Hallo zusammen,
wollte mich auch nochmal melden.
Der Vorsatz mit dem Minimalkontakt ist nicht so erfolgreich, wie ich eigentlich geplant hatte. Den muss ich wieder aufnehmen.
Es kam wieder mehr Kontakt zu Stande, nachdem bei einem seiner Familienmitglieder eine Krebserkrankung festgestellt wurde. Bei der OP wurde festgestellt, dass sich bereits Metastasen gebildet hatten und keine kurative Behandlung mehr möglich ist. Ich kam da nicht aus meiner Haut und fragte immer mal wieder, wie es Ex geht. Auch mir geht die Erkrankung, nachdem ich von den Metastasen erfahren habe, näher als ich dachte. Also ist das auch für mich mit ihm ein Austausch. Das führte dann dazu, dass wir uns über meine Urlaubsplanung im März unterhielten (ich gehe einen Teil des Jakobswegs). Er findet die Idee super und macht sich Gedanken über Ausstattung und über meine Sicherheit. Er schlug mir vor, dass ich einen GPS Tracker (wie die für Kinder) bei mir trage, damit man wisse, wo ich bin, falls mir etwas zustößt. Außerdem hat er Pfefferspray besorgt, damit er mit mir den Umgang testen kann. Er ist in der Hinsicht krasser als meine Mutter. Und so ist es, dass ich wieder in diesem Kontaktstrudel drin hing (ja, nur weil ich es selber zuließ). Da es mir ziemlich gut in den letzten Tagen ging, war das für mich kein Thema. Merke seit gestern aber, dass ich wieder in meiner Schleife festhänge. Vorgestern sagte er mir dann, dass er doch ein bisschen iritierrt sei, weil ich vorerst kein Kontakt wollte. Wenn er mich im Moment nicht für voll nimmt, kann ich es ihm nichtmals verübeln. Es ist nicht so, dass ich mich aktiv bei ihm melde (außer Gesprächsangebot wegen des erkrankten Familienmitglieds), sondern ich reagiere, wenn er wegen des Kindes anruft.
Es wird Zeit, dass ich wieder zur Psychologin gehen kann.
Ich hatte mehrfach schon von unserer Hochzeitslesung hier berichtet und dass ich immer wieder dachte, dass wir die nicht umsonst ausgewählt hatten, sondern, dass sie eine Bedeutung für uns hat. An diese Geschichte dachte ich seit kurz vor unserer Trennung täglich. Gestern fiel mir auf, dass ich sie einige Tage vergessen hatte. Vielleicht verliert sie allmählich ihre Bedeutung für mich.
Das geht hoffentlich auch so weiter, denn mit jedem Gespräch, das ich mit ihm führe, merke ich, wie unterschiedlich wir sind, unterschiedliche persönliche Werte, andere Ansichten bei vielen Themen und Vorgehensweisen. So sieht er sich außer Stande unseren Sohn während meines Urlaubs für ein paar Tage in unserer Wohnung zu betreuen, weil er (i) ja dann hier übernachten müsste, (ii) er nicht den ganzen Tag arbeiten könnte, obwohl er so viel zu tun hat (unser Sohn ist 7 h täglich betreut!) und er dann ja Urlaub nehmen müsse. Hatte ihm gesagt, dass das seine Möglichkeit wäre, mal ausnahmsweise ein paar Tage Alltag mit unserem Kind zu erleben und mitzubekommen, was ihn tagsüber so beschäftig. Das widerspricht meinen Vorstellungen total. Dennoch habe ich den Eindruck, dass wir uns selbst noch nicht lösen können oder wollen. Manchmal habe ich den Eindruck, wir sind wie zwei Ertrinkende, die sich gemeinsam am letzten Strohhalm festhalten.
Am Sonntagabend - er brachte unseren Sohn zurück - sagte er zu mir, dass er mein deutlich stärkeres Selbstbewusstsein bemerkt, ich aber aufpassen solle, dass das nicht in Arroganz umschlägt. Er sei nämlich häufig arrogant und das sei nicht gut. Solche Aussagen kreisen dann in meinem Kopf rum und erst nach ein bisschen Abstand fällt mir dazu etwas ein. Da er dann aber schon weg war, konnte ich ihm nicht darauf antworten, dass Arroganz oftmals durch Unsicherheit und einem geringen Selbstwertgefühl ausgelöst wird. Ich persönlich halte mich für einen normal emphatischen Menschen, der mittlerweile ein moderates (noch nicht gutes) Selbstwertgefühl hat, also sehe ich bei mir keine Gefahr arrogant zu werden.
Ich versuche dann wieder die nächste Runde Minimalkontakt einzuführen bis ich es wirklich durchhalte. Auf ein neues.
29.01.2020 09:19 •
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