Liebe Ente!
Bin zufällig über deinen Beitrag gestolpert, und möchte etwas beitragen, weil du mir wirklich leid tust. Ich verstehe dich sehr gut, weil ich, als ich ungefähr in deinem Alter war, ähnliches erlebt habe. Ich habe den Vater meines Sohnes kennengelernt als ich 16 war, er war 23 und hatte mich natürlich von Beginn an in der Hand. Die folgenden 12 Jahre war ich nur damit beschäftigt, meine ganze Energie zu verschwenden, um seine Fehler auszubaden. Ich habe, glaub ich, vier Jahre gebraucht um mich zu trennen, war mir nie sicher, was ich tun soll, hatte Angst. Ich hab ja gar nicht gewußt, wie ein eigenes Leben funktioniert. Und durch die gute Erziehung war ich so geschwächt, meine Wahrnehmung hatte sich schon lange entnervt verabschiedet. Ich hab die wenigen Freunde, die mir geblieben waren, unendlich strapaziert, jahrelang. Keiner konnte es mehr hören, wenn ich mit seiner neuesten Missetat angeheult kam, aber sie verstanden, daß ich nur Bestätigung für meine neu erwachte Wahrnehmung suchte. Ich war so gehirngewaschen, daß ich nicht mehr wußte, ob das, was ich fühle, einer Beurteilung von außen stand hält. Und das mir, ich war immer so eine Rebellin gewesen. Wirklich geholfen hat mir ein Buch Worte, die wie Schläge sind-Verbaler Mißbrauch in Beziehungen. Da wurde mir so deutlich aufgezeigt, was für ein perfides Spiel da abläuft, daß ich keine Bestätigung mehr brauchte.
Und ich weiß noch, wie ich eines Morgens aufgewacht bin, und gewußt habe :HEUTE ist es soweit. Ich hab alles so kühl organisiert, als würde es mich gar nichts angehen. Kind zu den Großeltern, Schloß ausgetauscht, seine Sachen gepackt und bin für eine Woche untergetaucht.Egal, ich hab mir nichts erspart, ich hatte monatelang Terror, jedes Mittel war ihm recht, mir das Leben schwer zu machen. Noch dazu war ich ziemlich aussichtslos selbständig mit einem kleinen Naturkostladen, und mußte das auch noch stemmen, den zu schließen, inkl. Schuldenberg. Ich kann mich erinnern, daß ich nur noch in einer Ecke saß, und bitte sterben wollte, die Möbel hat er mir in einem Wutanfall zusammen getreten. Einmal kam ich zu spät nach Hause, da hat sich mein Kleiner Sorgen gemacht, ich hätte mir etwas angetan, er war acht!
Also sicher die schlimmste Zeit meines Lebens, aber, ich würde nichts davon rückgängig machen. Alles ist besser, als in einer destruktiven Beziehung zu leben. Ich habe alles geschafft, habe alles hinter mich gebracht, und ich finde es nur schade, daß ich so viel Zeit verschissen habe. Das hat es wohl gebraucht.
Mein Ex hat noch lange versucht mich umzustimmen, aber es war nur noch lächerlich. Mittlerweile hat er größten Respekt vor mir. Unser Kleiner ist zu einem großartigen, jungen Mann herangewachsen. Er hat gesehen, egal was passiert, es gibt Lösungen, und egal, wie schlecht es mir geht, ich bin immer für ihn da. Und das ist das wichtigste. Alles andere geht vorbei.
Wichtig war auch meine Desillusionierung, Menschen meinen nicht immer, was sie sagen. Und nicht alles, was ich für richtig halte, ist Allgemeingut. Erwartungshaltung ist keine artgerechte Haltung . Und ich bin ein naives Schaf
Liebe ist so ziemlich das Einzige, was es hier lebenswert macht, deshalb tun wir alle so viel dafür. Aber wenn ich Spielchen oder Manipulationen am Horizont auftauchen sehe, fährt bei mir sofort die Bullshit-Antenne aus. Ich schaue ein wenig zu, hinterfrage zwei mal, aber beim dritten Mal gibt es kein Mißverständniss, und keine Miss Verständnis, mehr. Dafür bin ich zu alt. Wenn es nämlich keine Liebe ist, dann ist es nur eine Frage der Zeit. Und wenn ich mir dabei selbst das Herz rausreisse, es in Fetzen schneide und anzünde, ich weiß, letztendlich kann ich es nur hinauszögern. Der Schmerz kommt so oder so.
Und glaub mir, er wird nie kleiner. Und so toll kann ein Mann nicht sein, wenn er einem etwas vormachen muß. Da verzichte ich dankend.
Okay, es kann passieren, man ist lange verheiratet, einer verguckt sich in jemanden und geht fremd, bereut, kommt zurück.
Aber über Jahre? Das ist kein Ausrutscher. Das ist schwerer Verrat. Was würde ein Mann mit Ehrgefühl machen? Einer mit Gewissen? Alles, was dein Mann nicht getan hat. Und wenn jemand so leicht lügen kann, dann seh ich gewisse narzisstische Tendenzen, noch dazu bei der Herkunftsfamilie. Die sagen nämlich auch immer, sie fühlen nichts, und müssen ihre (und andere) Löcher auswärts stopfen. Vielleicht war das gar nicht seine erste Erfahrung damit? Das mangelnde Schuldgefühl würde das auch erklären, er weiß (oder weiß es nicht, weil er nur sein eigenes Leid sieht), daß du Höllenqualen leidest, und hat nichts besseres zu tun, als es noch härter zu machen? Und du hast nichts als seine Worte, aber du weißt, die sind nicht mal die Luft wert, mit der sie gesprochen wurden. Was glaubt er, wo das nötige Vertrauen für eine eventuelle Zukunft herkommen soll?
Und vergiß die Andere, ich glaube nicht, daß es um sie persönlich geht, oder um etwas, was besser an ihr ist...Sie hat nur willig seine Leere gefüllt. Und wenn wir uns begehrt und bewundert fühlen, wie das nun mal so ist, wenn man sich verliebt, das ist natürlich ganz was anderes als die Hausmannskost. Irgendwo hab ich mal den Ausspruch gelesen: ich zeige dir die 10 schönsten Frauen, und ich zeige dir 10 Männer, die es leid sind, sie zu f...en. Es geht nicht um Konkurrenz, es geht nur um's Neue, Aufregende. Die Menschen sind, denk ich, im allgemeinen nicht so wahnsinnig unterschiedlich, angeblich gibt es nur sieben Stämme in der mytochondrialen DNA, also dürfte es nur sieben Frauen gegeben haben, die die letzte Erdenkatastrophe überlebt haben. Von denen stammen wir alle ab!
Und es gibt eben unausgesprochene Verhaltensregeln, die, auf's vereinfachte reduziert, so lauten: Nimm keinem was weg, tu niemandem weh und mißbrauche kein Vertrauen. Und wenn man es trotzdem tut, muß man eben die Konsequenzen tragen.
Aber da gibt's einige, die glauben, sie sind viel schlauer als alle anderen, oder sind von Grund auf gewissenlos, die nutzen dieses System, imitieren es und holen sich mehr heraus, einfach weil sie es können (oder brauchen). Man muß nur die Regeln umgehen.
Die Normalos haben es nicht nötig, die Regeln zu brechen, weil das System ganz gut funktioniert, wenn sich alle daran halten.
Und da haben wir das Dilemma. So stehen die armen Schafe dann immer da, wie vom Blitz getroffen, wenn einer nicht fair ist.
Man kann es nicht fassen, und schon gar nicht nachvollziehen, weil es so viele gerade Wege gegeben hätte...
Dein Mann ist also eines sicher nicht: fair. Und du solltest versuchen herauszufinden, was er unter Liebe überhaupt versteht, ob ihr das gleiche meint, wenn ihr darüber redet. Glaube nicht, daß das was du denkst, das einzig mögliche, weil richtige ist.
Ich habe gelernt, mich auf meine Aggression zu verlassen, das kürzt die ganze Selbstzerfleischung ungemein ab. Man will alles richtig machen, zur allgemeinen Zufriedenheit, aber der einzige Wegweiser sollte sein: Wie will ich leben? In Angst, Sorge, Ungewissheit? Und letztendlich, nicht geliebt? Kann ich den Preis für die Wahrung der Fassade zahlen?
Du bist nicht hier, um es anderen recht zu machen, du bist hier um möglichst glücklich zu werden. Und dabei gibt's keine Vorgaben .
Ich hoffe, irgendetwas von der ganzen Litanei ist für dich brauchbar, ich würde dir so gerne etwas von dem Schmerz wegnehmen, den Leidensweg abkürzen. Ich kann dir nur aus Erfahrung sagen, es geht vorbei, wirklich. Oft hat mir geholfen, daß ich mich in der Zukunft gesehen haben, alles schon hinter mir, wie ich zurückschaue und über meine damalige Verzweiflung wissend lächle.
Ich wünsche dir alles, alles Gute
pferdediebin
27.05.2017 15:34 •
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