Wir lernten uns kennen, als ich mich gerade frisch aus meiner völlig kranken Beziehung gelöst hatte, in der Alk. in Kombination mit Demütigung und Gewalt gegen mich auf der Tagesordnung standen. Anfang Januar 2015 war der perfekte Zeitpunkt für einen Neuanfang. Ich hatte die wohl schlimmste Zeit meines Lebens hinter mir und war mir selbst nicht mehr viel wert, weil ich über Jahre so runtergeputzt wurde und es irgendwann auch zum Teil glaubte, was ich mir ständig anhören musste. Ich ging viel laufen, um den Kopf frei zu bekommen und Stück für Stück wieder zu mir selbst zurückzufinden. Eine Freundin empfahl mir zusätzlich noch einen BBP-Kurs als Ausgleich und Muskelaufbau zu betreiben. So meldete ich mich zu diesem Kurs an. Er fand in meinem Heimatort statt. Wie praktisch, weil ich dort die Kinder zu meinen Eltern bringen konnte, sie dort Abendessen bekamen und ich in dieser Zeit Sport machen könnte.
Ich stand also in dieser Turnhalle, stellte mich dem Fitnesstrainer vor und fragte, ob ich eine Stunde schnuppern könnte. Er war freundlich und fragte mich, ob ich ein Handtuch dabei hätte, woraufhin ich freudestrahlend meinen 30 x 30 cm großen Schweißlappen vorzeigte. Er lachte, meinte jedoch eine Unterlage für Bodenübungen. Das Eis war gebrochen. Die Stunde verging wie im Flug und ich hatte schnell erkannt, dass er auf mich stand. Ich ging fortan jeden Montag dort zum Sport und schrieb mit ihm viel in meiner Freizeit. Er ließ gar nicht locker und wollte mich schon kurze Zeit später zum Essen oder ins Kino einladen. Eigentlich war er gar nicht mein Typ. Eigentlich ging mir das viel zu schnell. Und eigentlich hatte ich doch erst so eine sch. Zeit hinter mir und wollte zur Ruhe kommen, mich neben meinen Kindern wieder mehr um mich selbst kümmern.
Ich erzählte meiner Mutter davon und sie meinte, dass ich doch mit ihm ruhig etwas unternehmen könnte, es müsse doch nicht gleich die große Liebe daraus werden. Recht hatte sie. Und so verabredete ich mich einmal zum Frühstück mit ihm und ein paar Wochen danach nahm ich seine Einladung ins Kino an. Wir sahen einen lustigen Film, aber wenn ich ehrlich bin, interessierte mich mein Date zu dem Zeitpunkt nicht zu 100 Prozent. Ich war vom Kopf her noch zu verbohrt und hatte große Probleme zu vertrauen. Ich bemerkte im Kino, wie er mich oftmals von der Seite ansah und irgendwie fand ich das etwas befremdlich, wenngleich ich mich auch geschmeichelt fühlte. Es war mir ein wenig zu aufdringlich, aber gleichzeitig genoss ich es mal wieder so richtig Aufmerksamkeit zu bekommen und mit Komplimenten überhäuft zu werden. Wahrscheinlich brauchte ich zu diesem Zeitpunkt auch genau das. Mit der Zeit entwickelte sich dann mehr. Ich machte nie ein Geheimnis daraus, was ich zuvor erlebt hatte. Er war in alles eingeweiht und verständnisvoll. Es kam mir vor als würde er eine Art Hass empfinden für denjenigen, der mir das alles antat.
Ich fühlte mich jedoch auch unter Druck gesetzt, weil er sich schnell verliebte und das auch von mir verlangte. Wenn es nicht so wäre, so würde er sich zurückziehen, weil er schon zu viele Gefühle entwickelt hatte. Schon da hätte es klingeln müssen. Heute wäre ich in dieser Art von Situation auf Abstand gegangen. Ich sagte ihm damals, dass ich es aber langsam angehen möchte und wir es gern vorerst so ungezwungen fortführen könnten, wenn er damit nicht klarkäme, dann müssten wir es lassen. Wir sahen uns einmal die Woche, wenn meine Mädchen bei ihrem Vater waren und so erkannte ich irgendwann, dass er mir doch guttat und für mich da war. Wir rutschten dann irgendwie in diese Beziehungsschiene. Die Kinder stellte ich ihm erst nach einigen Monaten vor, ich wollte erst für mich wissen, ob es Potential hätte etwas von Dauer zu sein oder er bald wieder weg ist. Ich hatte ihm sowieso von Beginn an klar gemacht, dass es mich nur im Dreierpack gibt, entweder ganz oder gar nicht. Auch er hatte aus einer gescheiterten Beziehung einen kleinen Sohn, der gerade erst 1 Jahr alt war. Er lebte bei seiner Mutter und mein neuer Freund fragte mich im Vertrauen, was er machen könnte, da sie ihm den Sohn nur mittwochs für 2 Stunden überließ. Ich setzte mich dafür ein, dass er ihn jedes zweite Wochenende bekam, suchte ihm online auf Ikea stundenlang die Einrichtung für ein schönes Kinderzimmer mit allem drum und dran heraus und er schien glücklich über diese Unterstützung von mir.
Er kümmerte sich um uns, verbrachte Zeit mit uns und er ging liebevoll mit uns um. Ich fühlte mich wieder lebendig und war lebensfroh. Ich hatte meine Leichtigkeit zurückerobert. Abends trank er seine paar Flaschen Alk. B.. Heute weiß ich, dass es Alk. war, weil er wusste, aus welcher Art von Beziehung ich gerade mühsam geflüchtet war. Wir sahen uns sehr schnell nach einer gemeinsamen Bleibe um. Da wir etwa 20 km voneinander entfernt wohnten, schauten wir uns mittig um und fanden ein Haus, als wir am Ende einer Straße einfach drehen wollten. Da stand es. Ein weißes, kleines Häuschen inmitten der Natur, umringt von hohen Tannen, das letzte Haus vor den Feldern, eine beschauliche Gegend und insgesamt zuckersüß. Das war es. Das sagte ich ihm. Wir lagen abends im Bett, malten auf Blätter, was wir baulich noch verändern wollten und waren Feuer und Flamme für dieses kleine Eigenheim. Aufgrund meiner Erfahrungen war ich vorsichtig und schlug ihm vor, dass er es allein kaufen könnte und wenn das mit uns nichts von Dauer wäre, so könnte ich mit den Kindern einfach meine Sachen packen und gehen. Wir setzten uns gegen mehrere Bewerber durch, bekamen es sogar für 19.000 Euro weniger und ackerten 6 Wochen durch, weil mein Mietvertrag bereits zu Ende August gekündigt war. In jeder freien Minute fuhren wir dorthin, rissen Wände raus und Tapeten runter, strichen alte Holzpanele und putzten unser trautes, neues Heim für den Einzug. Als es uns noch nicht einmal gehörte, gingen wir mit den Kindern schon immer in der Gegend spazieren und sinnierten darüber wie es wohl sein wird, wenn es wirklich unseres sein wird. Ein Traum wurde wahr. Ein Haus auf dem Land. Endlich innere Ruhe, Frieden, die Kinder kamen runter und wir waren allesamt glückselig. Wenn wir doch mal unsere Freizeit nutzten, dann fuhren wir zu Zweit nach Hamburg oder Berlin oder stiegen in einem nahegelegenen Freibad über den Zaun und badeten *beep*. Ich war wieder ich. Mit all meiner Abenteuerlust und Lebensfreude. Die ersten Monate im Haus vergingen wie im Flug, wir verschönerten es immer weiter, heizten im Winter den Kachelofen an, bei dem wir entschieden ihn stehen zu lassen, weil er den Charme des Alten weitertrug. Wir kamen im Ort an, fanden Anschluss, kauften uns einen gemeinsamen Hund zu seinem, den er bereits hatte. Am Abend saßen wir viel zusammen, erzählten, lachten, den Fernseher brauchten wir gar nicht. Seit einigen Monaten wich das Alk. B. und machte Platz für normales. Aber es war alles im Rahmen des Erträglichen. Unseren ersten großen Zoff hatten wir an unserem ersten gemeinsamen Weihnachtsfest. Er hatte so einen über den Durst getrunken, dass er böse wurde und mich im Auto auf der Rückfahrt von meiner Schwester zutiefst beleidigte. Ich verstand die Welt nicht mehr. Das hatte ich doch gerade erst. Wieso er jetzt auch noch?
Ich redete mir ein es wäre ein Ausrutscher, wird schon nicht mehr vorkommen. So ist er doch nicht. Ich wurde schwanger. Wir hatten es uns beide sehr gewünscht. Eins noch, was behütet aufwachsen und kein Trennungskind werden sollte. Ein gemeinsames. Wir waren überglücklich. Und die Mädchen auch. Einen Monat nach dem positiven Test, machte er mir einen Heiratsantrag. Ich saß auf dem Sofa, er kam vom Rauchen rein, hatte bereits leicht einen an der Kanne und kniete sich vor mir hin. Ich habe Ja gesagt. Klar hatten wir es sehr eilig, aber es kann gutgehen oder eben auch nicht. Andere Paare heiraten nach 10 Jahren Beziehung und können genauso scheitern. Langsam kehrte der Alltag ein. Wir stritten auch mal. Mal heftiger, mal weniger heftig. Leider spielte er oft den Joker aus, dass es sein Haus war und so sagte er mir hin und wieder, dass ich meine Sachen packen und gehen könne. Heute wäre ich wieder erfahrener und würde die Hochzeit nochmal verschieben. Und wäre konsequenter. Ich hätte gehen müssen. Damals tat ich es natürlich nicht. Wir heirateten an seinem 37. Geburtstag und es war nach der Geburt meiner Kinder tatsächlich der schönste Tag in meinem Leben. Es fühlte sich richtig an. Und es war perfekt. Wir feierten in unserem eigenen, liebevoll hergerichteten Garten mit all unseren Lieben um uns herum. Es war nur ein kleiner Rahmen, aber es war einfach die perfekte Hochzeit. Noch heute bekomme ich Gänsehaut, wenn mir durch Zufall das Gästebuch in die Hände fällt und ich all die schönen Wünsche und Nachrichten lese, weil auch unsere Familien so glücklich über unsere Eheschließung waren und diesen Tag in vollen Zügen genossen und mit uns zelebrierten. Wir tanzten barfuß und teilweise im Regen bis morgens um 5 Uhr. Mein selbstgenähtes Hochzeitskleid und die 8. Monatsmurmel krönten das Ereignis noch einmal mehr.
Nun waren wir Mann und Frau. Und schon bald kam ich aufgrund eines Nierenstaus für 3 Tage ins Krankenhaus. Das Baby lag auf meiner Niere und ich hatte deshalb schlechte Blutwerte, weswegen ich überwacht werden musste. Wenn man so frisch verheiratet ist und ein Baby erwartet, kann es auf Deutsch gesagt Kuhkacke regnen und es ändert nichts an deiner Laune. Du lebst in deiner eigenen Welt und es sollte eigentlich alles wunderschön sein. Mein Mann holte mich nach dem Aufenthalt aus dem Krankenhaus ab und wir fuhren Heim. Ich fand ihn verändert. Er war zurückhaltender und hat sich gar nicht so recht gefreut, so empfand ich es. Wenn ich ihn fragte, war alles in Ordnung. Vielleicht ist er einfach überarbeitet, dachte ich mir. Am Nachmittag hatten wir noch einen Weg und fuhren gemeinsam im Auto. Er wollte kurz etwas mit jemandem besprechen und ich entschied mich im Auto zu warten. Nach einiger Zeit des Wartens bemerkte ich erst, dass sein Handy vor mir lag. Ich zögerte. Und doch sagte mir eine Stimme: Guck rein! Ich nahm sein Handy, auch wenn mir durchaus bewusst war, dass man dies nicht tut und ich mir dabei selbst wehtun könnte. Ich fand die Erklärung für sein Verhalten. Am Abend zuvor, als ich noch im Krankenhaus lag, hatte er mehrmals versucht die Nummer seiner ehemaligen Affäre zu wählen. Er hatte seine Exfreundin damals mit ihr über einen längeren Zeitraum betrogen. Mein Herz raste. Ich wäre am liebsten an Ort und Stelle aus dem Auto gestiegen und hätte ihm komplett den Rücken zugekehrt. Wie konnte er nur? Ich liege mit unserem gemeinsamen Baby im Bauch im Krankenhaus, bin seine frisch gebackene Ehefrau und er hatte in diesen drei Tagen keine anderen Gedanken und Sorgen als seine ehemalige Affäre? Und dass er vielleicht mal schnell einen wegstecken könnte? Was für ein Mistkerl. Heute, exakt 4 Jahre später, denke ich mir, dass ich ihn zu diesem Zeitpunkt definitiv hätte verlassen müssen. Es war ein so krasser Vertrauensbruch und ganz egal, was er mir als Erklärung stammelte, dass er nur mal testen wollte, ob es noch immer ihre Nummer sei, ich hätte unser Kind allein aufziehen müssen. Ich bin ihm eine Weile aus dem Weg gegangen und habe mir nach ein paar Tagen gesagt, dass ich das Thema beiseite schieben sollte, weil ich Angst hatte um unser Baby und vor einer Sturzgeburt oder ähnlichem. Er beteuerte, dass es keine Bedeutung hatte, was ich ihm bis heute nicht glaube, aber ich habe es ihm verziehen. Vergessen jedoch nie. Es war wie ein fetter Schlag in die Magenkuhle. Für mich ganz klar eine Demütigung.
Vier Wochen später bekamen wir unser Baby. Mein Mann stand mir während der Geburt unseres Sohnes zur Seite und auch er war von Beginn an so verliebt wie ich in unser Baby. Die letzten Ereignisse habe ich einfach ausgeblendet und lebte in meiner Babyblase. Alles war schön und niemand konnte es mir nehmen. Nach zwei Tagen konnte ich entlassen werden und wir hatten alle Zeit der Welt uns alle kennenzulernen und unser Glück in unserem kleinen Häuschen zu genießen.
Die Patchworksituation brachte einige Probleme mit sich. Seine Ex ließ nichts aus, um mich dem Kind gegenüber schlecht zu machen. Sie wollte mit aller Macht einen Keil zwischen uns treiben. Ich kochte mit dem Kind, las ihm Bücher vor und in den kommenden Jahren buk ich ihm Kuchen für Mutter-Vater-Tage in der Kita (die eigene Mutter nicht), eine tolle Einschulungstorte, kümmerte mich immer um Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke, fuhr jahrelang und holte ihn alle vierzehn Tage freitags aus der Kita ab und führte sogar Protokoll für eine Klingelwindel, weil er mit 5 noch immer in die Hose pullerte und teilweise kackte. Manches Mal kam er mit 3 Nummern zu großen Schuhen und ich fuhr gleich nach dem Abholen mit ihm in einen Schuhladen, um passendes Schuhwerk zu kaufen. Mein Mann war sogar zum Teil auf Seminaren, wenn sein Sohn am Wochenende da war und ich meisterte die Situation allein mit vier Kindern, um ihm zu zeigen, dass ich bei seinem Sohn keine Unterschiede machte. So richtig wuchsen wir nicht zusammen, aber ich gab mir Mühe. Gemeinsame Urlaube gab es einige, aber irgendwann wurde mir klar, dass ich auf diesen Stress und das Theater keine Lust mehr hatte, weil es unter unseren Kindern manchmal Probleme und Streitigkeiten gab und ich mich auch nicht so wohl fühlte als wären wir unter uns. Bis er frisch 6 Jahre alt war, nahmen wir ihn mit und dann sagte ich meinem Mann aufgrund eines wieder mal vermiesten Urlaubs, dass er gern mit seinem Sohn fahren kann, ich aber meine Urlaubstage für meine eigenen Kinder und meinen Mann nutzen möchte, weil sie mir heilig sind. Auf der anderen Seite bei der Mutter gab es mittlerweile einen Mann, den er auch Papa nannte und so empfand ich es als okay, wenn er mit seiner Mutter und dem anderen Papa in Urlaub fährt.
Wir erweiterten unser Haus und bauten an. Unser Heim wurde immer schöner, dafür sorgte ich drinnen und er von außen. Leider musste ich mir mit 3 Kindern und einem Vollzeitjob auch oft vorwerfen lassen, dass ich mit dem Haushalt nicht hinterherkomme, faul sei und vieles mehr. Das, was folgte, nannte man wohl Alltag. Sein Alk. nahm zu. Er trank auch an 3 - 4 Abenden neben seinem B. draußen Schnap.. Wir gingen getrennt ins Bett, nette Worte und Komplimente gab es nicht mehr, wenig Schätzung von beiden Seiten, viel Streit, er fuhr ständig zu seiner Familie und machte mich schlecht, seine Schwester wollte vermitteln, hörte sich aber nur seinen Standpunkt an und stand für ihn ein, weil er es nicht packte sich mit mir hinzusetzen und über seine Probleme zu reden. Ein Teufelskreis. Ich hatte keine Wertschätzung mehr erhalten und hatte auch zu Hause keinen Elan mehr allein immer alles zu erledigen. Er verbrachte die meiste Zeit draußen und setzte sich an den gedeckten Tisch, gemeinsame Unternehmungen und Zeit für die Familie blieb aus. Manchmal blieb er einfach über Nacht von zu Hause weg. Ich hatte mein Kosmetikstudio in seinem Fitnessstudio integriert und so arbeiteten wir zusammen. Wenn ich morgens schon eine Kundin bediente und etwas aus dem Fitnessstudio holen wollte, musste ich aufpassen, dass ich ihn nicht bei der SB hinter seinem Tresen erwischte bevor geöffnet wurde. Einmal hatte ich ihn wirklich dabei erwischt und dieses Gefühl kann ich nicht beschreiben. Es ist eine Mischung aus Fremdschämen, Verletzung, Demütigung, man fühlt sich nutzlos und unattraktiv, so nötig wie er es scheinbar hatte. Ich sah es dazu immer im online-Verlauf, dass er sich wieder mal P. reinzog und fand das so beschämend von Seiten des Chefs für alle, die diesen PC am Tresen nutzten.
Die Krönung in der Patchworksituation war der Kindertag 2018. Ich hatte für alle vier Kinder, auch für seins, eine Kleinigkeit von 10 Euro gekauft. So wurde es mir in meiner Kindheit vermittelt. Zum Kindertag gibt es eine Kleinigkeit als Aufmerksamkeit. In vielen Bundesländern gibt es das gar nicht, ist wohl ein Brauch im Osten. Seit Jahren fuhr ich also auch an diesem Freitag nach meiner Arbeit los und holte seinen Sohn wie auch sonst an jedem zweiten Freitag ab. Als ich mit ihm zusammen ins Fitnessstudio kam, stand dort ein niegelnagelneues Kinderfahrrad in schwarz mit neongelber Schrift. Meinen ersten Gedanken verwarf ich. Hier musste ein Großelternteil zum Sport sein, der den Enkel dabei hat und aus Angst, das Fahrrad würde geklaut werden, wurde es einfach mit hochgenommen. Anders kann es ja nicht sein. Mein Mann kam aus seinem Kurs, begrüßte überschwänglich seinen Sohn und sagte ihm, dass er und ich noch eine Überraschung für ihn hätten. Moment mal. Ich? Keinesfalls. Damit habe ich nichts zu tun. Es war unsere Kinder und mich betreffend das Schlimmste, was er uns allen antun konnte. Sein Sohn hat zwei Monate später Geburtstag, hätte er einmal mit mir gesprochen und gesagt: Schatz, ich würde ihm zum Geburtstag gern ein neues Fahrrad schenken, keins aus dem An- und Verkauf so wäre das für mich vollkommen in Ordnung gewesen. Aber diese Art und Weise. Ohne mit mir zu reden, zum Kindertag für eins von vier Kindern ein Geschenk für 218 Euro und sein anderer Sohn, sowie meine Mädchen geht komplett leer aus. Das war mir zu viel. Auch die Kinder verstanden die Welt nicht mehr. Ich redete tagelang kein Wort mit ihm und er tat so als verstehe er meinen Ärger nicht, er verschloss mal wieder die Augen vor der Wahrheit und meiner Meinung, meinen Gefühlen. Unser gemeinsamer Sohn hat noch nie ein Geschenk im Wert von 218 Euro von ihm bekommen. Noch nie hat eines der Kinder ein Geschenk bekommen von seiner Seite, weil für Geschenke immer schon ich sorge. Außer dieses. Für nur einen von zwei Söhnen. Diese Ungerechtigkeit kann ich als Zwillingsmama noch weniger nachempfinden. Es war der Gipfel.
Der Alltag ging weiter. In Streits musste ich mir teilweise anhören, dass ich mir mit meinem Kometikstudio was eigenes suchen sollte und im Fall einer Trennung müsste ich auch dort aus dem Fitnessstudio ausziehen. Das hörte ich dann mittlerweile zu Hause und auf meiner Arbeit. Nach einiger Zeit entschuldigte er sich immer für diese Worte und trotzdem wiederholte er es, wenn es ihm passte. Wir unternahmen kaum mehr etwas zu Zweit. Das, was wir am Anfang unserer Beziehung so gern taten, verflüchtigte sich alles. Keine Vorschläge seinerseits, wenn ich etwas vorschlug, schob er immer die Tiere vor, die noch zu versorgen seien. Er interessierte sich nicht mehr für mich. In einem Pärchenurlaub, den wir einmal im Jahr verbrachten, sagte er mir bezüglich meiner Figur, dass ich mehr nicht werden dürfe und das die Grenze des Ästhetischen sei. Das alles hatte ich doch schon in meiner vorigen Beziehung auf noch krassere Art und Weise gehört. Warum seid ihr Männer so oberflächlich, dachte ich. Mittlerweile bin ich im Reinen mit meinem Körper. Ich war nie schlank. Aber ich bin weiblich. Ich habe Kurven und zum Glück zu Bauch und Hintern auch eine passende Oberweite. Die Proportionen stimmen, so empfand ich es. Und er hatte mich so kennengelernt. Gegen 3 kg mehr oder weniger kann wohl keiner etwas sagen. Ich empfand auch das als Demütigung gegen meine Person und war zutiefst verletzt. Einen Pärchenurlaub verbrachten wir mit meiner Schwester und meinem Schwager. Bis heute empfinde ich für sein damaliges Verhalten Fremdscham. Ich freute mich so darauf, weil ich immer schon einmal mit einem anderen Paar in den Urlaub fahren wollte, so hängt man nicht nur zu Zweit aufeinander, sondern verbringt Pärchenzeit und ist trotzdem mal zu Viert unter Erwachsenen und ich konnte mal etwas mit meiner Schwester und er mit meinem Schwager unternehmen. Meine Schwester und ich tingelten auch mal durch die Läden und mein Schwager und mein Mann tranken schon am Vormittag B.. Hätte mein Mann sich aufgrund seines Alk. nicht dermaßen daneben benommen, wäre das für einen Urlaub auch durchaus mal in Ordnung für mich gewesen. Aber er stenkerte und benahm sich teilweise wie ein kleines Kind. Ein Restaurantbesuch endete so, dass er vom Tisch aufstand und fortging. Mein Schwager versuchte ihn dann zurückzuholen, das Ende vom Lied war, dass er völlig bockig mit am Tisch saß und sich danach allein an der Bar betrank. Wir kamen uns in diesem Urlaub überhaupt nicht nah, es war der Horror für mich.
Das alles regte mich immer mehr dazu an meine Ehe zu überdenken. Sicher spielten diese Fakten eine große Rolle, warum ich empfänglich war für eine Affäre. Ich lernte einen Mann kennen, der mir und dem gleichzeitig ich den Kopf verdrehte. Bei ihm fühlte ich mich, so wie ich war, wohl. Er vergötterte meine Art, aber auch meinen Körper. Wir lachten unendlich viel und waren auf einer Wellenlänge, auch auf einem Niveau. Unsere Ehen waren kein Thema für uns. Wir genossen unsere Zeit, ich fühlte mich wieder gewertschätzt, erfreute mich an Komplimenten und der Tatsache, dass es jemanden gab, der meine Gegenwart genoss. Ich blühte wieder auf und strahlte von Innen heraus. Die Affäre hielt ein halbes Jahr und dann platzte die Bombe. Ich hatte zum Glück die Gelegenheit es meinem Mann zwischen Tür und Angel selbst zu sagen. Auch, wenn er mir wieder einmal sagte, dass er gerade keine Zeit für mich hätte. Was folgte, war nicht, wie ich es erwartet hatte ein Du *beep*, pack deine Sachen und verschwinde, sondern tagelanges Drama, er fuhr zu meinem Liebhaber, stellte diesen vor seiner Frau zur Rede, natürlich mit billigen Kraftausdrücken und demütigte ihn, indem er ihn vor seiner Frau ins Gesicht schlug. Mir entwendete er mein Handy, alle Schlüssel für Haus und Autos, was er immer tat um Macht auszuüben und dann kam der Satz Ich möchte dich nicht verlieren und dir verzeihen. Viel zu früh. Gleich am nächsten Tag sagte er mir, dass er mich trotz allem behalten wollte. Ich kam mit der Situation nicht klar. Wir redeten viel, ich sagte ihm alles, was er wissen wollte. Dann nahm er sich eine Auszeit und fuhr weg. Das gestand ich ihm ein. Ich kümmerte mich tagelang um Kinder, Job, Haus und Tiere und er schickte ab und an Nachrichten und Videos mit ganz vielen Liebesbotschaften, die mich teilweise einengten. Er redete, dass er verzeihen und vergessen wollte, tat jedoch das Gegenteil: Er schmierte es mir täglich aufs Brot und kam mit der Situation null zurecht. Er versuchte es aber auch gar nicht. Er durchwühlte meinen Unterwäscheschrank und meine Handtaschen, um Beweise zu finden und gab sich nicht mit der Wahrheit zufrieden, die ich ihm jederzeit beantwortete, wenn er Fragen hatte. Er stellte sich selbst unter den Scheffel und verlor mächtig an Selbstvertrauen und -bewusstsein. Kompensieren konnte er nur dadurch, dass ich mit ihm so oft wie möglich schlafen sollte, was ich jedoch nicht tat. Ich hatte ihm nahegelegt eine Psychotherapie zu besuchen, weil man unmächtig ist das alles selbst zu verarbeiten. Aber er dachte, er bekommt das so hin.
Es folgten 10 Monate voll von täglichen Vorhaltungen. Er wollte mit Macht, dass unsere Ehe schön ist, im Bett alles läuft, die Affäre einfach ausgeblendet wird, er überhäufte mich mit den Worten Ich liebe dich, schrieb teilweise heiße, anzügliche Texte, um mit allen Mitteln und viel Druck so zu tun als wäre die Welt in Ordnung und es der Anfang unserer Beziehung, er schenkte mir plötzlich wieder Blumen, was er jahrelang nicht tat. Er erzählte mir immer, dass er niemals auch nur irgendwelches Interesse an anderen Frauen hätte als an mir, dass er sich das überhaupt nicht vorstellen könnte. Er überließ nicht mir das Kämpfen um meine Ehe, sondern er tat es. Er machte mich krank. Ich wusste selbst nicht mehr was ich noch wollte. Ich hätte Abstand gebraucht. Und vielleicht für einige Zeit räumliche Trennung. Um mir klar zu werden, was ich wollte. Ob ich ihn noch liebte. Ich sagte ihm alles, was er wissen wollte. Er wollte zum Teil Einzelheiten über Orte und Zeiten unserer Treffen, über die Intimitäten selbst erfahren. Förderlich ist das ganz sicher nicht. Einerseits schrieb er mir, dass er die Bilder nicht loswird und an nichts anderes denken kann, dass er nicht mehr schlafen kann, weil er mich mit meiner Affäre vor seinem inneren Auge sieht. Andererseits wollte er vergessen und ein harmonisches Familienleben. Es zehrte so sehr. Ich musste vor den Kindern den Schein wahren, dass alles gut sei und er ging in Streits auf meine 10 jährigen Mädchen zu und sagte ihnen, dass ihre Mutter sich von einem anderen Mann *beep* lassen und ein Kind machen lassen hat. Es war der pure Alptraum. Und dermaßen primitiv und unreif von ihm in Bezug auf meine Kinder.
Mittlerweile war ich seit einem Jahr zumindest beruflich unabhängig von ihm und wieder im Öffentlichen Dienst tätig. Auch das war falsch. Zuerst hielt er mir die Abhängigkeit vor, dann war es die Unabhängigkeit, die ihm nicht passte. Mitte März 2020 kam der Corona-Lockdown. Alles musste schließen, auch sein Fitnesscenter. Corona hat Familien dazu gebracht näher zusammenzurücken, Familienzeit zu genießen und schätzen, außer bei uns. Mein Mann ist am dritten Tag des Lockdowns zu einer anderen gefahren. Er stammelte am späten Nachmittag etwas von Noch etwas wegbringen hinter Magdeburg, meinen Vorschlag, dass ich Schnittchen schmieren könnte und wir alle mitkämen, lehnte er ab mit den Worten, ich müsse den Rhythmus für die Kinder beibehalten. Ich verstand ihn nicht. Und sah ihm an, dass er mich belog. Die Kinder mussten in der Coronazeit nicht früh aufstehen. Er ging ohne ein weiteres Wort aus der Tür und kam nachts um ein Uhr wieder. Am nächsten Morgen sagte mir zum zweiten Mal in unserer ganzen Beziehung ein inneres Gefühl, dass ich mir sein Handy nehmen sollte. Ich fand sofort, was ich vermutete. Er war bei einer anderen, die er zwei Monate zuvor bei einem Unternehmerfrühstück kennenlernte. Soviel dazu, dass er niemals Interesse an einer anderen Frau hätte. So kenne ich ihn. Er war falsch. Seine tausend Erklärungen, dass er sich nicht wohlfühlte und ihr nur einen Schreibtisch aufbaute, brachten mich innerlich nur zum Schmunzeln. Und trotzdem blendete ich es aus. Vielleicht konnte er so auch besser meine Affäre verkraften und verzeihen. Es ging genau 4 Wochen gut und an einem Sonntag im April, ich hatte ein extravagantes Mittagessen zubereitet, was wir im Garten in der Sonne mit der Familie genossen, verließ er uns ohne ein Wort zu sagen und bretterte mit seinem Auto über das Fahrrad unseres Sohnes. Ohne ein Wort zu sagen ist nicht ganz korrekt. Nachdem wir das Geschirr ins Haus trugen und unseren Sohn zum Mittagschlaf hinlegten, ging er mit den Worten Ich stelle mal den Sprenger um zur Tür hinaus und kam nicht wieder. Er schrieb nach einer Stunde feige Nachrichten, dass er die Bilder von meiner Affäre und mir nicht loswird und es nicht mehr erträgt. Kein Wort von seinen falschen Taten, wie er mich hintergangen hatte.
Es waren mittlerweile 10 Monate seit meiner Affäre vergangen. Er hätte genügend Zeit gehabt eine Psychotherapie aufzusuchen, ich war auch bereit für eine Eheberatung. Nein, es schien endgültig, so sagte er es mir. Ich machte mich sofort auf die Suche nach einer Bleibe und fand eine Doppelhaushälfte im benachbarten Ort. Sie sollte laut Bauherrn zum Herbst fertiggestellt sein. Ich empfand dies als perfekt, weil ich so noch genug Zeit hatte die Kinder darauf vorzubereiten und noch etwas Geld zu sparen, sowie den letzten Sommer in unserem Haus zu verbringen. Und wieder kam es anders als gedacht. Er legte sich ins Zeug, machte sich einen Termin zur Psychotherapie, schrieb Tagebuch, zuckersüße Liebesbekundungen und schwor mir, dass er nicht aufhört um uns zu kämpfen, dass ihm jetzt erst bewusst wird, was wir Kostbares haben, er ohne uns nicht leben kann und möchte und alles dafür tun würde, dass wir bleiben. Ich ließ mich nicht unter Druck setzen, ich war mit dem Bauherren so verblieben, dass wir im Sommer über den Mietvertrag sprechen. Ich redete viel mit meinen Eltern und einer Freundin. Alle legten mir nahe doch noch diese letzte Chance zu nutzen und bei ihm zu bleiben. So, dass man wirklich sagen kann, man hat alles versucht.
Wir bauten eine Terrasse, genau nach meinen Vorstellungen, verlebten einen wirklich schönen Sommer, luden unsere Eltern zu einem gemeinsamen Abendessen ein, zu dem ich ihnen sagte, dass wir uns so entschieden und sagte dem Bauherrn ab. Ich sagte ein paar Worte zur Vergangenheit, dass viel Schlimmes vorgefallen ist, wir aber jetzt gemeinsam nach vorn schauen sollten und zu schätzen wissen, was wir uns geschaffen haben und was für eine schöne Familie wir sind. Wir fuhren mal wieder zu Zweit nach Leipzig und verbrachten ein schönes Wochenende, fuhren mit unserem Elektroroller an die Elbe, gingen in Restaurants und verstanden uns wirklich gut. Das Tagebuchschreiben und die Psychotherapie brach er wieder ab, weil er mich sicher hatte. So ist er schon immer. Weil meine Affäre keinen Alk. trank, wollte er gleich danach auch keinen mehr trinken. Er hielt sein Wort nicht einmal für 2 Wochen. Er ist nie konsequent und erkennt einfach nicht, dass er auch an sich arbeiten muss, dass die Therapie ihm gutgetan hätte, ganz egal, was aus uns geworden wäre.
Ganz genau drei Monate nach diesem Abend mit unseren Eltern schreibe ich diese Zeilen unserer fast 6 gemeinsamen Jahre.
Mir ist durch die jüngsten Ereignisse wieder so bewusst geworden, dass man sich in einem Menschen so täuschen kann und dass es einen krank macht. Wenn dieser Punkt gekommen ist, dann sollte man für sich entscheiden, ob man im Leben mit immerwiederkehrenden und noch schlimmerwerdenden Sachen klarkommen und den *beep* einziehen möchte, oder ob man zur Ruhe kommen und den Fokus wieder auf sich und seine Kinder legen sollte.
Ich glaube fest an Schicksal. Und das Schicksal lenkt mein Leben gerade. Ich hätte mich wahrscheinlich nicht von ihm getrennt. Vielleicht nicht aus Bequemlichkeit, vielleicht auch unserer Kinder wegen, des Hauses wegen oder einfach, weil das mit uns doch gar nicht viel schlimmer als in manch anderer Ehe ist. Vielleicht auch, weil ich ihn nach all den Sachen doch noch sehr mochte und wir zusammengehörten. Wir wären nicht die erste Ehe gewesen, die eine Affäre wie meine überstanden hätte.
Am letzten Wochenende als sein Sohn zu uns kommen sollte, sollte es eine Art Aussprache zwischen ihm und mir geben. Sein Sohn wollte meinetwegen am Wochenende zuvor nicht zu uns kommen. Ich sei böse zu ihm. Da ich mir in der ganzen Sache nichts vorzuwerfen habe, habe ich mich der Sache gestellt. Es war zwar anders als gedacht und ich musste mich seiner Mutter gegenüber, also der Ex meines Mannes gegenüber rechtfertigen, aber auch das tat ich. Weil ich für alles einstehe und damit einfach endlich Ruhe einkehrt. Ich sagte ihr also, dass er bei uns eines von vier Kindern ist und er, genau wie alle anderen Kinder bei uns, bei Dummheiten eine Ansage bekommt und ich mir das auch weiterhin vorbehalte, er muss bei uns unsere Regeln einhalten, sonst funktioniert ein Familienleben mit vier Kindern nicht. Wir müssen uns nicht lieben, aber miteinander klarkommen. Wenn ich ihn ohne eine Ansage davonkommen lasse, fragen sich meine Kinder ja auch, warum gegen ihn nichts gesagt wird und er über Tische und Bänke gehen kann. Mein Mann stand zwar neben mir, aber er sagte nicht ein einziges Wort zu meiner Unterstützung. Im Auto tätschelte er mir die Hand, als ob er einen Hund streichelt und meinte zu mir: Hast du doch gut gemacht. Braver Hund. Bereits am nächsten Morgen, wir lagen noch im Bett, die Jungs schliefen in der Nacht zusammen in einem Bett, hörte ich zunächst laute Stimmen, dann wurde es zunehmend leiser. Es war eine ganze Weile komplett leise, bis ich etwas tuscheln hörte und das Wort Puller verstand. Ich sprang aus meinem Bett und lief zu den Jungs, stellte sie sofort zur Rede, was sie da taten und niemand sagte ein Wort. Mein Mann lag im Bett ohne auch nur ein einziges Wort zu erfragen oder zu sagen. Sein Sohn war peinlich berührt und schaute mich nicht an, mein Sohn kam in meine Arme. Als sein Sohn später runterging und sich anzog, legte unser Sohn seine Arme um meinen Hals, vergrub sein Gesicht in meiner Schulter und erzählte mir völlig beschämt, dass sein großer Bruder ihm die Vorh. zurückzog. Unter der Decke. Heimlich. Mit einer Taschenlampe.
Meine persönliche Grenze war überschritten. Innerlich war es ein Gefühl aus großer Sorge um meinen Sohn, tiefe Abneigung gegen seinen Sohn, Ärger über meinen Mann, der wieder einmal die Augen verschloss, ich musste fast kotzen, so übel war mir bei diesem Gedanken daran, was da passierte. Jedes Kind hat das Recht sich selbst zu erkunden, aber kein geistig überlegenes Kind, in diesem Fall fast doppelt so alt, kein anderer Mensch dieser Welt hat das Recht meinem Sohn an seinen Genitalien zu spielen. Ich holte mir im Nachhinein Meinungen von engen Freunden und einer Psychologin ein. Es war nicht normal. Unter Gleichaltrigen kann man diese Sache noch anders betrachten.
Ich versuchte an diesem Wochenende die Fassung zu wahren. Am Sonntag, als wir seinen Sohn heimbrachten, gab es wieder Gekunkel zwischen seinen Eltern und ihm, dass mein Mann ja beim Bringen des Kindes mit der Kindsmutter reden könnte und dann könnten wir ihn aufgrund der Ferien ja zu seinen Großeltern, also meinen Schwiegereltern bringen. Ich merkte an, wie gemein ich es fand, dass wir ihn dort absetzen und unserem Sohn dann sagen mussten Du darfst aber nicht hierbleiben, nur dein Bruder, aber das war wieder zuviel des Guten. Am Abend sagte ich meinem Mann, auch wenn er es nicht hören wollte, was an diesem Samstagmorgen passierte und wie ich meinen Mann schon eh und je kenne, reagierte er völlig über, wollte sofort zu seinem Sohn fahren, sagte mir gegenüber, dass er ihn nie wieder bei uns zu Hause sehen will. Wie immer Überreaktion hoch eintausend. Auf dem Rückweg schrieb er mir eine Nachricht, dass er ihn fortan einmal die Woche von der Schule abholen würde, mit ihm etwas Zeit verbringt und nach 1-2 Stunden wieder zu seiner Mutter bringt. Ich dachte also, er hat endlich mal geredet, mit der Mutter, mit seinem Sohn. Und für mich war es, zumindest für den Übergang, eine passende Lösung. Wow, mein Mann hat mal etwas geklärt. Das gab es so gut wie noch nie, dass er mal hinter mir stand und wir an einem Strang zogen. Ich wollte nicht, dass die Jungs zusammen schlafen, weder zu Mittag, noch in der Nacht. Als mein Mann heimkam, sagte er mir dann, dass er nicht mit ihnen geredet hat, er stand zwar vor der Tür, wusste aber nicht, ob er mich in die Pfanne hauen sollte. Wie bitte? In die Pfanne hauen? Es geht hier um das Wohl unseres gemeinsamen Kindes. Das hat doch nichts mit in die Pfanne hauen zu tun. Wir verblieben so, dass er mich am Montag abholt nach seiner Arbeit und wir zur Mutter fahren, um gemeinsam mit ihr zu reden. Sein Sohn hat auch in diesem Haus noch einen kleinen Bruder und die Erwachsenen müssen einfach sensibilisiert werden dafür. Das ist ihre verdammte Pflicht.
Mein Mann kam am Montag nicht nach seiner Arbeit heim. Sein Sohn war mittlerweile bei den Großeltern und nach Stunden kam er nach Hause und erzählte mir, dass er dort war und mit ihm allein geredet hat. Das typische Das macht man nicht. Du hättest deinen Bruder verletzen können. War das sein Ernst?! Diese Situation sollte man vielleicht nicht so leichtfertig behandeln wie die, als er seiner eigenen Oma, also meiner Schwiegermutter ein paar Mal gegens Schienbein trat. Auch das wurde im letzten Jahr mit den Worten Das macht man nicht unter den Tisch gekehrt. In meinen Augen läuft da etwas gehörig falsch. Ich selbst hätte, wäre es mein Kind, großes Interesse daran zu erfahren, was tief im Inneren des Kindes vorgeht. Ich hätte mit meinem Kind einen Kinderpsychologen aufgesucht.
Mein Mann fragte mich, ob ich seinen Sohn an den Pranger stellen wollte, so wie es mit mir an dem Freitag, als ich mich rechtfertigen sollte, geschah. Nein, das wollte ich nicht. Es handelt sich um ein Kind. Aber es handelt sich um ein Kind, was dringend professionelle Hilfe benötigt und keiner sieht es. Das, nur das, wollte ich den beiden Elternteilen mal nahelegen. Bei uns erzählt er nämlich auch, dass seine Mutter ihn würgt und ins Bad einsperrt. Da wird nichts unternommen.
Diese Situation wurde wieder so oberflächlich gelöst und keiner denkt darüber nach, dass der später mal Zwölfjährige vielleicht kleineren Kindern sagen könnte Zieh dich aus, ich will dich anfassen oder dass unser Sohn morgen in die Kita gehen und anderen Kindern an den Genitalien spielen könnte, weil er denkt es wäre normal, da es sein Bruder auch mit ihm gemacht hat. Es wird wieder nur von der Wand bis zur Tapete gedacht und ich wünsche dem Kind nur Schlechtes, so heißt es.
Ich habe meinem Mann an dem Tag gesagt, dass ich es nicht mehr ertrage. Ich bin nicht länger gewillt unsere Ehe fortzusetzen, in der Probleme nicht gelöst, sondern unter den Tisch gekehrt werden. Und es wird von Mal zu Mal schlimmer. Das Kind ist erst 7 und spielt große Intrigen, spielt uns alle aus. Ich bewahre mich fortan vor dieser Patchworksache und möchte meine Energie nur noch für meine Kinder und mich verbrauchen.
Meinem Mann schien das alles recht zu sein, er hat gleich danach Kontakt zu der anderen aufgenommen, die er im März besucht hat. Hat sie etwa schon wieder einen neuen Schreibtisch?!
Er versteckte sein Telefon in unserer Speisekammer, ich musste etwas aus den Regalen holen, rein zufällig sah ich es dort liegen, weil in dem Moment ihr Name aufploppte.
Ein Déjà-vu. genauso zog er es mit seiner Ex ab. Sie sah eines Morgens den Namen Diana und zeitgleich Katja auf dem Display, weil er damals gleich mit Zweien parallel was am Laufen hatte und ich den Namen Mandy.
Von dummen Psychospielen wie mein Handy im Stall verstecken und mir tagelang ins Gesicht lügen, er hätte damit nichts zu tun, von andauerndem Blockieren und Wiederaufheben und Profilbilder ändern, weil ich mich ärgern soll, nächtelangem Fortbleiben, kindischen Wutanfällen, mit quietschenden Reifen wegfahren, um 10 Minuten später wiederzukommen, mal auf dem Sofa, dann wieder im Bett schlafen, brauche ich hier gar nicht erst anfangen. Damit allein könnte ich ein Buch füllen. Er ist 41 Jahre alt und geistig irgendwann stehen geblieben, so gibt er mir manchmal das Gefühl. Das ist okay. Ich habe es mit mir machen lassen. Größtenteils aus Bequemlichkeit. Ich habe mir an den Kopf werfen lassen wie schwach ich bin, weil ich weinen muss, dass ich einen am Dach habe, weil er mich nicht ernst nimmt, wenn ich etwas zu sagen habe, dass ich faul bin und eine *beep* hoch 10. Ich sollte ihm dankbar sein. Dankbar dafür, dass ich mich durch ihn in meinem Leben weiterentwickle und weiß, wann ich auf meinen Bauch hören sollte, dass ich meinen feinen Antennen Glauben schenken und nachgehen muss.
Gescheitert, aber: Alles versucht. Und viel zu viel gegeben.
Ich weiß, was sie oder eine andere bekommt. Für mich ist er es nicht mehr wert. Mit diesem Menschen kannst du keine Krise überwinden, ohne dass er sich nicht schon die Nächste gesichert hat. Hauptsache es ist immer was zum *beep* da. Meine wichtigste Erkenntnis: Ich bin durch, weil ich innerlich viel ruhiger bin als ich es sonst war. Er hat wohl die tiefste Stufe erreicht, die man erreichen kann: Gleichgültigkeit. Wenn er dir egal ist, dann war es das. Ich schaue nach vorn und nicht zurück. Und gehe wieder einmal gestärkter aus dieser Sache. Für unseren Sohn tut es mir am meisten leid. Er ist ein Familienmensch durch und durch und überglücklich, wenn wir alle zusammen sind. Er liebt Harmonie und ist feinfühlig und sehr sozial. Er will es allen recht machen und möchte sich nicht entscheiden. Aber das muss er auch nicht.
Und als ich so nachdachte darüber, warum mir das Schicksal diesen Menschen gab, nachdem ich doch gerade erst eine heftige Lehre zu verbuchen hatte, kam ich natürlich auf ihn, meinen kleinsten, über alles geliebten Schatz.
Ich möchte noch einmal sagen, dass ich natürlich auch nicht fehlerfrei bin. Ich unterschätze auch meine Affäre nicht, keinesfalls.
Und trotzdem hätte ich gern die ein oder andere Meinung und einfach ein paar Worte von Außenstehenden zu unserer Situation.
Wir leben derzeit unter einem Dach. Bei uns gibt es große Wohnungen nicht wie Sand am Meer, ich liebe unser Haus und es ist mein Seelenzuhause, aber ich muss seinetwegen da raus. Ich ertrage das alles nicht mehr.
30.10.2020 08:59 •
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