Seit 3 Jahren ist meine Affäre mit dir jetzt vorbei. Vor 5 Jahren an Pfingsten hat es begonnen. Eigentlich schon eher, wenn ich den Flirt mitzähle. Eigentlich wollte ich das nie. Genauso wenig, wie du. Ich hätte nie gedacht, dass mir so etwas passiert, doch es ist passiert. So hohe moralische Ansprüche hatte ich an mich. Ich wollte das nicht. Nicht so!
Ich wollte eine Beziehung. Ohne mit der Wimper zu zucken, hätte ich alles dafür gegeben. Doch du warst plötzlich unsicher und zogst dich mehr und mehr zurück. Nur manchmal noch batest du mich um ein Treffen, wenn deine Einsamkeit und deine Trauer zu groß wurden. Immer wieder hatte ich dann Hofnung und setzte erneut alles aufs Spiel. Meinen Mann hab ich belogen dafür. Unsere Kinder hab ich vernachlässigt. Nichts war mir mehr wichtig. Nur du. Ich bin morgens mit den Gedanken an dich aufgewacht und bin abends damit eingeschlafen. Völlig durchgeknallt wäre ich, sagen heute die Freunde, die ich damals ins Vertrauen zog. Ja, da hatten sie wohl Recht.
Dann die Erkenntnis, dass es da die andere gab in deinem Leben. B.! In sie warst du verliebt. Plötzlich fiel es mir wie Schuppen von den Augen und ich musste verstehen und verkraften, dass ich nicht nur betrogen habe, sondern gleichzeitig von dir auch betrogen wurde. Karma is a Hexe! Zumindest aber verstand ich jetzt, warum du plötzlich nicht mehr zu erreichen warst.
Meine Ehe hing am seidenen Faden. Meinem Mann sagte ich nun alles, schonungslos. Es war mir egal, was er tun würde. Sollte er mich doch raus werfen. Ich wollte nicht mehr leben. Ich konnte mich im Spiegel schon längst nicht mehr ansehen. Ich konnte das Leid meines Mannes nicht mehr ertragen. Sein vorwurfsvolles Schweigen. Unsere Kinder behandelten uns wie rohe Eier. Meist blieben sie in ihren Zimmern. Auch sie zogen sich zurück. Der Große, der immer an meinem Rockzipfel gehangen hatte, sprach kaum noch ein Wort mit mir. Ratlosigkeit und Hilflosigkeit. Nicht mehr zu ertragen! Dazu der Schmerz wegen dem Verlust deiner Zuneigung. Nein, ich wollte nicht mehr leben. Nicht so!
Dennoch, mein Mann gab uns nicht auf. Er hielt zu mir und wir begannen wieder zu reden. Vorsichtig erst! Immerwieder besprachen wir jedes Detail. Ich stand ihm Rede und Antwort. Das Reden tat mir gut. Aber ich fühlte mich schuldig. Wie ein unartiges Kind tat ich alles, was er wollte und verlor dabei auch noch den letzten Rest Würde.
Dann zu Ostern letztes Jahr meldetest du dich plötzlich wieder. Du wolltest mich sehen. Zuerst freute ich mich aber dann setzte mein Verstand ein. Zu viel war in mir zerbrochen. Zu viel hatte es mich gekostet. Und ich war ja nicht mehr gesund. Du hättest dich erschrocken, mich zu sehen. Nein, das ging nicht. Aber ich nutzte die Chance und schrieb dir alles, was mich bedrückte. Ich stellte dir Fragen, die du nicht beantwortet hast. Und ich erkannte deine neuen Lügen sofort. Ich traute dir nicht mehr über den Weg.
Mein Mann aber gewann sein Vertrauen in mich zurück. Alles wurde wieder fast wie früher. Nur die verlorenen Jahre konnte mir niemand wieder geben. Der Große machte Abitur und zog aus. Die Zeit mit ihm vorbei. Unwiderbringlich.
Ich brach zusammen! Nein ich wollte immernoch nicht wieder leben. Nicht so. Der Schmerz der Entäuschung war wieder präsent. Entäuschung über dein Verhalten und Entäuschung über mich. Warum hattest du mich belogen, mein Leben zerstört und dann weg geworfen? Warum hatte ich keine Kraft dir zu widerstehen? Wie könnte ich nur so dumm sein. Ich liebte meinen Mann und die Kinder doch über alles! Was hatte mich da geritten?
Dann die Therapie! Medikamente zur Unterstützung, die mich endlich wieder schlafen ließen. Eine chemische Schutzhülle um meine Seele. Doch sie heilte nicht.
Der Alltag ging weiter. Umzug des Großen. Das Haus renovieren. Ein Job gescheitert, den nächsten begonnen. Eine Maske tragen, unter der es brodelte. Immernoch, obwohl Jahre vergangen waren.
Die Gedanken neu ordnen in der Therapie. Alles neu bewerten. Von Kindheit an! Disfunktionale Denkmuster erkennen. Schlechtes Loslassen. Immerwieder trauern, auch um dich. Soviel Kraft hat das gekostet. Zwischendurch neue Versuche, Antworten von dir zu bekommen. Keine Chance! Jetzt wolltest du nur noch deine Ruhe.
Mein Mann kam mit zur Therapie. Er setzte sich auf den heißen Stuhl und verstand mich plötzlich. Er erkannte, was mir gefehlt hatte, änderte sein Verhalten. Heute hilft er mir selbstverständlich im Haushalt. Er vertraut mir wieder. Er ist da, wenn ich weine, bietet mir jetzt endlich wortlos seine Schulter an. Er hat aufgehört, alles zu zerreden. Er hat aufgehört, mich erziehen zu wollen. Er akzeptiert, dass ich eine andere geworden bin seit damals. Dass mir mein Lachen manchmal immernoch im Hals stecken bleibt. Er war der Hauptleidtragende. Aber er hat die Karre wieder aus dem Dreck gezogen. Er ist mein Leben. Ohne ihn wäre ich verloren. Zig Briefe habe ich auch an ihn geschrieben. Und er hat sie jnter Tränen gelesen. Ihn verlassen, das ist heute für mich undenkbar.
Aber du? Was mache ich mit dir? Soll ich dich hassen? Nein, das tue ich nicht. Das schöne will ich in meinem Herzen behalten. Das Schlechte trage ich dir nicht mehr nach. Ich war deine Übergangsfrau. Mehr nicht! Heute würde ich vieles anders machen. Und doch bin ich dankbar für die schönen Stunden. Du hast mir unendlich weh getan. Aber weißt du, wer liebt kann verletzt werden. Die Narben sind ein Zeichen, dass ich geliebt habe. Und ich bin froh, dass es sie gibt. Denn sie zeigen mir, dass ich lieben kann und lebendig bin.
Meine nächsten Tagebucheinträge werden zeigen, dass mein Leben weiter geht. Ich bin fast schon wieder heil! Ich lebe gerne mit meinem Mann und unseren Kindern. Und der Große kommt morgen zu Besuch! Ich backe ihm Kuchen. Ich freue mich, am Leben zu sein!
27.05.2019 12:17 •
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