Mein Mann ist ein großartiger Mann. Mein Traummann. Die Liebe meines Lebens. Es war Liebe auf den ersten Blick. Seither sind bald 16 Jahre ins Land gezogen, die nicht immer leicht waren. In unserer Konstellation hat sich ein für mich schwieriges Rollenbild verfestigen können, das von Anfang an da war, sich im Laufe der Jahre aber wie in Stein gemeißelt hat.
Damals, als wir uns kennenlernten, war mein Mann noch in einer anderen Beziehung. Ich wusste davon nichts. Es war dann ein ewiges on off bei uns, bis er sich nach 4 Jahren und viel hin und her richtig für mich entschieden hat. Ich habe mich immer seinem Wertesystem unterstellt, habe mich selbst als nicht gut genug empfunden und versucht mein Verhalten anzupassen, damit ich besser bin und er sieht, wie klug, humorvoll, geistreich und hübsch ich bin. Es wurde so schlimm, dass ich Panikattacken bekommen und eine Verhaltenstherapie gemacht habe, die mir sehr gut geholfen hat.
Irgendwann ist uns dann der Durchbruch gelungen. Wir haben eine gute solide Beziehung entwickelt und ich war uneingeschränkt glücklich. Schließlich bin ich schwanger geworden, seine Eltern, sehr fromme Menschen, hatten damit ein riesiges Problem, dass ich unehelich schwanger geworden bin. Das hat neuerlich zu großen Problemen geführt. Ich musste wieder damit kämpfen nicht genug zu sein- vielleicht sogar schlecht. Es war schrecklich für mich, zu sehen wieviel Streit mein Mann wegen mir mit seinen Eltern hatte. Ich habe mich versucht daran zu erinnern, dass das nicht mein Wertesystem ist, aber es hat an meinem Selbstbildnis genagt. Mein Mann hat in allen Punkten zu mir gehalten und seinen Eltern zu verstehen gegeben, dass sie es entweder akzeptieren oder der Kontakt abbrechen wird. Der Kontakt ist leider für 1 1/2 Jahre abgebrochen. Hinter verschlossener Tür ist er zusammengesackt. Ich habe gesehen wieviel ihn das gekostet hat. Unsere Liebe ist daran gewachsen.
Mit der Geburt unseres Sohnes kam die klassische Rollenteilung. Mein Mann war in der Hochphase seines Studiums und musste sehr viel lernen. Mein Studium war bis auf die Bachelorarbeit beendet. So habe ich unseren Sohn betreut und mein Mann hat sich seinem Studium gewidmet. Im Prinzip habe ich die ersten Lebensjahre unseres Sohnes nahezu allein durchgemacht. Erschwerend kam hinzu, dass wir sehr arm waren. Wir hatten 50Euro die Woche zum Leben. Nichts weiter. Hätten meine Eltern uns nicht geholfen, hätten wir es nicht geschafft.
Dann kam der Abschluss meines Mannes, der mich immer noch emotional unglaublich berührt. Er versinnbildlicht, was wir erlebt haben und macht den Wendepunkt unseres Lebens aus. Obgleich wir uns inzwischen finanziell erholt hatten (Ich hatte mein Studium beendet und eine solide Stelle bekommen), war es eine extreme Veränderung. Mein Mann bekam sofort eine gut bezahlte Anstellung und mit einem Mal waren alle unsere finanziellen Sorgen Vergangenheit.
Schließlich begann die Heiratssaison - der jüngere Bruder meines Mannes heiratete eine sehr liebenswerte Frau, die die Eltern meines Mannes in den Himmel lobten. Es standen einige Bilder von ihr in der Wohnung- von mir nicht, obwohl sich das Verhältnis inzwischen normalisiert hatte. Ich war immer sehr höflich und wertschätzend und habe auf ich werde alles tun, um die perfekte Schwiegertochter zu sein gesetzt. Das hat zumindest ein nettes Verhältnis möglich gemacht.
Ich habe mir dann gewünscht auch zu heiraten und habe das kommuniziert. Zu meinem Geburtstag bekam ich einen Verlobungsring geschenkt, der sehr wertvoll und von unschätzbarer Bedeutung für mich war.
Nach der Hochzeit wollte mein Mann ein zweites Kind. Ich wollte das nicht. Ich hatte mich beruflich gesetzt, ein zweites Studium aufgenommen, um eine bessere Position zu bekommen und wollte mich selbst verwirklichen. Es war und ist für mich sehr schwierig neben einem so starken Mann wie meinem zu bestehen. Ich habe mich aber dazu überreden lassen und bin neuerlich schwanger geworden.
Zur Geburt unserer Tochter gab es große Schwierigkeiten. Sie hätte es fast nicht überlebt. Das hat mich traumatisiert. Ich war die ganze Zeit bei ihr im Krankenhaus und habe so schlimme Ängste und Sorgen wie noch nie zuvor in meinem Leben ausgestanden. Als wir dann entlassen wurden und nach Hause konnten, konnte ich nicht loslassen. Ich bin in eine tiefe Depression gefallen in der ich meinen Mann um seine Freiheit und seinen Frieden beneidet habe. Ich fing an ihn dafür nicht leiden zu können, dass er arbeiten- und mit Menschen sprechen, ja alles ausblenden konnte, während ich zuhause saß und immer damit konfrontiert war, wie unzulänglich ich bin. Es ging soweit, dass ich darüber nachgedacht habe mich umzubringen und wie ich es am besten als einen Unfall aussehen lassen könnte. Das habe ich mit meinem Mann besprochen, dass ich nixht mehr kann und dass ich am Ende bin. Er hat das, glaube ich, nicht so ernst genommen und hat mir zwar gesagt, wie leid ihm das täte, aber ich war trotzdem weiterhin allein mit unserer Tochter.
Kein Studium, keine Arbeit, gefangen in einem nachschwangerschaftskörper ging es mir so schlecht wie nie zuvor. Ich wusste an diesem Punkt, dass was passieren musste: entweder bringe ich mich jetzt wirklich um oder ich mache jetzt was- waren meine Gedanken.
Als hätte das Universum es gut mit mir gemeint, hat sich geschäftlich jemand bei mir gemeldet und gefragt wie weit ich mit meinem Studium sei. Ich war zwar noch nicht fertig mit dem zweiten Studium, aber man gab mir trotzdem eine Führungsposition. Familiär wurde ich verurteilt, dass ich unsere einjährige Tochter schon in die Kita gebe, wo ich einen so gut verdienenden Mann habe, aber ich brauchte das für mich.
Mit diesem Aufwind fing ich an sehr viel Sport zu treiben und war ein Jahr später in top Form. Ich war so attraktiv wie nie zuvor in meinem Leben. Mein Mann hat in diesem Akt keine Rolle gespielt. Ich habe alles allein gemacht, so organisiert, dass es in unser Familienmodel passt. So habe ich immer um 6:15 Uhr das Haus verlassen, bin arbeiten gegangen, war um 15:00 Uhr bei der Kita, dann an der Schule, dann bin ich einkaufen gegangen, habe gekocht, das Haus aufgeräumt und Kinderbetreuung gemeistert. Nebenbei musste ich auch noch studieren.
Mein Mann hatte sich inzwischen Selbstständig gemacht und sich erfolgreich etabliert. Er verdient deutlich mehr als ich. Deswegen war sein Job auch immer der Fokus.
Unsere Beziehung hatte sich deutlich verändert. Wir hatten keinen gemeinsamen Topf mehr. Mein Mann verwaltet das Geld, weil er das meiste hat. Von dem wenigen, das mir zu Verfügung steht, kann ich mir kaum große Sprünge erlauben. Dafür ist das Leben, das wir uns errichtet haben, anhand seiner Möglichkeiten zu teuer für mich. S. hat er mich häufig abgewiesen, weil er zu erschöpft war.
Was ich zu diesem Zeitpunkt brauchte, war Liebe, Zwischenmenschliche Verbindungen und ein Liebesleben. Alle Punkte gab es irgendwie nicht mehr.
Ich kam mir vor wie der Haushelf, der nicht genügend Zeit hat, allem gerecht zu werden. Ich wurde immer wütender auf meinen Mann, es fiel mir sogar schwer zu lächeln wenn er nach Hause kam. Insgesamt habe ich mich im Stich gelassen gefühlt. Wie konnte es sein, dass ich ihm den Rücken frei gehalten habe und er sich verwirklichen konnte und ich das alles mit zwei Kindern und Haushalt bewerkstelligen muss? Wie kann er es wagen mich abzuweisen, wenn ich ihm nahe sein will, wo ich so verdammt gut aussehe und das alles mache? Wie kann er nach Hause kommen, die Beine hochlegen, auf sein Handy schauen und mich die Arbeit weitermachen lassen? Wie kann er es wagen nicht mit mir zu reden, mich zu ignorieren.
Irgendwann habe ich ihn rund heraus gefragt kannst du mich nicht leiden?
Er war total überrascht und fragte wie ich darauf kommen würde. Ich zählte ihm auf was ich alles machte und es gab einen heftigen Streit.
So entwickelte sich ein neues Muster. Im
Streit sagten wir uns, was wir voneinander hielten. Ich war der motzige Hausdrache und er der faule Hund im Haushalt. So ging es einfach weiter.
Irgendwann schrieb mir ein alter Schulfreund mit dem ich mich dann auf einen Kaffee traf. Früher waren wir ziemlich gute Freunde und es war sofort wieder die alte Leichtigkeit da. Wir haben uns nett unterhalten, beschlossen uns mal alle zusammen zu treffen- er hat ebenfalls Frau und Kind. Nichts weiter. Wir haben uns dann hin und wieder geschrieben. Irgendwann haben wir uns dann wieder auf einen Kaffee getroffen. Dieses Mal habe ich meinem Mann nichts davon erzählt. Ich wusste wohl in meinem inneren, dass es nicht ok ist, sich mit einem anderen Mann auf einen Kaffee zu treffen, wollte mir das aber nicht nehmen lassen, weil es sich nur um einen alten Freund handelte. Auch hier haben wir uns nur nett unterhalten, wobei ich anfing zu merken, dass es mir gefiel, wie er mich und alles was ich leiste bewertete. Er gab mir irgendwie das Gefühl gesehen zu werden auf eine zu dem Zeitpunkt unverfängliche Weise. Dass ich meinen Mann anlog, um mich mit einem Schulfreund zu treffen, empfand ich zu dem Zeitpunkt zwar nicht korrekt, aber ich machte ja nichts. Wir schrieben weiter Nachrichten in unregelmäßigen Abständen. Irgendwann fing ich an ihm Sportvideos oder Fotos zu senden, wo ich zeigte wie toll ich Yoga mache und was für einen definierten schlanken Bauch ich habe. Auch Fotos in Bikini wo ich anziehend verspielt posierte waren dabei. Er fing an mich zu bewundern und ich fing an das in vollen Zügen zu genießen.
Zeitgleich distanzierten mein Mann und ich uns immer mehr voneinander. Immer noch ging jeder Wunsch nach körperliche Nähe und Zuwendung von mir aus und immer wieder fragte ich ihn Stört dich was an mir? , Fühlt es sich für dich nicht mehr gut an mit mir?
Irgendwann träumte ich davon mit meinem alten Schulfreund S. zu haben. Ich schrieb ihm das per Nachricht, was die Verbindung zwischen uns veränderte. Er fragte, was ich geträumt hätte und ich erzählte es ihm. Wir trafen uns darauf noch einmal heimlich und es kam zu einem sehr hitzigen Kuss mit Streichelein über der Kleidung.
Auf dem Nachhauseweg fühlte ich mich kurz schrecklich. Ich hatte noch nie in meinem Leben jemanden betrogen oder hintergangen und aufgrund der Vorgeschichte mit meinem Mann, habe ich da ein sehr klares Wertesystem. So klar schien es wohl nicht mehr. Am Abend des Kusses, lief ich *beep* durch die Wohnung. Mein Mann beachtete mich nicht bzw. Bekam es nicht mit. Das war wohl das Ende meines schlechten Gewissens, ich schrieb meinem alten Schulfreund. Dieses Mal bot ich ihm an ihm ein *beep* zu senden. Wobei das eher ein abtasten der Grenzen war. Sicher wollte er es haben. Warum ich es nicht gesendet habe, weiß ich nicht mehr. Es ist aber nicht dazu gekommen.
Am Morgen darauf ließ ich mein Handy liegen und ging duschen. Mein Mann hatte wohl einen siebten Sinn. Als ich rauskam war er fix und fertig, zitterte und stellte mich zur Rede, was da sei, was er da gelesen habe.
In diesem Moment wurde mir erst bewusst was ich da eigentlich angerichtet hatte. Wie leichtfertig ich unsere Ehe und MEINEN MANN aufs Spiel gesetzt hatte. Ich fing ebenfalls an zu zittern , fing an zu lachen und zu weinen und verstand eigentlich nichts mehr. Ich brachte dann unsere Tochter in die Kita und meldete mich krank für den Tag, um mit meinem Mann zu reden. Auf dem Weg zur Kita schrieb ich meinem Schulfreund, dass es vorbei sei. Ich schrieb ihm, was passiert war und er sagte, dass es ihm unglaublich leid täte und dass er nicht wollte, dass ich in Schwierigkeiten gerate. Ich sagte ihm, dass es mir ebenfalls leid täte und ich ihm alles liebe wünsche. Das war das letzte Gespräch.
Auf dem weg zurück zu meinem Mann starb ich tausend Tode. Ich war im Begriff meinen Mann zu verlieren. Meinen Traummann, die Liebe meines Lebens. Es war schlimm. Er war so unglaublich verletzt. Und ich habe mich so schlecht wie noch nie zuvor in meinem Leben gefühlt. Mein Mann sagte, er würde es den Kindern und unserer Ehe zuliebe versuchen diesen Verrat zu überwinden.
Seither sind 11 Monate ins Land gezogen. Mein Mann möchte mir nahe sein und macht mir viele Komplimente, gleichzeitig haben wir die schwärzesten Zeiten unseres Beisammenseins hinter uns. Es gab Gerangel in Streiterein, mein Handy ist gegen die Wang geflogen, Beleidigungen und das ganze repertoir sind auf mich niedergerasselt und gleichzeitig habe ich so viel gefühlt mit meinem Mann.
Ich habe die letzten Monate damit verbracht, damit leben zu lernen, dass ich sowas schlechtes machen konnte und bedaure es so sehr, dass ich es ungeschehen machen möchte. Ich liebe meinen Mann so sehr und verstehe nicht wie es dazu kommen konnte. Warum ich nicht ernsthaft mit ihm gesprochen habe, wie ich IHN aufs Spiel setzen konnte.
Vor 3 Wochen hat mein Mann mir gesagt, dass er glaubt, dass er das nicht überwinden kann und die Trennung der einzige Ausweg ist. Seither ist alles schwarz. Ich versuche alles mögliche. Die perfekte Frau zu sein. Ich kümmere mich ums Haus, die Kinder, Arbeit. Bin immer lieb, versuche interessante Gesprächsthemen zu finden und immer gut auszusehen. Ich bin in einem Netz voller neurotischer Handlungen und habe einfach solche Angst ihn zu verlieren. Wir reden darüber wie ich mich fühle, wie er sich fühlt. Er sagt mir, ein Leben ohne mich erscheint ihm absurd und dass er mich so liebt, gleichzeitig möchte er aber einfach nicht für immer traurig sein. Ich will auch nicht, dass er traurig ist.
Ich wünsche mir so sehr, dass er mir das verzeiht. Ich werde NIEMALS wieder in meinem Leben sowas schreckliches tun. Ich wünschte ich wäre klüger gewesen.
Wir werden in der kommenden Woche ein Eheberatung aufsuchen. Es ist der letzte Versuch. Zeitgleich schaue ich schon nach Wohnungen für mich und die Kinder. Wenn ich etwas geeignetes finde, miete ich die Wohnung, ob ich einziehen werde, zeigt die Zukunft.
Es fühlt sich an wie die ironischste und beschissenste Melodie meines Lebens. Aktuell gibt es nichts an meinem Mann was ich nicht gut finde. Er sieht großartig aus, ist der klügste Mensch, dem ich je begegnet bin und wir lachen und haben viel Spaß zusammen. Viel unserer körperlichen Seite, geht nun von ihm aus und ich genieße ihn mit all meinen Sinnen.
Eine sch. Ehe zu beenden ist schwer, aber eine durchweg gute, ist .
18.07.2020 04:40 •
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