Da ich meine Geschichte nicht im "Kontaktsperre"-Thread spamen möchte, ich aber merke, wie gut mir die Aufarbeitung tut - und wie toll Ratschläge und Feedbacks sind, eröffne ich hier meinen eigenen Strang, in dem ich meine Trauer und meinen Liebeskummer verarbeite. Auch für die Retrospektive, immer mal wieder nach zu lesen, wo man mal stand, wie es weiterging, ist wertvoll für mich. Dies wird ein langer Text - aber ich brauche das um weiterzukommen.
Wir lernten uns vor einem halben Jahr in Berlin über eine App kennen. Da ich sah, dass er aus Paris kam betrachtete ich das alles als ein zwangloses Date mit einem attraktiven Mann - ich hatte Lust auf einen Drink. Auf dem Weg zum Date sprachen mich zwei Männer auf der Straße an und sagten mir, ich sei die schönste Frau weit und breit. Das stärkte mein Selbstbewusstsein und so verunsicherte es mich auch nicht, dass er einfach umwerfend aussah, als er ankam. Da wir in der Bar aufgrund seiner Corona Papiere abgewiesen wurden, spazierten wir eine halbe Stunde zu einer anderen Lokalität. Das veränderte alles. Wir kamen direkt in ein tiefes Gespräch - errieten auf Anhieb, wo unsere Wurzeln liegen, stellten fest, dass wir die gleiche Kindheit hatten, die gleiche Karriere in Angriff nahmen - und ich mich sogar vor einem Jahr bei ihm beworben hatte. Wir stellten fest, dass wir am gleichen Tag Geburtstag haben und die gleichen politischen Ansichten, wie gemeinsame Werte besitzen. Wir kamen in diese Bar - lachten, witzelten, neckten und und ich wollte dieses Date als wunderschöne Erfahrung abschließen, mit der Erkenntnis, dass es da draußen Menschen gibt, die einen verzaubern, die man einfach plötzlich auf seinen Wegen trifft.
Es wurde recht kalt, ich entschloss mich, aufzubrechen, nach Hause zu fahren. Er bat mich, ihn in sein Apartment zu begleiten, eine heisse Dusche zu nehmen und einfach nebeneinander einzuschlafen weil er mich nicht gehen lassen will. Ich lehnte dankend ab - das wäre nicht mein Stil.
Ich rief mir ein Taxi, lief los - und er lief mir hinterher, hielt mich fest und küsste mich. Dieser Kuss war so alles verändernd, dass ich perplex ins Taxi fiel und sprachlos war.
Als ich zu Hause ankam, hatte ich schon die erste Nachricht. Dass dieser Kuss unglaublich war, dass er mich wiedersehen muss. Und was ich morgen machte. Er lud mich zu einer Firmenfeier ein, da sein Arbeitgeber in Berlin angesiedelt ist und er eine Woche im Monat in Berlin verbringt.
Ich dachte mir, gut, er stellt mich direkt seinen Kollegen vor, das ist flott, aber ich wollte ihn sehen. Also ging ich hin. Wir verbrachten einen tollen Abend, seine Kollegen waren lustig und aufmerksam, er hatte nur Augen für mich, stellte mich gleich als sein Date vor, küsste mich auch. Und wir gingen zu ihm nach Hause. Beseelt wie kleine Kinder schliefen wir nebeneinander ein. Am nächsten Morgen hatten wir das erste Mal sechs. Es war intensiv, zärtlich, irgendwie, wie das erste Mal.
Daraufhin schlug er vor; dass wir brunchen gehen und ins Kino, denn eine gute Freundin aus Paris wäre aktuell da und die hätte eine Filmpremiere organisiert. Auch sie lernte ich kennen. Deren Eltern sind lebenslange Freunde, er stellte mich als gute Freundin vor. Der Film war schrecklich, wir schliefen dabei ein, danach entschieden wir, lieber wieder nach Hause zu gehen und was zu Essen zu bestellen.
In der Nacht teilte er mir mit, dass er in Paris mit einer Frau zusammenlebt, sie 5,5 Jahre zusammen gewesen wären, seit zwei Jahren aber nichts mehr liefe und er sich nun von ihr trenne. Er habe sie nie geliebt, sie habe ihm aber Stabilität in schlechten Zeiten gegeben und er müsse da raus. Er hätte sie sowieso nur betrogen und so eine Beziehung möchte er nicht aufrecht erhalten. Außerdem teilte er mir mit, dass er einen 10 jährigen Sohn von einem one night stand habe, den er mit 23 gehabt habe. Ich könnte nun entscheiden, ob ich den Weg mit ihm gehe - und er wird steinig, aber er würde das mit mir wollen. Ab diesem Zeitpunkt waren wir zusammen und er verkündete dies auch seiner Familie, seinen Freunden, ich tat dies ebenso.
Da er nicht getrennt von mir sein wollte, beschlossen wir, zusammen zu reisen, wir reisten nach Prag, wir reisten nach Paris, dort lernte ich seine besten Freunde kennen, wir reisten nach Barcelona, nach Marbella, wo ich seine anderen besten Freunde kennenlernte, nach Berlin, wo er meine Familie und Freunde kennenlernte und in die Normandie, wo er ein Haus besitzt.
Zwischendurch fingen Streitereien an - über meinen Alk., da ich Alk. nicht kontrollieren kann und dementsprechend mich mal einen Abend nicht melde oder einfach ziemlich unkontrolliert werde. Das waren seine red flags die er auch offen ansprach. Meine red flags waren der ständige Kontakt zur Ex wegen des gemeinsamen Hundes. Und, dass er alleine nach Amsterdam und Barcelona reisen musste, um dort zu kif*en. Ich hatte ein ungutes Gefühl dabei, ließ ihn aber machen.
Als ich nach zwei Monaten der Reise wieder nach Berlin musste - fuhr er nach Paris und zog bei seiner Ex aus. Zurück zu seinen Eltern, wo er heute noch lebt weil es schwer ist, eine gute Wohnung in Paris zu finden. Und dann starb meine Katze und ich war am Boden zerstört. Zeitgleich fuhr er nach Amsterdam um abzuschalten. Mir kam komisch vor, dass er an einem Abend nicht ansprechbar war - also verfolgte ich sein Social Media Verhalten. Ich entdeckte, dass es da eine neue Frau gab, die ein Bild von Amsterdam postete, es sah aus wie sein Hotel. Ich rief ihn an, fragte ihn, was da abging, er meinte, sie wäre eine gute Freundin und er habe sie nicht getroffen, er sei einfach versackt. Nach drei Tagen kam er dann nach Berlin, ich stellte ihn nochmals zur Rede und fragte ihn, was da wirklich gewesen sei. Er schaute mir in die Augen und sagte, er habe nie mit ihr geschrieben, sie nie getroffen, ich solle mich entspannen.
Konnte ich aber nicht. Also schrieb ich der Dame. Sie sagte mir, dass er ihr nie schrieb, als hätte er eine Freundin - und dass sie sich für zwei Stunden auf Drinks getroffen hätten. Sie sagte mir, dass er ihr am nächsten Tag schrieb, dass er jemanden in Berlin habe und herausfinden müsse was das ist und dass er sie deshalb auch nicht anfassen wollte. Sie schickte mir die Screenshots, und sagte, es wäre nichts gelaufen und er hätte es am nächsten Abend beendet.
Da wusste er ja schon, dass ich sie im Auge hatte und misstrauisch war. Ich empfand das als großen Vertrauensbruch, da man sowas nicht macht, wenn man in einer exklusiven Beziehung ist.
Er sagte, er wollte sie treffen und sich von ihr verabschieden, da sie ein Jahr lang per Texte Kontakt hatten, ihre Oma kürzlich starb und er sie nicht so hängen lassen wollte. Er log mir einfach dreist ins Gesicht, das konnte ich nicht mehr verkraften und ab da war ich eine misstrauische Furie.
In dieser Woche des permanenten Streits, der Vorhaltungen, Heulattacken, Zusammenraufen, fanden wir heraus, dass ich schwanger war. Wir hatten mit Pille verhütet aber irgendwo in der Normandie ist es passiert. Das veränderte die gesamte Dynamik abermals. Erst waren wir glücklich darüber, dann stritten wir jeden Tag, dass es zu früh sei, wir nicht wissen, wo wir wohnen sollen, er ein Trauma durch seinen Sohn hat, dass jemand ihm ein Kind anhängen wolle - dass wir die Entscheidung auf Eis legten. In der Zwischenzeit entwickelte ich eine Sepsis aufgrund von einer Brust OP und musste notoperiert werden. Durch die Schwangerschaft musste dies in örtlicher Betäubung vorgenommen werden, ich erlitt Höllenqualen - die Implantate wurden bei vollem Bewusstsein entfernt, und er stand mir die ganze Zeit zur Seite. Dennoch stritten wir jeden Tag aufgrund meiner extrem Emotionalität durch die Hormone und konnten einfach nicht entscheiden, ob wir es behalten oder nicht.
Eine Woche später flog er wieder zurück nach Paris. Ich weinte die Tage davor und den Tag pausenlos, wollte nicht dass er geht. Und als er zum Flughafen fuhr, setzte bei mir eine Blutung ein. Ich fuhr ins Krankenhaus, er wollte zurück kommen, ich sagte, er soll fahren, er müsste sich um seine Wohnung kümmern, es würde alles schon werden. Im Krankenhaus diagnostiziere man eine bevorstehende Fehlgeburt. Irgendwie waren wir beide dann erleichtert. Zumindest diese Entscheidung würde uns abgenommen werden. Ein paar Tage später dann das Wunder und zugleich der Schock: der Fötus hatte es geschafft. Und wieder fingen unsere Diskussionen an, wie wir das bewerkstelligen sollten. Irgendwann kommunizierte er klar, dass wir es nicht machen sollten, es wäre zu früh dafür.
Ich entschied mich für eine Abtreibung um die Beziehung nicht zu gefährden, er kam dafür nach Berlin, wir zogen es zusammen durch und ich dachte, ich konnte aufatmen.
Eine Woche später kamen seine Eltern extra nach Berlin um mich kennenzulernen. Sein Vater ist Deutscher aber durch kulturelle Umstände hat er 50 Jahre kein Deutsch gesprochen, seine Eltern waren auch noch nie in Deutschland. Mit mir redete er deutsch wie ein Wasserfall und mein Ex Freund war ganz perplex darüber. Wir hatten eine tolle Zeit und er sagte mir, dass seine Eltern mich richtig mochten. Wieso stellte er mich auch noch seinen Eltern vor, wenn er es sowieso beenden wollte. ich verstehe das alles nicht.
Leider stritten wir weiter - ich hatte das Gefühl, dass er nicht ehrlich zu mir ist, also schaute ich in sein Handy und fand Chats (konnte die Texte nicht mehr lesen) die archiviert waren, mit einer Menge Frauen, alle aus den letzten Tagen aus Paris. Außerdem, dass er seine Ex vermisste. Ich stellte ihn zur Rede, er rastete aus. Sagte, dass er die Freundin in seiner Ex vermisst und dass er mit diesen Frauen nichts geschrieben hätte, mich nie betrogen hätte und ich sein Vertrauen missbraucht hätte. Er entschied sich, wieder nach Amsterdam zu fliegen, um abzuschalten und zu kif*en.
Es gab noch mal einen heftigen Streit, da ich verstehen wollte, warum er sich mit Frauen trifft und ob er eine offene Beziehung benötigt, dann solle er es sagen und es beenden. Er verneinte dies und sagte, dass er mich liebte.
Er stieg ins Taxi zum Zug nach Amsterdam. Ich erstellte mir ein Fake Bumble Profil, und entdecke ein frisch erstelltes Dating Profil für Amsterdam. Daraufhin brach die Welt zusammen und ich machte Schluss. Er begrüßte dies und sagte, es sei zu viel passiert, wir wären zu instabil, er brauche Leichtigkeit in seinem Leben, ich hätte ihn zu sehr verletzt mit meinen Aufs und Abs - dass ich aber hormonell gesteuert war und durch meine persönliche gesundheitliche Hölle ging, vergaß er dabei völlig.
Die Trennung war vor zwei Wochen. Ich bin, wie man im "Kontaktsperre" Thread lesen kann, am Boden zerstört. Nun meldete er sich durch meine Kontaktsperre häufig, bis der Höhepunkt kam und er mich Samstag Nachts anrief, ich aber nicht ranging. Danach unterstellte er mir, ich sei mit Männern und betrunken - dabei war ich in einem Biergarten und als ich seinen Anruf sah, zusammengebrochen war. Ich schickte ihm Bilder der Nacht als Beweis und auch eine Nachricht an eine Freundin, dass ich aufgrund des Anrufs nach Hause fahre, weil ich so geweint habe.
Daraufhin schlug er vor, dass wir uns in Brüssel treffen sollten, mit diesem Text:
"Ich glaube nicht, dass wir beide individuell da stehen, um eine gesunde Beziehung zu führen, und ich denke, dass noch viel Arbeit vor uns liegt. Ich muss die Dinge noch verarbeiten. Ich kann die Zukunft nicht vorhersagen, ob wir jemals wieder zusammenkommen werden. Ich wäre allerdings fein damit, (wenn für dich auch in Ordnung), 2-3 gute Tage zusammen zu verbringen. Nur wir zwei.
Eine Zeit nur für uns, um als zwei Erwachsene zusammen zu sein, die sich lieben. Kein Druck, keine Erwartungen oder Reden über unsere Fehler. Sich nur auf die Gegenwart und aufeinander konzentrieren, den Fortschritt des anderen überprüfen. Leichtigkeit zusammen erleben. Was denkst du?
Ich bin immer noch verletzt und werde noch Zeit brauchen, um zu heilen und Dinge zu verarbeiten, aber ich möchte auch fair sein und sehen, wie wir uns individuell entwickeln und was passiert, wenn wir zusammen sind. Ich denke, es ist eine gute Gelegenheit. "
Ich weiß nun nicht, ob ich da hinfahren soll, weil ich Alpträume habe und einfach Angst habe, dass er zweigleisig fährt - was ich durch die Reaktionen unserer lieben Community aber so deute.
Beim Schreiben merke ich, wie schlimm das alles auch für ihn gewesen sein muss, aber eben auch für mich. Ich weiß, es war Null auf Hundert und wenn man es so schnell so versemmelt, dann sollte man wohl besser ruhen lassen. Aber die Gefühle sind da. Vielleicht hilft die Zeit. Ich weiß es einfach nicht.
27.06.2022 19:48 •
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