Seine Nachricht, dass er keinen Kontakt mehr will war im Januar 2021. Mitte Dezember 2021 trat ich das letzte stationäre Intervall in der Klinik an. Bevor ich mich dort hin begab, schrieb ich ihm diesen Brief mit der Bitte mich aufzuklären, damit ich all dies mit in die Therapie nehmen konnte, um endlich abschließen zu können. Dies geschah nicht und es gelang mir trotz Therapie nicht, das auch nur ansatzweise hinter mir zu lassen. Nach dem Intervall schloss ich nahtlos mit einer ambulanten Therapeutin an und auch hatte ich noch regelmäßig Kontakt zur Opfer-Hilfe. Aber ich fühlte mich über Monate hinweg wie betäubt und das Leben zog wie ein schlechter Film an mir vorbei. Es vermischten sich in meinen Träumen die Ereignisse aus dem Übergriff mit den Geschehnissen aus dieser Freundschaft und ich hangelte mich von Tag zu Tag. Die Nächte waren am Schlimmsten. Ich versuchte mich abzulenken, aber es gelang mir kaum. Ich hielt noch immer an seinen Worten fest, dass ich ihn nicht verlieren werde und so fraß mich die Hoffnung innerlich auf. Im Mai 2022 lief dann der Mietvertrag in dieser Stadt aus und ich ging zurück in die Stadt, wo ich her kam. Ich hoffte, an meinem früheren Leben wieder anknüpfen zu können, doch dem war nicht so. Die Erwartungen meines früheren Umfeldes überforderten mich. Es zeriss mich nahezu, wenn mir Freundinnen sagten jetzt ist doch aber mal wieder gut, sei doch mal wieder die Alte, vergiss das doch endlich , etc. Ich fühlte mich wie ein Alien und zog mich komplett zurück. Allerdings wollte ich den Kampfsport nicht aufgeben und suchte mir dann in meiner Stadt ein neues Dojo. Es dauerte sehr, sehr lange bis ich dort überhaupt vertrauen konnte, was mir den Einstieg nicht leicht machte. Aber ich gab nicht und mein neuer Lehrer gab mich auch nicht auf. Heute habe ich dort eine Art kleine Familie gefunden und alle sind auf Augenhöhe.
Ich meldete mich schon nach dem ersten Übergriff online in einem Forum für Gewaltbetroffene Frauen an, um mich dort auszutauschen, meine Situation zu verarbeiten. Ich glaubte, dort einen geschützten Raum zu haben. Doch ein User ließ nicht locker, mir einreden zu wollen, ich sei an allem selbst schuld. Ich habe das erst gar nicht so richtig realisiert, aber je mehr ich dort schrieb, umso verdächtiger würde mir dieser User. Ich wandte mich an die Moderation, immer wieder, weil ich das Gefühl hatte, da schreibt ein Mann.. sehr wahrscheinlich sogar der Mediziner. Das klingt verrückt, ich weiß... Ich glaubte auch lange, jetzt habe ich wahrscheinlich einfach schon den Verstand verloren.
Im Laufe der Therapie wurde mir nach und nach bewusst, in was für ungesunde Verhältnisse ich da erneut gerutscht bin. Aber erst Anfang 2023 fiel es mir wie Schuppen von den Augen...
Als ich realisierte, was da zwischen mir und dem Mediziner passierte, schlug ich auf den härtesten Boden auf, den ich je kannte und mich erschütterte die bis tief auf mein Skelett. Weil ich all das nicht wahr haben wollte, erbat nochmal ein Gespräch bei der Therapeutin der Opfer-Hilfe, die mich lange Zeit begleitete und die den Mediziner auch kennenlernte, da er es war, der den Kontakt damals herstellte. Sie bestätigte mir, dass das was er mit mir getan hat durchaus mindestens emotionaler Missbrauch war...
Es vergingen erneut ein paar Monate und mich zog es zurück in die Großstadt. Ich möchte diese Stadt sehr, hatte aber auch Bedenken, dass ich es nicht schaffen könnte dort neu anzufangen. Ich besprach da vieles mit meiner Therapeutin und suchte sehr lange nach einer Wohnung. Der Wohnungsmarkt in den Städten ist hart und so fand ich damals eine Wohnung, die ich zwar bekommen hätte, die ich aber ablehnte, da sie im angrenzen Stadtteil des Mediziners gewesen wäre, was ich nicht konnte. Zwar sagte mir meine Therapeutin, dass ihm nicht so viel Macht über mich geben soll, aber ich fühlte mich unwohl und suchte weiter. Ende letzten Jahres fand ich dann eine passende Wohnung, weit genug weg und sehr schön gelegen. Ich schrieb davon in diesem Forum und wie sehr ich mich auf einen Neuanfang freue...
Ich zog dann noch Ende letzten Jahres dort ein und suchte mir auch ein neues Dojo hier. Nach meinem ersten Probetraining, das ich als gut empfand, rief mein neuer Lehrer in meinem Alten Dojo an. Er sei etwas verunsichert, da er von hier von einem Kollegen gehört hätte, ich sei psychotisch und gefährlich. Da ich ein sehr gutes Verhältnis zu meinem vorherigen Dojo hatte und sie selbst überrascht über diesen Anruf waren, riefen sie mich natürlich sofort an und berichteten mir davon. Ich war zu tiefst erschüttert... Da habe ich noch niemals zuvor mit den Trainern dort Kontakt gehabt und sie wussten scheinbar schon, wer ich bin...
Ich war davon derart desillusioniert, dass ich dann etwas sehr blödes tat. Ich schrieb dem Mediziner in dieser emotionalen Ausnahmesituation und ob seiner erneuten Übergriffigkeit noch einmal eine letzte E-Mail, in der ich ihn wissen ließ, dass ich nicht mehr über seine Taten schweigen werde. Bis dato hatte ich ihn nämlich mit allem und überall in Schutz genommen und wenn, dann alle Schuld auf mich geladen. Auch in meinem Dojo wagte ich es bis dato nicht auch nur ein schlechtes Wort über ihn, meinen Lehrer, zu verlieren...
Ein paar Wochen später erreichte mich dann eine Einstweilige Verfügung mit der Auflage, mich ihm nicht mehr zu nähern, sowie eine Anzeige wegen Stalking und Verläumdung... Es erreichte mich in diesem Zuge ein ganzer Stapel Auszüge meiner Texte aus diesem Forum für Gewaltbetroffene, Screenshots und ausschließlich jene Textstellen, die mich belasten könnten. Ich hätte also Recht und ER verfolgte mich dort, schrieb sogar mit mir, um mich zu beeinflussen. Dabei wollte er doch keinen Kontakt mehr zu mir... Außerdem nannte er als Begründung, dass er sich in seinem Leben und seiner Freiheit bedroht fühlt aufgrund der vor über zwei Jahren beigefügten Nachricht in der Tupperbox Vorsicht vergiftet. Er versicherte an Eides Statt, dass ich psychotisch und gefährlich sei.
Ich versuchte mit meiner Anwältin dagegen vorzugehen, aber das Gericht nahm diese Anschuldigungen natürlich erstmal ernst, da ich bei der Anhörung gegen die einstweilige Verfügung schweigen sollte, ob der Tatsache, dass er mich ja auch noch angezeigt hat.
Das alles trieb mich so sehr in die Verunsicherung, dass ich weinend und knieend vor meiner Therapeutin saß und sie anflehte mir zu sagen, wenn ich verrückt oder psychotisch bin und es mir nur keiner sagen will. Ich flehte sie an mir die Wahrheit über meinen psychischen Zustand zu sagen und wenn ich verrückt sei, ich das doch wissen muss. Ich verlor das Vertrauen in sie und forderte Akteneinsicht, weil ich schon so verunsichert war, dass ich ihr nicht mehr glaubte.
Aber sie versicherte mir, dass ich keinerlei Anzeichen in den ganzen Jahren einer Psychose zeigte und dass wir momentan aufpassen müssen, dass mich dieser Mediziner nicht noch in eine treibt...