@Hallo1 Auf einige der Fragen, die Du Dir und dem Forum immer wieder stellst (was sehr verständlich ist), wird es leider keine - oder keine für Dich befriedigende - Antwort geben, das ist eine ebenso tragische wie nüchterne Tatsache. Du hast geschrieben, dass Du viel über Depressionen liest (das ist ein guter Anfang) und es lesen und schreiben hier einige Menschen, die entweder selbst oder im Umfeld von Depressionen betroffen sind (ich gehöre auch dazu). Vielleich schaffst Du es ja, oder magst es zumindest versuchen, die Informationen und das Wissen aus Deinen Quellen so gut es geht zu verinnerlichen (z. B. aus den Beiträgen von LT87) und zu akzeptieren - so sehr Dein Herz im Moment auch weh tut, die Seele brennt und Du ein Hamsterrad im Kopf mit Dir herumträgst. Einer der wichtigsten Sätze, die hier mehrfach gefallen sind, ist der, dass ein depressiver Mensch - je nach Schwere der Erkrankung - in seinen Empfindungen (vor allem in den positiven) mehr oder weniger stark beeinträchtigt ist. Manche fühlen schlicht nichts mehr - oder haben nur noch negative Empfindungen wie Trauer, Niedergeschlagenheit, Verzweiflung (wie von LT87 geschildert). Meine Partnerin formulierte es so, dass sie wie hinter einem dunklen Vorhang lebt, der kein Licht, keine Musik und keine anderen schönen Dinge hindurchlässt. Ein weiterer Satz, der für Dich wichtig sein könnte, lautet Depressionen kann man nicht durch Zuwendung heilen. Heißt für Dich, dass Du Dir beide Beine ausreißen, Deinen Partner auf Händen tragen und mit Liebe überschütten könntest - es würde nichts helfen, vielleicht sogar das Gegenteil bewirken. Denn depressive Menschen erkennen sehr wohl, dass ihr Umfeld mitleidet und dann, auch das wurde hier schon geschrieben, kommen häufig Selbstvorwürfe und Schuldgefühle ins Spiel (sie ist so nett und ich kann nichts zurückgeben).
Als Antwort auf Dein warum mag Dir auch eine Erklärung helfen, die von Ärzten oft gegeben wird: Die neurobiologischen Stoffwechselvorgänge im Gehirn und im Körper sind bei Depressionen ziemlich durcheinander, das hat (stark verkürzend gesagt) etwas mit Neurotransmittern und Hormonen zu tun. Gedächtnis, Informationsverarbeitung und vor allem(!) die Regulierung von Emotionen funktionieren nicht mehr richtig und das Gehirn erzeugt für den Außenstehenden teils völlig unverständliche und überraschende Gedankengänge (in der Diagnose steht dann erhebliche Störungen der Mnestik), Ausfälle und Schwankungen in allen Bereichen. Lange Rede, kurzer Sinn: Du bist nicht für den Zustand Deines Exfreundes verantwortlich, kannst aber auch nichts Zielführendes beisteuern, so lange er sich in diesem Loch befindet und sich nicht helfen lassen möchte (oder kann). Und so lange das so ist, muss die Empfehlung an Dich lauten fernhalten und akzeptieren - denn er hat die Entscheidung getroffen, sich (von Dir) zurückzuziehen, was für ihn vermutlich erst einmal weniger Leidensdruck bedeutet (so merkwürdig sich das für Dich auch anhören mag) und was Du auch respektieren solltest. Ob und wie lange das so anhält, v.a. wenn er nichts dagegen unternimmt, wird Dir hier und sonstwo leider niemand seriös beantworten können. Mir selber wurde auf die Frage wie lange nur geantwortet eine Depression ist ein Marathon und kein Sprint. Letztlich solltest Du Dir aber auch die Frage stellen, ob Du eine Beziehung mit einem depressiven Menschen aushalten und mittragen könntest bzw. wolltest. Ich kann Dir auch aus eigener Erfahrung dazu jedenfalls berichten, dass dauerhaft erfüllte und zufriedene Beziehungen anders aussehen - diese Krankheit stellt jedenfalls in der Akutphase eine hohe Belastung für jede Partnerschaft dar. Ich kenne in meinem Umfeld Paare, die es geschafft haben, zusammenzubleiben - die waren aber auch vor der Krankheit schon 10 und mehr Jahre gefestigt beieinander. Die Statistik malt dagegen ein nüchterneres Bild - rund 50% depressiv belasteter Beziehungen scheitern.
Ich kann mich abschließend nur den Empfehlungen hier anschließen - sorge für Dich, umgib Dich mit Menschen, die Dir gut tun und versuche, Dinge zu finden und zu unternehmen, die Dir Freude und/oder Ablenkung verschaffen. Ansonsten solltest Du die Trennung akzeptieren, auch wenn es schwer fällt, weil vieles unverständlich erscheint und nicht alle Deiner Fragen eine Antwort finden können. Alles, was Du in eine andere Richtung unternimmst, könnte eher kontraproduktiv oder sogar schädlich sein. Wenn es Deinem Exfreund irgendwann besser geht und ihr eine gute Beziehung hattet, wirst Du vielleicht Gelegenheit bekommen, zu dem einen oder anderen Punkt Klarheit zu schaffen. Bis dahin wünsche ich Dir alle Liebe, ganz viel Kraft und die Erkenntnis, das Richtige zu tun!
11.03.2024 09:23 •
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