Liebe Sayra,
nein, der Buchtip über Geliebte war nicht von mir. War wohl von einer anderen Kati.
Ich finde mich in Deinen Beiträgen nach wie vor wieder und auch bei mir wechseln sich gute und schlechte Tage noch ab. Obwohl ich sagen muss, die schlechten Tage werden weniger...
Mein Ex hat sich inzwischen noch mal bei mir per mail gemeldet. Er hat mir geschrieben, dass es ihm sehr schlecht geht. Dass kein Moment vergeht, in dem er nicht an mich denkt. Dass er große Sehnsucht nach mir hat. Und dass er nach wie vor die absolute Sicherheit hat, dass ich die Frau bin, die er liebt und immer lieben wird. Er hat geschrieben, dass er jeden Tag daran zweifelt, ob er (wir) die richtige Entscheidung getroffen haben. Und dass er dennoch den Mut nicht aufbringt, sein Glück vor das Glück seiner Frau und seines Sohnes stellen.
Er wirkte sehr verzweifelt. Einerseits hat es mich getröstet, weil ich nun die Gewissheit habe, dass er noch an mich denkt. Und vom Kopf her kann ich es nach wie vor verstehen, dass er bei seiner Familie bleibt und Verantwortung zeigt.
Aber wenn ich einfach auf mein Herz höre, finde ich diese Entscheidung befremdlich. Und feige. Er macht sich was vor. Er macht seiner Frau und seinem Sohn etwas vor. Jeder hat doch nur ein Leben. Und will er sich nun jeden Tag aufs Neue fragen, ob es so richtig ist? Oder wird er sich irgendwann damit abfinden und dann wird dieses Arrangement Normalzustand?
Egal. Ich kann nun keinen Einfluss mehr darauf nehmen.
Mir geht es besser, seit ich die Tips von hangover verinnerlicht habe und jeden Tag anwende. Ich kann die Situation nicht ändern. Ich akzeptiere die Entscheidung meines Ex und lasse ihn los. Sehr oft gelingt es mir, die aufkommenden Fragen nach dem Warum wegzuschieben und durch positive Gedanken zu ersetzen. Mit den Erinnerungen an bestimmte Situationen habe ich ab und zu noch sehr zu kämpfen. Sie kommen blitzartig angeschossen und tuen schei. weh, aber auch damit komme ich immer besser klar. Manchmal schüttel ich kräftig den Kopf, um sie zu verscheuchen. Klingt verrückt, was?
Ich muss jetzt erstmal mit mir ins Reine kommen. Ich habe mich in den letzten Wochen unglaublich egoistisch verhalten. Erst habe ich meinen Mann betrogen und dann habe ich auch noch vor mich hingelitten und konnte vor lauter Liebeskummer kaum klar denken. Ich hatte keine Kraft, mich mit meinem Mann auseinanderzusetzen, der auf der anderen Seite stand und hilflos zusehen musste, wie alles drohte kaputt zu gehen. Mir wurde verständlicherweise von allen Seiten wenig bis überhaupt kein Verständnis entgegengebracht. Immer wieder wurde mir gesagt, wie unverständlich es doch sei, dass ich meine kleine Familie einfach wegschmeiße und was ich für eine Affäre alles aufs Spiel gesetzt habe....
Ich glaube, früher hätte ich ganz genauso reagiert.
Aber früher war auch mehr Lametta...
Meine Therapeutin ist für mich Gold wert und viele Gespräche mit meinem Mann und auch mit meinen Eltern und Freunden helfen mir (uns) im MOment über diese schwere und chaotische Zeit.
Und irgendwann kann ich hoffentlich mit meinem Mann gemeinsam eine gute Entscheidung treffen, wie es mit uns weiter geht. Und dann wird es hoffentlich keine Entscheidung aus Vernunft....
Ich bin sicher, Sayra, dass Dein Ex sich die selben Fragen stellt wie meiner. Und dennoch bin ich auch sicher, dass es unterm Strich nichts ändert. Die Entscheidung ist gefallen. Gegen uns. Für ein Leben, dass sie kennen und für Frauen, denen sie sich verpflichtet fühlen.
Viele Grüße
Kati