Ihr Lieben,
ich habe schon so gute und hilfreiche Ratschläge im Forum bekommen, dass ich meinen Thread nochmal reaktivieren möchte. Seit einigen Wochen bin ich wieder mit verschiedensten, teilweise ziemlich seltsamen Entscheidungen meiner engen Freundinnen konfrontiert - und weiß nicht so ganz, wie ich mich richtig dazu verhalten soll.
Alle Stories detailliert zu erzählen, würde den Rahmen sprengen. Aber ich versuche drei Situationen kurz zu fassen, damit ihr eine Ahnung habt, worum es eigentlich geht:
Eine Freundin (H.) hat eine schwierige Kindheit (Vater hat an ihrem 12. Geburtstag die Familie verlassen, seitdem nie wieder Kontakt gehabt, Mutter danach in Depression gerutscht, danach hat sie selbst welche entwickelt) und hat entsprechend Schwierigkeiten, wahre Intimität zuzulassen. Zwei Beziehungen gehabt, in beiden hat sie die Partner betrogen (die waren aber auch echt meh). Momentan datet sie einen (aus meiner Sicht) S. und arbeitssüchtigen Typen, der wahllos alle Menschen der Stadt datet und fünf festere Partner (Frauen wie Männer) hat, zu denen H. gehört - sie ist allerdings sowas wie dessen Nummer 1, wobei sie nie über wirklich persönliche Probleme sprechen (sie sagt, sie will sich nie wieder einem Mann anvertrauen). Sie sagt, sie hätte noch nie etwas vergleichbares gefühlt und bezeichnet das sogar als Liebe. Es ist eine offizielle, offene Beziehung ohman. Dabei hat sie arge Probleme mit Stressbewältigung, die auch in eine Essstörung münden. Sie sagt, das mit ihm sei aber positiver Stress... Eigentlich weiß sie, dass ich in solchen Dingen ganz, ganz anders bin und ich das alles mehr als seltsam finde. Trotzdem erzählt sie mir jedes Mal davon und ist total begeistert. Mich frustriert das.
Eine andere Freundin (E.) trifft sich regelmäßig mit Ex-Sexualpartnern, insbesondere mit einem, mit dem sie eine ziemlich toxische Beziehung hatte und ihn jetzt als Freund bezeichnet, wobei es immer mal wieder zu Intimitäten kommt, er aber selbst in einer on/off-Sache mit einer anderen ist, die er als Psychopatin bezeichnet (nett). E. ist Mutter eines kleinen Sohnes, vom Vater getrennt (ebenfalls sehr merkwürdige, narzisstisch geprägte Type).
Freundin R. (über sie habe ich im Eingangspost geschrieben), ist nun seit 3 Jahren in einer Beziehung zu einem depressiven Typen, der auch mal Dro. als Mittel der Wahl zur Heilung seiner negativen Gefühle konsumiert, nie mit R. in den Urlaub fährt (obwohl sie das gerne möchte), stattdessen aber mit einer alten Freundin aus Australien eine ganze Woche alleine verreisen will; im Endeffekt hat es nur nicht geklappt, weil diese zu crazy ist, um irgendwas zu organisieren. Auf die Frage, wie sie sich denn dabei fühle, dass er sowas machen will, sagt sie, dass sie das okay findet, küssen in Ordnung wäre, aber S. nicht. Auf die Frage, ob er denn umgekehrt eifersüchtig auf sie wäre, würde sie mit einem Freund eine Woche wegfahren, meinte sie auf jeden Fall. Logisch!
Zu meinem Anliegen: Ich möchte niemandem meinen Lebensstil aufdrücken und sagen, wie es richtig ist. Allerdings finde ich die obigen Stories so gaga, dass ich nach jeder Erzählung ratlos bin, wie ich darauf adäquat reagieren soll. Meistens mache ich es so, dass ich über Fragen versuche, meine Freundinnen selbst auf den Trichter zu bringen - zB wie denkst du darüber?Was fühlst du, wenn er das sagt/macht?, je nach dem. Manchmal lasse ich auch meine Meinung durchscheinen, aber das stößt nicht wirklich auf offene Ohren, bzw. ist mein Eindruck, dass sie nicht richtig sehen
wollen, was ich sehe. Ich mache mir in erster Linie Sorgen um sie, will aber nicht immer der Buhmann sein. Außerdem habe ich Angst, dass sie denken, ich sei missgünstig und sage das nur, damit sie sich trennen und ich mehr Singlefreundinnen habe. Nur habe ich einige Freunde, die in tollen Beziehungen sind, und mit denen ich sehr gerne Zeit verbringe, auch zu 3. - ohne sich wie das fünfte Rad am Wagen zu fühlen.
Mein Eindruck ist auch, dass ich durch meine Therapieerfahrung und überhaupt viel Auseinandersetzung mit Beziehungsdynamiken oft eine klarere Sicht habe, zumal ich ja nicht emotional involviert bin. Sowieso versuche ich maximal ehrlich mit mir selbst zu sein, weil das m.E. der einzige Weg ist, etwas zu verändern. Damit merke ich zugleich, dass ich mir diese toxischen Verbindungen, wie oben, möglichst nicht mehr geben würde und lieber Single bin - was meine Freundinnen offenbar nicht wirklich als Option betrachten. Aus meiner Sicht handeln sie aus Bedürftigkeit und lassen deshalb Dinge mit sich machen, die perspektivisch wenig Sinn ergeben. Am schlimmsten finde ich, dass ich mich innerlich mehr und mehr von ihnen distanziere, obwohl sie mir viel bedeuten und ich sie nicht verlieren möchte. Gestern dachte ich zB auch, dass ich mich deswegen immer isolierter und unverstandener fühle - nicht sehr angenehm.
Lange Rede, jetzt aber: Seid ihr auch in solchen Situationen gewesen und wusstet nicht, wie ihr richtig reagieren sollt? Versucht ihr, solche Themen zu vermeiden? Wie ehrlich seid ihr, wenn das Thema doch zur Sprache kommt? Meine Idee war, zu kommunizieren, dass ich einen anderen Blick auf Dinge habe - sie mich immer fragen können, wie ich denke, aber ihnen meine Meinung nicht aufdrücken will, weil ich ahne, dass es vielleicht nicht das ist, was sie hören wollen. Aber weil Männer einen recht großen Raum in deren Leben einnehmen, lässt es sich irgendwie kaum vermeiden, darüber zu sprechen - vor allem, weil sie oft das Bedürfnis danach haben.
Danke an alle, die bis hierher gelesen haben und vielleicht auch ihre Erfahrungen teilen möchten!