LottaKarotta, wenn du selbst Depressionen hast, dann weißt du sicher auch über die vielen verschiedenen Formen Bescheid. Und du weißt auch, dass sie wie schwarzer Teer sind, der auf der Seele klebt...
Ich denke, dass Michael eine sehr schwere Form der Depression hatte/hat...wir wissen nichts darüber, wie sie zustande gekommen ist...wissen nicht, warum er sich so lange nicht bewegen konnte und wie gelähmt auf dem Sofa lag...
Wir hatten hier sicher schon alle in irgendeiner Form eine Depression...jede Trennung, die man nicht selbst gewählt hat, führt meistens zu einer Depression. Einer, die aber in der Regel vergeht. Nicht vergleichbar mit einer schweren Form...oder einer wirklich krankhaften schweren Depression.
Mag sein, dass Michaels Frau einen Fluchtweg brauchte. Weil sie das so nicht ertragen hat. Aber warum gerade diesen?
Und was ich sehe, ist, dass Michael sich sehr wohl selbst hinterfragt. Sein Verhalten spiegelt. Sich Gedanken macht über alles, was passiert ist. Sehe ihn nicht so, dass er sich hier nur getätschelt fühlen will...und sich im Selbstmitleid suhlt.
Er weiß selbst nicht, warum es so tobt in ihm...er schwimmt wie ein Ertrinkender...und möchte eigentlich nur ans Ufer... Das ist fruchtbar, und das sieht er selbst so. Sieht, dass er nicht der straighte Typ ist, der klar und gerade seinen Weg geht nach dieser Demütigung... Denn er leidet nicht nur an dem, was passiert ist; er leidet auch an sich selbst.
Unser Mitleid braucht er nicht. Er weiß, dass er seelisch krank ist. Aber er sucht nach Hilfe aus seinem Dilemma... ein ganz menschliches und natürliches Verhalten, finde ich.
Und sie? Es ist bestimmt schwer, sich in jemandem hineinzuversetzen, der solch eine Form von Depressionen hat. Aber zu erwarten, dass alles einfach abgehakt wird - er, der Kranke, kein Recht hat, solche Gefühle zu haben wie er hat nach so einem miesen Vertrauensbruch - das entbehrt aus meiner Sicht jegliches Einfühlungsvermögen.
Sie hinterfragt sich doch kein Stückchen...es ist in Ordnung, was sie getan hat. Sie hatte das Recht dazu... ist sie doch das Opfer neben einem schwer Depressiven. So scheint sie es zu sehen.
Und jetzt droht sie ihm, es wieder zu tun, wenn er nicht flugs alles vergisst...und sich wieder in die Rolle des absolut Gelähmten begibt...sag ich mal so überspitzt. Und sie fühlt sich stark in ihrer Rolle neben ihm. Dabei ist sie alles andere als wirklich stark. Sonst hätte sie nicht getan, was sie getan hat.
Es ist eine sehr sehr giftige Beziehung, die die beiden da führen...nicht nur für die beiden, auch für die Kinder.
Michael sieht es - irgendwo in sich sieht er es. Im Gegensatz zu ihr. Er hat mehr Einfühlungsvermögen als sie. Viel mehr. Vielleicht zuviel...und das macht es ihm wahrscheinlich so schwer, am richtigen Weg festzuhalten und ihn auch zu gehen.
Beide gestehen sich nicht wirklich ein, dass es so nicht geht und sind bereit, die Konsequenzen einer Trennung zu tragen. Aber beide tun das aus anderen Gründen...
Ja, es fällt mir schwer, Verständnis für die Frau aufzubringen - nicht, weil sie einen Fluchtweg gesucht hat, sondern wie sie es getan hat, und dass es ihr schei. ist, wie das für ihn ist. Und sie es wieder tun würde...
Ich kann den beiden nur wünschen, dass sie rauskommen aus diesem richtig üblen Beziehungs-Sumpf - getrennt rauskommen.
LG mighty