Liebe Community,
vor ein paar Wochen hat es auch mich erwischt. Kommen wir erstmal zum Anfang.
Ich bin mit meiner jetzigen Frau seit dem Jahr 2010 zusammen. Aufgrund des Jobs im gleichen Ort sind wir auch relativ zügig in eine gemeinsame Wohnung gezogen. Es lief alles perfekt. 4 Jahre später hatten wir das Glück, gemeinsam ein kleines Haus zu kaufen bzw. zu finanzieren. Ein Jahr später kam unsere Tochter zur Welt. Von der Entwicklung her unspektakulär und eigentlich der Traum der (Schwieger-)Eltern.
Es vergingen einige Jahre. Es gab diverse Streits, die wir aber meiner Meinung nach immer geklärt hatten. Insgesamt haben wir aber gar nicht so viel gestritten. Bei Jobwechseln haben wir den Partner so gut wie möglich unterstützt. Ich hatte eine schwierige Zeit, sie ebenfalls.
Mit der Zeit ging die anfängliche Liebe verloren und mündete eher in eine Art Alltagsliebe, wobei das Wort Alltag meiner Meinung nach nichts Schlechtes ist sondern vielmehr für Stabilität in unruhigen Zeiten steht. Wir gingen gemeinsam zum Sport, schauten abends gemeinsam auf der Couch TV während unsere Tochter schlief.
Langsam kam der Wandel. Meine Frau musste aufgrund des aktuellen Jobs des Öfteren abends etwas nacharbeiten. Sie ging nebenan ins Büro, ich war weiterhin im Wohnzimmer und kümmerte mich um die Tochter. Schließlich ist sie aus dem gemeinsamen Sportverein ausgetreten, weil es ihrer Meinung nach nicht mehr lohnt. Objektiv gesehen mag das stimmen, tatsächlich wurde damit aber die zweite Gemeinsamkeit zwischen uns aufgehoben. Wir funktionierten im Alltag weiterhin ganz gut. 6uell gab es ein auf und ein ab.
Vor ca. zwei Monaten war meine Frau aufgrund eines Rückenleidens mit unserer Tochter auf einer Kur in einem kleinen Ort. Ich habe beide hingefahren. Aufgrund von Corona war ein Besuch am Wochenende verboten. Der Kurort lag ca. 3 Std. Fahrt von unserem Haus entfernt. Wir haben jeden Tag per Skype miteinander gesprochen. Ich war immer froh, Frau und Tochter zu sehen. Schließlich habe ich beide abgeholt. Ich hatte es vergessen, Zuhause eine kleine Aufmerksamkeit zu besorgen, um meiner Freude über das Wiedersehen Nachdruck zu verleihen. Ich habe es einfach verpennt.
Etwa drei Tage später saßen wir gemeinsam am Küchentisch. Ich merkte schon, dass etwas nicht in Ordnung war. Meine Frau hatte Tränen in den Augen. Dann brach es aus ihr heraus: Bei ihr seien die Gefühle nicht mehr vorhanden. Es sei ein schleichender Prozess gewesen, der vor ca. 2 Jahren begonnen hat. Sie hat mich in den drei Wochen nicht vermisst, und das machte ihr Sorgen. Parallel hatte sie auf der Kur noch einen anderen interessanten Mann kennen gelernt, den sie vielleicht treffen und weiter kennen lernen wollte. Okay. Ich habe kurz durchgeladen und meine Tränendrüse bis aufs Äußerste ausgereizt. Ich habe praktisch den ganzen Abend geheult. Sie dachte, bei mir wären ebenfalls keine Gefühle mehr vorhanden. Das war aber nicht so. Ich zeigte es durch meinen Zustand an dem Abend mehr als deutlich.
Ich war mit der Situation maximal überfordert. Ich habe nie mit so etwas gerechnet, die Signale offenbar nicht gesehen. Ich dachte, alle damaligen Konflikte wären geklärt gewesen. Dem war aber nicht so. Mir wurden Dinge vorgehalten, die z. B. vor 3 Jahren passiert sind und über die wir eigentlich schon gesprochen hatten. Ich war erstaunt, welche Dinge mir vorgehalten wurden, Dinge, die ich schon längst vergessen hatte.
Mittlerweile schlafen wir getrennt. Vor Kurzem sprach Sie einen Auszug aus dem gemeinsamen Haus an. Wir wohnen in einer Kleinstadt. Sie hatte vor ca. einer Woche die Idee, zu ihren Eltern aufs Dorf zu ziehen. Unsere Tochter kommt allerdings hier demnächst in die 1. Klasse. Entfernung von hier zu ihren Eltern ca. 100 km. Würde meine Tochter bei meiner Frau leben, müsste sie die Schule wechseln.
Das mit dem Dorf ist auch so eine merkwürdige Aktion. Früher meinte sie, dass sie von dem Dorfleben nix halte, weil da zu viel getratscht werde. Außerdem ist sie froh, wenn sie nach 2 Tagen bei ihren Eltern wieder Zuhause ist. Das war der Stand von vor ca. 3 Jahren. Und dann meinte sie noch, dass sie mir gern etwas Aktuelles vorwerfen würde, sie kann es aber nicht. Und auf einer Liste mit 10 Punkten, sind 9 Punkte gut, nur ein Punkt (Gefühle) ist schlecht.
Jeder rational denkende Mensch würde sagen, dass sich die Gefühle mit der Zeit irgendwie verändern. Aber kann es wirklich so sein, dass dieser eine Punkt alles, aber auch wirklich ALLES Übrige einreißt? Sie zieht in ein Dorf, über das sie in der Vergangenheit nicht sehr gut geredet hat. Sie entzieht dem Kind die hier vorhandenen Freunde, obwohl sie sagt, dass das Kind oberste Priorität hat. Sie will ausziehen, obwohl sie oft betont hat, wie schön wir uns das hier gemacht haben. Sie hat hier zwei-drei Freundinnen, mit denen sie sich gelegentlich trifft.
Es klingt für mich so, als seien bei ihr zu viele innere Kompromisse geschlossen worden, die nicht logisch klingen. Kann aber auch sein, dass das von mir nur ein Wunschdenken ist. Sie sagt auch, dass sie mich weiter schätzt und respektiert.
Wenn ich alles Positive in einen Topf werfe und dann diesem Topf die abgekühlten Gefühle entgegenstelle, wirkt das wie ein verzweifelter Schnellschuss. Es gibt definitiv keinen anderen Mann in ihrem Leben. Diese Aktion mit dem Kennenlernen des Kur-Typen hat sich auch zerschlagen.
Die letzten 2 Jahre waren maßgeblich durch Corona beeinflusst. Wir waren echt viel Zuhause, haben uns während der Schulschließung die Betreuung geteilt. Es klappte alles gefühlt ganz gut.
Wenn wir mal die Corona-Zeit, unsere Streitpunkte, das Auseinanderfallen von gemeinsamen Aktionen (Sport TV-Abende) und ihren neuen stressigen Job zusammenpacken, dann war die letzte Zeit schon sehr hart für uns. Sollten Vieles davon aber nicht Dinge sein, die einen näher zusammen bringen?
Natürlich ist es mein Ziel, die Familie zusammen zu halten, die hier gerade zerbricht. Ich werde auch versuchen, das Haus zu behalten, was ohne finanzielle Unterstützung kaum möglich sein wird. Ich werde immer für meine Tochter da sein und meiner Frau bis zu einem gewissen Zeitraum auch noch die Tür in diesem Haus aufhalten. Warum? Weil ich der festen Überzeugung bin, dass ihre Entscheidung und ihre ganzen unlogischen Kompromisse Fehler sind, die sie ggf. bereuen könnte.
Denke ich richtig? Denke ich hier zu rational und ohne eine Gefühlsebene? Mache ich mir zu viel Hoffnung? Ihr könnt mich gerne für meine Ansichten auslümmeln. Ich bin für jeden Tipp und auch jede Kritik dankbar. In meiner jetzigen Situation bringt mich alles voran.
Euer Kai
22.07.2021 09:00 •
x 3 #1