Liebe Gabi,
Heutzutage kommt doch jede Frau oder Mann mit oder ohne Kind alleine leicht klar und über die Runden.
Das sehe ich grundsätzlich ähnlich, aber andere sehen das nicht so und sie haben verständliche Gründe dafür. Es ist nicht einfach, Bescheidenheit zu erlernen und zu leben. Man braucht gewaltige innere Stärke dazu. Unsere Umwelt stellt uns viele Fallen und suggeriert uns Bedürfnisse die wir befriedigen sollen, die Kinder werden von unverantwortlichen Leuten und gleichaltrigen massiv beeinflußt in Richtung Unbescheidenheit und übermäßigem Konsum. Die Eltern sind überfordert, die Kinder sowieso, die Lehrer auch. Die Freiheit in unserer Gesellschaft ist proportional zum Einkommen geworden, und wenige sehen den Teufelskreis, in dem sie sich bewegen. Ich kenne einige alleinerziehende Frauen und sie leben oberflächlich gesehen glücklicher ohne als mit Mann und das ist verständlich. Aber die Sehnsucht und der Wunsch nach Geborgenheit wird nicht erfüllt und das führt langfristig zu Einsamkeit und Frust. Unser Bedarf nach der absoluten Unabhängigkeit ist nur eine schlechte Alternative, ein fauler Kompromiss, eine Einbahnstraße, und das gilt für Männer wie Frauen genauso. Wir sollten uns jetzt langsam Gedanken machen wie wir das Vertrauen zwischen den Geschlechtern wieder herstellen können, statt uns zu bekriegen, um ein Zusammenleben zu ermöglichen. Ich glaube nicht, daß der Mensch sich wieder zum Einsiedler zurückentwickeln kann.
Aber selbst das stinknormale Leben kostet schon so viel, dass man einfach viel länger arbeiten muss.
Wo gibt es noch einen Job, wo man sehr gut verdient und jeden Abend um 18.00 zu Hause ist?
Falscher Ansatz, denn so ein Job ist inzwischen für Viele utopisch. Man sollte sein Leben vereinfachen, man sollte es versuchen, auch wenn es schwer ist. Dauerbelastungen wie Kredite usw. können in unserer unsicheren und veränderlichen Zeit schlimme Folgen haben und Menschen in tiefe Not stürzen. Man muß seine Erwartungen überdenken und bewußter handeln, sich vom Konsum- und Bedürfnisterror frei machen. Lebensstandard ist nicht gleich Lebensqualität, das sollte man aber eigentlich schon lange wissen.
Welcher Erwachsene verzichtet schon gern darauf, nicht jedes Jahr auf Urlaub zu fahren, weil kein Geld vorhanden ist? Ich denke es will keiner mehr auf den normalen Luxus (zwei Autos, nette Wohnung oder Haus mit großen Garten oder Terasse, min. 2x im Jahr auf Urlaub, nicht auf die Preise schauen beim Einkauf, die ganze Ausrüstung für die Schule der Kinder) verzichten?
Weißt Du, manchmal habe ich wirklich den Eindruck die Leute machen das nicht um sich was Gutes zu tun, sondern um den anderen und sich selbst zu zeigen wie erfolgreich sie sind. So ein Urlaub mit dem Wissen was das alles kostet, vielleicht noch mit einem überzogenen Bankkonto, kann ziemlich belastend für die Nerven sein. Ich zum Beispiel hatte ein großes Haus und viel Arbeit damit. Und 2 Autos. Und mehrmals Urlaub im Jahr. Aber trotzdem wenig Zeit und Nerven für meine Frau und die Kinder. Arbeit Arbeit Arbeit... Und nach 9 Jahren über 100000.- Schulden. Keine coole Wurst. Wenigstens nur im letzten Jahr schlaflose Nächte, das war ja schon sehr positiv. Nach 13 Jahren Ehe mit Haus und Hof fragte ich mich ob es nicht besser gewesen wäre, in Spanien am Strand eine Surfschule aufzumachen und das Leben so zu genießen wie es sich anbietet. Zumindest hätte ich jetzt auch so einen braungebrannten Waschbrettbauch, den ich mir nun wieder teuer und mit viel Schweiß erarbeiten muß;-)) Aber dieses erste Leben nach meiner Jugend ist Geschichte und ich hatte das Glück, da wieder relativ gut wieder rauszukommen. Aber so eine Erfahrung prägt und ich werde mich nie mehr so durch Erfolgsstreben und Ehrgeiz nach Perfektion versklaven lassen. Auch nicht von jemandem den ich liebe und der mich dazu bringen will, wie es mir dann 1997 erging als ich die Frau kennenlernte wegen der ich hier im Forum landete. Nun, sie war mitten am Beschleunigen ihrer Karriere und verlangte von mir eine ähnliche Einstellung. Sowas kickt und deshalb machte ich mit. Aber mein Einsatz galt in erster Linie ihrer Karriere und das wurde zum Boomerang für mich, da sie mir vorwarf ich würde mich und mein Leben vernachlässigen. Starke Frau sucht starken Mann. Woher kommt nur diese enge weibliche Vorstellung von Stärke? Ist ein Mann nur dann stark, wenn er sein egoistisches DING durchzieht? Und die Frau neben ihm steht und ihn anbeten kann weil er ja so ein toller Hecht ist? Wie erbärmlich. Und das passierte mir mit einer Frau, die ich als absolut starke, unabhängige und tolerante, moderat-feministische Kämpferin einschätzte. Wie viel mehr hätte man von einer Beziehung, wenn man die Kräfte bündeln würde anstatt sie gegeneinander einzusetzen? Sich ergänzen statt nebeneinander rumzuwerkeln? Aber es ist einfacher und ungefährlicher, Distanz zu wahren. Jeder für sich, allein gegen alle. Ich kann nur hoffen, daß hier mal etwas mehr Bewußtsein eintritt, ich jedenfalls fühlte mich durchaus stark genug, meine Probleme selbst zu lösen, auch wenn ich mich nebenher kräftig für die Karriere meiner großen Liebe einsetzte. Meinen eigentlichen Job habe ich eben locker auf einer Ar. erledigt und nicht schlecht dabei verdient. Ich hätte mehr jammern sollen, mich wichtig machen mit meinem Job, um ihr zu zeigen, daß ich vielleicht doch mein eigenes Ding durchziehe?
Ich wurde nicht erkannt, und ich denke es gibt hier einige Männer, denen es so ähnlich erging, die von ihren Frauen verlassen wurden weil sie nicht in deren Raster von Stärkeund Unabhängigkeit fielen.
Und ich kann dich voll und ganz verstehen, dass du mit deiner EX nicht mehr willst und kannst. Ich denke, du hast hier genug Zeit und hast alles Menschen mögliche investiert und versucht.
Jeder kommt an den Punkt, wo man nicht mehr weiter kann.
Das stimmt, der Punkt war erreicht. Und es ist doch immer wieder erstaunlich, wie manche Dinge sich fast ganz von selbst lösen. Kaum ist die Ex Geschichte tritt eine neue Frau in mein Leben, aber sie ist kein Ersatz, keine Trennungspartnerin, sondern eine Frau die ich schon immer gesucht hatte.
cu