FRÜHER WAR MEHR LAMETTA! Diesem allzu bekannten Satz aus dem Loriot-Weihnachtssketch kann ich nur immer wieder schmunzelnd zustimmen. Als kleines Mädchen faszinierte mich das silberne Glitzern im Schein des warmen, natürlichen Kerzenlichtes. Etwas älter geworden, übernahmen meine Zwillingsschwester und ich mit Hingabe das sorgfältige Schmücken des Baumes, und freuten uns über die staunenden Augen unseres 8 Jahre jüngeren Bruders. Lametta musste unbedingt sein und gehörte zum Heiligabend einfach dazu. Genauso wie die Aufregung beim Krippenspiel, wie Kartoffelsalat mit Wiener Würstchen, das Beisammensein der großen Familie, erwartungsfrohe Spannung und natürlich die Geschenke.
(Nebenbei gesagt verbinde ich auch stets ein wunderweißes Dorf damit, aber da spielt mir mein Kopf wohl einen Streich. Lässt das sicher mehrmals Erlebte zum generellen Empfinden werden, weil es mit Schnee einfach perfekt war.)
Wie auch immer, soweit alles nicht ungewöhnlich. Möglicherweise ähnliche oder andere, ganz persönliche Erinnerungen haben wir ja alle.
Nur war das Lametta an meinem Kindheitsweihnachtsbaum doch etwas sehr Besonderes, denn es kam von drüben. Angeliefert per Westpaket, das uns eine völlig andere Welt für einen kurzen Augenblick nahe brachte, die aber gleichzeitig so unerreichbar fern blieb. Im südöstlichen Zipfel, dem Tal der Ahnungslosen, gab es ja noch nicht einmal Fernsehempfang aus dem anderen Deutschland. Nun, die Schwester meiner Oma schickte uns feinstes glänzendes Lametta, gemeinsam mit Schokolade, Kaffee, Kaugummi und noch so einigem mehr. Dafür ging im Gegenzug einen Dresdner Christstollen auf die Reise zu ihr. Das Lametta jedenfalls wurde wie ein Schatz behandelt. Nach der Weihnachtszeit Faden für Faden vorsichtig vom nadelnden Bäumchen entfernt, mit Schleifen gebündelt und für den Einsatz im nächsten Jahr aufbewahrt. Klar gab es irgendwann mal Nachschub, aber nie wurden die Silberstreifen komplett getauscht. Sie waren und blieben, wie schon gesagt, eben etwas Besonderes.
Heute kommt mein Christbaum ohne Lametta daher. Und trotzdem, oder genau deswegen denke ich so gern an das Glitzern von damals. Denn Erinnerungen an längst vergangene Zeiten bleiben sehr oft gerade in Kleinigkeiten lebendig.
Dann spüre ich auch die tiefe Dankbarkeit, dass ich genau in jene Zeit hineingeboren wurde,
in der sich hüben und drüben endlich erübrigte.
Was immer Menschen voneinander trennt, kann und sollte überwunden werden. Es bedrückt mich sehr, dass im aktuellen Geschehen eine neue, völlig anders verlaufende Mauer entstanden ist, unsichtbar und eigenhändig gebaut. Zwischen Kollegen, guten Bekannten, ja selbst im Freundes- und Familienkreis. Auch bei mir. Diesmal trennt sie meine Schwester und mich.
Nicht nur uns, aber bei ihr tut es am meisten weh, weil wir einander doch gleichzeitig so nahe sind.
Dazu gibt es noch ein ganz und gar historisches Bild:https://cdn.trennungsschmerzen.de/galle...e_id=23650 Nun habe ich einen recht großen Bogen gespannt, und hoffe es war okay,
nicht ausschließlich in fröhlichen Erinnerungen geblieben zu sein.
Zum Abschluss deshalb noch etwas Lustiges. Ich fand ein hübsches Gedicht, das zwar mit meinem Text so rein gar nichts zu tun hat, aber eben zum Thema Lametta super passt. Hoffentlich ist es noch weitgehend unbekannt.
Die Geschichte vom Lametta
(Verfasser unbekannt)
Weihnachten naht, das Fest der Feste -
das Fest der Kinder - Fest der Gäste .
Da geht es vorher hektisch zu...
von früh bis abends keine Ruh.
Vor Hetzen, Kaufen, Proben, Messen
hat man auch leicht mal was vergessen!
So ging’s mir, keine Ahnung habend -
vor ein paar Jahren - Heiligabend!
Der zudem noch ein Sonntag war,
ich saß noch bei der Kinderschar,
da sprach die Frau:
Tu Dich nicht drücken,
du hast heut noch
den Baum zu schmücken!
Da Einspruch meistens da nicht nützt,
hab‘ kurz darauf ich schon geschwitzt.
Den Baum gestutzt - gebohrt - gesägt -
und in den Ständer eingelegt.
Dann kamen Kugeln, Kerzen, Sterne,
und hübsche Engel mit Laterne.
Zum Schluss..., ja Himmeldonnerwetter...,
nirgends fand ich das Lametta!
Da ward es meiner Frau ganz heiß
und stotternd sprach sie: Ja, ich weiß,
im letzten Jahr war’s arg zerschlissen,
darum haben wir es weggeschmissen.
Und in dem Trubel dieser Tage
bei meiner Arbeit, Müh und Plage
vergaß ich Neues zu besorgen -
ich werd‘ was von
den Nachbarn borgen!
Die Nachbarn links, rechts,
drunter, drüber,
die hatten kein Lametta über!
Da schauten wir uns an verdrossen,
die Läden sind ja auch geschlossen.
So sprach ich dann zu meinen Knaben:
Hört zu, wir werden heuer haben
`nen Weihnachtsbaum –
altdeutscher Stil,
weil .... mir Lametta nicht gefiel.
Da gab es Heulen, Schluchzen, Tränen
und ich gab nach den Schmerzfontänen.
Hört endlich auf mit dem Gezeter...
ihr kriegt ‘nen Baum
mit viel Lametta!
Zwar konnt’ ich noch
nicht ganz begreifen,
woher ich nehm’ die Silberstreifen.
Doch als ich suchte dann mein Messer -
da las ich: Hengstenberg Mildessa
Es war die Sauerkrautkonserve,
ich kombinier' mit Messerschärfe.
Hier liegt die Lösung eingebettet,
das Weihnachtsfest, es ist gerettet!
Schnell ward der Deckel aufgedreht,
das Kraut gepresst, so gut es geht!
Zum Trocknen einzeln aufgehängt
und dann geföhnt,
doch nicht versengt.
Die trocknen Streifen, stark geblichen
mit Silberbronze angestrichen,
auf beiden Seiten Silberkleid,
oh freue Dich Du Christenheit!
Der Christbaum ward einmalig schön,
wie selten man ihn hat gesehen.
Zwar roch’s süßsauer zur Bescherung,
geruchlich gab’s `ne Überquerung,
weil mit Benzin ich wusch die Hände,
mit Nitro reinigte die Wände.
Dazu noch Räucherkerz' und Myrrhe,
der Duft die Menge leicht verwirrte.
Und jedermann sprach,
still verwundert:
So ist’s im technischen Jahrhundert!
Die Woche drauf... ich saß gemütlich
im Sessel, las die Zeitung friedlich,
den Bauch voll Feiertagerester,
‘s war wieder Sonntag und Silvester.
Da sprach die Frau:
Du weißt Bescheid,
es kommen heut zur Abendzeit,
Schulzes, Lehmanns und Herr Meier
zu unserer Silvesterfeier.
Wir werden leben wie die Fürsten,
‘s gibt Sauerkraut
mit Wiener Würsten.
Ein Schrei ertönt! Entsetzt sie schaut:
Am Christbaum hängt
mein Sauerkraut!
Vergessen, Neues zu besorgen,
ich werd was von
den Nachbarn borgen!
Die Nachbarn links, rechts,
drunter, drüber
die hatten leider keines über!
Da schauten wir uns an verdrossen,
die Läden waren auch geschlossen.
Und so ward wieder ich zum Retter,
nahm ab vom Baume ich das Lametta.
Mit Terpentin und viel Bedacht
hab ich das Silber abgemacht.
Das Kraut dann gründlich durchgewässert,
mit reichlich Essig noch verbessert.
Hinzu noch Nelken, Pfeffer, Salz
und Curry, Ingwer, Gänseschmalz.
Dann als das Ganze sich erhitzte -
das Kraut, das funkelte und blitzte
da konnt ich nur nach oben flehn:
Lass diesen Kelch vorübergehen!
Als später dann das Kraut serviert
ist auch noch folgendes passiert:
Da eine Dame musste niesen,
sah man aus ihrer Nase sprießen
tausend kleine Silbersterne.
Mach’s gleich nochmal,
wir sehn das gerne!
so rief man ringsum hocherfreut,
die Dame wusste nicht Bescheid.
Franziska Lehmann sprach zu Franz
Dein Goldzahn hat heut Silberglanz
und einer, der da musste mal,
sah ganz verdutzt
'nen Silberstrahl!
So gab’s nach dieser Krautmethode
noch manche nette Episode!
Beim Heimgang sprach
ein Gast zu mir:
Es hat mir gut gefallen hier,
doch wär die Wohnung
noch viel netter,
hing an dem Weihnachtsbaum Lametta.
Ich konnte da gequält nur lächeln
und mir noch frische Luft zufächeln.
Ich sprach und klopfte
ihm aufs Jäckchen:
Im nächsten Jahr da kauf’ ich
100 Päckchen!