Hallo Nicole,
ich habe lange überlegt, ob ich Dir noch diesen Brief schreiben soll.
Nun tue ich es, auch auf die Gefahr hin, dass Du Dir doch noch anwaltlichen Beistand suchst.
Wenn dem so ist, muss ich damit leben.
Ich möchte versuchen Dir mein Gedankengut mitzuteilen.
Mit meiner Trennung von Dir habe ich Dir große Verletzungen zugeführt. Ich habe Dir Deine Visionen, Deine Ziele, und Deine Aufgaben mit einem Schlag genommen. Ich weiß dass Du sehr gekränkt und verletzt bist, und es tut mir sehr leid.
Eine Trennung ist meistens mit schmerz und Trauer verbunden.
Ich kann Dir nicht beschreiben was passiert ist, als ich Dir geschrieben habe, dass ich nicht mehr kann, und auch nicht mehr will. Ich weiß nur dass in mir etwas passiert ist, ein unbeschreibliches Gefühl das mir gesagt hat, dass ich weg muss bevor ich untergehe. An diesem Gefühl arbeitete ich immer noch und das mit Therapeutischer Hilfe, und ich habe die große Hoffnung auch die Antworten zu finden.
Heute weiß ich dass es falsch war unsere Beziehung intim werden zu lassen.
Denn was ist jetzt passiert?
Ich habe einen Menschen verloren, der mir über Jahre hinweg sehr viel bedeutet hat.
Ich habe Dir die Bücher “Weiblicher Narzissmus und Eitle Liebe“ gegeben, um Dich damit nicht an den Pranger oder an die Wand zu stellen, mit dem Hinweis “So bist Du“.
Das war nicht mein Ziel. Vielmehr war mein Ansinn Dir damit zu helfen, dass Du daraus Erkenntnisse gewinnen wirst, die Du in Deinem weiteren Leben verwenden kannst.
Leider war es ein Schuss der nach hinten los ging, und das tut mir auch sehr leid.
Ich glaube…nein…ich bin davon überzeugt, das in diesen Büchern alles so detailliert und deutlich beschrieben ist, was in Deiner Vergangenheit vorgekommen sein muss.
Als ich diese Bücher gelesen habe war ich tief betroffen, aber ich konnte dadurch mehr von Dir erfahren, bedingt durch die Verhaltensmuster die sich immer wieder gleichen, unter anderem auch durch die Verhaltensmuster die in diesen Büchern beschrieben wurden, die ich auf Dich und mich projizieren kann.
Auch ich habe mich darin gefunden, was ich in meiner Therapie mit einbeziehen möchte.
Du hast mir einiges aus Deiner Vergangenheit und die damit verbundenen Zusammenhänge erklärt, aber ich glaube Du wolltest nie, dass ich Dein wirkliches inneres erfahre.
Du hast Dich immer wieder vor mir versteckt, wahrscheinlich hattest Du sogar Angst Dich vor mir zu öffnen.
Es war für mich schwer an Dich heran zu kommen, vielleicht habe ich es auch irgendwann vernachlässigt weiter am Ball zu bleiben, vielleicht habe ich auch einfach zu früh aufgegeben,
vielleicht habe ich auch nie den richtigen Weg gefunden. Vielleicht hätte uns auch eine Paartherapie gut getan. Dinge über die ich mir noch eine Weile den Kopf zerbrechen werde.
Du hattest Dir gewünscht, dass ich an Deiner Seite stehe, dass ich für Dich da bin, und manchmal war ich es auch, aber in den Momenten wo Du mich wirklich gebraucht hattest, war ich nicht für Dich da, obwohl ich es mir so gewünscht habe. Aber ich war einfach nicht in der Lage dazu, unter anderem mit extrem Situationen umzugehen, und ich weiß noch nicht warum das so war. Dafür hasse ich mich selbst.
Ich war Dir gegenüber immer verbindlich, nur die Definitionen von Verbindlichkeiten haben uns getrennt.
Es macht mich sehr traurig, wenn Du Dich von mir bedroht und gekränkt fühlst, oder Du glaubst ich stelle Dir nach. Ich kann Dir versichern, dass dies nicht mein Ansinn ist.
Du hast große Angst davor, dass ich irgendwelchen Menschen aus Deinem inneren etwas erzählen könnte, Dich sogar damit peinigen.
Ich dachte immer dass Du mich soweit kennen müsstest, dass mir dieses fern liegt.
Einen Menschen den ich so geliebt habe wie Dich, kann und möchte ich nicht weiter verletzten, es sind schon genug Verletzungen vorangegangen, und das leben ist schon schwer genug.
Nicole, ich weiß dass Du Dich in einer Position befindest, in der Du seit vielen Jahren leidest, und dennoch kommt Dir diese Position sehr vertraut vor. Von daher denke ich, fällt es Dir sehr schwer auch mit therapeutischer Hilfe da heraus zu kommen.
Glaube mir, ich wünsche mir das Du ein Weg findest in dem Du friedlich und angenehm leben kannst. Du bist ein sehr wertvoller Mensch, Du bist sehr Gefühlvoll und einfühlsam, und Du hast das Potenzial für Dich glücklich zu werden.
Für mich ist es sehr schwer unsere vergangene Beziehung alleine aufzuarbeiten,
ohne die Möglichkeit mehr zu haben, mit Dir in den Dialog treten zu können.
Aber es hilft mir ein wenig Dir zu schreiben, um damit die Situation besser verarbeiten zu können.
Nicole, ich konnte vieles durch Dich erfahren, sogar einiges von Dir lernen, was mich in meinem weiteren Leben weiterbringen wird, dafür bin ich Dir sehr dankbar.
Meine introvertierte Sensibilität, kann ich heute durch Dich immer weiter nach außen kehren.
Damit werde ich zwar in meinem Umfeld anecken, aber es bietet sich für mich die Chance, dass mein Umfeld nicht mehr mit mir aneckt, dafür wird es klare Trennungen geben.
Ich habe das Gefühl, dass ich heute im Beginn eines Umbruchs stecke, ein Umbruch der Verhaltensweise und Verbindungen von mir noch mal analysiert und korrigiert.
Geographisch gesehen leben wir nicht weit voneinander entfernt, es wird immer wieder Situationen geben, in denen sich unsere Wege kreuzen werden, und ich finde es sehr schade, dass wir in diesen Momenten die Straßenseite wechseln müssen und uns nicht mehr in die Augen schauen können.
Nicole, ich hoffe das wir eines Tages wieder miteinander sprechen können, ohne die belastenden Gedanken voneinander haben zu müssen. Die Zeit in der wir frei und unabhängig miteinander umgehen konnten, vermisse ich sehr.
Ich wünsche Dir nun keine weiteren Steine mehr in Deinem Weg, allenfalls dürfen es nur noch kleine Kieselsteine sein, die sich leicht wegräumen lassen.
Ich werde Dich vermissen.
17.01.2012 16:30 •
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