Ich lese nun schon einige Wochen die Leidensgeschichten in diesem Forum. Nun bin auch ich so weit. Hier ist meine. Ich lernte meine Frau vor über 14 Jahren kennen, zu einer Zeit als es mir nicht gut ging. Vor 5 Jahren heirateten wir. Vor 4 Jahren wurde unser Sohn geboren. Und vor 2 Jahren erkrankte sie an Depression.
Es mag sein, dass es bei vielen Menschen ein schleichendes Abrutschen in die Depression gibt. Bei ihr ging es dagegen fast von einem Tag auf den anderen. Das Kind ging endlich in die Kita, meine Frau fing wieder an zu arbeiten und zusätzlich besuchte sie mehrmals am Abend eine einjährige Fortbildung. Ich fand schon damals, dass sie sich da ziemlich viel aufbürden würde aber sie hatte schon immer ihren eigenen Kopf und so unterstützte ich dort, wo ich es konnte und sah.
Im Sommer kam dann der Tag. Eine Kollegin redete auf sie ein, eine Kundin wollte just etwas von ihr, im Flur ereignete sich vor ihren Augen ein Malheur und über WhatsApp teilte ihr ein Freund aus der Fortbildung mit, dass sie wohl zwei Wochen das falsche gelernt habe. Da machte es schlagartig dicht. Meine Frau bekam keine Luft mehr, konnte nicht schlucken und fiel um.
Die Ärzte vermuteten erst Probleme mit der Schilddrüse. Es dauerte Monate, bis klar wurde, dass sie Hashimoto hat und entsprechend behandelt wurde. In dieser Zeit ging es ihr emotional immer schlechter. Die Angst, es könne wieder passieren führte dazu, dass sie bereits beim Anblick ihrer Arbeitsstelle verkrampfte. Im Herbst bat ich sie, sich Hilfe zu suchen.
Die erste Psychotherapeutin war nett, jedoch keine Hilfe. Sie brachte ihr Entspannungsmethoden bei und war der Meinung, dass die Anspannung durch Sport wieder verschwinden würde. Etwa zu Beginn diesen Jahres wurde es mir zu bunt und wir fanden eine andere Psychologin, die sich auch auf Analysen verstand. Diese diagnostizierte eine Anspannung und gab ihr entsprechend die ersten verschreibungspflichtigen Präparate. Zu diesem Zeitpunkt wurde sie von der Arbeit krank geschrieben, was ihr in den ersten Wochen auch merklich half. Doch auch diese anfängliche Hoffnung, es könne jetzt wieder bergauf gehen, trübte sich bald wieder. Meine Frau nahm dann aus eigenem Antrieb und wegen der destruktiven Gedanken Kontakt zu einer Tagesklinik auf. Dort wurde sie das erste mal über mehrere Termine beobachtet. Als Ergebnis kam eine diagnostizierte Depression mit einer Angststörung und leichtem Verfolgungswahn heraus. Sie kam sofort auf die Liste für die Tagesklinik.
Im Sommer war es dann so weit. Meine Frau ging täglich in die Klinik und bekam dort Hilfe. In dieser Zeit fragte sie mich zweimal, ob ich mitkommen wolle. Ich lehnte ab. Nicht aus Bosheit, ich verstand ihren Hilferuf einfach nur nicht. Ich machte ihr es noch schlimmer als ich erklärte, dass ich vor Psychologen und Zahnärzten gleichermaßen Angst hätte. Man könne nicht sehen, wie sie wirken, es tut oft weh und oftmals muss man mehrmals wieder hin. Sie tat, als würde sie mich verstehen. Heute weiß ich, dass ich ihr damit zum ersten Mal in ihrer Wahrnehmung die kalte Schulter, ja ein Desinteresse an ihrer Situation gezeigt hatte.
Die Zeit in der Klinik verlief gut, sie fand neue Methoden für sich heraus mit ihrer Erkrankung umzugehen und lernte neue Leute kennen. Allen voran einen sympathischen Mann, der bald entlassen werden sollte um an einer beruflichen Wiedereingliederung teil zu nehmen. So verliefen unsere Tage, ich brachte den Kleinen in die Kita und ging zur Arbeit - sie ging in die TK und holte den Kleinen Mittags aus der Kita ab.
Ende September sagte man ihr, dass sie bereit sei, es mal wieder für einige Wochen alleine zu probieren. Meine Frau wollte nicht gehen. Man empfahl ihr eine begleitende Therapeutin aufzusuchen und Anfang Oktober war sie raus.
Der erste Tag verlief gut doch schon am zweiten Tag konnte sie kaum aus dem Bett aufstehen. In den nächsten zwei Wochen veränderte sich ihr Wesen. Oftmals hatte ich das Gefühl, nicht zu wissen, zu wem ich heimkehren würde. Von himmelhochjauchzend zu todebetrübt machte sie an nur einem Tag alle Gefühle durch. Eine Therapeutin wollte sie sich zwar jeden Morgen suchen, doch abends war wieder nichts daraus geworden.
Ende Oktober dann der Supergau. Heute weiß ich, dass ich zu diesem Zeitpunkt ohne es zu wissen wütend war. Wütend auf die Krankheit, darauf dass sie emotionale Mauern erschuf und auch auf meine Frau, die einfach nicht gesund werden wollte. Sie hatte einen Wein besorgt, ich hatte einen Wein besorgt. Ich wusste, sie solle neben den Medikamenten (drei an der Zahl) nichts trinken. Meine Frau war aber noch nie jemanden, der auf Klugsch.r hörte. Nach dem ersten Glas kam das Gespräch auf den Mann aus der Therapie. Ich solle ihn mal kennen lernen, er sei so nett, er habe da raus gefunden, wo sie sich gerade befinden würde. Ich bat sie scherzhaft, nichts mit ihm anzufangen. Sie ging überraschend ausführlich darauf ein, wie seltsam ihr alleine schon die Vorstellung sei. Dass er während seiner Depression selbst von seiner Ehefrau verlassen worden sei und alleine schon aus diesem Grund niemals jemand anderem so etwas antun könne. Ich gab der Wut nach und verkündete, dass man das als Normaler schon manchmal nicht leicht habe und dass er, nur weil er depressiv und verlassen wurde, nicht zwingend ein Heiliger gewesen sein musste. Meiner Frau war das zuviel, sie war angefressen und rief ihre Mutter an. Bei dem Gespräch machte sie die zweite Flasche Wein auf. Da ich schon oft erlebt hatte wie das endet, legte ich mich ins Bett zum schlafen.
Um etwa Mitternacht wurde ich durch eine Taschenlampe geweckt, die durch das Fenster schien. Ohne auf alle Details einzugehen: meine Frau wollte eine Stunde zuvor noch einmal in den Keller um die Wäsche zu machen. Dabei schloss sie sich aus. Ich hatte nach zwei Gläsern Wein und der Woche den Schlaf nötig und hatte die Tür zum Flur zugemacht, um nicht all zuviel von dem Telefonat mitzubekommen. Sie war sich in diesem Moment jedoch sicher, dass ich den Jungen geschnappt und abgehauen sei!? Daher hatte sie die Nachbarschaft zusammen getrommelt, die sie tatkräftig unterstütze. Schlaftrunken öffnete ich die Tür zur Terrasse und versuchte die Situation zu erklären. Meine Frau, nun wieder in der Wohnung, vertrat den Standpunkt, ich habe das alles absichtlich gemacht. Sie schnappte sich ein Kleid, ihre Tasche und verkündete, sie würde sich jetzt mit ihrem Freund treffen. Dann fiel auch schon die Tür ins Schloss und sie ward bis 7:30 Uhr nicht mehr gesehen. Als sie wieder kam, roch sie stark nach Alk. und Zig.. Sie wachte an diesem Tag noch zweimal kurz auf, um ihre Tabletten zu nehmen und dann wieder schweigend ins Bett zu gehen.
Die nächsten Tage wollte sie nicht mit mir sprechen und ich war selber für zwei Tage für die Arbeit unterwegs. Am Freitag nahm ich mir frei und wir gingen frühstücken. Sie sagte mir, ich hätte mich an diesem Abend wie ein Ar. benommen, beteuerte aber, dass da nichts zwischen ihr und diesem Mann sei. Ab diesem Tag an fing meine Frau an zu chatten, wie noch nie in ihrem Leben. Leider nicht mit mir.
Drei Wochen später, wieder am Samstag dann die nächste Kerbe. Der Freitag war gruselig, da sie Abends plötzlich wieder sehr düster wurde, beim Spazieren gehen im Dunkeln dem Kleinen immer wieder Der Erlkönig vorlas und irgendwann verkündete, sie könne uns gerade nicht ertragen. Am Samstag hatten wir einen, so glaubte ich, schönen Tag in der Stadt gehabt und meine Frau war gut gelaunt. Sie erklärte mir dass sie mit ihrem Geld von der Krankenkasse nicht aus käme und lieh sich für Haushaltseinkäufe 300 Euro von mir. Klar war sie gut drauf. Heute weiß ich, dass sie sich schon auf ihr Wiedersehen mit dem anderen Mann (denn dazu war er in den drei Wochen geworden, wie ich später erfuhr) freute. Abends gingen wir baden, und ich saß schon auf dem Sofa, als meine Frau chic angezogen hereinkam und verkündete, sie würde tanzen gehen. Ich war etwas vor den Kopf gestoßen und fragte mit wem. Es sein ihr Freund, ich solle mir keine Sorgen machen, es ginge nur ums Tanzen. Das alles sagte sie in dem zuckesüßesten Tonfall. Und als ich immer noch nicht begeistert war, änderte sie ihre Tonart. Es sei meine Schuld gewesen, sie habe nach der Geburt immer wieder gesagt sie wolle weggehen und wenn ich mich nicht darum kümmere, dann habe sie jetzt auch keine Lust mehr auf mich zu warten. Dann wieder zurück auf zuckersüß, dass es nur bis um ein Uhr gehen sollte und sie würde mir die Standortverfolgung von Google Maps anmachen. Um eins rief ich sie an. Sie hätten sich verquatscht, sie wolle noch tanzen, auf wiedersehen. Google Maps zeigte mir, dass sie erstmal in eine Cocktailbar gingen um dann kurz vor drei noch einmal in einer Diskothek aufzuschlagen. In der ganzen Zeit reagierte sie auf keine meiner WhatsApp Mitteilungen. Um fünf Uhr gingen sie nach Ladenschluss tatsächlich noch spazieren. Um kurz nach sechs wurde der Kleine wach und fragte, wo Mama sei. Da riss mir der Geduldsfaden und ich traf den chauvinistisch, dämlichen Entschluss: Wir holen Mama aus der Stadt! Ich glaubte tatsächlich auch noch, dass wir evtl. bei dieser Gelegenheit auch noch Frühstücken gehen könnten, gerne auch mit ihrem Freund, dann würde ich ihn endlich einmal kennen lernen. Was habe ich mich getäuscht! Ich fand sie Arm in Arm laufend. Als ich zu ihnen ging, merkte ich erst, dass meine Frau wohl wieder mehr getrunken hatte als ggf. gut ist. Sie fing auch sofort an zu schreien, ich würde alles kaputt machen. Das Drama steigerte sich noch und gegen Ende stand sie einfach heulend zwischen uns und ihm und schrie ihn immer an, er solle ihr sagen, was sie jetzt tun solle. Ihn? Warum denn ihn? fragte ich mich. Er hielt sich im Hintergrund, baute auch noch 20 m Distanz auf zwischen ihm und mir. Zum verabschieden ging sie zu ihm rüber, ich drehte mich weg, da ich nicht wusste, was ich fühlen sollte. Anschließend fuhr sie mit mir zur Psychiatrie, schrie mich an, dass wenn ich wolle, dass sie da reingeht, dann würde sie aber ganz lange nicht mehr raus kommen. Und ich würde gleich mit kommen, denn ich hätte ja auch riesige Probleme. Unser Sohn wäre dann ein Pflegefall. Ob ich das wirklich alles wolle?
Ich knickte ein und sie murmelte noch etwas davon, dass ich mich dann auch nicht mehr einmischen dürfe, sie hätte jetzt einen Freifahrtschein. Zuhause viel sie ins Bett und ich machte erst einmal Frühstück.
Als sie schließlich wach wurde wollte sie den ganzen Tag über s. und mir wurde zum erstem mal klar, dass sie im Kopf wo anders war. Von diesem Tag an, legte sie ihr Smartphone nicht mehr aus der Hand. Und ich meine das wörtlich, selbst Nachts legte sie es unter das Kopfkissen. Am Montag traf sie sich mit ihm, während ich auf der Arbeit war. Am Donnerstag ebenso. Darauf angesprochen war überzeugte sie mich, dass ich das Problem habe. Sie wäre nur radfahren. Das Wochenende war bei meinen Eltern verplant. Der Samstag war schön, wir waren aus. Am Sonntag saß sie mit meiner Mutter auf dem Balkon und ich sollte ihr das Smartphone bringen. Da kam gerade eine MMS rein. Ich war gelinde gesagt geschockt, was ich da las. Ich dachte nicht nach und öffnete den Chatverlauf. Da las ich dann alles. Das Schlimmste neben ihren Lügen war, dass sie es geschafft hatte, an meiner Wahrnehmung zu zweifeln und ihr immer wieder zu glauben. Von Seelenverwandtschaft, gemeinsamer Zukunft und vom verschlungen in den Armen des anderen las ich da. Und von den Treffen natürlich auch. Ich sprach sie darauf an, und sie sagte mir, sie fände es sch. , dass ich ihr meine Gefühle aufschieben würde. Sie käme sich dann immer vor wie die allerletzte Sch. nur weil sie etwas für sich tun würde.
Von da an, zog sie sich immer mehr zurück. Sie hörte auf, noch überhaupt mit mir zu reden, hing nur noch am Smartphone und zog mich auf das Sofa aus. Da ich bereits selbst so angeschlagen war, ob des nächtelangen Grübelns, wurde ich auch mehrere Tage krank geschrieben. Das nervte sie so sehr, dass sie morgens immer radfahren ging. Ich wusste ja jetzt, was das wirklich war. Ich bat sie, das bitte nicht zu tun, aber sobald ich damit anfing, wurde ihre Stimmung wieder ganz düster und sie haute ab, bis der Kleine wieder aus der Kita zurück war.
Vor einigen Tagen warf sie mir vor, dass ich selbst an allem Schuld sei. Ich hätte ab August nicht genug Einsatz für ihre Gesundheit gezeigt. Sie habe mich einmal gefragt, ob ich an ihrer Therapie teilnehmen wolle und hatte abgelehnt. Daher habe sie sich andere Leute gesucht. Jetzt sei es zu spät, sie wolle mich nicht mehr mitnehmen. Sie verändere sich und ich würde das nicht sehen wollen. Dann legte sie die Beziehungspause ein!
Eine solche Beziehungspause kann in meiner Vorstellung jedoch nur etwas bringen, wenn ich ausschließlich über mich und meine Beziehung zu ihr nachdenke und umgekehrt. Aber sie denkt seitdem nur über sich, über sich und ihn und erst an dritter Stelle (wenn denn überhaupt - sie redet gar nicht mehr mit mir) über sich und mich nach. Ausserdem treffen sie sich seitdem fast jeden Tag. Wir teilen uns einen PC. Ich sehe den Browserverlauf und möchte eigentlich nur weinen. Daher habe ich mich um eine Paartherapie bemüht. Morgen haben wir den ersten Termin. Sie sagt im Wechsel, dass sie die Beziehung erhalten möchte, aber auch, dass es vermutlich alles bereits zu spät sei. Sie wolle auch nicht an der Beziehung arbeiten sondern morgen nur sehen, was der Therapeut anzubieten hat, ähnlich einem Buffet. Sie hat auch schon laut darüber nachgedacht, dass bei einer Trennung ich ausziehen müsse, wegen des Kindes. Ich solle einfach den Mietvertrag umschreiben lassen und gut sei. Und schon im nächsten Satz versichert sie mir wieder, dass wir das schon schaffen werden!
Mitte Dezember hat sie den Termin, um im Januar endlich wieder in die Klinik zu kommen und behandelt zu werden. Da sie mich mittlerweile nicht mehr teilhaben lässt, dann vermutlich komplett ohne mich.
Ich habe solche Angst wegen des Termins morgen.
14 Jahre verbrannt, wegen 2,5 Monaten, in denen ich ihrer Meinung nicht angestrengt genug für sie da war.
Depression, ich hasse dich!
27.11.2018 10:18 •
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