Liebe Muzel,
die Schmerzen im Arm und am Handgelenk sind nicht mehr so stark, obwohl ich das Wochenende mit den Kindern eine Aufräumaktion veranstaltet habe. Ich halte mich momentan gut ohne Schmerztabletten.
Am Freitagabend habe ich nach über 9-monatiger Kontaktsperre das erste Mal mit meinem Mann telefoniert. Ich bin froh darüber, dass ich das noch ein letztes Mal gemacht habe, denn somit habe ich einen weiteren Schritt der Trennung für mich abgeschlossen. Es ist sogar der größte Ballast von mir abgefallen. Ich hatte mir ja Vorwürfe gemacht, aber meine Entscheidung für die Trennung war richtig. Ich fühle mich viel viel besser, freier und sicher.
Sein Cousin hatte am Freitagabend noch spät angerufen und mich gebeten, dass ich noch einmal mit meinem Mann reden soll. Mein Mann sei gekränkt, ich solle einen Schritt auf ihn zugehen.
Da dachte ich mir, eher zu stolz.
Ich wollte nicht, habe mich aber dann doch von ihm vollquatschen lassen, sodass er uns per Telefonkonferenz verbunden hat.
Das Gespräch mit meinem Mann lief so, dass er fast ausschließlich sprach und ich ihm zugehört habe. Wenn ich was einbringen wollte, hat er mich nicht dazu kommen lassen. Er hat mich direkt abgewürgt. Er wollte sein Kummer loswerden, war ja klar. Ich hätte Schluss gemacht, ich würde ihn nicht lieben, ich hätte seinen Lebenstraum zerstört, ich hätte gesagt, der Zug sei abgefahren, ich hätte..., Ich hätte...ich hätte...
Über 1 1/2 Stunden habe ich ihm zugehört, dann habe ich ihm gesagt, dass er mal überlegen solle, was er gesagt und gemacht hat.
Es gab von ihm aus kein, ich vermisse meine Kinder oder ich vermisse dich oder meine Familie. Kein, lass uns doch zusammen hinsetzen und darüber reden. Kein, ich würde dich gerne sehen wollen oder euch. Nichts dergleichen!
Immer nur, du hast, du hast, du hast.
Der Knaller war, als er sagte, wenn wir doch noch zusammen kämen, es nicht mehr so werde, wie früher.
Während des Telefonates hat er geraucht (das höre ich, ich kenne ihn schließlich), dann hat er zwischendurch zu jemand anderem gesprochen, hat sich während des Telefonats weder zurückgezogen noch sich groß Mühe gegeben. Bei wichtigen Leuten hat er nie geraucht und auch nicht nebenbei gequatscht. Da telefoniert er mit seiner Frau nach 9 Monaten das erste Mal wieder und
Es war schon spät, da meinte er noch, er könne nicht mit mir so reden, er wolle nach Hause fahren und sich von dort melden. Er meinte, er melde sich in einer halben Stunde.
(Kurze Anmerkung: die Fahrt nach Hause dauert von seinem Unternehmen 5 Minuten! Also keine halbe Stunde)
Ich dachte mir, naja vllt. will er mit mir noch Wichtiges besprechen wegen der Kinder.
Ich also warte auf seinen Anruf, liege auf der Couch und schlafe ein.
Nach 40 Minuten ruft er an, ich nehme verschlafen ab. Das hat er dann auch gemerkt. Er meinte, er hätte mich nicht wecken wollen. Obwohl er ganz genau weiß, dass ich am Morgen früh los muss.
Er sagte, dass er sich erstmal umziehen müsste bzw. ausziehen müsste.
Ich dachte, oh was kommt jetzt? Will der jetzt irgendwelche S...spielchen durchziehen. Da habe ich abgeblockt! Ich habe gemerkt, dass er es langsam in die Richtung zog.
Er hat keine Reue, hat sich nicht entschuldigt, hat mich nicht ausreden lassen. Dann denkt er, dass das Telefongespräch eine Art Versöhnung war und wir wieder da weitermachen, wo wir aufgehört haben.
Wir haben nicht miteinander gesprochen. Er hat erzählt ich habe zugehört. Da hat es mich wieder wie ein Schlag getroffen. Wie immer. Es wird sich nie was ändern. Er wird sich nie ändern. Kein, ich habe dich vermisst, dein Geruch, deinen Körper, deine Wärme usw. Vllt. wäre das auch gekommen, wenn ich lang genug gewartet hätte.
Ich dann ja,: du hast mich warten lassen, ich bin müde, bin sogar eingeschlafen, während ich gewartet habe. Ich würde gerne weiterschlafen. Sonst bin ich gleich hellwach und werde kein Auge mehr zudrücken können.
Er daraufhin: Wenn ich so etwas sagen würde, wäre das ein Problem!
Dann hat er gemerkt, dass er mich damit angefahren hat und fing an ruhiger zu reden.
Ja, dann schlaf mal. Ich will nicht, dass du wegen mir nicht schläfst.
Ich: Gute Nacht!
Er: Dir auch eine gute Nacht!
Beide aufgelegt.
Seitdem Funkstille!
Ich werde Kontaktsperre halten.
Liebe Muzel,
Meine Kindheit war nicht leicht. Ich hatte einen schlimmen Großvater. Er war ein regelrechtes A... Er hat mir viel Schlimmes angetan. Aber darüber möchte ich nicht erzählen.
Meine Mutter war und ist heute noch eine dominante Frau. Was sie sagte, wurde gemacht.
Sie wollte nicht, dass ich einen Freund hatte. Dementsprechend musste ich mich so ankleiden, dass weibliche Merkmale kaschiert wurden. Manchmal trug ich nur Oberteile, die so breit waren, dass sie wie übergezogene Säcke aussahen. Die Hosen mussten breit sein. Obwohl ich ein hübsches Mädchen war, sah man es eben nicht.
Ich verstand mich mit Jungs ganz gut, war aber immer nur ne gute Freundin.
Mehr entwickelte sich nicht. Es konnte sich auch nichts entwickeln, da ich immer unter Druck stand. Ich durfte keinen Freund haben. Und wehe es wäre dazu gekommen, dann hätte ich massivste Probleme gehabt.
Dadurch hatte ich keinerlei Erfahrungen, was Beziehungen betraf.
Natürlich bin ich in einer Familie aufgewachsen. Es war nicht dasselbe, einen Freund zu haben, somit Erfahrungen zu sammeln und mich selbst in einer Beziehung zu finden. Wie reagiere ich auf den Partner? Worauf achte ich, dass ich nicht zu kurz komme.
Als ich dann meinen Mann kennengelernt habe, war ich von ihm total beeindruckt. Ich verliebte mich Hals über Kopf in ihn.
Er war aber nicht anders als meine Mutter. Sie ähnelten sich in gewisser Weise.
Ich hatte wieder nichts zu sagen, musste wegstecken und still sein. Ich durfte nichts äußern.
Ich wurde von meiner Mutter bevormundet und nun von ihm.
Obwohl ich eine starke Persönlichkeit hatte, gab ich mich auf.
Dabei hatte ich so viel geschafft. Ich brauchte niemanden, der mir sagen würde, was ich zu tun und zu lassen hatte. Meine Mutter und auch mein Mann gaben mir das Gefühl, alleine nichts zu schaffen und nicht fähig zu sein, selbst Entscheidungen zu treffen. Als sei ich ein kleines Baby. Immer diese Bevormundungen, diese Entscheidungen über einen hinweg treffen, da ich ja nichts zu sagen hatte.
Aus diesem Muster bin ich raus. Ich will das nicht mehr! Es reicht einfach.
Durch meine Naivität, mein Verhaltensmuster und meine Vorgeschichte hatte er leichtes Spiel. Mit seinen narzisstischen Zügen hat er mich vollständig in seinen Händen gehabt. Er konnte machen, was er wollte. Und ich habe es mit mir Magen lassen.
Ich fühle mich selbst wieder. Ich höre mich. Und meine Gedanken und Gefühle.
Ich bin wirklich froh, dass ich diesen Schritt gegangen bin.
Ich sehe die positiven Dinge eines Singlelebens. Ich habe das ganze Bett für mich, kann mich ausbreiten, kann es mir passend schön machen. Ich habe keinen schnarchenden Mann neben mir, der mich am Wochenende weckt und Frühstück einfordert oder meckert, weil ich am Wochenende ausschlafe.
Außerdem gibt es keine Ehe-Streitereien mehr.
Ich habe ein rauchfreies Auto, der Sitz muss nicht verstellt werden. Es ist mein Auto!
Ich kann mal lange wegbleiben, ohne schlechtes Gewissen.
Weißt du, liebe Muzel!
Ich kann auch glücklichen Paaren, die Hand in Hand rumschlendern, mittlerweile hinterherschauen, ohne traurig zu werden. Ich freue mich für sie. Sollen sie glücklich sein. Ich bin es leider nicht gewesen.
Am Freitag hatte ich noch ein junges Paar gesehen, die sich an der Bushaltestelle geküsst haben. Da habe ich einen kleinen Stich in meinem Herzen gespürt.
Aber nach 5 Minuten war es dann auch ok und vergessen.
So ist das Leben!
Liebe Muzel, ich drücke Dich ganz fest!
Dir auch ganz viel Kraft!
Uns wird es von Tag zu Tag besser gehen.
LG und zurück
02.12.2013 11:37 •
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