Guten Morgen alle zusammen!
Mein Name ist Rosaro, alleinerziehend, na ja, jetzt nicht mehr, einer inzwischen älteren Tochter. Singlemama bin ich seit 17 Jahren und, man mag es kaum glauben, glücklich. Gewesen. Aber dazu unten mehr. Hab mein Kind erzogen, hab viele schlimme Dinge verarbeitet. Ich wurde mit 14 Jahren von meinem Freund vergewaltigt, in meinen Anfang 20er Jahren von meinem Lebensgefährten halb totgeschlagen, von dem Vater meiner Tochter in eine Essstörung getrieben. Ich war in diesen bis dahin 15 Jahren Singledasein zufrieden. Zum ersten Mal. Geerdet, in mir ruhend. Und unsichtbar für Männer. Was mir sehr recht war und ich das auch so steuerte.
Ja, bis zum September 2015. Da lernte ich auf der Hochzeit meines Patensohnes einen Mann kennen. Der Gitarrist der Hochzeitsband. Ich registrierte ihn den großen Teil der Feierlichkeiten gar nicht, aber er mich und irgendwann im Laufe des Abends kamen wir während der Raucherpausen ins Gespräch und stellten fest, dass wir uns sehr sympatisch sind. Wir tauschten unsere Handynummern aus, ich ging nach Hause und ab dem nächsten Tag war die Sache eigentlich gebongt. Wir verspürten eine sehr große Vertrautheit, als wenn wir uns schon unser ganzes Leben kennen. Hatten die gleichen Ansichten, politische Meinung, Essensgewohnheiten, Filmvorlieben, Büchergeschmack.
Ich war sehr verliebt. Das erste Mal seit gut 20 Jahren. Das einzige Manko, er lebte gute 100 km weit weg und sein Beruf als Musiker führte ihn in alle Ecken unseres Bundeslandes.
Er kam, wenn er in der Nähe spielte, versuchte immer Zeit für mich freizuschaufeln, feierte Silvester 2015 mit mir und einem großen Teil meiner Familie. Es war schön. Bis auf seine spielfreie Zeit, die von Dezember 2015 bis April 2016. Da sahen wir uns verhältnismäßig wenig. Es war schlimm für mich, aber wir überbrückten die Zeit mit vielen Telefongesprächen, Whatsappnachrichten, Skypen, ein- zweimal fuhr ich zu ihm.
Als dann die Zeit wieder da war wo er mehr in meiner Nähe spielte, veränderte sich vieles. Und ich wollte es nicht sehen. Suchte Erklärungen, Entschuldigungen für sein distanziertes Verhalten. Schon es auf seinen stressigen Beruf und erkannte nicht, dass er mich nur als Bed Breakfast mit S. benutzte. Alle Warnungen von Freunden, Schwestern schlug ich in den Wind. Nein, es konnte, durfte nicht sein, dass er nur kam um einen Unterschlupf zu haben nachdem er gespielt hat und dann nicht mehr heimfahren musste. Nein! Ich verdrängte und akzeptierte, dass er mich schlecht behandelte. Keine Zärtlichkeiten, keine Küsse, Umarmungen, kein Fragen wie es mir denn ginge. Immer ein Wechselspiel zwischen Distanz und Nähe. Wenn ich gehen wollte, dann wurde ich beruhigt. Wenn ich sagte, ich wolle keine Affaire für ihn sein, dann kamen laue Versprechungen und ich ließ mich beruhigen. Wurde süchtig nach dem Distanz/Nähe-Spiel. Wollte beweisen, dass ich die EINE für ihn war, die er mochte. So verging der Sommer und Anfang Oktober teilte er mir mit, dass er den ganzen November 2016 spielfrei hätte, zuhause bleiben wolle, damit er ausruhen konnte, weil er ja seit Anfang Mai kein Wochenende zuhause gewesen ist. Gesehen hab ich ihn dann nur noch einmal im Oktober. Wieder Skypen, Telefongespräche, Whatsapp, Distanz/Nähe-Spiele das Allerheiligenwochenende verbrachte ich bei ihm. Es war sehr schön, er gab sich sehr viel Mühe, aber in der zweiten Nacht merkte ich schon wieder, dass er auf Distanz ging und am Tag der Abreise konnte er mich gar nicht schnell genug zum Zug bringen. Die Zeit verging wieder...irgendwie ich hielt durch und zu ihm. Im Dezember war ich selbst viel unterwegs und dann kam Silvester 2016.
Er kam. Widerwillig. Er musste Silvester hier in der Stadt spielen, war ja klar, und benahm sich nicht gerade nett. Hing nur am Laptop, war patzig. S. nach Schema F. Griff noch sein Weihnachtsgeschenk ab, ich bekam nichts. Wie übrigens das ganze Jahr über. Keine Blumen, keine Aufmerksamkeiten.
Er teilte mir auch mit, dass er Silvesternacht nach dem Auftritt bei seinem Bandkollegen übernachten würde, der hatte sich nämlich von seiner Frau getrennt und hatte nun eine eigene Wohnung. Und er wolle nach dem Auftritt und dem Abbau des Equipments noch Silvester feiern. Ob ich mitkommen wolle stand nicht zur Debatte. Neujahr wolle noch vorbeikommen und bis abends bleiben. Was er nicht tat. Er fuhr direkt von seinem Kollegen nach Hause, meldete sich eine ganze Woche nicht mehr, gratulierte mir zu meinem Geburtstag unpersönlich per Whatsapp.
Und mir riss der Geduldsfaden. Diese eine schäbige Nachricht von vielen öffnete mir die Augen. Keine Entschuldigungen, keine Erklärungen mehr für sein Verhalten. Schluss aus. Ich teilte ihm mit, dass ich in Ruhe über unsere Beziehung, Verhältnis, was auch immer nachdenken muss und machte ein paar Tage später über Whatsapp Schluss. Ich wollte ihn verletzen. Ihn genauso respektlos behandeln wie er mich. Telefongespräche, die folgten, ergaben nichts. Er blockierte, mauerte. Seine Liebe zu mir sei nicht weiter gewachsendas sagte er mir. Ansonsten, hohle Phrasen. Auf meinen Vorwurf, dass er mich ausgenutzt habe, reagierte er nicht. War defensiv.
Wochen später erfuhr ich, dass ich nicht die erste war, mit der er das alles machte. Er war und ist immer auf der Suche nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Lässt sich sehr gerne einladen.
Auf den Punkt gebracht: Ich bin einem armseligen Schmarotzer aufgesessen. Und wenn ich nicht die Reißleine gezogen hätteer hätte weitergemacht. Ohne mit der Wimper zu zucken.
Und das ist genau das, was ich nicht verkrafte. Er hätte weitergemacht. Mich eigentlich nur sympathisch gefunden, eigentlich gar nicht kommen wollen, aber doch gemusst, weil er ja eine Unterkunft braucht und ich war das notwendige Übel. Ein Übel, das saugut kochen kann und Wünsche von den Augen abliest.
Ich bin so dumm gewesen. Bin es immer noch. Denn ich vermisse ihn täglich. Ich vermisse etwas, was nie da war. Was er mir nie gab.
Und ich sitze da, studiere, denke nach. Bereue meine Offenheit im September 2016. Will wieder unsichtbar sein. Will meine Ruhe. Will die Zeit zurückdrehen.
Ich bin zutiefst verletzt. Ich fühle mich von mir selbst angeekelt.
Ich hoffe nur, dass ich es irgendwie schaffe aus dieser Spirale Liebeskummer, Schmerz, Ekel vor mir selbst zu kommen. Irgendwie. Jeden Tag Stück für Stück.
Danke fürs Lesen. So aufgeschrieben zu sehen ist es für mich fast noch schlimmer.
13.04.2017 06:25 •
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