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Diese Jugendliebe, die nie verschwunden ist

K
Hallo,
ich war sehr lange stille Mitleserin. Großartig, dass es solche Foren gibt, wo Menschen sich gegenseitig helfen und unterstützen. Mir ist mein Problem sehr peinlich, ich möchte mit niemanden in meinem Umfeld darüber sprechen. Vielleicht kann mir hier jemand helfen, oder mich zumindest ein bisschen verstehen. Ich entschuldige mich, wenn es länger wird, breche es mal auf das Wichtigste runter:

Als Teenagerin war ich ein schüchternes, stilles Mauerblümchen (Heute weiß ich, dass ich eine soziale Angststörung habe, offizielle Diagnose). In meiner Klasse gab es damals einen Jungen, der inoffiziell als der beliebteste Typ der Klasse galt - gutaussehend, sportlich, schlagfertig, selbstbewusst und nicht auf den Kopf gefallen. Ich hatte mir damals, mit meinem Selbstbewusstsein im negativen Bereich, keinerlei Chancen ausgemalt (warum sollte ein Typ wie er auf so eine Hässliche wie mich stehen?). Jedoch bemerkte ich, dass er mir öfter heimliche Blicke zuwarf (wenn ich es bemerkte, schaute er immer schnell wieder weg), dazu zufällige Berührungen, sich direkt in meine Nähe setzen, wenn sich die Gelegenheit bot, belanglose Gründe um mich anzusprechen, und zunehmende Nervosität, wenn wir allein waren (nervöses rumfummeln z.b. an den Schuhen). Sobald aber Andere dabei waren, war er wie ausgewechselt, und er benahm sich wie ein A*loch, auch mir gegenüber (fiese Sprüche ). Ich wurde nicht schlau aus seinem widersprüchlichen Verhalten. Wir haben in der gesamten Zeit nur wenige Worte persönlich miteinander gewechselt, aber (bitte verurteilt mich nicht) ich habe damals einfach irgendeine Verbindung zwischen uns gespürt, eine Art Vertrautheit, die ich nicht wirklich beschreiben kann. Als ob wir auf einer Wellenlänge wären. Die wenigen Infos, die ich über sein Privatleben hatte, haben mich in diesem Gefühl bestärkt (möchte das nicht zu sehr ausführen, sonst wird das wirklich noch ein Roman). Ich wollte ihn gern näher kennenlernen, aber meine Angststörung stand mir im Weg. Er hat auch nie einen weiteren Move (z.B. Date, oder mich angechattet) unternommen, was leider meine Zweifel stärkte. (Hab vor Kurzem meine alten Tagebücher gelesen, sein Verhalten sprach schon sehr dafür, dass er Interesse an mir hatte).

Auf unserer Abschlussfeier sprachen unsere Klassenkameraden über eine Party, die am nächsten Tag stattfinden sollte. Ich nahm meinen ganzen Mut zusammen und fragte ihn, ob er auf dieser Party sein würde. Er bejahte schüchtern. Ich war keine Partygängerin (soziale Angststö. ach, ihr wisst schon), habe mich am nächsten Tag dort hingequält, weil ich endlich mit ihm sprechen wollte, ihn kennenlernen wollte.

. Ich habe seitdem (13 Jahre her!) nie wieder mit ihm gesprochen. Er war nicht auf der Party, jedenfalls sah ich ihn dort nicht (es waren zuviele Menschen dort), und es vergingen etliche Jahre, in denen ich ihn 2 mal von Weitem sah (Kleinstadt), und über soziale Medien herausfand, dass er mittlerweile in einer Beziehung war. Ich selbst habe auch Jemanden kennengelernt, habe meine ersten richtigen Erfahrungen mit diesem Mann gesammelt, und versucht die ganze Geschichte zu vergessen. Meine Beziehung lief irgendwann nicht mehr gut, ich wurde zunehmend unzufriedener (daran trugen beide Seiten Schuld), und je unzufriedener ich wurde, desto mehr dachte ich an diesen Jungen von damals. Ich träumte oft von Ihm, fragte mich, was aus ihm geworden ist, wie es ihm geht usw. Habe mich selbst dafür verurteilt und mich geschämt (mir selbst und meinem damaligen Partner gegenüber). Das was wäre gewesen, wenn. wurde immer stärker. Es ging ungelogen ganze 7 Jahre lang so, dabei kannte ich diesen Menschen nie wirklich , nur das, was ich damals in der Schulzeit mitbekam. Mein Hirn spinnte sich ein perfektes Bild von ihm zusammen, in dem ich mich verlor. Ich hatte noch sehr lange mit Dysmorphophobie zu kämpfen, hatte panische Angst davor, ihm irgendwo zu begegnen, und dabei Hässlich für ihn auszusehen (absolut bescheuert, ich weiss), mich zu blamieren, etc etc.
In der Zeit Nach meiner Trennung (es passte einfach nicht mehr), habe ich ihn dann zufällig mit seiner Freundin gesehen. Er sah in meine Richtung und. .drehte sich demonstrativ weg. Ich wollte einfach nurnoch abschließen, ich folgte ihm auf Social Media, und schrieb ihm eine unverfängliche Nachricht, alla hey, hab dich heute zufällig in XY gesehen, ist lange her, geht es dir gut?. Ich hatte einfach auf einen kurzen netten Austausch oder wenigstens eine harsche Abfuhr gehofft, die ihn für mich entzaubert. Ich hab mir nicht erhofft, dass es zu mehr führt, er war/ist schließlich vergeben, ich wollte einfach irgendwie abschließen. Wollte die Blase endlich zum platzen bringen. Er hat es gesehen. . und ignoriert, und ja, ich gebe zu, es hat verdammt wehgetan. Hab mir eingeredet der stand nie auf dich, du hast es dir nur eingeredet, oder der hat abgeschlossen. Aber: er verschwand trotzdem nicht aus meinem Gedanken, es hat mich förmlich wahnsinnig werden lassen, nennt es krank, nennt es Obsession, ich weiss es nicht. Und ständig dieses Angstgefühl, ihm zu begegnen. Wenn ich z.B. auf örtliche Volksfeste ging, bretzelte ich mich besonders auf, hoffte irgendwie ihn zu sehen und zu beeindrucken alla schau, was aus mir geworden ist, das hättest du haben können. einfach bescheuert.

Ich lernte meinen heutigen Partner kennen. Nach einigen Höhen und Tiefen kann ich sagen, dass ich diesen Mann einfach über alles liebe. Er hat seine eigenen Päckchen zu tragen, aber gerade seine Ecken und Kanten machen ihn so verdammt liebenswert. Der Junge von damals, mittlerweile ein Mann, war endlich aus meinen Träumen/ Gedanken verschwunden. Ich kann heute sagen, dass ich mich mittlerweile ziemlich gut gemacht habe (ein großer Teil meiner Selbstakzeptanz habe ich meinem Partner zu verdanken, der mir das Gefühl gibt, die schönste Frau der Welt zu sein). Ich habe einen gutbezahlten Job, immernoch ein gutes Verhältnis zu meiner Familie, bin im Gegensatz zu damals selbstbewusster, und werde häufig angeflirtet, was mich schmeichelt, ich aber immer höflich ablehne. Ich traf durch Zufall eine alte Klassenkameradin wieder, wir verabredeten uns auf einen Kaffee. Dort redeten wir natürlich auch über die Schulzeit, und was eigentlich so aus den Leuten geworden ist. Dabei kam leider auch ER zu Sprache. Sie erzählte mir, dass sie damals eine zeitlang befreundet waren, und wenn sie Kummer hatte, haben sie telefoniert, und er hat sie aufgemuntert. Dann hat er sich aber plötzlich verändert und nahm dieses Ar. Verhalten an. Hat mich geschockt, um ehrlich zu sein, weil es mein Gefühl von damals, dass er eigentlich ein netter Kerl ist, der es aber (aus welchem Grund auch immer) verstecken wollte, wieder bestätigt hat. Das Treffen hat leider wieder etwas in mir angestoßen. Er schlich sich wieder in meine Träume, von denen ich verstört aufwachte. Mein Unterbewusstsein hat anscheinend immernoch nicht abgeschlossen, auch nicht 14 Jahre danach. Ich kriege langsam wirklich eine Krise.

Ich mache mittlerweile eine Therapie, wegen der Angststörung, weil ich zum Teil noch Hemmungen habe. Es gab noch kein Klassentreffen, und selbst wenn es eines gebe, ich bin zu 100% sicher, dass er nicht kommen würde. Ich werde nie ein klärendes Gespräch haben, und selbst dann gibts keine Garantie, dass es danach aufhört. Ich bin glücklich mit meinem Partner, möchte eine Zukunft mit ihm, aber natürlich ist nicht alles perfekt, und das was es nicht ist, substituiere ich mit diesen Träumen über dieses Hirngespinst von ihm. Denn ich bin mir wohl bewusst, dass ich ja nicht mal weiss, was für ein Mensch er damals wirklich war und wie er sich verändert hat.

Heute habe ich erfahren, dass er seit mittlerweile 2 Jahren zu seiner Freundin in eine andere Stadt (4h Entfernung) gezogen ist. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Es mischt sich die Erleichterung darüber, dass ich ihm hier nicht mehr begegnen werde (außer er besucht vielleicht mal seine Familie), mit Enttäuschung, dass er nun weg ist, und damit auch die wohl letzte Chance, nochmal mit ihm zu sprechen.

Ich kann nicht mehr, wirklich. Egal wie sehr ich mir selbst einrede, dass er kein Thema mehr in meinem Leben sein sollte, die Gedanken, Träume und das Bereuen verschwinden nicht. Möchte es aber zu keinem Thema in meiner Therapie machen, weil meine anderen Baustellen Priorität haben (hab ja nur eine begrenzte Anzahl an Stunden).
Was kann ich noch tun? Es akzeptieren, dass er unfreiwillig irgendwie immer ein Teil von mir sein wird? Geht es vielleicht sogar jemanden hier ähnlich? Habt ihr Strategien dagegen? Ich bin wirklich nurnoch verzweifelt, dass dieser Mann noch Thema in meinem Kopf ist, obwohl er darin nichts mehr zu suchen haben sollte. Ich danke schonmal Jedem, der sich das hier alles freiwillig durchliest.

Heute 02:43 • #1


W
Zitat von KleinerPhönix:
Er schlich sich wieder in meine Träume, von denen ich verstört aufwachte. Mein Unterbewusstsein hat anscheinend immernoch nicht abgeschlossen, auch nicht 14 Jahre danach. Ich kriege langsam wirklich eine Krise.

Ich finde das eine wirklich schöne Geschichte, auch wenn sie das für Dich offenbar ja nicht so ist. Aber ich glaube, gerade das sind die wichtigen Dinge im Leben, die Südwinde sozusagen, die einem noch nach Jahrzehnten das Herz erwärmen, ohne je ins Pragmatische abgestürzt zu sein.
Und warum sollte dieser Mann denn kein Thema in Deinem Kopf sein? Gerade das Zauberhafte, Unerklärliche, Wesenstiefe sollte man sich doch als Allererstes bewahren. Es geht doch nicht um alle diesen weltlichen Dinge. Sondern wer schöne Träume hat, hat auch ein schönes Leben. Und das solltest Du Dir unbedingt bewahren und Dein inneres Leben und Fühlen nicht an Banalitäten ermessen.
Was am Menschsein wirklich ein Glück ist, das sind die Unbegrenztheiten in ihm, und ich habe auch nie verstanden, warum sich so viele in eine Art Fabriksdasein runterziehen lassen und nicht ihre Träume und Phantasien ins Weite fliegen lassen.
Du weist auch ein paarmal auf Deine Angststörung hin. Woher hast Du das? Meinst Du, wenn man etwas zurückhaltend ist und eben nicht dieses überselbstbewusste Brachialauftreten hat, hätte man gleich eine Störung?
Mir jedenfalls ist das weitaus sympathischer als diese übergriffigen Marktschreieren, um sich in Szene zu setzen.

Und eines noch: Bei mir ist es nahezu 50 Jahre her, dass ich eine solche Jugendliebe hatte, die sehr innig war. Aber damals, mit 16, 17 Jahren und einer solchen Entfernung (ich mitten in Ö, sie Düsseldorferin), die uns (außer, wenn sie hier auf Urlaub war) getrennt hat, war mehr eben nicht möglich. Aber dennoch denke ich immer wieder mal an diese (damals) junge Frau. Es war einfach nur schön. Und zuletzt, ich habe das noch vor mir, als wäre es gegenwärtig, sind wir unter einer Straßenlaterne gestanden, haben uns geküsst im ärgsten Schneefall und uns dann schweren Herzens verabschiedet.
Ein Wiedersehen gab es dann zwar leider nicht mehr, aber in mir habe ich mir all das erhalten, und das finde ich auch gut so.
Und ohne da ins Mystische ausufern zu wollen - aber ich glaube, es gibt Verbindungen, die sehr bedeutsam sind, egal, ob man dann mit jemandem zusammen ist oder diese Verbindung lediglich in sich trägt.
Ich kann Dir nur sagen - lasse Dir das nicht nehmen! Egal, was Deine Ratio und fremde Ratios sagen.
Das innere Glück, die Liebe, die Verbundenheiten, die echten, nicht die standesamtlichen, machen Dein Leben und Erleben aus. Den Himmel, wie immer er aussieht, trägst Du in Dir selber, und den sollte man sich nicht bewölken lassen von irgendwelchen rationalen Überlegungen und Hinterfragungen.
Es ist Deine Liebe, die Du zu jenem Jungen und nun Mann empfunden hast und empfindest - warum gerade die Liebe, sei sie noch so unpraktibabel, zerstören oder gar pathologisieren?
Letztlich sind wir ohnehin alle eins, ob das jemand versteht oder nicht. Und, vielleicht klingt das noch verrückter, ich bin überzeugt davon, dass zuletzt alle die Träume, die man hat, wesentlich bedeutsamer sind als diese rationalen irdischen Gläubigkeiten. Davon bleibt nichts, das löst sich letztlich in Luft auf. Aber das, was Dein Bewusstsein ausmacht, geht Dir nicht verloren.

Heute 03:54 • x 5 #2


A


Diese Jugendliebe, die nie verschwunden ist

x 3


W
Zitat von KleinerPhönix:
Ich kann nicht mehr, wirklich. Egal wie sehr ich mir selbst einrede, dass er kein Thema mehr in meinem Leben sein sollte, die Gedanken, Träume und das Bereuen verschwinden nicht. Möchte es aber zu keinem Thema in meiner Therapie machen, weil meine anderen Baustellen Priorität haben (hab ja nur eine begrenzte Anzahl an Stunden).

Ach, KleinerPhönix - warum denkst Du überhaupt daran, in Deiner Therapie das zum Thema zu machen?
Ich habe den Eindruck, Du bist da noch etwas auf dem Holzweg. Es kann doch nicht sein, dass Du meinst, sogar die eigenen Träume therapeutisch auslöschen zu wollen!
Dass Du diese Träume hast, ist ja kein Zufall - und ehe ich da an eine Wegtherapierung im Sinn hätte, würde ich diese Träume noch beflügeln und sie als Teil meiner selbst verstehen. Die auch keinen Anfechtungen ausgesetzt sind - oder höchstens dann, wenn Du Dich von therapeutischen oder sonstigen akademischen Hochgeistigkeiten beeindrucken lässt.
Aber das sind Konstrukte, je nach Zeit unterschiedliche - worauf es doch ankommt, ist, wie Du Dich fühlst, wie Dein Innenleben ist, mit dem Du ja naturgemäß viel mehr zurechtkommen musst als mit allem anderen.
Ich plädiere jedenfalls für die Träume und nicht für die Sprechstunden.

Heute 04:07 • x 1 #3


T
Uff... hier kommt eine andere Meinung... und ich denke man kann jede für sich stehen lassen: die TE muss darf und kann selbst entscheiden, was sie aus den jeweiligen Beiträgen für sich zieht.

Für mich klingt das nach einer ungesunden Fixierung und Projektion.
@KleinerPhönix du hattest mit vielen seelischen Schwierigkeiten zu tun (Angststörung, Minderwertigkeitsgefühle usw.) und hast auf diesen Jungen, den du niemals wirklich gekannt hast all deine Wünsche, Sehnsüchte und Hoffnungen projiziert.
Als wäre ER vielleicht derjenige gewesen, der dich hätte glücklich machen und retten können.
Die Realität ist, dass du ihn nicht kanntest. Laut der Bekannten, die sagten dass er sich ihr gegenüber wie ein A benommen hätte, war er nicht einmal so nett wie du dachtest.
Vor Allem wollte er nie Kontakt mit dir.

Du musst anfangen zu erkennen, dass das was du da fühlst, Projektion ist. Das hat nichts mit ihm zu tun - das sind DEINE Sehnsüchte. DEINE Wünsche, Träume, Hoffnungen.

Das Ist ähnlich wie wenn sich jemand in einer anonymes Profil beim online Daten verliebt.
Oder in ein Foto von einem Star.
Projektion.

Du kennst den Menschen an sich doch gar nicht. Wie er wirklich ist, denkt, fühlt.
Immerhin hast du ein paar Eindrücke bekommen, wo du dich getäuscht hast - als du Kontakt zu ihm aufgenommen hast und er dich ignoriert hat.
Oder als deine Bekannte erzählte, was für ein A er geworden sei.

Du schriebst, dein Selbstwertgefühl sei wegen der einen Beziehung, wegen des einen Partners besser geworden.
So funktioniert das leider auch nicht... wenn der eine Partner dich nicht mehr für die Schönste hält - findest du dich dann wieder hässlich..?

Ich würde dir raten: sei gut zu dir. Schau mal näher hin... und evtl. wäre therapeutische Begleitung sehr hilfreich! Du könntest da auch das Thema mit dem Jungen/Mann thematisieren, das sich teilweise schon etwas obsessiv liest.
(Stell dir mal vor, es würde einem fremden Mann, von dem du gar nichts willst andersherum mit dir so gehen... wäre fast ein wenig beängstigend, oder? Wenn jemand, den man niemals ermutigt hat oder mit dem man niemals Kontakt hatte so intensiv über einen nachdenkt und einen nicht aus den Gedanken bekommt...)

Ich wünsche dir Alles Gute, und dass es dir irgendwie gelingt, das für dich aufzuarbeiten.
Es ist ein Weg... aber jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Das wäre hier erkennen.

Alles Liebe für dich!

Heute 04:09 • x 8 #4


W
Zitat von thegirlnextdoor:
Für mich klingt das nach einer ungesunden Fixierung und Projektion.

Also bitte - Nextdoor! Was sollte daran den ungesund sein? Es ist doch nichts anderes, als in seinem eigenen Lebensbuch zu lesen. Wie kommst Du auf Fixierung und Projektion?
Ich schätze Deine fundierten Beiträge ja immer sehr! Aber hast Du selber denn schon alle Träume und Traumwelten verlassen? (Ich hoffe, nicht.)
Für ungesund halte ich eher, keine Träume, keine Phantasien mehr zu haben. Das ist ja wie eine Selbstdestruktion. Was wäre der Mensch denn ohne seine Träume? Letztlich ja auch nicht viel mehr als eine Blattwanze.
Und das wollte ich, Träumer wie ich bin, nicht auch noch befeuern.
Darf es denn wahr sein - jede Romantik schon niedergewalzt und zu steinhartem Asphalt geworden?
Gut finde ich das nicht, und ich glaube sogar, dass die Liebe an sich mehr oder weniger ja auch schon untergangen und verhundert ist und etwas ganz anderes diese Bezeichnung erhalten hat. Kennst Du Hölderlin? Das ist für mich das Wahrzeichen der Liebe, noch in den Wahnsinn hineingehen, um diese Liebe zu bewahren.
Dagegen sind diese Flötereien, die man heutzutage so zu hören bekommt, ja nur noch ein Abglanz des Empfindens.

Heute 04:39 • x 1 #5


T
@whynot60 ich finde Träume wunderbar und sehr wichtig!
Diese aber auf einen realen Menschen zu projizieren und sein Heil in diesem zu erhoffen... eher ungesund, wenn man auch sonst jede Menge seelische Probleme hat.

Wir sprechen ja nicht über eine echte Jugendliebe, die mal auf Gegenseitigkeit basierte, eine Sandkastenliebe oder sogar eine sehr gute Freundschaft.
Es geht hier um einen praktisch fremden Menschen, der immer wieder in ihren Gedanken auftaucht, wenn sie gerade einen Rettungsanker brauchte - irgendetwas, das sie innerlich nordet.

Versteh mich nicht falsch: wenn ihr das bewusst wäre und sie bewusst davon träumen würde, könnte das ja durchaus positiv sein.
Gefährlich ist, Träume und Fantasien über einen anderen zu spinnen und (überspitzt gesagt) irgendwann vor dessen Haustür zu stehen und enttäuscht und wütend darüber zu sein, dass er nicht der Märchenprinz/Superhero oder was weiß ich nicht ist, als den man ihn in seinem Kopf gesehen hat.

Natürlich gibt es tiefe Liebe, Romantik und es lohnt sich auch, zu träumen.
Ich bin auch persönlich gar nicht der Ansicht, dass das alles nur noch ein Abklatsch früherer Gefühle sei.
(Ich bin ein großer Fan der literarischen Romantik)
Ich selbst zumindest hab's nicht als Abklatsch wahrgenommen als ich meinen Mann kennenlernte... Was hing der Himmel voller goldener Lichter und Geigen... und die Sehnsucht kannte keine Grenzen.

Wie gesagt, ich habe absolut nichts gegen Romantik, Gefühle, Träume... aber ich sehe die Dinge in dem Kontext, in dem sie berichtet werden.

Für mich klingt die TE eher nach einer Gefangenen in ihrem eigenen Verließ (aus Ängsten und Selbstzweifeln)
Sie braucht aber keinen fremden Prinzen, der ihr da raus hilft (der das gar nicht tun möchte)... das ist nur ein Irrlicht.
Sie kann sich auf anderem Weg selbst befreien - und schon rufen die laue Sommernacht und die Abenteuer... In der Realität warten manchmal noch viel traumhaftere Dinge auf einen als man sich im Zustand innerer Hilflosigkeit vorstellen kann.

Darauf wollte ich hinaus...

Heute 05:29 • x 2 #6


W
Zitat von thegirlnextdoor:
Gefährlich ist, Träume und Fantasien über einen anderen zu spinnen und (überspitzt gesagt) irgendwann vor dessen Haustür zu stehen und enttäuscht und wütend darüber zu sein, dass er nicht der Märchenprinz/Superhero oder was weiß ich nicht ist, als den man ihn in seinem Kopf gesehen hat.

Ja, aber warum muss man denn vor der Türe stehen? Wenn man Träume hat, steht man doch nie vor einer unglückseligen Tür!
Und warum denn nicht den Märchenprinzen oder die Märchenprinzessin fantasieren?
Ich verstehe das echt nicht. Das Einzige, das wir allem anderen voraushaben, ist eben alle Phantasie und Träumerei, und zudem glaube ich tatsächlich, dass das viel wichtiger ist alles andere.
Meinst Du, von Dir bleibt irgendwann der vielleicht schicke Spiegel an der Wand?
Glaube ich eben nicht, sondern was bleibt, ist Dein Bewusstsein, womit immer Du es aufgefüllt haben magst.

Heute 05:57 • x 2 #7


W
Zitat von thegirlnextdoor:
Ich wünsche dir Alles Gute, und dass es dir irgendwie gelingt, das für dich aufzuarbeiten.
Es ist ein Weg... aber jeder Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Das wäre hier erkennen.

Also noch einmal - was soll man denn daran aufarbeiten? Du bist doch eine ausgesprochen kluge und umsichtige Frau, und wie kommst gerade Du dazu, einen solchen quasi kantischen Entwurf abzulassen?
Ich bin Dir ja, unbekannterweise, sehr zugeneigt, aber das verstehe ich ganz und gar nicht.
Hast Du denn selber schon alle Träume aufgeben und bist in den Niederungen der menschlichen Verwüstungen angekommen?
Ich hoffe nicht!

Heute 06:05 • x 1 #8


T
@whynot60 ja aber dann lies ihren Text doch mal genauer...
Denkst du ich war nicht schon unglücklich verliebt und wusste, dass daraus nichts wird, habe mich diesen Träumen aber trotzdem hingegeben..? Doch, klar. (Als Schülerin...)
Aber... ich habe den Betreffenden nicht kontaktiert (weil ich wusste, dass er kein Interesse hatte), nicht hinterher gesucht (mit wem er zusammen ist, was er macht...)
Mir war klar, dass alles in meinem Kopf war. Dort habe ich die Fantasien damals auch genossen. Aber mir war klar, dass es mit der Realität nichts zu tun hatte.

Zitat von whynot60:
Meinst Du, von Dir bleibt irgendwann der vielleicht schicke Spiegel an der Wand?

Nein. Wenn ich Glück habe bleiben Kinder und Enkelkinder und Freunde, die sich an meine Liebe erinnern.

Was das jetzt speziell mit Liebesträumen oder gar Besessenheit zu tun hat, verstehe ich nicht so recht.

Träumen ist gut.
Warum sich nicht etwas würdigeres zum Träumen suchen?
Klingen für dich die Träume der TE glücklich? Nach echter Romantik?
Für mich nicht. Sie leidet selbst darunter... sonst hätte sie sich kaum hier damit gemeldet (ich hätte das damals niemals getan - für mich fand das alles auf einer ganz anderen Ebene statt... ohne Leidensdruck.)

Ich verstehe, was du grundsätzlich meinst, denke du siehst hier die realen Gegebenheiten der TE einfach nicht und vermengst es mit dem, was du für dich richtig findest.

Aber eigentlich wollte ich das alles nicht wirklich schreiben - ich denke man kann doch auch zwei Meinungen/Einschätzungen stehen lassen wie sie sind... letztlich ist es immer alleine die Entscheidung eines TE wie er oder sie seinen Weg weiter gehen will.
Was er/sie annimmt oder ablehnt.

Ich bin jedenfalls die Letzte, die gegen Träumen wäre - nur hier klingt es mir nicht wirklich positiv und förderlich... nicht bezogen auf den Mann, der nichts von ihr wissen wollte oder will.

Heute 06:07 • x 1 #9


T
Zitat von whynot60:
Hast Du denn selber schon alle Träume aufgeben und bist in den Niederungen der menschlichen Verwüstungen angekommen?

Nein, absolut nicht.
Aber, na gut, jetzt öffne ich mal mein Nähkästchen und plaudere... ich war einmal sehr unglücklich verliebt - derjenige erwiderte die Gefühle sogar. Konnte oder wollte aber nicht mehr daraus machen wegen massiver Bindungsangst.
Ich litt damals wie ein Tier... litt... dachte diese spezielle Verbindung würde sich niemals lösen... auch in 100 Jahren würde mich noch der Blitz treffen wenn ich neben ihm stehen würde... Was habe ich noch gelitten,.geträumt, fantasiert etc...
Vor kurzem stand ich nach 25 Jahren erstmals wieder neben ihm... und da war nichts... kein Gefühl der Seelenverwandtschaft mehr... Rein gar nichts.
Alle Projektionen weg... ich habe ihn einfach nur noch gesehen als was er in dem Moment für mich war: ein Fremder. Fertig.
Befreiend? Kein Ausdruck.
Ich habe heute ganz andere Träume, Wünsche und Sehnsüchte als damals.
Tiefere. Echtere. Auf jeden Fall nicht nach Menschen, die ich gar nicht kenne und die mich nicht wollen...
Und darüber bin ich froh...

Edit - dafür glaube ich heute mehr an die echte, tiefe Liebe, die sich entwickelt, wenn man einen Menschen wirklich sieht, erkennt und annimmt wie er ist und ihn für genau das liebt... (selbstverständlich gehören auch da echte Verliebtheit und Romantik dazu - das ist natürlich keine Frage! Ich spreche selbstverständlich nicht von intellekt basierter Liebe ohne körperliche Anziehung etc... wäre für mich so nicht möglich...)

Heute 06:11 • #10


T
Zitat von thegirlnextdoor:
Aber, na gut, jetzt öffne ich mal mein Nähkästchen und plaudere... ich war einmal sehr unglücklich verliebt -

Nur der Klarheit halber... das war ein anderer Fall als der oben geschilderte... die beiden Geschichten hatten nichts miteinander zu tun. Die zweite war deutlich später.

Heute 06:22 • #11


W
Zitat von thegirlnextdoor:
Dort habe ich die Fantasien damals auch genossen. Aber mir war klar, dass es mit der Realität nichts zu tun hatte.

Dann wäre meine erste Frage, was denn Fantasien und Realität sind? Könnte es nichts ein, dass die sogenannte Realität auch eine nur sozusagen verfleischichte Phantasie ist?


Zitat von thegirlnextdoor:
Mir war klar, dass alles in meinem Kopf war. Dort habe ich die Fantasien damals auch genossen. Aber mir war klar, dass es mit der Realität nichts zu tun hatte.

Ja, wo sollten die Dinge auch anders sein als im Kopf? Ich glaube, die sogenannte Realität wird oft gewaltig überschätzt. Noch dazu, wo die Realitätserkenntnisse doch immer 100 Fragezeichen hinter sich herschleppen und ja doch nur in die Irre führen, auch wenn man danach trachtet, möglichst ungeschoren zu bleiben und sein Fähnchen als den Banner schlechthin auf seinem Schiffchen aufzuziehen.
Ist ja auch alles ok, wir Menschen sehen uns, jeder Einzelne, als die Unfehlbaren und Guten und Unmissglückten - aber daraus ein Urteil abzuleiten, das halte ich doch etwas unvermessen.

Zitat von thegirlnextdoor:
Aber eigentlich wollte ich das alles nicht wirklich schreiben - ich denke man kann doch auch zwei Meinungen/Einschätzungen stehen lassen wie sie sind... letztlich ist es immer alleine die Entscheidung eines TE wie er oder sie seinen Weg weiter gehen will.
Was er/sie annimmt oder ablehnt.
Ja, das sehe ich genauso. Und deshab lasse ich auch allen seine Träume, und ich finde das sogar wunderbar.



Aber warum denn? Die Schönheit der Träume ist doch viel besser als die NIederungen der Realität, und ich glaube auch wirklich, dass die Träume auch bedeutsamer sind als die diversen Realitäten.
Aber gut, da sind wir halt unterschiedlicher Meinungen.

Heute 06:25 • #12


W
Zitat von thegirlnextdoor:
dit - dafür glaube ich heute mehr an die echte, tiefe Liebe, die sich entwickelt, wenn man einen Menschen wirklich sieht, erkennt und annimmt wie er ist und ihn für genau das liebt... (selbstverständlich gehören auch da echte Verliebtheit und Romantik dazu - das ist natürlich keine Frage! Ich spreche selbstverständlich nicht von intellekt basierter Liebe ohne körperliche Anziehung etc... wäre für mich so nicht möglich...)

Ja, das ist doch wundebar!
Einen Menschen zu lieben, dafür, dass er ist, wie er ist - besser geht es doch gar nicht!

Heute 06:29 • x 1 #13


T
@whynot60 ich verstehe dich ja mit den Träumen.
Ich glaube nur du kannst nicht nachvollziehen wie enorm der Leidensdruck unglücklicher Verliebtheit sein kann, wenn man sich da hineinsteigert und sich Dinge ausmalt, die nicht sein können, man aber verzweifelt denkt, dass sie sein müssten. Das kann richtig weh tun. Brutal sein. Man denkt, man kämpft darum, an der Wasseroberfläche zu bleiben, wird aber immer wieder unter Wasser gespült und bekommt keine Luft mehr.

Unglücklich verliebt zu sein, sich das realistisch auszumalen und sich nach dem anderen zu sehnen - körperlich, immer unerfüllt - ist kein nettes, nostalgisches Gefühl. Es tut extrem weh, es treibt um... es ist nicht schön.

Sich bewusst eine Fantasie auszumalen, ist einfach etwas ganz anderes.
Ich glaube deswegen gehen unsere Einschätzungen hier so massiv auseinander, auch wenn ich doch grundsätzlich absolut nicht gegen Träume oder schöne Vorstellungen bin.

Heute 06:29 • #14


brokenforever
Ungesunde Fixierung, Projektion IST ein Zeichen, dass es irgendwo anders hakt. Da bin ich ganz bei @thegirlnextdoor

sichtlich führt es ja zu Leidensdruck, der so groß ist, dass man sich in einem Forum Hilfe sucht.

Ich kann da auch nur therapeutische Aufarbeitung empfehlen. Wundert mich eigentlich, dass ein so präsentes Problem in den Sitzungen bisher verschwiegen wurde.

Heute 10:31 • x 4 #15


A


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