Hallo Ihr,
puh, wo fange ich an? Und was erhoffe ich mir? Eigentlich kenne ich die Antworten selber, aber ich muss es irgendwie loswerden. Auch auf die Gefahr hin, dass Eure eventuellen Antworten sehr weh tun werden.
Zur Vorgeschichte:
In den letzten anderthalb Jahren ist bei mir in der Liebe sehr viel passiert. Ich war seit Januar 2020 in einer Beziehung. Es war eine Fernbeziehung (400 km). Wir kannten uns seit 15 Jahren, hatten aber lange keinen Kontakt. Diese Beziehung war meine Erste seit 10 Jahren und ich dachte, es sei Liebe. Allerdings wurde es sehr schnell schwierig (auch durch Corona). Er zweifelte plötzlich immer wieder an seinen Gefühlen. sie würden nicht für eine Zukunft reichen. Immer, wenn es schwierig wurde (kleine Streitereien), wollte er sich trennen. Ich habe jedes mal gekämpft und ihn überredet es nicht zu tun. Das ging fast ein Jahr so und meine Angst verlassen zu werden, wurde immer größer. Heute weiß ich, dass ich einfach nur Angst vor dem Alleinsein hatte. Ich habe das mit Liebe verwechselt.
Im Januar diesen Jahres kam dann der große Knall und er hat sich endgültig getrennt. Für mich brach alles zusammen, ich wollte ihn unbedingt zurück. Trotzdem habe ich diesmal nicht gebettelt und sofort den Kontakt abgebrochen.
In meiner Verzweiflung habe ich mich dann auch hier angemeldet (unter einem anderen Namen) und viel Unterstützung erfahren, dafür bin ich heute noch dankbar.
Jedenfalls schrieb hier jemand, ich solle mich ablenken, mich notfalls bei einer Singlebörse anmelden, auch wenn es da viele tote Fische gibt. Erst kam das gar nicht für mich in Frage, aber nach 3 Tagen habe ich es doch gewagt nur, um mich nach 2 Stunden ganz schnell wieder abzumelden. Ich weiß nicht, ob das normal ist, aber ich wurde bombadiert und das hat mich völlig überfordert. Was wollte ich auch da? ich suchte keinen neuen Partner, ich wollte ja den Alten zurück.
Am nächsten Tag hab ich es mir wieder anders überlegt und mich wieder angemeldet. Es war ja schon eine nette Ablenkung auch, wenn da wirklich viele eigenartige Nachrichten dabei waren.
Und dann passierte es. Ich bekam ja immer Vorschläge aufgrund meiner Angaben und ich konnte sie liken oder nicht. Ich wusste nicht, dass ich dann bei demjenigen auftauche
Am zweiten Tag nach der Anmeldung gefiel mir ein Bild und das, was der Mann schrieb und ich habe ohne darüber nachzudenken ihn geliked. Einen Tag später schrieb er mich an. Das, was er schrieb klang so anders, so echt, so normal und unglaublich nett und interessant. Ich habe gezögert zu antworten, ich wollte ja keinen Mann und er suchte ganz klar (laut seiner Angaben im Steckbrief). Außerdem war die Trennung ja gerade mal 5 Tage her.
Was soll ich sagen, ich habe geantwortet und wir haben ein paar Tage hin und hergeschrieben. Ich war ehrlich in allen Punkten, es hat ihn nicht abgeschreckt. Er schickte mir seine Nummer und meinte, wenn ich soweit sei, würde er gerne mit mir telefonieren.
Ich habe alle meine Bedenken über Bord geworfen und ihn 14 Tage nach der Trennung angerufen. Es war ein tolles, sehr angenehmes Gespräch. Das haben wir ein paar mal wiederholt und irgendwan kam das, was kommen musste, er wollte mich sehen. Das Problem war Corona. Wo sollte man sich treffen? Zu dem Zeitpunkt war alles zu und es war Februar/März. Dazu hatte er durch einen Unfall einen gebrochenen Fuß und war ans Sofa gefesselt. Ein Spaziergang fiel also auch aus.
Es war klar, wenn wir uns sehen wollen, muss ich zu ihm nach Hause
Wieder habe ich meine guten Vorsätze über Bord geworfen und habe es 4 Wochen nach der Trennung getan (bitte nicht schimpfen) Und wie gesagt, ich wollte immer noch den Alten zurück. Ich weiß nicht, was mich da geritten hat, warum ich das getan habe, aber es war die beste Entscheidung, die ich hätte treffen können. Er wohnt 50 km entfernt und ich bin an einem Samstag im März zu ihm gefahren.
Was soll ich sagen, ein toller Mann. Attraktiv, zärtlich, warmherzig, seit 1 Jahr nach 10jähriger Beziehung getrennt. Und er wollte mich tatsächlich. Von da an haben wir uns wirklich jedes Wochenende gesehen, manchmal auch unter der Woche. Wir waren zweimal im Urlaub, er hat mich seinen Eltern und einigen Freunden vorgestellt. Eigentlich war alles toll, in Ordnung und es gab keinen Grund für Zweifel.
Und jetzt kommt mein Problem. Eigentlich bin ich ein relativ selbstbewusster Mensch, aber ich glaube durch die vorherige Beziehung und diese ständige Zurückweisung war von meinem Selbstbewusstsein plötzlich nichts mehr vorhanden. Wenn ich bei ihm war, war ich immer eingeschüchtert, wollte ja nichts Falsches machen oder sagen. War viel stiller, habe Dinge nicht angesprochen und das Schlimmste. ich habe ständig nach Signalen gesucht, die dafür sprechen, dass er das beenden könnte. Und natürlich habe ich welche gefunden bzw. sie mir eingeredet und wurde immer unsicherer, je toller ich ihn fand. Wir haben nie darüber gesprochen, was das jetzt mit uns ist, was es für ihn ist. Eine Beziehung oder ein netter Zeitvertreib. Ich weiß, es sprach alles dafür, dass es auch für ihn eine Beziehung ist, aber ich habe mich nie getraut ihn direkt darauf anzusprechen aus Angst vor einer negativen Antwort. Das war ein riesen Fehler!
Wir haben überhaupt nie über Gefühle gesprochen und das hat mich zusätzlich verunsichert. Von Worten wie ich liebe dich oder ähnlichem ganz zu schweigen. Mittlerweile war ich die Unsicherheit in Person und dadurch fing ich an wegen jeder Kleinigkeit Theater zu machen, manchmal bin ich sogar komplett grundlos ausgeflippt. Er hat mich dann immer mit großen Augen angesehen und wusste nicht, wie ihm geschah. Ich wusste, dass das nicht gut war, ich wollte mich zusammenreißen, es nicht dadurch kaputt machen, aber dann war wieder etwas (er hat sich von einem Tripp mit Freunden erst sehr spät gemeldet) und ich hatte wieder den Beweis, ich bin nur der Zeitvertreib, ihm nicht wichtig genug. Für mich schwebte ich in der Luft, ich wusste nicht woran ich war und habe nur Negatives gesucht. Das hat mich kaputt gemacht. Naja und meine Ausraster wurden immer häufiger und immer schlimmer. Ich war überhaupt nicht mehr ich. Ich habe mich nicht wieder erkannt. So bin ich nicht.
Bis zum letzten Wochenende. Da habe ich gleich zweimal sehr heftig auf Nichts reagiert. Ich glaube, bei mir war das pure Verzweiflung. Ich muss dazu sagen, er ist wirklich kein Mann der großen Worte. Deswegen habe ich auch nie mit Gefühlsausbrüchen gerechnet, aber sie mir trotzdem gewünscht.
Und dann haben wir zum ersten mal über Gefühle geredet. Leider zu spät! Für ihn war es immer klar, dass wir in einer Beziehung sind. er hat nie verstanden, warum ich immer so verunsichert war. Wie auch, ich habe es ihm ja auch nie erklärt, denn dann hätte ich ihn ja auch fragen müssen, was das mit uns ist und davor hatte ich ja Angst.
Er sagt, er empfindet tiefe Zuneigung zu mir, aber eben keine tiefe Liebe. In seinen vorherigen Beziehungen war das entweder sofort oder nach relativ kurzer Zeit Liebe, aber jetzt nach 6 Monaten hätte er die Hoffnung aufgegeben, dass das noch kommt. Und ich kann das sogar verstehen. Wie soll man sich in jemanden verlieben, der einem das Leben so schwer macht und das zu Schluss jedes Wochenende. Das Schlimme ist, es hätte nicht sein müssen. Hätte ich ihn am Anfang einfach gefragt, was das für ihn ist, er hatte gesagt natürlich sind wir zusammen, was denkst denn du, ich hätte mich nie so in diese Unsicherheit reingesteigert.
Ich hätte einfach nur fragen müssen. Und jetzt ist es zu spät.
Das war vor 2 Tagen. Ich weiß nicht, ob es ein Fehler war, aber ich habe ihn gestern nochmal angerufen um mich zu erklären. Ich habe ihm alles erzält, was mich die letzten 6 Monate bewegt hat, was ich für Ängste hatte, warum ich unsicher war und dass ich mich selbst nicht mehr verstanden habe. Und ja, ich habe auch gebettelt. Ich habe ihn gebeten, mir die Chance zu geben ihm zu zeigen, dass ich eigentlich ganz anders bin, wenn ich nicht verunsichert bin. Es war ein ganz ruhiges Gespräch und auch er hat bei sich Fehler gesucht. Er sagt, er hätte früher einen Warnschuss abgeben müssen und nicht erst, wenn es zu spät ist.
Er sagt, er versteht jetzt alles besser und es tut ihm leid, dass er mich so verunsichert hat. Er glaubt mir, dass das der Auslöser für meine heftigen Ausbrüche war. Er sagt, dass er auf dem Stand von Sonntag ist, dass es vorbei ist. er hätte es ausgesprochen und alles hingeworfen und das jetzt wieder aufzuheben sei schwerer, als es hinzuwerfen.
Er bat mich um Bedenkzeit, er müsse das auch alles erstmal sacken lassen und er will sehen ob er mich vermisst, wenn wir uns nicht mehr sehen oder hören. Er könne jetzt nicht sofort den Schalter umlegen und weitermachen, als wenn nichts gewesen wäre. Das verstehe ich total und natürlich werde ich ihn von jetzt an in Ruhe lassen.
Es ist so bitter zu wissen, ich hätte nur fragen müssen und alles wäre anders gelaufen. Ich wäre entspannter gewesen und vielleicht hätte er sich dann auch in mein echtes Ich verlieben können. Natürlich weiß man das nicht, aber die Chance wäre auf jeden Fall größer gewesen, als so.
Ich glaube nicht, dass er mich jetzt hinhalten will oder sich nicht traut zu sagen, dass es trotzdem nichts ändert. Ich glaube, dass er tatsächlich darüber nachdenken wird, aber ich glaube nicht, dass es am Ende gut für mich ausgehen wird. Trotzdem ist da natürlich ein klitzekleiner Funken Hoffnung.
Ich danke allen, die es geschafft haben bis hierhin zu lesen
Aber schon das Aufschreiben hat gut getan.
29.09.2021 09:40 •
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