eine Frau in einer Kneipe kennengelernt und mit nach Hause genommen. Ich sage dies nicht, um dir weh zu tun, sondern um dir meine Verzweiflung klar zu machen.

Sie war jung, vielleicht 19. Und sie hatte einen dieser perfekten Körper, den nur die Jugend oder vielleicht jahrelanges Fitnesstraining erschaffen kann. Ich meine, einfach perfekt! So einen Traumbusen gibt's nicht noch einmal und der Hintern einfach wahnsinnig fest und knackig. Also der Traum eines jeden Mannes, möchte man meinen. Aber als ich so auf der Couch saß während sie mich mündlich bediente, dachte ich nur an die Dinge, die wir soooo wichtig gemacht haben in unserem Leben. Es ist alles so oberflächlich.

Ich meine, was bedeutet schon ein perfekter Körper? Macht es sie besser im Bett? Nun, in diesem Fall war dem so, ja, aber Du weißt, worauf ich hinaus will? Macht sie das zu einem besseren Menschen? Hat sie deswegen ein besseres Herz als meine mäßig attraktive Andrea? Das glaube ich nicht. Früher habe ich nie so gedacht.

Vielleicht werde ich ja einfach nur älter und klüger. Später, als ich völlig ausgepumpt und ausgedörrt auf der Couch lag, fragte ich mich, warum ich mich so leer fühlte. Es waren nicht nur ihre speziellen Praktiken und Fähigkeiten, ihr unstillbarer S. da war noch etwas anderes. Ein nagendes Gefühl, verloren zu sein.


Warum fühlte ich mich so unvollständig? Und dann traf es mich wie ein Blitzschlag. Nichts fühlt sich gleich an- ohne dich!

Erinnerst Du dich noch an Petra, die alleinstehende Mutter, die wir im letzten Spanienurlaub im Hotel kennengelernt hatten? Nun, sie kam letzte Woche mit einem Gulasch vorbei. Sie sagte, ich würde sicher nichts richtiges mehr bekommen, so ohne Frau um mich herum. Erst später sollte mir in Licht aufgehen, was sie damit gemeint hatte.

Wie dem auch sei, wir hatten ein paar Gläser Wein. Und wie es so kommt, das Nächste, woran ich mich erinnere ist sie und ich in unserem alten Schlafzimmer. Sie hat mir all das gegeben, was man nur geben kann, wenn man nicht im Jobstress ist, Migräne hat oder Angst, die Kinder könnten einen hören. Dann hat sie den alten Schlafzimmerspiegel entdeckt und so hingelegt, daß wir uns beide darin sehen konnten. Das war total heiß - gleichzeitig macht es mich aber auch sehr traurig. Ich denke immer daran, warum Du in 15 Jahren nie auf die Idee kamst, ihn hinzulegen und als S. zu benutzen.

Letzten Samstag ist dann deine Schwester aufgekreuzt, um ein paar deiner Sachen zu holen. Ich meine, schon klar, sie ist noch sehr jung, aber sie ist auch sehr hübsch und war mir in dieser traurigen Zeit eine große Stütze. Sie hat mir ein paar gute Ratschläge gegeben, wie ich dich zurückgewinnen könnte, während wir zusammen in der Badewanne saßen. Mein Gott, hat sie mich an dich erinnert, als Du 18 warst. Und das bringt mich zum heulen.

Und dann stellte sich auch noch heraus, daß sie es liebt, a tergo genommen zu werden. Meine Güte, Sie hat die gleichen Erbanlagen wie Du. Wenn ich daran denke, wie oft ich versucht habe, dich auch mal auf zum Hündchenspiel zu überreden und wieviel Bitterkeit das in unsere Beziehung gebracht hat... Aber selbst da, als ich es ihr mehrmals in der dunkelsten aller Grotten...konnte ich nur an dich denken.

Liebe Andrea, fühlst Du es denn nicht auch? Können wir denn nicht einfach von vorne anfangen und alles gewesene vergessen? Wenn Du auch so denkst, bitte bitte melde dich!

Falls nicht, sag mir wenigstens wo die verdammte Fernbedienung ist.


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14.06.2004 17:07 • #1


E
Liebster Wie-war-doch-noch-dein-Name?

Vielen Dank für deinen lieben Brief, über den ich sehr gelacht habe. Endlich mal ein Witz von dir. Dass du Geist, Stil und Charme besitzt, ahnte ich insgeheim ja immer schon, doch wieso du diese Vorzüge bis heute krampfhaft vor aller Welt verborgen hast, wird mir auf ewig ein Rätsel bleiben.

Gerade während unserer momentanen Abkühlphase erinnere ich mich gerne an unsere gemeinsamen glücklichen Jahre zurück. An unsere bezaubernde Verlobungszeit, zum Beispiel: Du, Abend für Abend vor dem Fernseher in deine Bierflasche glotzend, während ich in der Disco um die Ecke glücklich das Tanzbein schwang. Harry und ich ... das Disco-Traumpaar nannte man uns allgemein.

Natürlich willst du mir nicht wehtun, Schatz. Ich dir auch nicht. Ja, vielleicht ermuntert es dich sogar ein wenig in deinem Schmerz, wenn ich dir beichte, dass aus Harry und mir sowieso nie ein Paar geworden wäre, denn meine weise Mutter war es, die mir riet: Nimm den Friedrich, die Trantüte von der Bundesbahn, dann haste immer genug Kohle im Haus.

Wie recht sie hatte. Friedrich, du mein fleißiges Bienchen. Tagaus, tagein bist du zur Arbeit getrottelt und hast mich mit meinem schlechten Gewissen zurückgelassen. Ein gemütliches Frühstück im Bett macht nun mal allein nur halb so viel Spaß. Gramgebeugt sah ich dich über den Schienen buckeln, während ich mich genüsslich in der Sauna räkelte. Und während du in der Mittagspause müde und ausgelaugt dein Wurstbrot mit Gürkchen verzehrt hast, verspeiste ich im neueröffneten Feinschmecker-Edellokal Hummer und Kaviar.
Gerlinde, deine liebe Schwester, war es schließlich, die mich irgendwann beruhigte: Lass mal den Doofkopf ordentlich schwitzen. Männer brauchen das.
Hätte ich das doch bloß vorher gewusst! Den zweiwöchigen Single-Urlaub auf Kreta unter dem Motto Herz sucht Herz hätte ich dann schon viel früher gemacht.

Friedrich-Schatz, du musst zugeben, dass auch ich sehr fleißig in unserer Ehe war: Dein Konto kam niemals ins Plus! Kosmetik- und Fitnessstudios verschlangen den einen Teil deines Gehalts, den anderen die eine und andere kleine Schönheits-OP.
Spare in der Zeit, dann hast du in der Not!, dein Leit- und Lebensspruch. Deine fett bezahlten Überstunden, bringen schon längst gut Zinsen auf meinem Sparbuch.

Ja! Es ist tatsächlich die Zeit gekommen, unsere Herzen sprechen zu lassen. Und wenn dein Herz spricht: Susanne, du bist unvergleichlich! Dann antwortet dir das meine: Friedrich, wie recht du mal wieder hast.

Vielleicht werde ja auch ich einfach nur älter und klüger. Jedes fleißige Bienchen trifft früher oder später, ob hier oder da, der Schlag, sagt Kurt, dein Lebensversicherungs-Vertreter. Und, du seist zu gut für mich, du Mann meiner Träume.

Genieße es, dich ausgepumpt und ausgedörrt auf der Couch herumzulümmeln, dich unvollständig zu fühlen und dich bis zur Bewusstlosigkeit in Wein zu ersäufen. Möge dir allerdings erst viel später ein Licht aufgehen, was ich damit gemeint habe.

Ich ewiger Liebe und Untreue.
Deine Andrea
 

;D ::)
 

14.06.2004 19:08 • #2


E
Fundsache  ;D

.ich-schreibe-ihren-brief.de/Trennung.html

15.06.2004 11:05 • #3