Liebes Forum,
den ersten Weg durch die Hölle habe ich hinter mir. Am Mittwoch bin ich nach einer Nachtschicht nach Hause gefahren (300 km). Gewöhnlich mache ich keine Nachtschichten, aber wir sind in unserem Projekt in einer Ausnahmesituation.
Wie verabredet kam meine noch Ehefrau auch an dem Mittwoch in unsere gemeinsame Wohnung. Wir hatten uns für verabredet, um einige Wege erledigen zu können, die man nun mal machen muß, wenn man sich trennen will. Beide wollen wir eine saubere und faire Trennung, deshalb genügte auch ein Anwalt, Telefon musste getrennt werden, da ihr Handy über meine Rechnung lief, Amt musste abgemeldet/umgemeldet werden usw. usw. Viele von Euch kennen dies ja zur Genüge, was so alles anfällt, wenn man viele Jahre zusammen gelebt hat.
Sie hat zwei Nächte hier geschlafen und das war schon irgendwie hart. Mir geht es natürlicherweise besser, wenn sie nicht in meiner Nähe ist.
Heute morgen ist sie wieder gefahren. Der Abschied fiel sehr schwer. Wir haben natürlich beide um die Wette geheult.
Dies ist zwischendurch auch schon mal passiert. Leider hatte ich noch nicht die Stärke, die ich mir gewünscht habe.
Aber, und das war für mich unheimlich wichtig, es ist nicht so, dass wir beide noch dieselben Gefühle füreinander empfinden, wie wir sie noch vor einigen Wochen zu empfinden der Meinung waren.
Ein Rest Liebe ist immer noch da, schließlich bin auch ich nur ein Mensch, der seine Gefühle nicht von jetzt auf gleich umdrehen kann. Dazu haben wir zuviel erlebt und erlitten in den vergangenen Jahren.
Hinzu kam die Erkenntnis, dass ich sie auch gar nicht mehr wieder haben möchte. Diese Erkenntnis ist noch nicht vollends durchgebrochen, aber ich spüre sie schon recht deutlich. Könnt Ihr das nachempfinden?
In mir ist sehr viel Traurigkeit. Der Verlust, den ich erlitten habe, scheint zeitweilig unermesslich groß. Aber ich weiß jetzt, dass es ein völlig normales Gefühl ist. Ich weiß auch, das die Welt sich weiter dreht. Ich werde mir die Zeit nehmen, und die Trauer empfinden, die man empfinden darf, wenn man so etwas mitmacht. Auch werde ich noch die Tränen weinen, die um der ehrlichen Trauer willen geweint werden wollen. Doch es wird nicht bei der Trauer bleiben. Mein großer Vorteil ist der unerschütterliche Wille, den ich habe, vorwärts zu gehen. Die Trauer ist nicht das einzige Gefühl, welches in mir lebt.
Ganz wichtig war für mich, dass ich zumindest einen Menschen neu gefunden habe, eine Frau, bei der ich das Gefühl habe, hier ist der Keim für eine gute Freundschaft gesät. Sie war es, die mir in den jetzt schweren Tagen gedanklich zur Seite stand und dafür bin ich dankbar.
Hab in einen Loch gehangen,
und dann an Dich gedacht.
War nicht länger mehr befangen
Und ich hab gelacht.
Freundschaften sind unglaublich wichtig. Liebe zerbricht, dass haben alle erfahren, die hier sind. Aber wirkliche Freundschaften überdauern die Zeit.
Liebe Freunde, erlaubt mir noch ein Bildnis aus einem Abschiedsbrief an meine Frau, welchen sie natürlich nicht bekommen hat und welchen sie auch nie bekommen wird. (Es ist auch gut, dass sie nichts mit Computer zu tun haben will, sonst würde sie vielleicht doch mal in diesem Forum lesen, was ich alles so schreibe J.)
#8222;Vielleicht in meinem tiefsten Seelenleben ist die Liebe immer noch da. Aber sie ist auf den Tod vorbereitet. Du hast ihr die Erde genommen und die Wurzeln gekappt. Kaum noch was ist übrig als der *beep* Stamm, die Blätter und einzelne Knospen, die nun nicht mehr blühen werden. Die Blätter werden welken, langsam aber sicher. Und der Baum, der Stamm, wird austrocknen und sterben, wenn die letzten Tränen versiegt sind, welche noch die letzten Wurzelstümpfe benetzen.
Eines Tages werde ich erwachen und feststellen: dieser Baum der Liebe ist tot.
Vielleicht, oder sogar wahrscheinlich, kommt eines Tages jemand in mein Leben, der den fruchtbaren Boden bemerkt und pflanzt ein neues Bäumchen der Liebe. Hegt und pflegt es mit mir gemeinsam und der Boden, gedünkt mit den Früchten vom Baum der Erkenntnis, bringt einen noch stärkeren und schöneren Baum hervor.
Eines schönen Tages....#8220;
Der Wille weiterzuleben, der Mut das anzunehmen, was mir widerfährt, die Hoffnung auf wieder besser werdende Zeiten und der Glaube an die Macht der Liebe sind die Triebfedern meiner derzeitigen Empfindungen. An ihnen will ich mich aufrichten, wenn wieder mal schlechte Tage kommen.
Mit meinem Willen, Mut, mit meiner Hoffnung und meinem Glauben und auch mit Eurer Unterstützung werde ich die bisher schwerste Zeit in meinem Leben überstehen. Jede Hilfe will und werde ich annehmen, solange sie gut für mich ist. Ich bitte Euch teilzunehmen an meinem Leben und mir bei meinem Weg zu helfen. Alles was ihr an mir tut, werde ich Euch nie vergessen und eines Tages, wenn ich dann zu der Persönlichkeit geworden bin, die ich wieder sein möchte, werde ich mein Bestes geben, anderen genau diese Hilfe zu geben.
Zusammen kann man mehr schaffen, als alleine!
Seid mir alle lieb gegrüßt und schreibt mir, was ihr dazu denkt.
Nordlicht
(Frank_M)
20.09.2002 09:53 •
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