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Die Balance zwischen Empathie und Verantwortung

LeTigre
Zitat von FrauDrachin:
Da möchte ich mal entschieden einhaken.
1. Gerade dieses Argumentation hält auch viele Leute von einer Therapie ab, die sie bitter benötigen würden.
2. Weil hier eben niemand beurteilen kann, ob Therapiebedarf besteht.
3. Um es auf die Körperliche Ebene zu ziehen: Zum Arzt geh ich auch nicht nur, wenn ich etwas lebensbedrohliches habe. Ein Arzt wird sich auch meinen Schnupfen anschauen, wenn ich besorgt bin.
Klar GIBT es Leute, die wegen jedem Schmarrn zum Arzt springen, und wichtige Termine blockieren. Das wird aber sehr bald der Arzt selber wissen, und der ist auch der Richtige, um zu entscheiden, ob der Patient weitere Termine braucht oder nicht.
Also, klar darf ich auch zum Therapeuten gehen, wenn ich nicht akut eine Depression, Zwangsstörung oder sonstwas habe. Ich darf auch mit seelischen Problemen zum Therapeuten gehen, wenn ich einfach merke, dass ich selber gerade nicht klar komme.
4. Das Problem der zu wenigen Therapeuten kommt nicht von den Leuten, die völlig sinnlos hinlaufen, sondern vom Gesundheitssystem. Es fehlt schilcht der Wille, das zu verändern.


1000 Dank, das waren auch meine Gedanken dazu.

Nicht die Leute, die wegen vermeintlichen Kleinigkeiten einen Therapeuten beanspruchen, sind Schuld, sondern das Gesundheitssystem, dass die Therapieplätze für Kassenpatienten unnötig verknappt.

Denn auch eine von außen wirkende Kleinigkeit, kann viel nach sich ziehen.

Zitat von FrauDrachin:
wenn es allen Leuten gelingen würde, nicht zu schreiben, wenn sie nur verurteilendes beizutragen haben.


Da entsteht oft schon das erste Problem. Denn viele erkennen ja nicht mal, wenn sie verurteilend, abwertend oder verletzend unterwegs sind. Da greift dann gerne schon mal der bereits erwähnte Glaubenssatz:Von Köpfchen tätscheln wird es auch nicht besser. Und dieser Glaubenssatz entsteht ja auch oft, wenn einem selbst so begegnet wurde in früheren Zeiten.
Wenn man es ihnen dann sagt, könnte man natürlich einen Schritt zurücktreten und sagen Oh, ok. Ja, vielleicht war das wirklich zu viel.
In der Regel neigen Menschen aber dazu (und da will ich mich nicht ausschließen), sich erstmal zu rechtfertigen oder irgendwelche Erklärungen zu suchen, warum das jetzt genau richtig war.

Denn wer gibt schon gerne zu:
Ich habe eine Fehler gemacht.
Ich habe mich hier nicht im Griff.
Ich bin hier problematisch. ?

Nun darf man nicht vergessen, dass viele ja hier gelandet sind, weil sie selbst verletzt wurden. Dass da Emotionen und Abwehrmechanismen hochkommen, sobald jemand triggert (auch wenn es gar nicht beabsichtigt ist), ist auch irgendwo menschlich.

In einem anderen Forum (Muttiforum) war es so, dass die Forenleitung Moderatoren innerhalb der Chats hatten, die auch schnell die Leute beruhigt haben, wenn es drunter und drüber ging. Dazu wurden ab und an User, die durch eine besonders besonnene Art auffielen angesprochen, ob sie ins Moderatorenteam einsteigen wollen. Mit einer bin ich mittlerweile sogar privat befreundet.

Ob das jetzt hier möglich oder gar erwünscht wäre, keine Ahnung. Ich denke fast nein. Aber ich denke, man muss sich überlegen, wie man selbst damit am besten umgeht.

User zu blockieren, ist echt schon sehr hilfreich. Gerade wenn es welche sind, die immer wieder durch provokantes Verhalten, durch Unsachlichkeit oder durch eine mangelnde Kommunikationskultur und Einsichtsfähigkeit auffallen.

Weiterhin meide ich bestimmte Themen einfach rigoros und versuche nicht mehr auf jeden Text, der mir irgendwie stinkt einzugehen.

Längere Pausen helfen auch, damit man nicht so abgestumpft reagiert. Ein neuer TE, kann nichts dafür, dass manchen die Inhalte und Phrasen schon zum Halse raushängen, zB wenn es um Affären geht und das Wort Seelenverwandschaft fällt oder Er hat gesagt, sie leben wie in einer WG.

Ich bin aber Schwarzmalerin: ich denke das Grundproblem wird in diesem Forum einfach erhalten bleiben.

Gestern 12:03 • x 1 #46


FrauDrachin
Zitat von nalea:
Für mich ist dieser Rat fast schon eine Ablehnung: du musst dich selbst drum kümmern., ich willdich und dein Knirschen im Leben nicht aufwändig begleiten.

Ok, ich denke, dann ist es für dich wichtig zu erkennen, dass lediglich du es so liest, so in deinem Kopf bewertest, dass das aber keinesfalls notwendigerweise so gemeint war.
Ich hatte diesen Eindruck tatsächlich noch nie(!).

Vielleicht liegt es eben auch an dem unterschiedlichen Bild, das ich und du von Therapie haben.
Ich finde es geradezu gefährlich, wenn wir hier im Forum denken würden, wir könnten ähnlich effizient und vor allem neutral helfen, wie ausgebildete Therapeuten. Gerade wegen der Gefahren, die hier und in ähnlichen Themen angesprochen werden.

Ich bin wesentlich öfter geneigt, zu einer Mediation zu raten. Eben weil hier natürgemäß nur einer eine Stimme hat. Und weil es immer sinnvoller ist, miteinander zu reden, statt übereinander.

Gestern 12:11 • x 2 #47


A


Die Balance zwischen Empathie und Verantwortung

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LeTigre
Zitat von nalea:
Allerdings ist die Masse mit der hier Ferndiagnosen von Laien gestellt werden wirklich extrem.

Richtige Ferndiagnosen finde ich auch schwierig. Nachfragen und einen Verdacht äußern dagegen ok. Sofern die Diagnose nicht dazu dienen soll, den anderen einfach nur zu beleidigen, zB Narzisst, wenn jemand mit ein oder zwei Sätzen daneben gegriffen hat oder man sich einfach unsympathisch ist.

Zitat von nalea:
Dabei fällt unter den Tisch, dass nicht jede Therapie Erfolg hat, nicht unbedingt sofort sinnvolle Veränderungen zeigt, oder jede Therapeuten-Patienten Konstellation passt.


Oder dass es einfach keine Therapieplätze wie Sand am Meer gibt. Ich arbeite in einer Praxis Für Kunst- und Ergotherapie. Manche Leute denken echt, dass wir nur auf Laufkundschaft warten.

Gestern 12:14 • x 2 #48


LeTigre
Ich würde persönlich immer dann zu einer Therapie raten, wenn ich das Empfinden von Leidensdruck bei/m der/ dem TE habe.

Gestern 12:16 • x 3 #49


N
@FrauDrachin Ich glaube wir sind in Sachen Therapie auf dem gleichen Standpunkt. Therapien sind für mich, ebenso wie Beratung, Seelsorge hervorragende Wege sich wieder aufzurichten, neu auszurichten und zu heilen. Ich bin absolut für Selbstreflexion und das Erlernen von Resilienzstrategien.

Was ich meine ist, dass Therapien nicht mehr die Würdigung erfahren, die sie haben müssten. Das Verstehen wie schwierig es ist sich den eigenen Probleme zu nähern und Dinge im Leben zu verändern. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass Therapien Leben retten können. - Mir missfällt hier im Forum die Tendenz zur Ferndiagnose. Und das Abschieben des Problems.

Gestern 12:37 • x 1 #50


N
@LeTigre Ich frage mich nur, warum wir hier oft dazu raten, anstatt zu fragen was die TE schon unternommen hat. Ob sie schon seelische und psychologische Unterstützung aus dem Umfeld hat und ob das reicht. Fragen, ob derjenige sich vorstellen könnte zum Hausarzt zu gehen, um das Problem und die gesundheitlichen Folgen zu besprechen und um Hilfe zu bitte. Fragen, anstatt zu raten.

Gestern 12:40 • #51


E
Zitat von nalea:
fast schon eine Ablehnung: du musst dich selbst drum kümmern., ich will dich und dein Knirschen im Leben nicht aufwändig begleiten

Ich glaube, ich kann dein Anliegen verstehen und habe selbst nur in wenigen Fällen zu einer Therapie geraten. Und es gibt auch Coaching als Alternative.

Manchmal kommt einem der TE als so verstrickt vor, dass man erkennen kann, dass ohne fachmännische Begleitung keine Chance auf Besserung entsteht. Genau in solchen Fällen halte ich gut gemeinte Alltagsratschlaege für äußerst kontraproduktiv.

Ich merke, dass trotz Bemühung meine Worte meine Gedanken nicht präzise genug transportieren, daher ein konstruiertes Beispiel. Jemand beklagt sich über akute Schmerzen in der Brust und Atemnot. Rufe bitte 112 ist das einzig Sinnvolle meiner Meinung nach.

Gestern 12:46 • x 2 #52


LeTigre
@nalea

Naja, erstens lebt ein Forum ja von Vielfältigkeit und nicht davon, dass alle das selbe tun, sagen, fragen oder raten. Ich arbeite ja selbst mit Menschen und klar, es gibt No Gos und es gibt allgemeine Richtlinien. Aber jeder braucht im Endeffekt etwas anderes bzw jedem hilft was anderes. Auch in der Kommunikation muss ich oft variieren.

Zweitens kommt halt auch nicht jeder darauf, erstmal Fragen zu stellen, wie man es in einer 1 zu 1 Beratung vermutlich machen würde.

Allerdings denke ich auch, dass es nicht sooo einen immensen Unterschied machen würde, wenn man nun erst fragt, statt gleich drauf los rät. Im Endeffekt würde beides auf ein relativ ähnliches Ergebnis rauslaufen.

Ich glaube, man darf auch nicht zu viel von den einzelnen Personen erwarten. Von einer Freundin erwarte ich auch keine psychologische Herangehensweise oder bestimmte Fragetechnik, sondern manchmal auch einfach nur:Boah, das hat er gesagt? Der spinnt doch, das hast du nicht nötig.

Gestern 13:12 • x 2 #53


N
@LeTigre Genau das meine ich. Eine gute Freundin kennt einen und weiß was sie sagen kann ohne uns in die Defensive zu treiben. Umgekehrt kennen wir sie und wissen wie sie etwas meint. Unsere Kommunikation ist deshalb auch oft unverblümt.

Bei einer fremden Person ist das anders. Wir wissen im Prinzip gar nichts.

Gestern 17:42 • #54


Blanca
Zitat von Doing:
Ich finde, es ist wichtig, dass wir uns fragen:
Helfen wir wirklich, wenn wir ausschließlich loben und alle Kritik ersticken?

Dem stimme ich gern zu.

Zitat von Doing:
Oder nehmen wir der betroffenen Person die Chance, etwas zu verändern und aus der Situation herauszuwachsen?

Eben.

Zitat von Gwenwhyfar:
Für mich steht fest, dass dieses Forum daran krankt, dass nicht aktiv moderiert wird.

Für mich steht fest, daß eben diese lange Leine es ist, mit der gerade dieses Forum sich äußerst positiv von anderen abhebt, die für meine Begriffe übermoderiert sind. Als ehemalige Usenetnutzerin bin ich da allerdings auch deutlich mehr Freiraum gewohnt (das Usenet ist inzwischen vermutlich die letzte Onlinesphäre ohne Zensur) und als freiheitsliebender Mensch lege ich immens viel Wert darauf.

Davon ab sehe ich es so, daß Freiheit sowohl bedeutet tun, aber eben auch lassen zu dürfen, was man nicht will - solange beides nicht die Rechte anderer Menschen verletzt. Zudem gestehe ich Erwachsenen zu, für sich selbst verantwortlich zu sein - will heißen: ich packe sie schon deshalb nicht in Watte, als handle es sich um kleine Kinder. Letzteres empfände ich sogar als zutiefst herabwürdigend.

Was ich inakzeptabel finde sind dezidierte Beleidigungen (Du Idiot) oder ähnliches. Liest man hier aber eigentlich so gut wie nie. Natürlich gibt es auch andere Übergriffigkeiten - allgemeine Beispiele wurden von diversen Vorschreibern bereits genannt. Ob das dann immer in voller Absicht geschieht, auf Mißverständnissen basiert oder gar der geistigen Schlichtheit der betreffenden SchreiberInnen gestundet ist, sei dahingestellt. Aber eins ist sicher: Der Ignorierknopf funktioniert hervorragend... jedem Betroffenen steht es frei, sich mit einem kurzen Zitat des Übergriffs, unterschrieben mit einem P.L.O.N.K auszuklinken und unliebsame Threadteilnehmer dann kurzerhand auf den Filter zu nehmen. Schon hat man seine Ruhe, der als übergriffig empfundene Threadteilnehmer bleibt hinfort unbeachtet und alle wissen auch, warum - fertig.

---

Abschließend noch ein allgemeines Statement: Hier schreiben Menschen unterschiedlichster Herkunft, Bildung, Kultur, Alters. Allein die Generationsunterschiede wirken sich erheblich auf die Kommunikation aus - da prallen echt Welten aufeinander. Wenn Internetforen für eins gut sind, dann dafür daß man lernt, nichts - wirklich überhaupt nichts - selbstverständlich zu nehmen. Wer damit nicht umgehen kann, sollte vielleicht tatsächlich lieber andere Wege nutzen, um sich Hilfe zu suchen (oder sie geben zu wollen). Aber es wegzensieren? Nein, bitte nicht.

Gestern 19:21 • x 4 #55


Blanca
Zitat von LeTigre:
Nicht die Leute, die wegen vermeintlichen Kleinigkeiten einen Therapeuten beanspruchen, sind Schuld, sondern das Gesundheitssystem, dass die Therapieplätze für Kassenpatienten unnötig verknappt.

Nur mal so am Rande:

In vielen Fällen wäre schon viel damit gewonnen, wenn die Differentialdiagnostik eine andere wäre. Vor allem Patienten mit diffusen Symptomen werden gern auf die Psychoschiene geschoben, wenn der Hausarzt oder Internist nicht weiterkommt damit.

Ich spreche aus eigener, jahrzehntelanger (!) persönlicher Erfahrung. In meinem Fall lag es schlicht an fehlendem Vitamin D! Meine Stimmung war binnen einer Woche (!) schlagartig (!) besser denn je. Seitdem spüre ich auch erst, wie Entspannung sich überhaupt anfühlt. Bodyscans, Meditation, Qi Gong, Jacobsen, progressive Muskelentspannung, Yoga, Feldenkrais, etc. brachten hingegen trotz intensivster Bemühungen absolut nichts - außer daß sie mich enorm viel Zeit kosteten, die ich leider eh kaum hatte. Außerdem konnte ich den Kopfnebel mit Probiotika auflösen.

Leider ist kein Ende dieses desaströsen Schulmedizin-Szenarios absehbar. Denn gesetzliche Kassen zahlen selbst wesentliche Tests nicht, obwohl es mitunter Tausende von Euronen an Therapiekosten und vor allem dem Patienten eine Fehlbehandlung par excellence ersparen könnte.

Gestern 19:54 • x 5 #56


N
@Blanca Ging mir ähnlich. Bis eine neue Internistin zu mir sagte: Sie sind nicht krank, weil sie gestresst sind. Sie sind gestresst, weil sie krank sind. Bei mir war's Vitamin B...

Gestern 20:02 • x 2 #57


Blanca
Zitat von nalea:
Bei mir war's Vitamin B...

Kudos an Deine Internistin!

Übrigens kann es auch einen Unterschied machen, ob man nur Serum testet, oder interzellulär.... und welches Labor man wählt (meine Empfehlung: Biovis und Ganzimmun)... und ob in der Arztpraxis richtig zentrifugiert wird.... und wie lange die Sendung von der Praxis ins Labor benötigt... und und und.....

Woraus ich hinaus will: Die funktionelle Medizin steckt in Europa leider noch in den Kinderschuhen. Zudem ist sie Privatpatienten vorbehalten (ich bin eine und danke dem Herrn täglich auf Knien dafür).

Abgesehen vom Ukrainekrieg ist das für meine Begriffe der aktuell größte Skandal auf europäischem Boden schlechthin. Denn Gesundheit geht echt ans Eingemachte. Da interessieren mich Mainstreamthemen wie Migration echt einen feuchten Kehrricht, wenn ich das ins Verhältnis setze. Ich halte es mittlerweile aber auch für keinen Zufall mehr, daß eben diese Themen penetrant und mantramäßig aufs Trapez gebracht werden. Das dient offenbar der Ablenkung vom sozialen Großdesaster und die funktioniert blendend...

Merde!

(Sorry - das Schlußwort wird auf deutsch und englisch leider auto-zensiert. Also mußte die frz. Version herhalten...)

Gestern 20:11 • #58


N
@Blanca Ob es da einen Zusammenhang gibt, weiß ich nicht. Aber ich frage mich oft, warum Frauen diesbezüglich nicht mal auf den Tisch hauen. Die meisten Medikamentendosierungen werden erst mal an Männern bestimmt. Studien drehen sich oft um Männer einer bestimmten Altersklasse. Und dann wundert sich frau, dass sie das eine nicht gut verträgt und das andere seine Wirkung verfehlt.

Dann erhält man wieder die Psychokarte mit dem Dauerauftrag ' Reparier dich mal'. Es ist deshalb auch kein Wunder, dass es kaum Therapieplätze gibt und sich die meisten Therapeuten auf Privatpertienten oder Selbstzahler konzentrieren können. Die Überwiesenen sind einfach ein riesiger Pool.

Gestern 20:20 • x 1 #59


Blanca
@nalea
Zitat von nalea:
Ob es da einen Zusammenhang gibt, weiß ich nicht.

Forschung wurde früher staatlich gefördert. Heute werden Unis von Big Pharma gesponsert und so sieht die Ausbildung angehender Schulmediziner denn auch aus - Nebenwirkungen eingeschlossen.

Zitat von nalea:
Dann erhält man wieder die Psychokarte mit dem Dauerauftrag ' Reparier dich mal'.

Klar, ist für den behandelnden Arzt schließlich die bequemste Lösung. Sind ja auch nur Menschen bzw. Angehörige einer Generation Z, die nach dem Minimalprinzip lebt und arbeitet.

Gestern 20:33 • x 1 #60


A


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