Hallo Chiara, vielen Dank für deinen Beitrag.
Es ist keinesfalls meine Absicht – auch wenn es sich so liest – die Frau als „psychisch gestört“ abzustempeln und sie so schnell wie möglich „loszuwerden“. Ich würde mich sehr freuen, wenn sie wieder auf die Beine kommen und ein neues Glück finden würde, und das meine ich ganz ohne Ironie.
Das Problem dabei ist, dass sie ständig nach Gefühlen sucht, die es nicht mehr gibt, und das immer und immer wieder. Sicherlich ist sie überfordert und fühlt sich hilflos und allein. Das kann ich sehr gut verstehen. Was ich nicht verstehen kann, ist, dass sie möchte, dass mein Partner (Freund, Mann, nenn es wie du willst, ich differenziere da nicht großartig. Aber der Einfachheit halber nenn ich ihn im Folgenden „Partner“ – die Scheidung läuft und er wird sicherlich danach auch rechtlich mein Mann). derjenige ist, der ihr hilft.
Ich werde versuchen, auf deine Fragen möglichst ausführlich zu antworten.
- Sie waren 17 Jahre lang zusammen, davon 8 verheiratet. Natürlich ist das ein sehr langer Lebensabschnitt, den man nicht mal eben so schnell verdauen kann. Da gebe ich dir vollkommen recht. Ich bin natürlich nicht in der Situation und urteile sicherlich zu „hart“.
- die Zeit vor der Trennung, also eigentlich schon in den Jahren zuvor, lief so ab, dass es eher eine „WG-Beziehung“ als eine Ehe war. Das heißt, dass sie gemeinsam gegessen und ferngesehen haben. Umarmungen, Zärtlichkeiten, Küsse oder gar S. gab es schon ewig nicht mehr, mindestens 6 Jahre lang nicht. Für die Trennung an sich hat mein Partner sie um ein Gespräch gebeten, er hat ihr geschildert, dass ihm dies alles schon sehr lange fehlt und er jahrelang versucht hat, sie dazu zu ermutigen, eine Kur zu machen, damit sie körperlich wieder auf die Beine kommt. Sie hat sämtliche seiner Versuche abgeblockt und immer argumentiert, dass „ihre Krankheit schon irgendwie von alleine besser wird“ (sie hat eine chronische, unheilbare Darmerkrankung, durch die sie am ganzen Körper offene Wunden hat, die nie ganz abheilen. Diese riechen sehr unangenehm.) Darüber hinaus hat sie körperlich extrem abgebaut, war immer sehr lustlos, ließ sich selten zu etwas motivieren. Dennoch hielt sie eine Kur oder ärztliche Behandlung nie für erforderlich. Im Trennungsgespräch sagte er ihr, dass er sich in mich verliebt hat und dass seine Lebenspläne sich so dermaßen von den ihren unterscheidet, dass er sich nicht vorstellen kann, weiterhin eine Ehe mit ihr zu führen. Sprich= ihm fehlen ganz einfach Zärtlichkeiten und alles was dazu gehört, ihm fehlen Urlaube und gesellschaftliches Leben. Wenn sie es trotz seiner jahrelangen „Beschwerden“ nie für wichtig erachtet hat, mal was für sich zu tun und einen Arzt aufzusuchen, dann, schlicht gesagt, Pech gehabt. Es kann nicht sein, dass er seine Bedürfnisse hinten anstellt, nur weil sie denkt, dass ihre Krankheit schon irgendwann von alleine heilt.
Wir hatten vor der Trennung einer mehrmonatige Affäre, zu der er sich auch bekannt hat, als er ihr gesagt hat, dass er sich trennt.
- Was die Besuche bei den Eltern und Verwandten betrifft, ärgert es mich und meinen Partner extrem, dass sie auf die Familie während der Ehe auf deutsch gesagt gepfiffen hat. Ihr waren die obligatorischen Weihnachts- und Geburtstagsbesuche (zu mehr hat es nie gereicht!) der Eltern immer lästig, sie war froh, wenn sie weg waren. Und jetzt auf einmal erinnert sie sich daran, was sie doch für liebe Schwiegereltern hat, zu denen sie auf keinen Fall den Kontakt verlieren möchte? Sorry, aber das ist hinterfotzig.
Ich hätte nicht das mindeste dagegen einzuwenden, wenn sie in der Zeit der Ehe ein innige Beziehung zu denen gepflegt hätte. Aber wie gesagt… 2-3 mal im Jahr, und das damals von ihr auch nur widerwillig.
- Ja, wir haben uns bei der Arbeit kennengelernt. Sicherlich eine belastende Situation für sie, klar. Sie hat meinen Partner gefragt, warum ICH nicht das Feld räume. Warum sollte ich? Wenn es sie so belastet, kann sie ja auch gehen, genügend Qualifikationen hat sie.
- Was die Fürsorge meines Partners betrifft… du schreibst, ich würde es als ihre Unselbständigkeit werten, dass er z.B. das Öl fürs Haus bestellt hat und als Fürsorge, wenn er mir nachts eine Currywurst holt.
Ich habe mich vielleicht in einem Kommentar zuvor zu undeutlich ausgedrückt. In der Ehe mit ihr hat er so gut wie ALLES gemacht: Einkäufe, Reparaturen, waschen, putzen, Sortieren sämtlicher Unterlagen. Darüber hinaus gibt es auch einen Hund, den SIE vor 8 Jahren unbedingt haben wollte, um den sich seit ca. 6 Jahren aber NUR mein Partner gekümmert hat. Er ist mit ihm rausgegangen, er hat sich um Impfungen etc. gekümmert, sie war nur fürs Streicheln zuständig, klar, dabei muss man sich ja nicht bewegen. Auf Beschwerden meines Mannes, sie könne und solle gefälligst auch mal was für das gemeinsame Leben beisteuern, hat sie immer nur auf ihre Krankheit verwiesen, sie würde ja gern, aber sie könnte doch nicht, und überhaupt, wie könnte er das von ihr verlangen, Schnee schippen und so, geht ja mal gar nicht bei ihrer Schwäche. Übrigens wurde diese Krankheit auch, wie ich finde, sehr perfide eingesetzt: mal ist es halt „nur ne Krankheit, die wieder verschwinden oder besser werden wird“, aber wenn es mal darum ging, den Hintern zu bewegen, dann wurde um die Krankheit ein riesen Theater gemacht, von wegen ob er überhaupt wüsste wie schlimm das alles ist.
Insofern glaube ich schon, in ihrem Fall von Unselbständigkeit zu sprechen, und in meinem Fall von Fürsorge, da bei uns die Aufgaben im Haus gerecht verteilt sind. Jeder geht einkaufen, putzen, kochen, waschen, was auch immer. Ich bügle z.B. auch die Hemden meines Partners, was er mit Dankbarkeit annimmt, ebenso wie ich es mit Dankbarkeit annehme, dass er mir ne Currywurst kaufen geht.
Wie gesagt, ich würde mich sehr freuen, wenn sie „die Kurve kriegt“ und um ihretwillen ein neues Leben startet. Die Bereitschaft dazu, sich helfen zu lassen, muss jedoch von ihr selbst kommen, und kann nicht von meinem Partner erfolgen. Sie erwartet, dass er sie sozusagen an die Hand nimmt und ihr den Weg weist, aber das kann und wird er nicht tun.
Und ob sie alleine Hilfe sucht… das wage ich im Moment zu bezweifeln.