Die Kunst des Liebens von Erich Fromm hat mich in meiner Jugend sehr fasziniert und beeinflußt. Die folgende Zusammenfassung setzt sich ausschließlich aus Originalzitaten zusammen, die in der Originalreihenfolge belassen wurden. Absätze bedeuten Auslassungen ganzer Passagen. Texte in eckigen Klammern erläutern den Inhalt ausgelassener Teile oder liefern ergänzende Informationen bzw. Kommentare. Obwohl hiermit sicher ein guter Überblick über den Inhalt gegeben wird, möchte ich dennoch die Lektüre des gesamten Buches sehr empfehlen. Sehr lesenswert ist auch immer wieder Haben oder Sein.
Ich möchte den Leser davon überzeugen, daß alle seine Versuche zu lieben fehlschlagen müssen, sofern er nicht aktiv versucht, seine ganze Persönlichkeit zu entwickeln, und es ihm so gelingt, produktiv zu werden; ich möchte zeigen, daß es in der Liebe zu einem anderen Menschen überhaupt keine Erfüllung ohne die Liebe zum Nächsten, ohne wahre Demut, ohne Mut, Glaube und Disziplin geben kann.
Liebe ist eine Aktivität und kein passiver Affekt. Sie ist etwas, das man in sich entwickelt, nicht etwas, dem man verfällt.
Die Liebe ist aber nicht nur ein Geben, ihr aktiver Charakter zeigt sich auch darin, daß sie in allen ihren Formen stets folgende Grundelemente enthält: Fürsorge, Verantwortungsgefühl, Achtung vor dem anderen und Erkenntnis.
Liebe ist die tätige Sorge für das Leben und das Wachstum dessen, was wir lieben.
Sich für jemanden verantwortlich zu fühlen, heißt fähig und bereit sein zu antworten.
Achtung hat nichts mit Furcht und nichts mit Ehrfurcht zu tun: Sie bezeichnet die Fähigkeit, jemanden so zu sehen, wie er ist, und seine einzigartige Individualität wahrzunehmen. Achtung bezieht sich darauf, daß man ein echtes Interesse daran hat, daß der andere wachsen und sich entfalten kann.
Achtung gibt es nur auf der Grundlage der Freiheit: L'amour est l'enfant de la liberté [Liebe ist ein Kind der Freiheit] heißt es in einem alten französischen Lied.
Es gibt viele Ebenen der Erkenntnis. Die Erkenntnis, die ein Aspekt der Liebe ist, bleibt nicht an der Oberfläche, sondern dringt zum Kern vor. Sie ist nur möglich, wenn ich mein eigenes Interesse transzendiere und den anderen so sehe, wie er wirklich ist.
Ich muß den anderen und mich selbst objektiv kennen, um sehen zu können, wie er wirklich ist - oder besser gesagt um die Illusionen, das irrational entstellte Bild zu überwinden, das ich mir von ihm mache.
Parallel zum Problem, den Menschen zu erkennen, gibt es das religiöse Problem, Gott zu erkennen.
Das Erlebnis der Vereinigung mit dem Menschen oder, religiös ausgedrückt, mit Gott ist keineswegs irrational. Es ist ganz im Gegenteil, wie Albert Schweitzer dargelegt hat, das Ergebnis des Rationalismus in seiner kühnsten und radikalsten Konsequenz. Es beruht auf unserem Wissen um die grundsätzlichen und nicht zufälligen Grenzen unserer Erkenntnis, auf unserem Wissen darum, daß wir das Geheimnis des Menschen und des Universums nie begreifen werden, daß wir es aber trotzdem im Akt der Liebe erkennen können.
Fürsorge, Verantwortungsgefühl, Achtung und Erkenntnis stehen miteinander in engem Zusammenhang. Sie bilden ein Syndrom von Einstellungen, die beim reifen Menschen zu finden sind, das heißt bei einem Menschen, der seine eigenen Kräfte produktiv entwickelt hat, der nur das haben will, was er sich selbst erarbeitet hat, der seine narzißtischen Träume von Allwissenheit und Allmacht aufgegeben und die Demut erworben hat, die auf einer inneren Stärke beruht, wie sie nur echtes produktives Tätigsein geben kann.
matthias-kaldenbach.de/dkdl.htm
Das Buch ist zwar von 1956 aber wahrscheinlich aktueller als alle anderen Bücher zu diesem Thema!
Lesen soll ja bilden, sagt man!
Gruß
19.08.2003 16:59 •
#1