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Die Jahre nach der Affäre, ein Tagebuch

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Es ist still und eng um mich herum. Gleich muss ich arbeiten. Gott sei Dank! Die Therapeutin will mit mir zusammen heraus finden, ob es mir alleine besser ginge. Ja und Nein kann ich da nur sagen. Ja, weil ich endlich frei wäre. Nein, weil ich einsam wäre. Noch einsamer als jetzt. Das kann sie nicht verstehen. Sie ist jung und schön. Sie hat eine große Familie und einen guten Beruf. Kann solch eine Frau nachvollziehen, wie ich mich fühle? Trotz Psychologiestudium und Therapeutenausbildung denke ich, sie hat keine Ahnung. Das ist nicht abwertend gemeint. Sie kann das gar nicht nachfühlen.

Ja, ich könnte gehen. Vielleicht tue ich das auch irgendwann. Aber was dann? Mein Leben ist vorbei!

20.06.2019 10:44 • #151


S
Heute ist es besser. Das Arbeiten hat mir geholfen. Danach haben wir zusammen noch etwas gegessen und dann habe ich mich einfach mal zum Lesen zurück gezogen. Das hat gut getan. Raus aus der furchtbaren Enge der Couch. Dort spüre ich seine Unsicherheit fast körperlich. Und das tut so weh.

Wie bekommen wir endlich Normalität wieder? Jedenfalls nicht durch diese Trennungsgedanken, die die Therapeutin immer wieder antriggert. Ich will mich nicht trennen. Es ginge mir alleine bestimmt nicht besser. Ich will Normalität zurück und Vertrauen. Das muss doch irgendwie gehen. 3 Jahre nach der Affäre! Verdammt nochmal....!

Das was mir passiert ist könnte jedem passieren, wenn die Umstände nur beschisssen genug sind. Und meine waren damals ziemlich beschisssen. Würde meinem Mann etwas ähnliches passieren, wäre das für mich kein Thema. Im Gegenteil, er täte mir sehr leid. Weil nichts einen so sehr bis ins Mark erschüttert, wie das was ich erlebt habe mit dem AM. Echt nicht!

21.06.2019 05:54 • x 1 #152


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Die Jahre nach der Affäre, ein Tagebuch

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Am Wochenende hats gekracht. Ich habe meinem Mann gesagt, dass ich das so nicht mehr aushalte. Ich spüre seine Unsicherheit, seinen Wunsch mich zu kontrollieren und die daraus resultierende Enge fast körperlich. Es nimmt mir die Luft zum Atmen. Ich habe ihm gesagt, dass ich das auch nicht mehr nachvollziehen kann. Schließlich bin ich keine notorische Fremdgängerin. So etwas ist mir in 55 Jahren Lebenszeit nur einmal passiert, dass ein Mann sich überhaupt so intensiv um mich bemüht hat, wie der AM. Und das hat mich nach all den Schicksalsschlägen eben einfach aus den Schuhen gehauen damals. Und ich habe es meinem Mann schließlich sofort gesagt, weil ich lügen nicht ertragen hätte. Dann in unserer kurzen Trennungszeit ist es eben passiert, dass der AM und ich uns näher gekommen sind. Auch das habe ich meinem Mann im Nachhinein offen und ehrlich gesagt. Ich habe dann versucht, zumindest meine Ambivalenz unter einem Deckmantel des Schweigens zu halten, die ich leider auch nach meiner Rückkehr in die Ehe noch lange Zeit nicht unter Kontrolle hatte. Aber auch das ist mir nur so halb gelungen. Da mein Mann bis dahin mein engster Vertrauter und gleichzeitig auch mein bester Freund war, hätte ich ihm am liebsten alles haarklein erzählt. Er hat das immer schon abgelehnt, wollte das alles nicht hören und hat auch keine Fragen gestellt.


Am Wochenende dann ist er in Tränen ausgebrochen und hat mir gesagt, er bekäme die Bilder nicht aus seinem Kopf. Ich habe versucht ihn zu trösten, was mir aber nicht gut gelungen ist. Immerhin konnte ich ihm glaubhaft versichern, dass ich mit dem anderen keinen einzigen richtigen Orga. hatte. Das ist wirklich so gewesen, denn beim ersten mal war ich zu aufgeregt und die anderen 2 Male hatte ich alle Hände voll zu tun, dem AM ein schönes Erlebnis zu machen. da ging es ja schon wieder aufs Ende zu und ich wollte ihn ja unbedingt noch halten, dazu war mir fast jedes Mittel recht damals.

Na ja, jedenfalls scheint das meinen Mann ein bisschen getröstet zu haben, dass es noch Dinge gibt, die nur er ganz exclusiv mit mir teilt. Jetzt aber muss ich dringend die Geschichte ruhen und Gras wachsen lassen. Ich will auch nicht mehr unsere Ehe in Frage stellen und ich werde es nicht mehr dulden, dass meine Therapeutin mich diesbezüglich antriggert. Das Thema ist durch. Unsere Ehe ist belastet und wird es noch lange bleiben aber wir haben einige Absprachen getroffen, die uns den Alltag erleichtern sollen. Wir wollen wieder mehr zusammen unternehmen, gemeinsame Erlebnisse schaffen und an unserer allgemeinen Zufriedenheit arbeiten. Der Medienkonsum wird drastisch zurück gefahren, d.h. kein Handy und kein Laptop mehr ab 20 Uhr. Stattdessen gemeinsames Walking oder Schwimmen im Freibad. Damit haben wir gestern begonnen. Wir waren in einem Freibad, das mein Mann als Kind oft besucht hat und das hat uns beiden sehr gut getan. Diesen Weg werden wir zusammen weiter gehen und jeden Tag werden wir versuchen es uns ein bisschen schön zu machen. Damit die Erinnerungen endlich verblassen.

Den AM habe ich mir noch einmal auf seinem Profilbild angesehen. Er wechselt seine Bilder sehr häufig in letzter Zeit. Gestern hat er darauf einen Luftkuss in die Kamera geworfen und heute ist er an einem Strand zu sehen, lachend und entspannt. Er hält eine Damenhandtasche in seiner Hand also gehe ich davon aus, dass er frisch verliebt ist. Das freut mich ehrlich für ihn und ich wünsche ihm, dass es diesmal klappt und hält. Ja, ich habe ihn geliebt bzw. ich war sehr verliebt in ihn. Er hat mein Leben völlig auf den Kopf gestellt und um ein Haar hätte ich alles verloren, was ich liebe und was mir wichtig ist. Aber dadurch war ich gezwungen, viele Dinge neu zu überdenken und endlich zu verarbeiten. Vielleicht war das ja der Sinn hinter all dem? Ich weiß es nicht. Jedenfalls werde ich immer mit einem Lächeln an einige unserer gemeinsamen Erlebnisse denken und alle anderen schlimmen Verletzungen werde ich in eine imaginäre Kiste packen und in die hinterste Ecke meiner Erinnerungen stellen. Er ist ein guter Mann aber ein totaler Kindskopf, wenn es um Frauen und die Liebe geht. Ich wünsche ihm trotz allem alles Gute. Dziekuje G.!

Und Dankeschön liebes Forum. Ihr hattet es schwer mit mir! Aber ihr habt mir zugehört, wenn niemand sonst mehr da war!

Alles Gute Euch und gebt den Glauben an die Liebe nicht auf!

LG Shedia

24.06.2019 12:49 • x 3 #153


S
p.s. Es wird sicher noch manche Krise geben und vielleicht schreibe ich mein Tagebuch hier noch weiter. Unser Leben bleibt spannend und unsere Ehe wird nie wieder wir früher werden. Etwas sehr wichtiges einzigartiges ist durch die Affäre unwiderbringlich verloren gegangen, nämlich die absolute Exclusivität, die wir hatten. Schließlich waren mein Mann und ich einander ja bisher die ersten und einzigen S.. Auch musste ich heftig Abbitte leisten und einsehen, dass auch ich nicht unfehlbar bin. Als gläubige Christin war ich mir bisher sicher, dass mir so etwas nie passieren würde. Aber es ist mir passiert, trotz oder vielleicht sogar wegen meiner hohen moralischen Maßstäbe. Ich bin zur Betrügerin geworden und habe darunter immens gelitten. Mein Selbstbild war zerstört und ich habe mich dafür gehasst. Jetzt habe ich mich mit mir versöhnt und kann mich liebevoll und nachsichtig im Spiegel betrachten. Auch meine Pölsterchen und meine Schönheitsmakel fallen plötzlich nicht mehr so schwer ins Gewicht. Ich bin eine 55 jährige Frau jetzt und es liegen hoffentlich noch schöne Jahre vor mir und meinem Mann, bevor es im Alter kalt und schwer wird. Diese Jahre will ich damit verbringen, zu lieben und geliebt zu werden, trotz aller Fehler, die ich gemacht habe und weil ich der Mensch bin, der ich eben bin. Und ich will jeden Tag anfangen, mich selbst ein Stückchen mehr zu lieben und mir selbst zu verzeihen. Vielleicht macht dann das alles doch noch einen Sinn!
Also Tschüss bis irgendwann, ihr Lieben!

24.06.2019 13:03 • x 2 #154


hahawi
Hallo Shedia.
Du klingst ruhiger und reflektierter als noch vor ein paar Monaten.
Das ist gut.
Am wichtigsten für Dich ist es, dass Du Dich wieder akzeptierst.
Aber das weißt Du eh.
Schau auf Dich, pass auf Dich auf.
Alles Gute!

24.06.2019 13:06 • x 2 #155


N
Gott. Shedia3.
Du warst gerade mal dreimal mit dem in der Kiste. Höre auf dich damit zu geißeln.
Deine Therapeutin wird dir nicht zu Trennung raten. Das ist gegen jede Therapie. Sie zeigt dir nur andere Wege auf, denn nach drei Jahren bist weder angekommen noch wirklich glücklich.

24.06.2019 13:13 • x 1 #156


M
Liebe Shedia! Eine banale Frage. Nein eigentlich zwei.

a) Liebst du deinen Mann?
b) Liebt dein Mann dich?

Wenn du beides, ohne nachdenken zu müssen, schneller als Lucky Luke seine Pistole zieht mit ja beantworten kannst, dann ist dein Mann deins.

Und ist dein Glaube, dass ihr euch liebt, so stark, wie die deines Dorfpfarrers an die jungfraeuliche Empfaengniss, dann bist du deines Mannes.

Mensch wenn selbst Liebe nicht mehr als Kleister wirkt, was klebt denn dann?

Ich würde keine ergebnisoffene Therapie akzeptieren, sondern nur eine, die zumindest den Versuch macht zusammenzufügen, anstatt zu trennen, zu flicken, anstatt wegzuschmeissen, anzunaehen, anstatt zu amputieren.

Und dein Mann sollte sich ebenfalls Hilfe holen, damit er aufhören kann, in den Rückspiegel schauend zu leben.

Natürlich kann jeder von euch eine neue Liebe finden. Nur welche Liebe ist schöner? Der jahrzehntealte Liebesbaum voller Narben oder der neu gepflanzte Setzling?

Denke einfach an deinen Garten.

24.06.2019 13:38 • x 3 #157


paulaner
Zitat von Shedia3:
Am Wochenende dann ist er in Tränen ausgebrochen und hat mir gesagt, er bekäme die Bilder nicht aus seinem Kopf. Ich habe versucht ihn zu trösten

Schau mal. Du hast eine Art Trauma. Dein Mann aber auch.
Ihr habt beide Bilder im Kopf.
Nur dass deine real sind, weil du ja schließlich dabei warst, während seine Vorstellungen sind.
Und...und das ist wichtig...er weiß ganz genau, dass du ihm theoretisch alles erzählen könntest (ich behaupte nicht, dass du das tust), und er kann es schlichtweg nicht überprüfen.
Ich finde du musst ihm daszugestehen.
Dieses Kopfkino ist für Männer das Schlimmste daran.

Vielleicht solltet ihr mal über eine gemeinsame Paarberatung nachdenken.

Ich wollte dir hiermit aber nicht zu nahe treten.

24.06.2019 20:06 • x 3 #158


S
Danke an euch alle. Ja, ich liebe meinen Mann. Allerdings ist diese Liebe anders als früher, weniger selbstverständlich. Nach der Außenbeziehung und vorübergehenden Trennung müssen wir uns beide jeden Tag neu dafür entscheiden. Es ist kein Selbstläufer mehr. Schließlich habe ich unsere Beziehung monate lang kaputt geredet, um die Affäre vor mir selbst zu rechtfertigen. Und mein Mann muss bewusst seine traumatischen Bilder verdrängen. Jeden Tag!

Ich hoffe, das ganze verblasst irgendwann. So wie ein Albtraum, der einem am Morgen danach noch lange anhängt aber später am Tag seine Schrecken verliert. Dazu aber muss jetzt ein Deckel auf das ganze, damit es darunter verheilen kann.

Eine Paartherapie haben wir ja in gewissem Sinne gemacht, weil mein Mann mich zu meiner Therapeutin begleitet hat. Da sie mich aber in den letzten Stunden in Richtung Trennung leiten wollte, ist die positive Wirkung verpufft. Ich weiß nicht, was sie da reitet. Ich werde das jedenfalls nicht mehr dulden.

Ich wünsche euch einen schönen, nicht allzu heißen Tag!

25.06.2019 05:52 • x 2 #159


M
Wollt ihr beide euch an die unzaehligen Berge erinnern, die ihr gemeinsam überwunden habt oder an den Stein, über den ihr mal gestolpert seid? Den Regen sehen, oder störrisch, wie ein Zweijaehriger am besten, auf den Regenbogen warten, der doch unweigerlich darauf kommen muss. Und WIRD!

Das klappt schon mit euch. Wenn du weinst, weil er weint, und du lachst, weil er lacht (und vice versa), dann sieht das für mich, hunderte Kilometer weit weg von dir, verdammt nach Liebe aus.

25.06.2019 08:35 • x 2 #160


S
Unsere Ehe pendelt, zwischen zu viel Nähe und Distanz! Gestern ist mein Mann mir wieder sehr auf die Pelle gerückt. Ich brauche einfach noch viel Raum und Zeit für mich selbst. Das versteht er nicht und fühlt sich durch mein abweisendes Verhalten verletzt. Das macht mir dann wieder ein schlechtes Gewissen und dann lasse ich ihn wieder ganz nah an mich heran. Fühle mich aber in dieser Position nicht wohl. Ich spüre schon sehr deutlich, wie groß sein Nähebedürfnis ist aber ich kann das noch nicht erwidern.

Wenn ich z.B. in der Küche Marmelade oder Sirup koche, steht er hinter mir und freut sich an meiner neuen Lebensfreude. Die letzten Jahre habe ich ja in meiner Freizeit überwiegend auf dem Sofa verbracht. Mir ist das dann aber schon wieder zuviel und ich scheuche ihn aus der Küche. Heute habe ich einen freien Tag, auf den ich mich echt freute, denn der neue Job ist immernoch anstrengend. Gestern abend dann kündigte mein Mann an, er wolle auch früher Feierabend machen, damit wir zusammen etwas schönes unternehmen könnten. Da ist mir der Kragen geplatzt. Ich habe ihn angefaucht, dass er gerne früher kommen kann, ich dann aber nicht zu Hause sei, weil ich einkaufen müsse, einen Arzttermin habe und bei Freunden nach dem Rechten sehen müsse, weil sie verreist sind. Da war er natürlich entäuscht.


Das tut mir leid, aber ich brauche Raum und Luft zum Atmen! Wie kann ich ihm das bloß klar machen, ohne dass er dahinter gleich wieder Betrung oder drohnende Trennung wittert. Ich bin echt ein bisschen ratlos im Moment!


Habt ihr einen Tipp?

28.06.2019 08:21 • #161


Löwin45
Tja - schwer zu raten.
Ich habe den Prozess von der anderen Seite aus gesehen, hinter mir.
Naja, ich hätte nicht durchgehalten, wenn mein Mann körperliche Nähe als erdrückend empfunden hätte.

Nun, vielleicht hilft es dir, wenn ich dir meine damalige Gefühlslage schildere.

Zuerst einmal hatte es bei mir gedauert, bis ich mir sicher war, dass ich meinem Mann eine Chance geben möchte - bis der Wille da war.
Aber, damit war es nicht getan.
Trotz vieler Gespräche und Beteuerungen von seiner Seite und Taten, die es bewiesen, musste ich gegen meine eigenen Dämonen kämpfen.
Meine Selbstbewusstsein (hatte ich bis zu dem Zeitpunkt als sehr stabil angesehen) war bis ins Fundament erschüttert, und erholte sich nur langsam.
Ich hatte Mühe, um Vertrauen aufzubauen. Aber nicht nur, um meinem Mann wieder zu vertauen - auch mir selbst und meinen Wahrnehmungen vertraute ich anfangs nicht und benötigte Bestätigung von außen. Mir erschien es damals wie eine offene Wunde, die sich nur langsam schloss.

Dadurch, dass mein Mann nicht nur laberte sondern auch sich selbst mit dem Geschehen auseinandersetzte und absolut ehrlich war, wurde es langsam besser.
Er schaffte es die Wunde zum heilen zu bringen.
Aber, wenn er mir damals nicht glaubhaft das Gefühl hätte vermitteln können, dass ich ganz klar und deutlich und ohne Zweifel von ihm geliebt und begehrt werde, wäre es nicht gelungen.

Natürlich musste ich auch meine Gefühle zu ihm ergründen.
Liebte ich ihn noch oder war es vielleicht einfach nur Verlustangst?
Liebte ich ihn genug, um ihm zu verzeihen? Damit meine ich wirkliches Verzeihen - ohne es in Streitgesprächen ständig anzuführen.
Als ich meine Fragen mit ja beantworten und meinem Mann glauben konnte, hatten wir eine Chance.

Aber, um bei dem Vergleich mit der Wunde zu bleiben, es gab auch Rückschläge (die Wunde war noch nicht komplett keimfrei) und musste erneut behandelt werden - wenn auch nicht mehr so großflächig.
Wir führten unzählige zum Teil schwere Gespräche, die ans Eingemachte gingen.
Insgesamt gesehen war es ein harter und lehrreicher Prozess für uns beide. Mein Mann tat damals alles dafür, und das war sehr wichtig für unsere Ehe.
Diese Chance haben wir genutzt.

Wir führen seitdem eine andere Ehe.
Die 1.Ehe war eigentlich gut, hatte sich aber abgeschliffen. Wir hatten uns als selbstverständlich angesehen und lebten in den letzten Jahren eher nebeneinander.
Wir hatte unsere Freude aneinander lange nicht mehr empfunden.
In unsere 2.Ehe, die jetzt auch schon einige Zeit sehr gut funktioniert, haben wir wieder Freude aneinander und leben ganz bewusst zusammen. Finanziell sind wir beide autark und die Kinder groß. Somit ist es eine Partnerschaft, die wir beide ganz bewusst eingegangen sind und täglich eingehen.

Vielleicht hilft es dir, deinen Mann etwas besser zu verstehen.
So wie du ihn schilderst, liegt sein Selbstbewusstsein am Boden. Er möchte sich scheinbar permanent vergewissern, dass du bei ihm bist und spürt dann, dass du es trotz der räumlichen Nähe, eben nicht bist.
Das lässt ihn verzweifeln und unbewusst den Druck erhöhen. Das wiederum treibt dich von ihm weg.

Für mich wäre dies, wenn mein Mann so empfunden und agiert hätte (so wie du dein Handeln und deine Reaktionen darstellst), nicht möglich gewesen.
Denn - ganz ehrlich - dieses Misstrauen macht krank und lässt einen Dinge tun, die man selbst als unwürdig empfindet. Dadurch geht weiteres Selbstbewusstsein flöten, bis es irgendwann weg ist.

Das wiederum hätte fatale Folgen für dich bzw. dein Gefühl der Liebe für ihn.
Sich in einen Menschen erneut zu verlieben, der dermaßen mit sich und der Welt hadert, ist schwer bis unmöglich.
In der Regel gilt: um geliebt zu werden muss man sich selbst lieben.

Somit, wenn du dich in deinen Mann wieder verlieben möchtest (und das musst du, wenn du mit ihm alt werden willst), muss er wieder zu einem Mann werden, der sich selbst liebt.
Durch ständige Vorwürfe, Abweisungen... nimmst du ihm weitere Selbstachtung.

Du schreibst, dass dich sein Bedürfnis nach Nähe erdrückt. Das spürt er.
Nun, welcher Mensch möchte spüren, dass er anderen Menschen zu nahe ist bzw. unangenehm ist. Wenn es sich dabei dann auch noch um den eigenen Lebenspartner handelt, wird es demütigend.

Möglicherweise nährt er sein angeschlagenes Selbstbewusstsein aus der Tatsache, dass er dich mit offenen Armen zurückgeholt hat und erwartet Dankbarkeit. Nun, die darf er erwarten. Aber ist das gleichgesetzt mit Liebe?
Sicherlich ist Liebe auch immer eine eigene Entscheidung. Dennoch lässt sie sich nicht erzwingen.

Wenn du mit ihm zusammenbleiben möchtest, wenn du ihn wieder aus tiefstem Herzen lieben möchtest, musst du ihm helfen sein Selbstbewusstsein zurück zu erlangen.
Wenn du das nicht liefern kannst, wird es sehr schwer für euch beide.

28.06.2019 11:30 • x 3 #162


S
Liebe Löwin,

vielen Dank für die Schilderung deiner Erfahrungen. Das bringt mich erneut zum Nachdenken, denn das was dein Mann dir offensichtlich nach Beendigung seiner Affäre geben konnte, kann ich nicht liefern.

Für mich war die Affäre damals nicht nur Spaß und Suche nach Abwechslung sondern es war ein handfester Fluchtversuch aus einer für mich damals schon unerträglichen Lebenssituation. Mein Mann und ich hatten es ja von Anfang an sehr schwer mit meiner Familie. Er hatte sich anfangs ihnen gegenüber sehr abweisend verhalten, was nicht etwa böse gemeint war, sondern einfach seinem eher schüchternen Naturell entsprach. Daraufhin weigerten sich meine Eltern, ihn zu akzeptieren, was immer weiter eskalierte und sich schließlich auch gegen mich richtete. Ich versuchte über Jahre und Jahrzehnte zwischen ihnen zu vermitteln, gab aber schließlich auf und zog mich ebenfalls zurück. Meine Loyalität meinem Mann und seiner Familie gegenüber, die mich herzlich aufgenommen hatte, führte zum Zerwürfnis mit meinen Eltern meiner Schwester, meinen Onkel, Tanten, Cousinen und Cousins. So lange meine Eltern lebten hielten wir zwar einen eher distanzierten und kühlen Kontakt, als sie starben wurde das Zerwürfnis aber offenkundig. Ich wurde von meinem Vater noch von seinem Sterbebett weg geschickt und wurde enterbt. Erst als ich damit drohte, den Pflichtteil notfalls gerichtlich einzufordern, gab meine Schwester nach und zahlte mich aus. Sie war immer die Lieblingstochter meines Vaters gewesen und genoss nach meiner Verbannung aus der Familie ihren Status als number one and only!


Dennoch trauerte ich sehr um meine Eltern nach ihrem Tod, konnte diese Trauer aber mit niemandem teilen. Schon gar nicht mit meinem Mann. Auch andere zum Teil frühere Schicksalsschläge musste ich alleine verarbeiten. Die Erkrankung unseres Sohnes z.B. Ich blieb über Wochen 24 Stunden an seinem Bett im Krankenhaus. Mein Mann kam nachmittags, um mit ihm ein bisschen zu spielen, ging dann aber wieder und lebte sein Leben unbehelligt weiter. Auch meine gesundheitlichen Probleme musste ich alleine bekämpfen. Als ich z.B. für einen kleinen Eingriff ins Krankenhaus musste, druckte mein Mann mir den Fahrplan aus, brachte mich aber nicht dorthin. Als ich wegen seines Schnarchens heftige Schlafstörungen bekam, zog er lieber aus dem Schlafzimmer aus, als sich von einem Arzt untersuchen zu lassen.


Als ich um meinen verlorenen Arbeitsplatz trauerte, den ich für unseren Sohn aufgab, erntete ich von ihm Unverständnis und Kritik. Als ich meine Gebärmutter verlor, rührte er mich über Monate nicht mehr an. Ich trauerte um meine Weiblichkeit und den Verlust meiner Fruchtbarkeit. Er moserte über die veränderten anatomischen Gegebenheiten.


Nicht, dass du mich falsch verstehst. Ich liebe meinen Mann, immernoch und trotz allem. Ich habe ihm viel zu verdanken und ich bin froh, ihn durch die Affäre nicht verloren zu haben. Aber meine Affäre geschah nicht grundlos. Ich war am Ersticken damals und fühlte mich einsam, alleine und nicht ernst genommen. Damit aber setzt mein Mann sich bis heute nicht im Entferntesten auseinander. Im Gegenteil, er will, dass alles wieder so wird wie vorher. Er will sich damit nicht mehr beschäftigen, weil er ja das arme Opfer ist, das seiner Meinung nach am meisten zu leiden hatte.


Es tut mir echt leid, dass ich ihn mit der Affäre (die übrigens nur während unserer offiziellen Trennungszeit lief!) so sehr verletzt habe. Die Affäre selbst aber tut mir nicht im mindesten leid. Ich weiß, dass unsere Voraussetzungen schlecht sind. Es kann aber nicht sein, dass ich jetzt wieder die Klappe halte und einfach weiter mache, wie vorher. Das wird nicht gehen! Und solange er das nicht kapiert, schicke ich ihn eben von mir weg! Zumindest dann, wenn mir alles mal wieder Zuviel wird.


Es liegt noch ein weiter Weg vor uns! Das weiß ich! Ich hoffe wir können ihn gehen - Beide! Dazu verlange ich jetzt auch von ihm seinen Beitrag! Esther Perel hat mal gesagt, das Opfer einer Affäre ist nicht immer auch das Opfer in der Ehe. Und der Schuldige Affärenführer ist nicht immer auch schuldig geworden in der Ehe. Kann man das so vielleicht nachvollziehen?

28.06.2019 12:12 • #163


S
Noch etwas als Zusatz. Trotz aller dieser Probleme, die noch unbearbeitet bei uns herum liegen, weigere ich mich über eine erneute und dann endgültige Trennung nachzudenken. Ich denke immernoch, dass wir eine gute gemeinsame Zukunft haben können und ich will die nicht durch Trennungsgedanken gefährden. Denn ich weiß, Gedanken haben große Macht. Wenn ich anfange, über eine Trennung nachzudenken, kann ich auch gleich gehen und dazu bin ich noch nicht bereit. Dazu haben wir einfach schon zu viel geschafft und überwunden.

Das Ende aber ist nach wie vor offen!

LG Shedia

28.06.2019 12:21 • #164


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Zitat von Shedia3:
Gestern abend dann kündigte mein Mann an, er wolle auch früher Feierabend machen, damit wir zusammen etwas schönes unternehmen könnten. Da ist mir der Kragen geplatzt. Ich habe ihn angefaucht, dass er gerne früher kommen kann, ich dann aber nicht zu Hause sei, weil ich einkaufen müsse, einen Arzttermin habe und bei Freunden nach dem Rechten sehen müsse, weil sie verreist sind. Da war er natürlich entäuscht.


und wenn Deine Affäre gesagt hätte, dass er heute was schönes mit dir machen möchte? Wäre dir dann auch der Kragen geplatzt?

28.06.2019 12:41 • #165


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