Hallo liebes Forum,
nachdem ich mich hier nun in alle möglichen Geschichten eingelesen habe, in denen es um Trennung, Affären, Ex zurückgewinnen etc. geht und ich nicht in jedem Thema einzeln antworten kann, habe ich mich entschieden, hier noch einmal unsere Geschichte aufzuschreiben. Um Mut zu machen aber auch um die Realitäten, die wir erleben und akzeptieren mussten, aufzuzeigen.
Nun also unsere Geschichte. Wir sind ein langjähriges Ehepaar mittleren Alters. Wir haben einen erwachsenen Sohn, der vor kurzem auszog und gehören, so kann man wohl sagen, zu einer gut situierten Mittelschicht. Mein Mann und ich lernten uns schon vor mehr als 30 Jahren in sehr jungem Alter kennen. Für uns beide war es die erste Beziehung und es begann sehr unromantisch, denn wir wurden durch Freunde verkuppelt, die meinten, unserem Liebesglück auf die Sprünge helfen zu müssen. Jedoch verliebten wir uns sehr schnell ineinander und genossen für einige Zeit unser Glück. Dann jedoch stellten sich sehr schnell die ersten Probleme ein, denn mein Mann wurde durch meine Familie total abgelehnt. Meine Eltern gehörten zur Arbeiterschicht und mein Vater hatte sich durch Fleiß und Ehrgeiz empor geschuftet. Mein Mann dagegen war damals noch Student und nahm es mit dem Studieren nicht so genau. Leider ist er auch bis heute nicht sehr kommunikativ und so stimmte die Chemie eben einfach nicht. Mir machte das viele Jahre schwer zu schaffen und ich entfernte mich emotional immer weiter von meiner Ursprungsfamilie. 12 Jahre später, wir waren beide fertig mit unseren Ausbildungen und hatten in unseren Berufen Fuß gefasst, hatte ich meinen Mann endlich soweit, dass er mich heiraten und sich auf eine Familiengründung einlassen konnte. Bis dahin war er darin sehr zögerlich gewesen, was mich ebenfalls verletzte. Als unser Sohn auf die Welt kam, stellte sich leider noch im Kreissaal heraus, dass er nicht gesund ist. Es war zwar ein Fehler der sich weitgehend operativ beheben ließ, aber es bedurfte vieler Operationen, die sich über Jahre hinzogen. Ich gab also meinen Beruf auf und kümmerte mich ausschließlich um Haus und Kind. Hilfe bekam ich dabei keine, weder von meinem Mann noch von meinen Eltern. Im Gegenteil, meine Mutter erkrankte kurz nach der Geburt unseres Sohnes ebenfalls schwer und verstarb 4 Jahre später an den Folgen.
Alles in allem war das eine sehr harte Zeit in unserem Leben. Leider erkannte ich erst sehr spät, welche Auswirkungen das alles auf unsere Ehe hatte. Ich war viele Jahre latent unzufrieden mit meiner Situation, fühlte mich gefangen im goldenen Käfig. Schließlich hatte ich ja auch eine sehr gute und schwierige Ausbildung durchlaufen. Wenn ich auch in meinem ersten Job danach sehr unglücklich war, so litt ich doch sehr darunter, wirtschaftlich abhängig zu sein und keinen Beruf zu haben. Mein Mann hingegen lebte sein Leben weitgehend unbeeinflusst von unseren familiären Schwierigkeiten weiter. Er machte eine ganz passable Karriere im öffentlichen Dienst und verdiente gut. Als ich mir ein zweites Kind wünschte, war er zunächst strikt dagegen, denn er hatte sehr unter den Sorgen um unseren Sohn gelitten. Dennoch konnte ich ihn auch dazu wieder überreden. Jedoch, es klappte nicht mehr. Wir waren zu alt inzwischen! Ich litt sehr, fast noch mehr als unter dem Tod meiner Mutter oder dem Verlust meines Berufes.
10 Jahre später, ich war inzwischen Mitte 40, gelang es mir im soz. Bereich einen Wiedereinstieg ins Berufsleben zu schaffen. All die Jahre vorher hatte ich darum gekämpft und mit meinem Mann ellenlange Diskussionen geführt, da dieser meinen Wunsch zu arbeiten einfach nicht verstehen konnte und auch nicht aktiv unterstütze. Ich begann meine erste Stelle, lebte auf, erholte mich auch vom Verlust meines Vaters, der kurz zuvor verstorben war und fühlte mich pudelwohl. Jedoch gab es da einen Kollegen, mit dem ich mich von Anfang an gut verstand, der mich lobte und mir mehr und mehr persönliche Komplimente machte. Nachdem dieser seine Frau an den Krebs verloren hatte kam es wie es kommen musste, wir begannen eine Affäre. Ich war verliebt, wie ein Teenager, wollte unbedingt eine dauerhafte Beziehung zu diesem Mann und zog Hals über Kopf von zu Hause aus. Ja, ich verließ Mann und inzwischen halbwüchsigen, gesunden Sohn dafür ohne mit der Wimper zu zucken. Ich fühlte mich endlich wieder lebendig, wertgeschätzt und frei.
Das böse Erwachen folgte auf dem Fuße! Der ach so wundervolle Kollege, war nämlich längst an einer anderen Dame interessiert, die wie ich heute zugeben muss, auch viel besser zu ihm passte. Davon hatte er mir nur leider nichts erzählt. Ich bekam es nach und nach durch andere Kollegen zugesteckt. Da saß ich also in meiner winzigen Wohnung, die leider auch noch diverse Baustellen aufwies. Ich war finanziell im Vergleich zu meinem Leben vorher nicht gerade auf Rosen gebettet und erst jetzt wurde mir bewusst, was ich an meiner Familie, also Mann und Sohn, verloren hatte. Weihnachten stand vor der Tür, ein Wasserschaden hatte mein Bad unbenutzbar gemacht und der Exlover war für mich emotional nicht mehr erreichbar. Die Situation auf der Arbeit war entsprechend schwierig geworden.
Da erschien mein Mann wieder auf der Bildfläche. Er lud mich ein, wieder ins gemeinsame Haus zu ziehen, zumindest über die Weihnachtstage und bis meine Wohnung wieder bewohnbar war. Dankbar nahm ich an. In der ersten Nacht wieder zu Hause, weinte ich vor Erleichterung und - ja, auch aus Trauer um den verlorenen Lebenstraum vom Neuanfang mit dem inzwischen EX Am. Mein Mann und ich wir kamen uns langsam wieder näher und wir entschieden schon nach ca. 2 Wochen, dass ich nicht zurück in meine Wohnung gehen würde. Unsere Motive waren jedoch höchst egoistisch und in erster Linie materiell bzw. der Bequemlichkeit geschuldet. Das ist mir heute klar. Ich war endlich wieder geborgen in sicherer Umgebung und mein Mann hatte seine kleine heile Familie wieder. Eine Frau, die zu Hause kochte, die Wäsche und den Hausputz erledigte und für den Sohn sorgte. Zunächst war das alles andere als romantisch oder gar idyllisch. Unsere Gefühle füreinander wieder zu entdecken, die Liebe die ja doch bei uns beiden immernoch oder inzwischen endlich wieder da ist, mussten wir uns beide hart zurück erobern. Ich erinnere mich an den ersten Sechs, bei dem ich in Tränen ausbrach, weil ich so ein Gefühlschaos im Kopf und im Herzen trug. Ich erinnere mich an die Tränen meines Mannes, als er entdeckte, dass ich mit dem Ex immernoch Whatsapp Nachrichten austauschte. Die meisten gingen dabei von mir aus, da ich immernoch nach Klarheit und Erklärungen suchte. Es gab tiefe Verletzungen, Diskussionen, Schweigen, dann wieder Diskussionen. Eine endlos scheinende Quälerei. Es gab auch erneute Trennungsabsichten auf beiden Seiten. Ich hatte meine Wohnung aufgegeben, suchte mir kurz danach wieder eine neue, die ich aber nie bezog. Wir hatten einen Termin beim Anwalt, einigten uns über Trennungsgeld etc. Ich kündigte meine geliebte Stellung, verlor meine lieben Kollegen - Alle. Nicht nur den Ex Am sondern alle Kollegen. Wir verloren Freunde, die sich unser Drama einfach nicht weiter angucken wollten. Ich wurde von den Geschwistern meines Mannes verständlicherweise angefeindet - zuvor hatte ich zu allen ein sehr gutes Verhältnis. Alles das mussten wir verarbeiten. Und wir schafften es - ZUSAMMEN!
Es wurde langsam besser, zunächst in unmerklichen winzigen Schritten. Ich litt immernoch unter dem abrupten Ende meiner Affäre, vermisste die Verliebtheit, die Schmetterlinge im Bauch, die Unbeschwertheit mit dem Ex Am. Dieser verweigerte inzwischen kosequent jeden Kontakt zu mir. Versteckte sich sogar hinter seiner neuen Freundin, die er einmal wie einen tollwütigen Hund auf mich hetzte, als ich ihn erneut um Erklärungen bat. Sie übernahm das Telefonat und überschüttete mich mit Drohnungen und Beschimpfungen. Was hätte sie auch anderes tun sollen? Er hatte ihr ja nie die Wahrheit gesagt. Das letzte was ich von ihm hörte war sogar die Bitte, sie bei Bedarf ebenfalls über die Natur unserer Beziehung im Unklaren zu lassen. Und ich erfüllte ihm seinen Wunsch.
Seit dem Ende der Affäre sind nun mehr als 2 Jahre vergangen. Unsere Ehe ist wieder glücklich. Das wir das geschafft haben, kann ich manchmal selbst kaum fassen. Meine Trauer um den Ex Am habe ich verarbeitet, denn das musste ich leider ebenfalls in mühseliger Kleinarbeit leisten, da ich von ihm ja nie eine Aussprache bekommen hatte. Dies geschah für andere unbemerkt tief in meinem Inneren. Erst als der Ex Am sich vor einigen Wochen wieder zurück meldete, da seine Beziehung inzwischen gescheitert war, wusste ich 100%ig, dass ich es überstanden hatte. So etwas passiert mir nie wieder! So ein W. kann mir echt gestohlen bleiben! Ich habe einen wundervollen Ehemann, zu ihm verbindet mich heute eine tiefe Liebe und der unbedingte Wunsch, bis zu meinem Lebensende zusammen zu bleiben. Ich genieße jeden Tag mit ihm. Sechsuell läuft es auch wieder gut und unbeschwert - nur altersgemäße Unzulänglichkeiten erschweren uns das hin und wieder !
Dies alles habe ich aufgeschrieben, um Mut zu machen! Mut dass eine Ehe nach einer solchen Geschichte nicht vorbei sein muss. Dass es weiter gehen kann, wenn beide es wollen. Dass man aber mit sich und dem Partner Geduld und Nachsicht haben muss. Manche Illusion und Idealvorstellung von einer glücklichen Beziehung muss man begraben und versuchen, die Sache pragmatisch anzugehen. Die Ehe, die man dann weiter führt ist beschädigt. Entsprechend vorsichtig muss man damit umgehen. Die Selbstverständlichkeit früherer Tage ist vorbei. Die Beziehung wird nie wieder unbelastet sein. Aber vielleicht ist sie gerade deshalb so viel tiefer und erfüllender. Jedenfalls ist unsere Ehe ein Ausdruck unserer Liebe zueinander, was ich jeden Tag wertschätze und so vorsichtig behandle, wie eben jene Suppenschüssel, die einen Sprung hat und gerade deshalb vielleicht länger hält!
In diesem Sinne allen Betroffenen viel Kraft! Ihr könnt es schaffen!
Liebe Grüße Elenor
12.04.2018 12:51 •
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