Hallo Community,
die letzten Tage habe ich hier diverse Geschichten gelesen, die meine aktuelle Situation widerspiegeln. Jetzt fühle ich mich auch langsam bereit, meine Geschichte zu erzählen.
Kurzfassung:
Meine Ehefrau und ich sind seit rund 10 Jahren zusammen. 8 Jahre davon verheiratet. Wir haben zwei Kinder, 8 und 5 Jahre alt. Letzten Freitag sagte sie mir, dass sie keine Gefühle mehr für mich hat und eine Trennung auf Zeit möchte, aus der jetzt plötzlich das Trennungsjahr wurde. Zum Überbrücken wohne ich bei meinen Eltern (demütigend), habe aber eine Wohnung in Aussicht. Meinen Job kann ich aktuell nicht ausüben, weil ich schlichtweg zu fertig bin. Ich recht frisch bin in Therapie. Einige meiner Freunde unterstützen mich teilweise, aber meist auch nur telefonisch oder über WhatsApp. Ich fühle mich aktuell einfach alleine.
Lange Version:
Wir sind recht jung zusammen gekommen. Anfang ging alles recht schnell. Partys, Spaß, dann die erste gemeinsame Wohnung, das erste Kind und dann irgendwann das Zweite. Unser Großer hatte zwischenzeitlich auch eine Herz-OP, welche er zum Glück gut verarbeitet hat.
Vor rund einem Jahr sind wir aus unserer 3-Zimmer-Wohnung in ein Miethaus gezogen, da der Platz einfach zu knapp wurde. Wir haben uns gut eingelebt und uns irgendwann auch einen Hund zugelegt. Die Familienplanung war laut meiner Frau also perfekt. Wir sagten uns beide, dass wir miteinander alt werden wollen. Vor rund einem Jahr.
Kurz darauf wurde unser Großer mit mehreren Krankheiten diagnostiziert. ADHS, so wie leichte Zwangs- und Angststörungen. Wegen meines Ganztagsjobs hatte meine Frau das Meiste gehandelt, was unseren Großen betrifft. Es war ein gutes Stück Arbeit und letztendlich wurde ihr befristeter Arbeitsvertrag durch ihren Arbeitgeber nicht verlängert. Ein recht großes, als familienfreundlich bekanntes Unternehmen hat ihren Vertrag nicht verlängert, weil sie für ihr Kind da war. Wir reden hier von gehäuften Kinderkranktagen und Urlaubstagen. Allem noch im Rahmen - sie hatte den Bogen nie überspannt. Dann der nächste Schock: Ihre Mutter erkrankte an Krebs. Diese ganzen Ereignisse führten letzten Endes dazu, dass meine Frau in eine Depression verfallen ist. Anfangs war sie nur antriebslos, weniger glücklich und fühlte sich wertlos. Ich habe versucht, sie auf andere Gedanken zu bringen, sie glücklich zu machen und sie zu unterstützen. Sie wollte Abstand. Den habe ich ihr auch teilweise gegeben.
Dann stand mein Jobwechsel an. Mein alter Betrieb lief dank Corona weniger stabil und Gehälter kamen gegen Ende auch gerne zu spät oder nur teilweise. Rote Flagge für eine Familie mit Kids. Der Jobwechsel lief recht holprig ab. Dank meiner diagnostizierten Angststörung (ich war zischen zeitlich 4 Tage im Krankenhaus wegen leichtem Bluthochdruck und kam raus mit diagnostizierter Angststörung und Panikattacken) hatte ich panische Zukunftsängste, was unsere finanzielle Situation betrifft. Ich brauchte meine Frau. Das war aber nicht möglich, da sie eigene Probleme hatte. Unser Freundeskreis hat sich zu der Zeit auf ein extremes Minimum reduziert und wir hatten kaum Leute zum Reden.
Irgendwann hat meine Frau durch ihr Online-Game (recht bekanntes MMORPG) eine Gruppe netter Leute kennengelernt, mit denen sie sich super verstand. Da wurde wieder gelacht, sich gefreut und sie schien wieder lebendig. Solange sie zockte und/oder mit ihren Leuten redete/video-chattete. Darunter war auch ein junger, gutaussehender, britischer Mann, Anfang 20. Laut meiner Frau ihr neuer bester Freund. Die Beiden verbrachten viele Abende zusammen am PC. Lachten, hörten zusammen Musik, schauten Videos, zockten, feierten über Video und verrieten sich alles. Ich sah meine Frau so, wie ich sie kannte und kennengelernt hatte, nur eben nicht mehr mit mir - ich hatte nichts mehr von ihr.
Ich wurde eifersüchtig und paranoid. Habe sie gefragt, warum sie mehr Zeit mit einem Anderen verbringt, als mit mir. Sie fühle sich bei ihm verstanden und könne mit mir nicht über ihre Krankheit und aktuellen Probleme sprechen. Ok, kein Problem. Dafür sind Freunde bekanntlich auch da. Bis zu dem Punkt, wo geflirtet wird. Immer häufiger über Cam oder Chat. Herzchen, Kussmünder, Sprüche, usw. Aber immer so, dass es mir weh tat. Auch ihre neuen, extrem flirty Instagram-Fotos hatte er mit zweideutigen Sprüchen kommentiert. Ich hielt es nicht mehr aus. Als ich sie drum bat, das Geflirte bitte einzustellen, sagte sie, dass nichts dabei wäre und man das unter Freunden so machen kann. Mir ging es zu der Zeit auch dreckig, u. a. wegen der oben genannten psychischen Problemen und der Gesamtsituation. Ich bat sie nochmal, bitte Rücksicht auf mich und meine Gefühle zu nehmen. Ohne Erfolg. Dazu kamen kleine Indizien wie neue Frisur, Piercings, immer geschminkt, neue Unterwäsche, etc. Klar, kann so etwas auch auf eine leichte Midlife-Crisis hindeuten oder einfach nur auf den Wunsch, gesehen zu werden. Ebenfalls wollte sie nachholen, bestimmte Dro. zu nehmen. Fast jedes Wochenende für die letzten zwei Monate hatte sie sich Dro. gegönnt. Immer Zuhause, vor dem PC, wenn die Kinder schliefen. Meine Versuche ihr das Ganze zu verbieten scheiterten. Meine Drohung, auszuziehen, hatte nur kurzzeitig gefruchtet.
Dann wieder ein großer Knall: Einige Ihrer Online-Gruppe würde sich rund 2 Stunden weit entfernt treffen. An sich kein Problem. Darunter aber auch ihr bester Freund. Am Schluss waren es aber nur noch drei: Sie, ihr bester Freund und noch ein Dude. Dank meiner Eifersucht und Paranoia hatte ich überhaupt kein gutes Gefühl bei der Sache, dachte mir aber, dass es ihr vielleicht guttut.
Die ganze Zeit über hat sie mich geghostet, ignoriert. Keine Gespräche oder Smalltalk. Die kompletten 4 Tage war Funkstille. Sie wolle ihre Ruhe. Am Tag, an dem sie wieder nach Hause kommen sollte, rief sie an. Sie würde zwei Tage länger bleiben wollen, alleine. Alle Anderen wären heim. Ich saß alleine Zuhause, mit Kids, Hund, Haushalt und Job. Unter der Woche. Ich sagte ihr, dass sie so etwas nicht einfach für sich entscheiden könne und dass ich ihre Unterstützung bräuchte. Keine Chance. Ihr Entschluss stand fest. Ich muss sagen, dass ich ihr darauf ein riesen Eifersuchts- und Psychodrama über WhatsApp gemacht habe, weil ich einfach nicht mit der Situation klarkam. Meine Gedanken drehten sich nur noch um eine eventuelle Affäre oder zumindest Verliebtheit einem Anderen gegenüber.
Als sie heimkam, beichtete sie mir, dass sie keine Gefühle mehr für mich habe. Es hätte sich schon die letzten Monate eingeschlichen. Warum dann nichts sagen? Warum nicht kämpfen? 10 Jahre Beziehung und 8 Jahre Ehe einfach so ausgeben? Affäre hin oder her? Ich war Sprachlos. Der Dolch in meiner Brust machte es mir unmöglich zu Atmen. Für knapp eine Stunde hatte ich mich alleine im Badezimmer ausgeheult. Sie sagte, sie möchte sich trennen. Auf Zeit. Sie bräuchte Abstand, um sich über einiges klar zu werden. Sie möchte Single sein und leben. Sie hätte so viel verpasst. Ich schlug vor, mich für einen Monat bei meinen Eltern einzuquartieren, da sie nirgends hin könnte. Darüber hinaus wollte sie sich beweisen, dass sie alleine für sich und die Kinder sorgen kann. Ich stimmte zaghaft zu - sagte aber, dass ich ein Mal in der Woche ein Auge auf unser Zuhause haben möchte, um zu sehen, ob wirklich alles rund läuft.
Ich habe also mein nötigstes Zeug gepackt und bin raus. Nur wenige Tage, nachdem ich mich eingelebt habe, kam ein Anruf meiner Frau: Ihr bester Freund würde für einige Tage vorbeikommen. Ich geriet in Rage. Nein. Während ich hier bei meinen Eltern für DICH eingehe, zieht kein anderer Kerl in unser Haus. Auch, wenn es nur ein Freund ist und da nichts läuft. Dann kam noch eine Nachricht von einem Bekannten. Da ich seit Jahren nicht mehr auf Facebook unterwegs bin, hatte er mir ein Foto geschickt, welches er vom Facebook-Profil des jungen Briten gemacht hatte. Er, oberkörperfrei, umarmt meine Frau vorm Spiegel. Beide lächeln und sind glücklich. Natürlich hatte ich sie direkt darauf angesprochen. Gleiche Leier: Nur Freunde, da läuft nichts. Ihm war warm. Ehrlich gesagt will ich ihr natürlich glauben, aber es wurde für mich immer unwahrscheinlicher, dass ihre Aussagen stimmten. Wir hielten beide immer sehr viel von Treue. Meine Frau war ebenfalls sichtlich eifersüchtig, wenn ich nur mit einer Arbeitskollegin lachte. Ich erkenne meine Frau nicht wieder. Ich kenne diesen Menschen nicht und ich mag ihn nicht.
Nachdem ich ihr (berechtigt) wieder ein riesen Drama gemacht habe, fiel der letzte Schuss: Trennung. Schluss. Aus. Vielleicht möchte sie die Scheidung. Das kann sie noch nicht sagen. Seitdem haben wir sporadisch Kontakt wegen der Kids. Ebenfalls haben wir uns ein Mal kurz gesehen, um Dinge zu bereden. Alles nett und freundschaftlich, wie sie es gerne hätte. Ich bin wütend. Ich bin traurig. Ich möchte diese ganze Situation nicht. Es fällt mir schwer, einen klaren Kopf zu fassen. Ich schlafe, wenn's hochkommt, zwei bis 5 Stunden. Die Nächte sind das Schlimmste. Alleine mit meinen Gedanken.
Es gibt hier noch so viel mehr Aspekte, wie unsere Kinder, meine Eltern, meine Schwiegermutter, meinen Therapeuten und und und. Aber ich bin jetzt an einem Punkt angekommen, wo ich mich einfach nur noch ausgenutzt und verarscht vorkomme. Es tut einfach nur weh. Ich möchte mein altes Leben zurück. Ja, die rosarote Brille färbt immer mehr ab. Trotzdem schluckt man eine so lange Beziehung nicht einfach runter. Ich freue mich so sehr auf's Wochenende, wenn meine Kids bei mir schlafen. Ich hoffe, dass ich bald wieder rund genug laufe, um meine Kinder öfter zu nehmen.
Das Ganze hat aber auch positive Seiten (ja, mein Therapeut sagt, dass man positiv denken muss. meh). Wegen Rückenproblemen hatte ich vor ca. 2 Monaten angefangen, wieder Zuhause zu trainieren. Leichtes Krafttraining, um meinen Körper zu stärken und wieder etwas in Form zu kommen. Mittlerweile sehe ich schon erste Erfolge. Sehr gut, denn ich bin ja jetzt wieder Single. Dazu kommt der krasse Gewichtsverlust von rund 7 kg dank der kompletten Situation. Seitdem ich bei meinen Eltern wohne, versuche ich so wenig Zeit wie möglich dort zu verbringen. Ich gehe raus, spaziere, fahre Fahrrad und kümmere mich um meine Besorgungen. Ab und zu treffe ich mich mit Freunden. Das ist aber leider viel zu selten. Heute habe ich mir auch eine Kurzhantel gegönnt, um meinen Zuhause-Trainingsplan zu erweitern.
Was mich stört ist, dass alles so unberechenbar ist. Gestern habe ich nur geheult, es war ein absolut besch*ssener Tag. Heute geht's wieder. Ich will über den ganzen Mist hinweg kommen. Aktuell will ich natürlich nicht wieder Daten. Mir fehlt aber der Mensch, der mich in den Arm genommen hat und für mich da war, wenn ich ihn gebraucht habe. Aber der Mensch war schon Monate nicht mehr bei mir. Auch Zuhause. Es war schlimm, mit einem Menschen unter einem Dach zu wohnen, der einen nicht genau so liebte, wie man ihn. Es ist aber auch schlimm, jetzt hier alleine zu sitzen und sich alles von der Seele zu schreiben im Wissen, dass es sich nicht ändern wird. Das Leben, dass ich mir noch vor wenigen Monaten als perfekt vorgestellt habe, ist weg. Super, ich bin Single. Ich bin die meiste Zeit kinderlos. Ich habe alle Zeit und Chancen der Welt. Aber ich möchte das nicht. Mein Therapeut sagt, ich war zu gutmütig und rücksichtsvoll (er wollte nicht naiv sagen). Aber sollte man das nicht in einer Beziehung oder sogar Ehe sein? Ich verstehe die Welt nicht mehr. Ja, wir haben viel durchgemacht, aber immer wieder gewonnen. Nicht aufgegeben. Was ist jetzt anders?
Will ich sie wieder haben? Kommt darauf an, ob sie wirklich treu war. Aktuell würde ich gerne ja sagen. Aber das Vertrauen ist wegen ihrer fehlenden Rücksichtnahme mir und den Kindern gegenüber weg. Auch ihr fehlendes Commitment, frühzeitig etwas zu retten, sei es durch Gespräche oder Paartherapie, macht es mit nicht leichter. Am liebsten wäre es mir, wenn sie irgendwann aufwacht und merkt, was sie uns als Familie angetan hat. Und dann steh ich da, mit neuem Selbstbewusstsein und sage: Nein.
Ich hoffe, dass euch beim Lesen nicht die Puste ausgegangen ist und ich auch an alles gedacht habe. Es war so viel. Ist es immer noch. Es ist frisch. Es tut nach wie vor höllisch weh.
Grüße aus der Pfalz
Michael
01.04.2022 16:02 •
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